Die Regelungen in Art. IV Abs. 1 lit. a) und b), Abs. 2 UNÜ sind nicht als Zulässigkeitsvoraussetzungen, sondern als Beweisbestimmungen zu verstehen. Im Übrigen sind die gemäß Art. VII Abs. 1 UNÜ zu berücksichtigenden anerkennungsfreundlicheren Anforderungen des nationalen Rechts (für Deutschland: § 1064 Abs. 1, Abs. 3 ZPO) zu berücksichtigen.
In einer Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt regelmäßig auch ein Verstoß gegen den ordre public im Sinne des Art. V Abs. 2 lit. b) UNÜ. Die Einhaltung des ordre public ist im Vollstreckbarerklärungsverfahren zwar von Amts wegen zu prüfen. Der Beibringungsgrundsatz gilt jedoch insoweit, als eine Gehörsrechtsverletzung regelmäßig nur auf eine ordnungsgemäß ausgeführte Rüge hin geprüft werden kann.
Auch wenn dem Schiedsbeklagten die Schiedsklage von dem Schiedsgericht nicht förmlich zugestellt worden sein sollte, kann er in anderer Weise i.S.d. Art. V Abs. 1 lit. b) UNÜ von dem Verfahren gehörig in Kenntnis gesetzt werden.
Der Inhalt eines ausländischen Schiedsspruchs verletzt den ordre public, wenn das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint. [LS der Redaktion]
Die in Dänemark ansässige Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung zweier ausländischer Schiedssprüche des Danish Institute of Arbitration (DIA; im Folgenden auch: Dänisches Schiedsinstitut oder Schiedsgericht), die sie gegen den in Bayern wohnhaften Antragsgegner erwirkt hat.
[1]II.
[2]Der zulässige Antrag ist begründet.
[3]1. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig.
[4]a) Das Bayerische Oberste Landesgericht ist aufgrund des bindenden Verweisungsbeschlusses des Oberlandesgerichts Stuttgart zuständig (§ 281 Abs. 2 Satz 4 ZPO). Es besteht kein deutscher Schiedsort und der Antragsgegner hat seit 1. Mai 2022 seinen Wohnsitz in Bayern (§ 1025 Abs. 4, § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 Var. 1 und Abs. 5 ZPO i. V. m. § 7 GZVJu).
[5]b) Die Anträge beziehen sich auf zwei ausländische Schiedssprüche, deren Existenz und Authentizität zwischen den Parteien unstreitig ist.
[6]Die Regelungen in Art. IV Abs. 1 Buchst. a) und b), Abs. 2 des vorliegend jedenfalls ergänzend anwendbaren New Yorker Übereinkommens der Vereinten Nationen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) sind nicht als Zulässigkeitsvoraussetzungen, sondern als Beweisbestimmungen zu verstehen (vgl. BGH, Beschl. v. 22. Februar 2001,
[7]c) Auch ansonsten bestehen keine Bedenken gegen die Zulässigkeit des Antrags.
[8]Die Antragstellerin begehrt die Vollstreckbarerklärung nur insoweit als das Schiedsgericht zu ihren Gunsten entschieden hat.
[9]2. Der Antrag, den Schiedsspruch vom 31. Oktober 2022, durch den der Antragsgegner zur Zahlung von EUR ... innerhalb von 30 Tagen ab dem Datum des Erhalts dieses Schiedsspruchs verurteilt wurde, für vollstreckbar zu erklären, ist begründet. Gründe, nach denen dem Schiedsspruch gemäß § 1061 ZPO die Anerkennung im Inland zu versagen wäre, liegen nicht vor. Eine Aufhebung des Schiedsspruchs nach § 1060 Abs. 2 Satz 1, § 1059 Abs. 2 ZPO kommt von vornherein nicht in Betracht, da es sich um einen ausländischen Schiedsspruch handelt (vgl. BGH, Beschl. v. 9. März 2023,
[10]a) Dem Schiedsspruch ist die Anerkennung nicht nach § 1061 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 1 Buchst. a) UNÜ zu versagen.
[11]Der Abschluss der Schiedsvereinbarung, den die Partei, die die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs im Inland betreibt, darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen hat (vgl. BGH, Beschl. v. 21. Februar 2017,
[12]Unwirksamkeitsgründe, für deren Vorliegen der Antragsgegner darlegungs- und beweispflichtig wäre (vgl. Geimer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, Anhang nach § 1061, Art. V UNÜ Rn. 1), hat der Antragsgegner nicht geltend gemacht. Im Vollstreckbarerklärungsverfahren hat er weder eingewandt, die in Ziffer 11.2 des Vertrags vom 5. November 2019 getroffene Schiedsvereinbarung sei unwirksam, noch hat er sich mit der Begründung des Schiedsgerichts (Anlage ASt 23 Rn. 18 bis 33) auseinandergesetzt, insbesondere nicht mit der Annahme des Schiedsgerichts, es könne nicht feststellen, dass der Gesundheitszustand des Antragsgegners das Schiedsgericht daran hindern würde, seine Zuständigkeit auszuüben (Anlage ASt 23 Rn. 32).
[13]b) Dem separaten Schiedsspruch über die Erstattung der Kaution ist die Anerkennung nicht nach Art. V Abs. 1 Buchst. b), Abs. 2 Buchst. b) UNÜ zu versagen.
[14]aa) In einer Verletzung des rechtlichen Gehörs liegt regelmäßig auch ein Verstoß gegen den ordre public im Sinne des Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ (vgl. BGH, Beschl. v. 21. Dezember 2023,
[15]bb) Dass er von dem schiedsrichterlichen Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden ist, hat der Antragsgegner nicht bewiesen.
[16](1) Die Vorschrift des Art. V Abs. 1 Buchst. b) UNÜ will die Beteiligung der Partei an der Bildung des Schiedsgerichts und einen gewissen Mindeststandard bezüglich des rechtlichen Gehörs sichern. Es handelt sich dabei nicht um einen absoluten Anerkennungsversagungsgrund. Dem Schiedsspruch ist die Anerkennung gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. b) UNÜ, Art. 103 Abs. 1 GG (i. V. m. Art. V Abs. 2 Buchst. b] UNÜ) vielmehr nur dann zu versagen, wenn der Verstoß kausal war. Ausreichend ist allerdings, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts auf der Gehörsverletzung beruhen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Januar 2009,
[17](2) Auch wenn dem Antragsgegner die Schiedsklage von dem Schiedsgericht nicht förmlich zugestellt worden sein sollte, ist er von dem Verfahren gehörig in Kenntnis gesetzt worden ...
[18]Eine förmliche Zustellung der Schiedsklage ist nach den Schiedsregeln des Dänischen Schiedsinstituts nicht erforderlich. Auf die Geltung dieser Schiedsregeln haben sich die Parteien dadurch verständigt, dass sie im Vertrag vom 5. November 2019 die Zuständigkeit des Dänischen Schiedsinstituts zur Entscheidung über Streitigkeiten aus dem Vertrag vereinbart haben.
[19]cc) Dass das Schiedsgericht seinen Anspruch auf rechtliches Gehör aus einem anderen Grund verletzt hätte, zeigt der Antragsgegner nicht auf.
[20]Er hat insbesondere nicht ausgeführt, dass er wegen seiner Erkrankung oder aus sonstigen Gründen nicht in der Lage gewesen wäre, sich hinsichtlich der Erstattung des Anteils der Kaution, der von ihm zu tragen war, aber von der Antragstellerin eingezahlt worden ist, sachgerecht zu verteidigen. Einwände gegen die auf Art. 10 Abs. 3 SchO-DIA gestützte Entscheidung des Schiedsgerichts hat er im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht erhoben.
[21]c) Ein Versagungsgrund nach Art. V Abs. 1 Buchst. e) UNÜ liegt nicht vor.
[22]Ohne Erfolg wendet der Antragsgegner ein, der Schiedsspruch sei ihm - vor der vom Oberlandesgericht Stuttgart veranlassten und am 15. Dezember 2023 erfolgten Zustellung - nicht förmlich zugestellt worden. Denn die förmliche Zustellung ist nach dem maßgeblichen Verfahrensrecht, d. h. der von den Parteien des Schiedsverfahrens in der Schiedsvereinbarung gewählten Schiedsordnung (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 20. Juni 2016,
[23]d) Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs ist auch nicht deshalb zu versagen, weil er aus sonstigen Gründen dem ordre public widerspräche, Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ.
[24]Der Inhalt eines ausländischen Schiedsspruchs verletzt den ordre public, wenn das Ergebnis der Anwendung des ausländischen Rechts zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach inländischen Vorstellungen untragbar erscheint (vgl. BGH, Beschl. v. 22. Juni 2017,
[25]3. Der Antrag, den Schiedsspruch vom 25. Oktober 2023 für vollstreckbar zu erklären, durch den der Antragsgegner zur Zahlung von EUR ... und USD ... zuzüglich Zinsen und Kosten verurteilt worden ist, ist begründet. Gründe, nach denen dem Schiedsspruch gemäß § 1061 ZPO die Anerkennung im Inland zu versagen wäre, liegen nicht vor.
[26]a) Dass dem Schiedsspruch die Anerkennung nach § 1061 Abs. 1 ZPO i. V. m. Art. V Abs. 1 Buchst. a) UNÜ zu versagen wäre, hat der Antragsgegner nicht geltend gemacht. Er hat sich zwar auf seine Erkrankung berufen, aber keine Einwendungen gegen die Begründung des Schiedsgerichts erhoben, es könne trotz des Gesundheitszustands des Schiedsbeklagten seine Zuständigkeit ausüben (Anlage ASt 24 Rn. 70). Auf die Ausführungen unter 2. a) wird Bezug genommen.
[27] b) Dem Schiedsspruch vom 25. Oktober 2023 ist die Anerkennung nicht wegen eines Verstoßes gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs oder des Grundsatzes des fairen Verfahrens nach Art. V Abs. 1 Buchst. b), Abs. 2 Buchst. b) UNÜ zu versagen.
[28]aa) Wie bereits unter 2. b) aa) ausgeführt, liegt in einer Verletzung des rechtlichen Gehörs regelmäßig auch ein Verstoß gegen den ordre public im Sinne des Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ. Die Einhaltung des ordre public ist im Vollstreckbarerklärungsverfahren zwar von Amts wegen zu prüfen. Der Beibringungsgrundsatz gilt jedoch insoweit, als eine Gehörsrechtsverletzung regelmäßig nur auf eine ordnungsgemäß ausgeführte Rüge hin geprüft werden kann (BayObLG, Beschl. v. 26. Juni 2024,
[29]Das Gebot rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verpflichtet das Gericht, die tatsächlichen und rechtlichen Ausführungen der Parteien zur Kenntnis zu nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung zu ziehen. Es ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BGH, Beschl. v. 21. April 2022,
[30]bb) Ausgehend von diesen Grundsätzen, an denen mit Blick auf den verfahrensrechtlichen ordre public auch der Schiedsentscheid zu messen ist (vgl. BGH SchiedsVZ 2021, 46 Rn. 17 f. (IPRspr 2020-208); BayObLG, Beschl. v. 18. Januar 2022,
[31](1) Der Antragsgegner hat nicht nachgewiesen, vom Verfahren nicht gehörig in Kenntnis gesetzt worden zu sein. Auf die Ausführungen unter 2. b) bb) wird Bezug genommen. Unerheblich ist, ob ihm die Schiedsklage vom Schiedsgericht förmlich zugestellt worden ist, da sich aus der Darstellung des Verfahrens im Schiedsspruch (Anlage ASt 24 Rn. 4, 7, 10) und dem von der Antragstellerin vorgelegten E-Mail-Verkehr (Anlagen ASt 9 und 10) ergibt, dass der Antragsgegner die Schiedsklage kannte und auf sie erwidert hat. Weder der Darstellung im Schiedsspruch noch dem Vorbingen der Antragstellerin zur Übermittlung der Schiedsklage ist der Antragsgegner substanziiert entgegengetreten.
[32](2) Ohne Erfolg rügt der Antragsgegner, er habe sich nicht ordnungsgemäß verteidigen können, weil ihm die Schriftsätze „nicht ordnungsgemäß und rechtzeitig“ zugestellt worden seien.
[33](a) Dass er einen bestimmten Schriftsatz der Antragstellerin oder eine von ihr vorgelegte Anlage nicht erhalten hätte, behauptet er nicht ...
[34](b) Fehl geht die Ansicht des Antragsgegners, er sei nicht ordnungsgemäß informiert worden, weil das Schiedsgericht die Unterlagen nicht per Post, sondern per E-Mail versandt habe.
[35]Der vom Schiedsgericht gewählte Weg der Kommunikation per E-Mail entspricht Art. 3 Abs. 1 SchO-DIA und ist nicht zu beanstanden ...
[36](3) Dass das Schiedsgericht gemäß Art. 31 SchO-DIA entschieden hat, weil der Antragsgegner an der mündlichen Verhandlung vom 30. Mai 2023 nicht teilgenommen hat, ohne dafür einen triftigen Grund darzulegen, ist nicht zu beanstanden.
[37](a) ... (b) Ein Gehörsverstoß wegen einer offensichtlich fehlerhaften Ablehnung eines Terminsverlegungsantrags kommt schon mangels einer substanziierten Behauptung, er habe einen solchen Antrag gestellt, nicht in Betracht ...
[38](c) Ohne Erfolg beruft sich der Antragsgegner schließlich darauf, er habe das Schiedsgericht über seine Erkrankung informiert, es sei aber weder eine Aussetzung des Verfahrens noch ein schiedsgerichtlicher Hinweis erfolgt (Bl. 33 f. d. A.). Das Schiedsgericht hat den Antragsgegner - wie unter (b) ausgeführt - in der gebotenen Weise über den weiteren Verfahrensgang informiert. Ein Begehren des Antragsgegners, dass das Verfahren ausgesetzt werden sollte, lässt sich insbesondere der Stellungnahme des Antragsgegners vom 30. Mai 2023 gerade nicht entnehmen.
[39]Im Übrigen sind bei der Verfahrensgestaltung die widerstreitenden Interessen beider Parteien nach Möglichkeit in Ausgleich zu bringen, d. h. der Anspruch der Klagepartei auf effektiven Rechtsschutz einerseits und der Anspruch der beklagten Partei auf Gewährung rechtlichen Gehörs im Rahmen ihrer Verteidigung andererseits. Hinsichtlich der Möglichkeiten des Antragsgegners, sich sachgerecht zu verteidigen, insbesondere durch Teilnahme an der mündlichen Verhandlung, wird auf die Ausführungen unter (d) Bezug genommen; dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Verhandlung online durchgeführt wurde, um dem Antragsgegner eine Teilnahme an der mündlichen Verhandlung zu erleichtern (vgl. Anlage ASt 24 Rn. 38). Ein Verstoß gegen den ordre public, weil das Schiedsgericht das Verfahren trotz der - hier als bewiesen unterstellten - Erkrankung des Antragsgegners weiterbetrieben hat, ist nicht erkennbar.
[40](d) Der Antragsgegner hat an der online durchgeführten Verhandlung am 30. Mai 2023 weder persönlich noch durch einen (anwaltlichen) Vertreter teilgenommen, ohne einen triftigen Grund darzulegen. Es ist somit nicht zu beanstanden, dass das Schiedsgericht nach Art. 31 SchO-DIA auf der Grundlage der ihm vorgelegten Unterlagen entschieden hat. Es liegt insbesondere kein Verstoß gegen das Recht auf prozessuale Waffengleichheit vor (vgl. auch OLG München, Beschl. v. 25. April 2022,
[41](aa) Der Antragsgegner hat nach den Feststellungen des Schiedsgerichts nicht nachgewiesen, dass es ihm infolge seiner Erkrankung nicht möglich war, an der Online-Verhandlung teilzunehmen ...
[42](bb) Dass ihm die Entsendung eines Vertreters nicht möglich gewesen wäre, hat der Antragsgegner weder gegenüber dem Schiedsgericht noch im streitgegenständlichen Verfahren dargelegt.
[43]Zwar entspricht es der höchstrichterlichen Rechtsprechung, dass auch Schiedsgerichte die Verfahrensgrundrechte der Parteien auf rechtliches Gehör und prozessuale Waffengleichheit nicht dadurch verletzen dürfen, dass sie das Recht einer Partei, sich im Verhandlungstermin durch einen von ihnen selbst gewählten Prozessbevollmächtigten vertreten zu lassen, in unzumutbarer Weise beschneiden (BGH, Beschl. v. 21. April 2022,
[44]Dafür bestehen hier jedoch nach dem Vorbringen des Antragsgegners keinerlei Anhaltspunkte ...
[45]Ein Verstoß gegen den ordre public lässt sich nicht damit begründen, dass die SchO-DIA die Bestellung eines Anwalts im Fall der Armut einer Partei nicht vorsieht. Bei internationalen Schiedsvereinbarungen bestimmen sich die Rechtsfolgen der Armut nach dem Recht, dem die Schiedsvereinbarung unterliegt. Ist danach die Armut für die Schiedsvereinbarung und das Schiedsverfahren irrelevant, kann dieses Ergebnis nicht über den ordre public korrigiert werden (vgl. Schütze in Schütze/Thümmel, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 7. Aufl. 2021, § 5 Rn. 96 ff.).
[46](4) Dass das Schiedsgericht Vorbringen von ihm übergangen hätte, zeigt der Antragsgegner nicht konkret auf.
[47]Seine pauschalen Rügen, er habe die „unsubstantiierten Punkte des gegnerischen Vortrags“ entkräftet und die vorgetragenen Einwendungen seien vom Schiedsgericht ignoriert worden (Bl. 34 d. A.), genügt für die Darlegung eines Gehörsverstoßes nicht ...
[48](5) Ein Verstoß gegen den ordre public ergibt sich schließlich nicht aus einer Kumulation mehrerer Umstände, nämlich daraus, dass der Antragsgegner während des Schiedsverfahrens schwer erkrankt und anwaltlich nicht vertreten war.
[49]Unterstellt, der Antragsgegner hätte gegenüber dem Schiedsgericht den Nachweis seiner Erkrankung erbracht und dargelegt, dass es ihm infolge dieser Erkrankung oder aus - nachgewiesenen - finanziellen Gründen nicht möglich war, einen Vertreter mit der Wahrnehmung seiner Rechte zu beauftragen, erscheint es zwar denkbar, dass ihm durch diese Kombination von Erschwernissen eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich war. Der - nun anwaltlich vertretene Antragsgegner - hat aber nicht vorgetragen, welche Einwände er im Schiedsverfahren erhoben hätte, wenn er bereits dort einen Rechtsanwalt mit der Vertretung seiner Interessen hätte beauftragen können.
[50](a) Es erscheint nicht ausgeschlossen, dass es einer beklagten Partei aus verschiedenen, sich gegenseitig verstärkenden Gründen nicht möglich ist, sich in einem Schiedsverfahren sachgerecht zu verteidigen.
[51]Unerheblich ist insoweit, dass sich der Antragsgegner teilweise am Verfahren beteiligt hat, denn dies belegt allein noch nicht, dass ihm eine sachgerechte Verteidigung möglich war. Das Argument, der - hier unterstellt - schwer erkrankte Antragsteller hätte sich vertreten lassen können, setzt voraus, dass er finanziell und mental in der Lage war, seine Vertretung im Verfahren sicherzustellen. Die Argumentation, er habe sich nicht anwaltlich vertreten lassen müssen, greift dagegen nur durch, wenn er gesundheitlich in der Lage war, sich persönlich an dem Verfahren zu beteiligen.
[52](b) Ob sich aus dieser Kombination von Erschwernissen ein Grund ergeben könnte, dem Schiedsspruch die Anerkennung zu versagen, kann offenbleiben, da der Antragsgegner weder für beide Erschwernisse Beweis angetreten noch potenziell entscheidungserheblichen Vortrag gehalten hat (s. o.).
[53]Zwar sind keine hohen Anforderungen an die Kausalität eines Verfahrensverstoßes zu stellen. Es ist vielmehr ausreichend, dass die Entscheidung des Schiedsgerichts auf der Gehörsverletzung oder einem sonstigen Verfahrensfehler beruhen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 15. Januar 2009,
[54]c) Ein Versagungsgrund nach Art. V Abs. 1 Buchst. e) UNÜ liegt nicht vor. Denn die förmliche Zustellung ist nach dem maßgeblichen Verfahrensrecht, d. h. der von den Parteien des Schiedsverfahrens in der Schiedsvereinbarung gewählten Schiedsordnung, kein Wirksamkeitserfordernis. Auf die Ausführungen unter 2. c) wird Bezug genommen.
[55]d) Die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs ist auch nicht deshalb zu versagen, weil er aus sonstigen Gründen dem ordre public widerspräche, Art. V Abs. 2 Buchst. b) UNÜ.
[56]e) ...
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