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Verfahrensgang

BGH, Beschl. vom 21.02.2017 – I ZB 115/15, IPRspr 2017-293

Rechtsgebiete

Schiedsgerichtsbarkeit

Leitsatz

Ein von den Parteien unterzeichnetes Original eines Vertrags mit Schiedsklausel (hier: für ein Verfahren vor dem Schiedsgericht bei der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer in Warschau) begründet grundsätzlich vollen Beweis dafür, dass die in ihm enthaltenen Erklärungen von den Parteien abgegeben sind (Art. II Abs. 2 UNÜ). Dies gilt auch für einen Vertrag, bei dem es sich um eine Privaturkunde handelt. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

UNÜ Art. II; UNÜ Art. III; UNÜ Art. V
ZPO § 286; ZPO § 416; ZPO § 574; ZPO § 1061; ZPO § 1062; ZPO § 1065

Sachverhalt

Die Parteien schlossen unter dem 13.12.2010 einen Vertrag, nach dem die ASt. Weizen- und Vollkorntortilla an die AGg. liefern sollte Mit ihrer vor dem Schiedsgericht bei der Deutsch-Polnischen Industrie- und Handelskammer in Warschau erhobenen Klage machte die ASt. gegen die AGg. offene Forderungen aus Warenlieferungen geltend. Dabei berief sie sich auf eine im o.g. Vertrag vereinbarte Schiedsklausel, die das o.g. Schiedsgericht für zuständig erklärt. Das Schiedsgericht hat die AGg. mit Urteil vom 7.3.2014 zur Zahlung verurteilt. Die ASt. hat beantragt, den Schiedsspruch für vollstreckbar zu erklären, die AGg., ihn zurückzuweisen. Das OLG hat den Schiedsspruch für vollstreckbar erklärt. Dagegen wendet sich die AGg. mit ihrer Rechtsbeschwerde.

Aus den Entscheidungsgründen:

[14] III. Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des OLG ist von Gesetzes wegen statthaft (§ 574 I 1 Nr. 1 ZPO). Gegen die in § 1062 I Nr. 4 Alt. 2 ZPO genannte Entscheidung des OLG über einen Antrag betreffend die Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Schiedsspruchs (§ 1061 ZPO) findet gemäß § 1025 IV i.V.m. § 1065 I 1 ZPO die Rechtsbeschwerde statt. Die Rechtsbeschwerde ist jedoch unzulässig, weil weder die Rs grundsätzliche Bedeutung hat (§ 574 II Nr. 1 ZPO) noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rspr. eine Senatsentscheidung erfordert (§ 574 II Nr. 2 ZPO).

[15] 1. Die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche richtet sich gemäß § 1061 I 1 ZPO nach dem UNÜ. Gemäß Art. III Satz 1 UNÜ erkennt jeder Vertragsstaat Schiedssprüche als wirksam an und lässt sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebiets, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zu, sofern die in den folgenden Artikeln des Übereinkommens festgelegten Voraussetzungen gegeben sind. Nach Art. V I lit. a UNÜ setzt die Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs voraus, dass die Parteien eine Vereinbarung i.S.d. Art. II UNÜ geschlossen haben ...

[16] 2. Das OLG hat ohne Rechtsfehler angenommen, der von den Parteien unter dem 13.12.2010 geschlossene und von den Parteien unterzeichnete Vertrag habe in seiner Nr. 9 eine solche Schiedsklausel enthalten ...

[17] a) Das OLG ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Partei, die die Anerkennung und Vollstreckung eines ausländischen Schiedsspruchs im Inland betreibt (hier also die ASt.), die Darlegungs- und Beweislast für den Abschluss einer Schiedsvereinbarung i.S.v. Art. II UNÜ trägt (vgl. OLG Celle, SchiedsVZ 2004, 165, 167 f. (IPRspr. 2003 Nr. 202); OLG München, OLGR 2009, 263; Zöller-Geimer, ZPO, 31. Aufl., Anh § 1061 Art. V UNÜ Rz. 1, jeweils m.w.N.).

[18] b) Das OLG hat weiter ohne Rechtsfehler angenommen, die ASt. habe den Abschluss einer Schiedsvereinbarung durch Vorlage des Originals des von den Parteien unter dem 13.12.2010 geschlossenen Vertrags dargelegt und bewiesen, der unter Nr. 9 eine Schiedsklausel enthalte.

[19] aa) Gemäß § 416 ZPO begründen Privaturkunden, sofern sie von den Ausstellern unterschrieben oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet sind, vollen Beweis dafür, dass die in ihnen enthaltenen Erklärungen von den Ausstellern abgegeben sind.

[20] Das OLG hat mit Recht angenommen, dass das Original des Vertrags vom 13.12.2010 danach grunds. vollen Beweis dafür begründet, dass die in ihm enthaltenen Erklärungen von den Parteien abgegeben sind. Bei dem Vertrag handelt es sich um eine Privaturkunde. Das Original des Vertrags ist nach den Feststellungen des OLG auf der letzten Seite von beiden Parteien unterschrieben ...

[21] bb) Die durch die Echtheit der Unterschriften begründete Beweiskraft einer Privaturkunde kann allerdings durch äußere Mängel der Urkunde aufgehoben oder gemindert sein; beim Vorliegen äußerer Mängel einer Privaturkunde hat das Gericht gemäß § 286 ZPO in freier Beweiswürdigung zu entscheiden, ob diese Mängel die durch die Echtheit der Unterschriften begründete Beweiskraft der Urkunde aufheben oder mindern (vgl. BGH, Urt. vom 15.11.1979 – III ZR 93/78, NJW 1980, 893).

[22] (1) Das OLG hat angenommen, die durch die Echtheit der Unterschriften begründete Beweiskraft des Originalvertrags vom 13.12.2010 für die Vereinbarung einer Schiedsklausel werde nicht dadurch aufgehoben oder entscheidend herabgesetzt, dass die vorgelegte Urkunde in der linken oberen Ecke neben der Heftklammer zahlreiche Löcher früherer Heftklammern aufweise. Das lasse zwar darauf schließen, dass die aus insges. fünf Blättern bestehende Urkunde, auf deren Blatt 4 sich die Schiedsklausel und auf deren Blatt 5 sich die Unterschriften befinden, mehrfach auseinandergenommen und wieder zusammengesetzt worden sei. Das sei jedoch dadurch nachvollziehbar zu erklären, dass der Vertrag wiederholt, u.a. zur Herstellung von Kopien für das Schiedsverfahren und für das vorliegende Verfahren auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, verwendet worden sei ...

[27] Das OLG hat daher die Behauptung der AGg., die Schiedsklausel sei bei Unterzeichnung des Vertrags nicht auf dem vorletzten Blatt des Vertrags enthalten gewesen, ohne Rechtsfehler aufgrund der von ihm durchgeführten Beweisaufnahme als widerlegt angesehen.

Fundstellen

LS und Gründe

NJOZ, 2018, 947

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2017-293

Lizenz

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