Der verfassungsrechtliche Grundsatz prozessualer Waffengleichheit aus Art. 3 I in Verbindung mit Art. 20 III GG, der für das Schiedsverfahren einfachrechtlich in § 1042 I 1 ZPO geregelt ist, gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public.
Zwischen den Parteien bestand ein Vertrag, mit dem sich die Antragstellerin zur Demontage einer HDPE (High-Density-Polyethylene)- Anlage der Antragsgegnerin verpflichtete. Der Vertrag sah vor, dass Streitigkeiten gemäß der Schiedsordnung der Internationalen Handelskammer (ICC) am Schiedsort Berlin geklärt werden sollten. Nach ihrem Rücktritt vom Vertrag nahm die Antragsgegnerin die Antragstellerin vor dem Schiedsgericht auf Rückzahlung der von ihr geleisteten Anzahlungen und Schadensersatz in Anspruch. Mit Endschiedsspruch vom 30.11.2018 verurteilte das Schiedsgericht die Antragstellerin zur Zahlung. Im Übrigen wies es die Schiedsklage ab.
Den Aufhebungsantrag der Antragstellerin hat das KG nach mündlicher Verhandlung mit Beschluss vom 26.9.2019 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
[5] C. Die Rechtsbeschwerde ist statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO in Verbindung mit § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 1 ZPO) und zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung auch ansonsten zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 Fall 2, § 575 ZPO). Sie ist aber unbegründet.
[6] I. Ohne Erfolg macht die Rechtsbeschwerde geltend, das Kammergericht habe den Anspruch der Antragstellerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) dadurch in entscheidungserheblicher Weise verletzt, dass es deren Vorbringen zur Vernehmung des Zeugen Dr. N. in der mündlichen Verhandlung vor dem Schiedsgericht am 6. März 2018 teilweise übergangen habe.
[7] 1. Das Kammergericht hat hierzu ausgeführt, die Antragstellerin habe keine aufhebungsrelevanten Fehler bei der per Videokonferenz durchgeführten Zeugenvernehmung des Geschäftsführers der Antragsgegnerin Dr. N. vorgetragen. Insofern sei es eine Frage der Beweiswürdigung, wenn der anwesende Mitarbeiter der Antragsgegnerin R. oder deren anderer Geschäftsführer S. Einfluss auf den Zeugen genommen haben sollten. Ein Verfahrensfehler des Schiedsgerichts, welches die Aussage des Zeugen in den Gründen seines Schiedsspruchs hinreichend gewürdigt habe, könne nicht angenommen werden. Auch begegne es keinen Bedenken, dass die Vernehmung in deutscher Sprache ohne Dolmetscher stattgefunden habe. Ein Verstoß gegen § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d und Nr. 2 Buchst. b in Verbindung mit §§ 394, 396, 1042, 1045 ZPO und § 148 GVG liege nicht vor. Auch der verfahrensrechtliche ordre public sei in keiner Weise betroffen.
[8] 2. ... [9] 3. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Art. 103 Abs. 1 GG ist allerdings nur dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist (vgl. BVerfG, FamRZ 2020, 1000 Rn. 17 mwN). Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör hat zudem nur Erfolg, wenn die angefochtene gerichtliche Entscheidung auf der Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG beruht, wenn also nicht ausgeschlossen werden kann, dass das Gericht ohne den Verstoß zu einer anderen Beurteilung des Sachverhalts oder in einem wesentlichen Punkt zu einer anderen Würdigung gekommen wäre (vgl. BVerfG, Beschluss vom 6. Mai 2019 -
[10] 4. Es kann vorliegend offenbleiben, ob das Kammergericht das Gehörsrecht der Antragstellerin verletzt hat. Jedenfalls ist ausgeschlossen, dass das als übergangen gerügte Vorbringen eine für die Antragstellerin günstigere Entscheidung gerechtfertigt hätte. Die in Betracht kommenden Aufhebungsgründe des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d Fall 2 und Nr. 2 Buchst. b ZPO greifen nicht ein.
[11] a) Die Antragstellerin hat keinen im Sinne des § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d Fall 2 ZPO aufhebungsrelevanten Verfahrensfehler vorgebracht.
[12] aa) ... [13] bb) ... [14] cc) ... [15] b) Der Umstand, dass das Schiedsgericht die Äußerungen des Geschäftsführers der Antragsgegnerin S. in persischer Sprache nicht unterbunden hat, begründet keinen Verstoß gegen den nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b Fall 2 ZPO von Amts wegen zu beachtenden (verfahrensrechtlichen) ordre public.
[16] aa) Nach § 1059 Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b Fall 2 ZPO liegt ein Aufhebungsgrund vor, wenn das Gericht feststellt, dass die Anerkennung oder Vollstreckung des Schiedsspruchs zu einem Ergebnis führt, das der öffentlichen Ordnung (ordre public) widerspricht. Dies setzt voraus, dass das Ergebnis mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Das ist der Fall, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Der Schiedsspruch muss mithin die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzen. Danach stellt nicht jeder Widerspruch der Entscheidung eines Schiedsgerichts zu zwingenden Vorschriften des deutschen Rechts einen Verstoß gegen den ordre public dar. Vielmehr muss es sich um eine nicht abdingbare Norm handeln, die Ausdruck einer für die Rechtsordnung grundlegenden Wertentscheidung des Gesetzgebers ist (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 5. März 2020 -
[17] bb) Der Anspruch auf rechtliches Gehör gemäß Art. 103 Abs. 1 GG, der für das Schiedsverfahren in der zwingenden Vorschrift des § 1042 Abs. 1 Satz 2 ZPO eine einfachrechtliche Ausprägung erfahren hat, gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juli 2019 -
[18] cc) Gegen den ebenfalls zum verfahrensrechtlichen ordre public zählenden Grundsatz prozessualer Waffengleichheit aus Art. 3 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 20 Abs. 3 GG hat das Schiedsgericht nicht verstoßen. Eine mögliche Verletzung von Verfahrensvorschriften durch das Schiedsgericht erreicht nicht das für einen Verfassungsverstoß erforderliche Gewicht.
[19] (1) Der verfassungsrechtliche Grundsatz prozessualer Waffengleichheit, der für das Schiedsverfahren einfachrechtlich in § 1042 Abs. 1 Satz 1 ZPO geregelt ist, gehört zum verfahrensrechtlichen ordre public (BeckOK.ZPO/Wilske/ Markert aaO § 1059 Rn. 63.1 mwN; Lachmann, Handbuch für die Schiedsgerichtspraxis, 3. Aufl., Rn. 2311 mwN; für § 1042 Abs. 1 ZPO allgemein Zöller/Geimer aaO § 1059 Rn. 47). "Waffengleichheit" als Ausprägung der Rechtsstaatlichkeit und des allgemeinen Gleichheitssatzes ist im Zivilprozess zu verstehen als die verfassungsrechtlich gewährleistete Gleichwertigkeit der prozessualen Stellung der Parteien vor dem Gericht, das - auch im Blick auf die grundrechtlich gesicherte Verfahrensgarantie aus Art. 103 Abs. 1 GG - den Prozessparteien im Rahmen der Verfahrensordnung gleichermaßen die Möglichkeit einzuräumen hat, alles für die gerichtliche Entscheidung Erhebliche vorzutragen und alle zur Abwehr des gegnerischen Angriffs erforderlichen prozessualen Verteidigungsmittel selbständig geltend zu machen. Ihr entspricht die Pflicht des Gerichts, diese Gleichstellung der Parteien durch eine objektive, faire Verhandlungsführung, durch unvoreingenommene Bereitschaft zur Verwertung und Bewertung des gegenseitigen Vorbringens, durch unparteiische Rechtsanwendung und durch korrekte Erfüllung seiner sonstigen prozessualen Obliegenheiten gegenüber den Prozessbeteiligten zu wahren (BVerfGE 52, 131, 156 f. [juris Rn. 96] mwN; BVerfG, GRUR 2018, 1288 Rn. 14). Allerdings führt nicht jede Verletzung von Verfahrensvorschriften zu einem Verstoß gegen den Grundsatz der prozessualen Waffengleichheit (vgl. BVerfGE 52, 131, 147 [juris Rn. 77] und 156 f. [juris Rn. 96 f.]; BVerfGE 138, 64 Rn. 71 zu Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG).
[20] (2) Das Verfahren der Zeugenvernehmung vor den staatlichen Gerichten ist in den §§ 394 ff. ZPO geregelt. Diese Vorschriften dienen der Wahrheitsfindung (vgl. nur MünchKomm.ZPO/Damrau aaO § 394 Rn. 1, § 396 Rn. 1 und § 397 Rn. 1). Ihnen ist als allgemeiner Grundsatz zu entnehmen, dass das Gericht das Verfahren am Zweck der Wahrheitsfindung auszurichten und Interventionen der Parteien, die die Zweckerreichung gefährden, zu unterbinden hat.
[21] Dieser Grundsatz gilt auch im Schiedsverfahren, …
[22] (3) Vorliegend erreicht eine mögliche Verletzung der dem Schiedsgericht obliegenden Pflicht, im Rahmen einer Zeugenvernehmung die Wahrheitsfindung gefährdende Interventionen der Parteien zu unterbinden, nicht das für einen Verfassungsverstoß erforderliche Gewicht ...