Die abweisende Entscheidung in einem Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs entfaltet für das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Inland keine Bindungswirkung.
Die Reichweite einer Schiedsklausel ist in subjektiver Hinsicht grundsätzlich beschränkt auf die Vertragsparteien und ihre Rechtsnachfolger. Auch bei einer geltend gemachten Durchgriffshaftung im (faktischen) Konzernverbund ist der in Anspruch genommene Dritte nicht an die für die Vertragsparteien geltende Schiedsklausel gebunden.
Dem zukünftigen Antragsgegner eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach § 1061 Abs. 1 ZPO steht bis zur Einleitung dieses Verfahrens ein Antrag auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs in entsprechender Anwendung von § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1061 Abs. 2 ZPO zu.
Dieser Antrag auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs ist nicht fristgebunden. Die Drei-Monats-Frist gemäß § 1059 Abs. 3 Satz 1 bis 3 ZPO sowie die Präklusionsnorm des § 1060 Abs. 2 Satz 2 ZPO finden auf ausländische Schiedssprüche keine, auch keine entsprechende Anwendung.
Der Antragsteller ist ein deutscher Unternehmer, der jahrzehntelang in der Russischen Föderation tätig war. Er war unter anderem Gesellschafter und Generaldirektor der OOO G., einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach russischem Recht. Die vier Antragsgegnerinnen sind selbständige Unternehmen der E.-Gruppe, eines Fruchtsaftkonzerns, mit Sitz in R.. Die E.-Gruppe kooperierte einige Jahre mit den Unternehmen des Antragstellers in der Russischen Föderation. Die EGR erklärte Ende 2007 gegenüber der OOO G. die Kündigung der operativen Verträge. In der Folge wurde die EGR nach Durchführung eines Insolvenzverfahrens liquidiert. Auch über das Vermögen der OOO G. wurde das Insolvenzverfahren eröffnet. Nach Beendigung der Kooperation reichte der Antragsteller Schiedsklage ein, mit der er von den Antragsgegnerinnen und drei natürlichen Personen Schadensersatz verlangte.
Ein Ad-hoc-Schiedsgericht in Moskau verurteilte die Antragsgegnerinnen sowie die drei weiteren Schiedsbeklagten im Jahr 2019 gesamtschuldnerisch, an den Antragsteller Schadensersatz zu zahlen. Die Antragsgegnerinnen haben vor dem Oberlandesgericht negative Feststellungsklage auf Versagung der Anerkennung dieses ausländischen Schiedsspruchs erhoben; hilfsweise haben sie - im Beschlussverfahren - einen negativen Feststellungsantrag gestellt. Mit der Klageerwiderung hat der damals in Moskau wohnhafte Antragsteller neben der Klagabweisung die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs, hilfsweise im Wege der Widerklage die Verurteilung der Antragsgegnerinnen zu den im Schiedsspruch ausgeurteilten Zahlungen und weiter hilfsweise die Verweisung der Hilfswiderklage an das Landgericht beantragt. Die Antragsgegnerinnen haben daraufhin die negative Feststellungsklage, respektive den negativen Feststellungsantrag, einseitig für erledigt erklärt und beantragt, den Antrag auf Vollstreckbarerklärung abzulehnen sowie die Hilfswiderklage abzuweisen. Das Oberlandesgericht hat den Antrag auf Feststellung der Erledigung sowie den Antrag auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs abgelehnt. Es hat ausgesprochen, dass der ausländische Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist. Die Hilfswiderklage hat das Oberlandesgericht als unzulässig abgewiesen und den Verweisungsantrag abgelehnt. Hiergegen richtet sich die Rechtsbeschwerde des Antragstellers, mit der er seine Anträge weiterverfolgt. Die Antragsgegnerinnen beantragen die Zurückweisung der Rechtsbeschwerde. Mit ihrer Anschlussrechtsbeschwerde wenden sie sich gegen die Zurückweisung ihres Antrags auf Feststellung der Erledigung. Mit Schriftsatz vom 14.11.2022 hat der Antragsteller den Antragsgegnerinnen mitgeteilt, dass er seinen Wohnsitz nach Dubai, Vereinigte Arabische Emirate, verlegt habe. Die Antragsgegnerinnen haben daraufhin beantragt, dem Antragsteller die Stellung einer Prozesskostensicherheit aufzugeben. Der Antragsteller hat mitgeteilt, er habe die Anschrift in Dubai wieder aufgegeben und seinen Wohnsitz und den räumlichen Schwerpunkt seiner Lebensverhältnisse nach Italien verlegt. Dem sind die Antragsgegnerinnen entgegengetreten.
[13] B. Das Oberlandesgericht hat - soweit für das Rechtsbeschwerdeverfahren relevant - angenommen, die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragstellers stehe der Zulässigkeit des Vollstreckbarerklärungsverfahrens nicht entgegen ...
[14] ... [16] C. Die gegen diese Beurteilung gerichtete Rechtsbeschwerde ist gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 1065 Abs. 1 Satz 1, § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO statthaft und wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässig (§ 574 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Auch die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind erfüllt (§ 575 ZPO).
[17] I. Der Antragsteller ist prozessführungsbefugt. Die Prozessführungsbefugnis, die vom Rechtsbeschwerdegericht auch ohne Rüge in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (§ 56 Abs. 1 ZPO; vgl. BGH, Beschluss vom 17. Dezember 2008 -
[18] II. Das Oberlandesgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass das Verfahren nicht gemäß § 352 Abs. 1 Satz 1 InsO unterbrochen ist. Danach wird durch die Eröffnung des ausländischen Insolvenzverfahrens ein Rechtsstreit unterbrochen, der zur Zeit der Eröffnung anhängig ist und die Insolvenzmasse betrifft. Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Antragstellers ist bereits am 4. März 2020 und damit vor Rechtshängigkeit des hiesigen Verfahrens im Juli 2020 eröffnet worden (zur Rechtshängigkeit als maßgeblichem Zeitpunkt vgl. BAG, NZA-RR 2014, 32 [juris Rn. 24 f.] (IPRspr 2013-296); zu § 240 ZPO vgl. BGH, Beschluss vom 11. Dezember 2008 -
[19] D. In der Sache hat die Rechtsbeschwerde keinen Erfolg. Das Oberlandesgericht hat zu Recht die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs abgelehnt und gemäß § 1061 Abs. 2 ZPO festgestellt, dass dieser im Inland nicht anzuerkennen ist. Eine schriftliche Vereinbarung im Sinne von Art. II Abs. 2 UNÜ liegt nur zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 1 vor; die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 sind auch nicht als Dritte in die Schiedsvereinbarung einbezogen (Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ; dazu D II). Das Schiedsgericht hat mit seiner Entscheidung außerdem die sachliche Reichweite der Schiedsvereinbarung überschritten (Art. V Abs. 1 Buchst. c UNÜ; dazu D III). Die Zurückweisung der Hilfswiderklage sowie die Ablehnung der hilfsweise beantragten Verweisung ist vom Rechtsbeschwerdegericht nicht überprüfbar (dazu D IV).
[20] I. Nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem New Yorker Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, das aufgrund des Zustimmungsgesetzes (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) des Bundestags innerhalb der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes steht (Art. 1 des Gesetzes zu dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche, BGBl. II 1961 S. 121; UNÜ oder New Yorker Übereinkommen). In Art. V Abs. 1 Buchst. a bis d, Abs. 2 Buchst. a und b UNÜ werden - wie in § 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a bis d, Nr. 2 Buchst. a und b ZPO für inländische Schiedssprüche - die Gründe für eine Versagung der Anerkennung und Vollstreckung eines Schiedsspruchs geregelt.
[21] II. Das Oberlandesgericht hat hinsichtlich der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 zutreffend den Anerkennungsversagungsgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. a in Verbindung mit Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ bejaht. Eine Vereinbarung gemäß Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ liegt nur zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 1 vor (dazu D II 2). Die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 sind in die Schiedsvereinbarung auch nicht als Dritte einbezogen (dazu D II 3).
[22] 1. Nach Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ kann die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs unter anderem versagt werden, wenn die Vereinbarung nach dem Recht, dem die Parteien sie unterstellt haben, oder, falls die Parteien hierüber nichts bestimmt haben, nach dem Recht des Landes, in dem der Schiedsspruch ergangen ist, ungültig ist. Die Vorschrift setzt voraus, dass die Parteien überhaupt eine Vereinbarung im Sinne von Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ getroffen haben (vgl. BGH, Beschluss vom [21]. Februar 2017 -
[23] 2. Das Oberlandesgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Schiedsvereinbarung in Ziffer 11.6 VRgA nur zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 1 geschlossen worden ist und die Antragsgegnerinnen mit der Zuständigkeitsrüge nicht präkludiert sind.
[24] a) Das Oberlandesgericht hat angenommen, der Antragsteller habe sich bei Erhebung der Schiedsklage allein auf die Schiedsklausel in Ziffer 11.6 VRgA berufen. Dieser Vertrag sei am 5. März 2007 vom Antragsteller und mehreren seiner Unternehmen sowie auf Seiten der E. -Gruppe von zwei Tochtergesellschaften, nämlich der (später insolventen) EGR und der Antragsgegnerin zu 1, nicht aber den Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 unterzeichnet worden. Es habe auch kein Schriftwechsel mit Aufnahme der Schiedsklausel im Sinne eines rechtsgeschäftlichen Willensprozesses stattgefunden. Eine formgültige Vereinbarung liege damit nur zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 1 als an die Schiedsklausel gebundenen Vertragsparteien vor. Die Antragsgegnerinnen seien mit dem Einwand der - teilweise - fehlenden Schiedsvereinbarung nicht präkludiert.
[25] b) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Rechtsbeschwerde nicht; Rechtsfehler sind insoweit nicht ersichtlich. Hinsichtlich der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 liegt eine Schiedsvereinbarung weder nach Art. II Abs. 1 und 2 UNÜ noch nach §§ 1029, 1031 ZPO oder dem durch das nationale Kollisionsrecht berufenen Sachrecht vor (vgl. dazu BGH, Urteil vom 26. November 2020 -
[26] 3. Das Oberlandesgericht hat mit Recht eine Einbeziehung der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 in die Schiedsklausel gemäß Ziffer 11.6 VRgA abgelehnt. Das Oberlandesgericht war insoweit nicht an einer eigenständigen Prüfung gehindert (dazu D II 3 a). Die Antragsgegnerinnen sind mit der Zuständigkeitsrüge auch nicht wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben ausgeschlossen (dazu D II 3 b). Die Gültigkeit und Reichweite der Schiedsklausel unterliegt deutschem Recht (dazu D II 3 c). Die Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 sind nicht in den persönlichen Anwendungsbereich der Schiedsklausel einbezogen (dazu D II 3 d).
[27] a) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist das Oberlandesgericht im Ergebnis zutreffend davon ausgegangen, es sei an einer eigenständigen Prüfung der Reichweite der Schiedsklausel nicht durch die den Schiedsspruch aufrechterhaltenden Entscheidungen der staatlichen Gerichte in der Russischen Föderation gehindert.
[28] aa) Das Oberlandesgericht hat angenommen, eine Vorgreiflichkeit von Feststellungen im Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs auf das inländische Exequaturverfahren sei eo ipso ausgeschlossen. Zwar seien die einem (rechtskräftigen) ausländischen Urteil nach dem Recht des Urteilsstaats zukommenden Wirkungen außerhalb des Unionsrechts nach Maßgabe des § 328 ZPO auf das Inland zu erstrecken. Hiervon zu unterscheiden sei indessen die Vollstreckungswirkung (Vollstreckbarkeit), die erst aufgrund des Exequaturs nach Maßgabe des nationalen Rechts für das deutsche Staatsgebiet originär verliehen werde. Dieser Grundsatz finde für ausländische Schiedssprüche in Art. III UNÜ seine ausdrückliche Bestätigung.
[29] Die Nichtanerkennung der im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs oder in weiteren Staaten verliehenen Vollstreckbarkeit für das Inland sei gesetzlich bzw. staatsvertraglich vorgegeben und allgemein anerkannt. Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung sei über die Vollstreckbarkeit in Deutschland schon aus völkerrechtlichen Gründen allein von deutschen Gerichten zu entscheiden und entfalte die (Exequatur-)Entscheidung des Erststaats nur eine territorial begrenzte Wirkung. Daraus erschließe sich, dass eine dem Schiedsspruch beigegebene oder bestätigte Vollstreckbarkeit über die Grenzen des Sitzstaats des Schiedsgerichts nicht hinausreichen könne und auch den Umfang der Entscheidungsbefugnis des Exequaturgerichts im angerufenen Vollstreckungsstaat nicht im Sinne einer präjudiziellen Bindungswirkung zu begrenzen vermöge.
[30] Die deutschen Gerichte seien nicht an die tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen des ausländischen Schiedsgerichts oder der staatlichen Gerichte im Sitzstaat des Schiedsgerichts gebunden. Dies gelte auch, wenn - wie im Streitfall - das staatliche Gericht im Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat des Schiedsverfahrens die Zuständigkeit des Schiedsgerichts bestätigt habe. Die vom Antragsteller vertretene Bindungswirkung führte in der Praxis des Exequaturverfahrens letztlich zu einer Aushöhlung des Anwendungsbereichs des New Yorker Übereinkommens und zu einer den Gläubiger begünstigenden Umgehung des Schutzes des deutschen Rechts.
[31] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
[32] bb) Das Oberlandesgericht hat bei seiner Beurteilung der Bindungswirkung ausländischer Entscheidungen allerdings rechtsfehlerhaft nicht zwischen der im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs oder in weiteren Staaten verliehenen Vollstreckbarkeit des Schiedsspruchs einerseits und einem erfolglosen Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs andererseits unterschieden.
[33] Für Schiedssprüche wird - ebenso wie für ausländische Urteile - die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils, das seinerseits den Schiedsspruch anerkennt oder für vollstreckbar erklärt, nach dem Grundsatz "exequatur sur exequatur ne vaut" (Unzulässigkeit des Doppelexequaturs) nicht zugelassen. Entscheidungen über die Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs sind vielmehr grundsätzlich auf das Gebiet des jeweiligen Staats beschränkt und können nicht selbst Gegenstand einer Anerkennung oder Vollstreckbarerklärung in einem anderen Staat sein (vgl. BGH, Urteil vom 2. Juli 2009 -
[34] cc) Die Beurteilung des Oberlandesgerichts erweist sich aber im Ergebnis als richtig. Die abweisende Entscheidung in einem Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs entfaltet für das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Inland keine Bindungswirkung.
[35] Die Frage, ob die im Schiedsverfahren unterlegene Partei, die im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs erfolglos ein Aufhebungsverfahren durchgeführt hat, gehindert ist, sich im Vollstreckbarerklärungsverfahren vor dem Gericht des Vollstreckungsstaats noch einmal auf die Einwände zu berufen, die sie bereits im Aufhebungsverfahren geltend gemacht hat, ist umstritten.
[36] (1) Für inländische Schiedssprüche (§ 1025 Abs. 1 ZPO) findet sich eine eindeutige Regelung zum Verhältnis von Aufhebungsverfahren zu Vollstreckbarerklärungsverfahren in § 1060 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Danach sind im Vollstreckbarerklärungsverfahren Aufhebungsgründe nicht zu berücksichtigen, soweit im Zeitpunkt der Zustellung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung ein auf sie gestützter Aufhebungsantrag rechtskräftig abgewiesen ist. § 1060 Abs. 2 Satz 3 ZPO bestimmt zudem, dass Aufhebungsgründe nach § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO auch dann nicht zu berücksichtigen sind, wenn die in § 1059 Abs. 3 ZPO bestimmten Fristen abgelaufen sind, ohne dass der Antragsgegner einen Antrag auf Aufhebung des Schiedsspruchs gestellt hat. Für beide Verfahren ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4 ZPO das Oberlandesgericht zuständig, in dessen Bezirk der Schiedsort liegt; das beugt divergierenden Entscheidungen vor (vgl. dazu Harbst, SchiedsVZ 2007, 22, 27).
[37] (2) Das bei ausländischen Schiedssprüchen über § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO anwendbare New Yorker Übereinkommen trifft für die Frage, welche Auswirkungen ein erfolgloses Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs auf das Vollstreckbarerklärungsverfahren im Inland hat, keine Regelung. Es enthält allein eine Aussage für den Fall des erfolgreichen, eine den Schiedsspruch aufhebende Entscheidung herbeiführenden Aufhebungsverfahrens im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs; eine solche Entscheidung stellt gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ einen Anerkennungsversagungsgrund dar.
[38] (3) In Rechtsprechung und Literatur werden unterschiedliche Lösungsansätze vertreten.
[39] (a) Zum Teil wird - ohne vertiefte Erörterung - angenommen, ein erfolgloses Aufhebungsverfahren im Ausland präkludiere regelmäßig die Geltendmachung des Versagungsgrunds im Vollstreckbarerklärungsverfahren (vgl. Voit in Musielak/Voit, ZPO, 19. Aufl., § 1061 Rn. 20 [in Rn. 12 dagegen nur nach Maßgabe von § 328 ZPO]; MünchKomm.ZPO/Adolphsen, 6. Aufl., Anhang 1 zu § 1061, UNÜ Art. 5 Rn. 12). Auch das Oberlandesgericht Brandenburg ist in einer Entscheidung vom 20. Mai 2020 (NJOZ 2020, 1545 [juris Rn. 91 f. (IPRspr 2020-198)]) davon ausgegangen, es sei an die Entscheidung der staatlichen Gerichte im Ursprungsland des Schiedsspruchs gebunden (zustimmend Anders in Anders/Gehle, ZPO, 81. Aufl., § 1061 Rn. 7).
[40] (b) Eine andere Auffassung geht von einer Verbindlichkeit der abweisenden Entscheidung im Aufhebungsverfahren und damit einer Präklusion von Anerkennungsversagungsgründen nur unter den Voraussetzungen des § 328 ZPO aus (vgl. OLG Bremen, Beschluss vom 30. September 1999 -
[41] (c) Eine weitere Auffassung lehnt eine Bindung der deutschen Gerichte an abweisende Entscheidungen des staatlichen Gerichts im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs im Aufhebungsverfahren und damit eine Präklusion der dort geltend gemachten Anerkennungsversagungsgründe im Vollstreckbarerklärungsverfahren ab (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 34. Aufl., § 1061 Rn. 23; Nienaber, Die Anerkennung und Vollstreckung im Sitzstaat aufgehobener Schiedssprüche, 2002, S. 127, der de lege ferenda allerdings für eine Reduzierung der Kontrollmöglichkeiten im Vollstreckungsstaat plädiert, S. 309 bis 313; vgl. auch die Nachweise bei Solomon aaO S. 518 f. mit Fn. 25). Zum Teil wird dies damit begründet, es handle sich um unterschiedliche Streitgegenstände (vgl. Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl., Anhang zu § 1061 Rn. 152; v. Bernuth, Die Doppelkontrolle von Schiedssprüchen, 1995, S. 68). Davon ist auch der Bundesgerichtshof ausgegangen; vor den Gerichten des Ursprungsstaats des Schiedsspruchs gehe es im Aufhebungsverfahren um die Existenz des Schiedsspruchs (vgl. auch Sandrock, IPrax 2001, 550, 552), während im nationalen Vollstreckbarerklärungsverfahren (nur) das Exequatur für Deutschland zur Entscheidung stehe (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008 -
[42] Daneben wird das (zu) große Gewicht des Ursprungsstaats des Schiedsspruchs kritisiert, das mit einer Bindung an die abweisende Entscheidung im Aufhebungsverfahren einherginge. Mit einer solchen Entscheidung werde dann faktisch auch über die Vollstreckbarkeit in anderen Staaten entschieden (Samuel, Jurisdictional Problems in International Commercial Arbitration, 1989, S. 317). Die Versagungsgründe des Art. V UNÜ seien aber nicht auf den Fall beschränkt, in dem der Antragsgegner die Aufhebung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat nicht betrieben habe (vgl. Samuel aaO S. 299).
[43] (4) Die letztgenannte Auffassung ist richtig. Die deutschen Gerichte sind an Entscheidungen, die einen Aufhebungsantrag im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs abweisen, nicht gebunden.
[44] (a) Nach Art. III Satz 1 UNÜ hängt die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen durch die Vertragsstaaten davon ab, dass die in den folgenden Artikeln festgelegten Voraussetzungen gegeben sind. Damit obliegt dem staatlichen Gericht im Ausgangspunkt eine eigenständige Prüfung dieser Voraussetzungen. Art. V UNÜ enthält insoweit die - abschließenden - Anerkennungsversagungsgründe, auf die sich der Antragsgegner im Vollstreckbarerklärungsverfahren berufen kann. Einen Vorbehalt der Geltendmachung ausländischer Rechtsbehelfe gegen den Schiedsspruch kennen weder § 1061 ZPO noch Art. V UNÜ (zur Frage der Präklusion, wenn der Schiedsbeklagte ein im Ausland befristetes Rechtsmittel gegen den Schiedsspruch nicht eingelegt hat vgl. BGH, Beschluss vom 16. Dezember 2010 -
[45] Durch die Regelung in Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ, die einen Anerkennungsversagungsgrund für den Fall enthält, dass der Schiedsspruch im Ursprungsstaat aufgehoben wird, wird dem deutschen Gericht allerdings die Beachtung einer ausländischen Entscheidung aufgegeben, auch wenn es bei einer eigenen Prüfung im Rahmen des Art. V Abs. 1 Buchst. a bis d UNÜ keinen Verstoß feststellen könnte. Insoweit enthält Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ einen eigenständigen, über Art. V Abs. 1 Buchst. a bis d UNÜ hinausgehenden Versagungsgrund (vgl. BGH, SchiedsVZ 2013, 229 [juris Rn. 9] (IPRspr 2013-278b)).
[46] Den umgekehrten und hier streitigen Fall regelt das New Yorker Übereinkommen dagegen nicht. Bleibt das Aufhebungsverfahren ohne Erfolg, scheidet eine Anwendung von Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ aus; das erfolglose Rechtsmittel am Schiedsort führt aber nicht dazu, dass der Antragsgegner auch mit den Anerkennungsversagungsgründen gemäß Art. V Abs. 1 Buchst. a bis d UNÜ im Vollstreckbarerklärungsverfahren präkludiert wäre. Eine solche - weitergehende - Wirkung des Aufhebungsverfahrens über Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ hinaus kann dem New Yorker Übereinkommen nicht entnommen werden. Insbesondere enthält es keine Regelung, nach der ein erfolgloser Aufhebungsantrag im Ursprungsstaat eine eigenständige Prüfung der Versagungsgründe des Art. V Abs. 1 Buchst. a bis d UNÜ verdrängte und - vorbehaltlich einer Prüfung von Art. V Abs. 2 UNÜ - zu einer (automatischen) Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs im Drittstaat führte.
[47] (b) Gegen eine Bindung an vorangegangene Entscheidungen im Erlassstaat und einer damit einhergehenden Präklusion von Anerkennungsversagungsgründen sprechen auch die unterschiedlichen Streitgegenstände von Aufhebungs- und Vollstreckbarerklärungsverfahren (vgl. BGH, SchiedsVZ 2008, 196 [juris Rn. 14] (IPRspr 2008-198)). Das gilt insbesondere für ein Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat, weil dort Aufhebungsgründe nach der lex arbitri maßgebend sind (vgl. Sandrock, IPrax 2001, 550, 552), wohingegen es für die Vollstreckbarerklärung in Drittstaaten im Anwendungsbereich des New Yorker Übereinkommens - wie hier - auf die Anerkennungsversagungsgründe des Art. V UNÜ ankommt.
[48] (c) Eine Bindung an den Schiedsspruch bestätigende Entscheidungen im Aufhebungsverfahren unter den Voraussetzungen der Anerkennung ausländischer Urteile gemäß § 328 ZPO kommt ebenfalls nicht in Betracht. Da sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO nach dem New Yorker Übereinkommen richtet, sind dessen Vorschriften vorrangig und ist § 328 ZPO auf abweisende Entscheidungen in Aufhebungsverfahren im Erlassstaat nicht anzuwenden (offengelassen mit Blick auf im Erlassstaat aufgehobene Schiedssprüche im Sinne von Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ, BGH, SchiedsVZ 2013, 229 [juris Rn. 6 bis 9] (IPRspr 2013-278b); dazu Kröll, NJW 2015, 833, 838 f.). Eine (bloße) Prüfung der Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung aus dem Ursprungsstaat des Schiedsspruchs gemäß § 328 ZPO führte zu einem Wechsel des Kontrollmaßstabs von Art. V UNÜ zu § 328 ZPO (vgl. Scherer, J. Int. Disput. Settl. 2013, 587, 606 und 612 f.) und überließe die Entscheidung grundlegender Fragen - wie die Wirksamkeit der Schiedsvereinbarung und deren Reichweite - der exklusiven Kontrolle der Gerichte im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs (vgl. Scherer, J. Int. Disput. Settl. 2013, 587, 614; zu dem dann unverhältnismäßigen Gewicht der Entscheidungen des Ursprungsstaats vgl. auch Samuel aaO S. 317). Ob in Deutschland vollstreckt werden darf, ist aber schon aus völkerrechtlichen Gründen allein von deutschen Gerichten zu entscheiden (so für das unzulässige Doppelexequatur von Schiedssprüchen BGH, SchiedsVZ 2009, 285 [juris Rn. 28] (IPRspr 2009-278)).
[49] Das gilt umso mehr, als dem nationalen Aufhebungsverfahren - anders als dem Vollstreckbarerklärungsverfahren im Geltungsbereich des New Yorker Übereinkommens - kein international harmonisierter Prüfungsmaßstab zugrunde liegt (vgl. Scherer, J. Int. Disput. Settl. 2013, S. 606), auch wenn sich die Anerkennungsversagungsgründe des New Yorker Übereinkommens - wie in Deutschland - häufig in den Aufhebungsgründen der lex arbitri wiederfinden. Unabhängig davon sind aber für eine Aufhebung allein die von der lex arbitri vorgesehenen Aufhebungsgründe maßgebend (vgl. Sandrock, IPRax 2001, 550, 552). Es kann mithin nicht davon ausgegangen werden, dass bei einer Anwendung des Prüfungsmaßstabs des § 328 ZPO (zumindest) der Entscheidung aus dem Erlassstaat eine Prüfung anhand des Kontrollmaßstabs des Art. V UNÜ zugrunde liegt. Um für die Vollstreckung von Schiedssprüchen jeweils denselben Rechtsschutz zu gewähren, kann auf die Prüfung für die Vollstreckbarerklärung in Deutschland gemäß § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO, Art. V UNÜ deshalb nicht verzichtet werden (zum unzulässigen Doppelexequatur von Schiedssprüchen vgl. BGH, SchiedsVZ 2009, 285 [juris Rn. 23] (IPRspr 2009-278)).
[50] Ebenso wie das Doppelexequatur von Schiedssprüchen höhlte auch eine Bindung an abweisende Entscheidungen im Aufhebungsverfahren den Anwendungsbereich des New Yorker Übereinkommens aus. Die Anerkennung und Vollstreckung von Schiedssprüchen richtet sich grundsätzlich nach diesem Übereinkommen (Art. I Abs. 1 UNÜ). In demselben Maße, in dem sie abweisende Entscheidungen im Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat anerkennten, entzögen sich jedoch die Beitrittsstaaten dessen Anwendungsbereich (vgl. BGH, SchiedsVZ 2009, 285 [juris Rn. 31] (IPRspr 2009-278)).
[51] b) Die Antragsgegnerinnen sind mit der Zuständigkeitsrüge nicht wegen eines Verstoßes gegen Treu und Glauben präkludiert.
[52] aa) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Schiedsbeklagte, der sich im Erlassstaat des Schiedsspruchs für ein staatliches Aufhebungsverfahren entscheide, müsse sich bei Erfolglosigkeit dieses Verfahrens daran festhalten lassen. Nutze der Schiedsbeklagte freiwillig die staatlichen Möglichkeiten, den Schiedsspruch aufzuheben und diesen damit einer Vollstreckung auch im Ausland zu entziehen, könne diese bewusste Entscheidung in der Vollstreckung nicht unbeachtet bleiben. Andernfalls bestünde ein unüberbrückbarer Widerspruch zum vorangegangenen Verhalten. Der Schiedsbeklagte gewönne durch das Aufhebungsverfahren im Ursprungsstaat des Schiedsspruchs eine optionale zusätzliche Instanz, die bei einem positiven Ausgang den Schiedskläger nach Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ binden könnte, in einem negativen Fall für den Schiedsbeklagten jedoch keine nachteiligen Folgen zeitigte.
[53] bb) Dem hält die Rechtsbeschwerdeerwiderung mit Recht entgegen, dass eine Widersprüchlichkeit im Verhalten der Antragsgegnerinnen nicht ersichtlich ist. Sie haben die Zuständigkeit des Schiedsgerichts sowohl im Schiedsverfahren als auch im Aufhebungsverfahren in der Russischen Föderation und im hiesigen Vollstreckbarerklärungsverfahren durchgängig gerügt. Soweit die Rechtsbeschwerde die Auffassung vertritt, die Antragsgegnerinnen hätten die Entscheidungen im Aufhebungsverfahren veranlasst und müssten sie daher auch anerkennen, läge ein Widerspruch nur vor, wenn auch die abweisenden Entscheidungen im Inland Bindungswirkung entfalteten. Das ist indes nicht der Fall (siehe oben Rn. 43 bis 50).
[54] c) Die Gültigkeit sowie die - persönliche (vgl. BGH, Urteil vom 8. Mai 2014 -
[55] aa) Das Oberlandesgericht hat angenommen, das für die Schiedsvereinbarung selbständig anzuknüpfende Recht bestimme sich nach Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ. Mit der Rechtswahl im Hauptvertrag hätten die Parteien zugleich - konkludent - auch das auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht gewählt. Der Hauptvertrag weise die engsten Verbindungen zum deutschen Recht auf. Der Antragsteller sei deutscher Staatsangehöriger. Er habe den Vertrag mit der Antragstellerin zu 1, einer Gesellschaft nach deutschem Recht, sowie der EGR, der russischen Landesgesellschaft des deutschen E. ‑Konzerns geschlossen. Der Vertrag sei deutschem Recht unterstellt worden und von allen Beteiligten in Deutschland unterschrieben worden. Für das Schiedsverfahren sei am Schiedsort Moskau als Verhandlungssprache Deutsch festgeschrieben worden. Die Schiedsabrede sei in den Hauptvertrag aufgenommen worden, eine entsprechende Lückenfüllung habe sich an der Ratio des Vertrags auszurichten. Schließlich habe bei Widersprüchen zwischen der deutschen und der russischen Vertragsfassung die "gesetzliche Regelung" - also deutsches Recht - gelten sollen. Eine verständige Bewertung der beiderseitigen Interessenlage spreche damit durchgreifend für ein allumfassendes deutsches Vertragsstatut. Dieser Bewertung widerstreitende Bezüge zum russischen Rechtskreis seien nicht erkennbar und vom Antragsteller - auch nach der Erörterung in der mündlichen Verhandlung - nicht mehr vorgetragen.
[56] bb) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts und der Rechtsbeschwerde bestimmt sich das auf die Schiedsvereinbarung in Ziffer 11.6 VRgA anwendbare Recht nach den im Streitfall zeitlich noch anwendbaren Art. 27 bis 37 EGBGB aF. Erst mit Aufhebung der Art. 27 ff. EGBGB aF ist ein Rückgriff auf die nationalen Kollisionsregelungen im internationalen Schuldvertragsrecht ausgeschlossen (vgl. BGH, SchiedsVZ 2021, 97 [juris Rn. 49] mwN (IPRspr 2020-227)). Nach dem bis zum 17. Dezember 2009 geltenden und damit auf die Schiedsvereinbarung vom 5. März 2007 anwendbaren Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EGBGB aF (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juni 2016 -
[57] cc) Das Oberlandesgericht hat die vertraglichen Regelungen, die Umstände des Vertragsschlusses und die Parteiinteressen umfassend gewürdigt und festgestellt, dass die Parteien mit der Rechtswahl im Hauptvertrag zugleich konkludent das - separat anzuknüpfende - auf die Schiedsvereinbarung anwendbare Recht gewählt haben. Das lässt keinen Rechtsfehler erkennen (zu ähnlichen Konstellationen vgl. BGH, Urteil vom 8. Juni 2010 -
[58] Ein Verstoß gegen § 286 ZPO ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde nicht ersichtlich. Soweit sie darauf verweist, der Antragsteller habe mit nachgelassenem Schriftsatz vom 28. September 2021 auf die dem russischen Recht unterliegende und von den Parteien in Ziffer 11.6 VRgA ausdrücklich gewählte Schiedsgerichtsordnung hingewiesen, liegen keine besonderen Umstände vor, die darauf schließen lassen könnten, das Oberlandesgericht habe diesen Vortrag nicht berücksichtigt. Unabhängig davon, ob die Wahl der Schiedsgerichtsordnung überhaupt ein Indiz für die Rechtswahl der Parteien darstellen kann (ablehnend MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1029 Rn. 39), hat das Oberlandesgericht den entsprechenden Vortrag des Antragstellers in den tatbestandlichen Darstellungen des Beschlusses erwähnt. Es hat bei seiner umfassenden Würdigung auch den Schiedsort Moskau ausdrücklich berücksichtigt, ist dann aber zu der Überzeugung gekommen, die verständige Bewertung der beiderseitigen Interessenlage spreche durchgreifend für ein allumfassendes deutsches Vertragsstatut. Soweit es dieser Bewertung widerstreitende Bezüge zum russischen Recht dem Vortrag des Antragstellers nicht hat entnehmen können, hat es damit diesen Vortrag nicht unberücksichtigt gelassen, sondern ihn lediglich nicht für durchgreifend erachtet. Dementsprechend hat das Oberlandesgericht den Tatbestandsberichtigungsantrag des Antragstellers, mit dem er den Vortrag aus dem nachgelassenen Schriftsatz in die Begründung des Oberlandesgerichts zum Schiedsvereinbarungsstatut aufgenommen sehen wollte, zurückgewiesen, weil es sich bei der entsprechenden Passage um ein Begründungselement handle und das widerstreitende Sachvorbringen des Antragstellers in die tatbestandlichen Darstellungen aufgenommen worden sei.
[59] dd) Ob und inwieweit auf die vom Oberlandesgericht herangezogenen Kriterien auch für eine konkludente Rechtswahl im Anwendungsbereich von Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ abzustellen ist oder ob, wie die Rechtsbeschwerde vertritt, diese Kollisionsnorm eine gesonderte Anknüpfung enthält, die von der Bestimmung des anwendbaren Rechts nach der engsten Verbindung abweicht (vgl. auch Voit in Musielak/Voit aaO § 1029 Rn. 28), bedarf im Streitfall mangels Anwendbarkeit von Art. V Abs. 1 Buchst. a UNÜ keiner Entscheidung.
[60] d) Das Oberlandesgericht hat danach auch die persönliche Reichweite der Schiedsklausel zutreffend bestimmt und eine Schiedsbindung der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 verneint.
[61] aa) Das Oberlandesgericht hat angenommen, die im Schiedsspruch festgestellte Drittwirkung der Schiedsklausel sei bereits deshalb nicht anzuerkennen, weil sie in den tragenden Erwägungen auf einer reinen Billigkeitsbetrachtung beruhe, wozu die Schiedsklausel in Ziffer 11.6 VRgA nicht ermächtige.
[62] Unbeschadet dessen könne eine Bindung der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 als weiteren Konzerngesellschaften nach dem Schiedsvereinbarungsstatut nicht anerkannt werden. Unter Berücksichtigung des grundrechtsgleichen Rechts auf den gesetzlichen Richter aus Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG dürfe niemand von einem Schiedsgericht verurteilt werden, dessen Spruch er sich nicht freiwillig unterworfen habe. Eine Schiedsabrede wirke deshalb nach deutschem Recht grundsätzlich nur im Verhältnis der Vertragsparteien sowie ihrer Rechtsnachfolger. Als Ausnahme von diesem Grundsatz sei die Schiedsbindung der persönlich haftenden Gesellschafter einer Personengesellschaft anerkannt.
[63] Ein Haftungsverbund nach materiellem Recht biete (noch) keine hinreichende Grundlage zur Annahme einer prozessualen - schiedsverfahrensrechtlichen - Drittwirkung. Die prozessuale Frage nach der persönlichen Reichweite der Schiedsvereinbarung habe Vorrang vor der Feststellung der mit dem Klagebegehren verfolgten materiellen Rechtslage und sei unabhängig hiervon nach eigenen (verfahrens-)rechtlichen Kriterien zu klären. Dies schließe es allerdings nicht aus, dass das Verhalten des Dritten im Einzelfall die Annahme rechtfertigen könne, er habe der Erstreckung der Schiedsabrede auf sich zugestimmt oder dies wegen treuwidrigen Handelns hinzunehmen.
[64] Das Schiedsgericht hätte danach seine Zuständigkeit hinsichtlich der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 ablehnen müssen. Sie hätten sich als Nicht-Vertragsparteien von Beginn an gegen ihre Einbeziehung in das Schiedsverfahren gewehrt. Anhaltspunkte für einen von ihnen zu verantwortenden Vertrauens- oder Rechtsscheintatbestand seien weder festgestellt noch ersichtlich.
[65] bb) Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Dabei kann dahinstehen, ob das Oberlandesgericht zutreffend von einer Billigkeitsentscheidung des Schiedsgerichts ausgegangen ist, was die Rechtsbeschwerde nicht angreift, die insoweit aber die fehlende Entscheidungserheblichkeit dieses Verfahrensmangels (Art. V Abs. 1 Buchst. d UNÜ) rügt. Eine Schiedsbindung der Antragsgegnerinnen zu 2 bis 4 scheidet jedenfalls nach rechtlichen Maßstäben aus.
[66] (1) Die Reichweite einer Schiedsklausel ist in subjektiver Hinsicht grundsätzlich beschränkt auf die Vertragsparteien und ihre Rechtsnachfolger. Nur diejenigen müssen eine Schiedsvereinbarung gegen sich gelten lassen, die an ihrem Abschluss beteiligt waren (vgl. BGH, Urteil vom 12. November 1990 -
[67] (2) Danach ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch bei einer vom Antragsteller geltend gemachten Durchgriffshaftung im (faktischen) Konzernverbund der in Anspruch genommene Dritte mit der herrschenden Meinung nicht an die für die Vertragsparteien geltende Schiedsklausel gebunden (vgl. Zöller/Geimer aaO § 1029 Rn. 72; Voit in Musielak/Voit aaO § 1029 Rn. 8; Dietrich in Kern/Diehm, ZPO, 2. Aufl., § 1029 ZPO Rn. 12; Gottwald in Nagel/Gottwald, Internationales Zivilprozessrecht, 8. Aufl., Internationale Schiedsgerichtsbarkeit Rn. 18.77; Hausmann in Reithmann/Martiny, Internationales Vertragsrecht, 9. Aufl., Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen Rn. 7.433; Rieder in Servatius, Corporate Litigation, 2. Aufl., Schiedsverfahren Rn. 575; Mansel aaO S. 410 f.; Müller/Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 116 bis 119; aA MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1029 Rn. 57; Schlosser in Stein/Jonas aaO § 1029 Rn. 79; Gross, SchiedsVZ 2006, 194, 195 f.).
[68] Die Durchbrechung des Trennungsprinzips auf der materiell-rechtlichen Ebene bei einer Durchgriffshaftung schlägt nicht auf die prozessuale Ebene und damit auf die Frage der Zuständigkeit des Schiedsgerichts durch. Das Oberlandesgericht hat mit Recht darauf abgestellt, dass die Frage der Reichweite der Schiedsvereinbarung in persönlicher Hinsicht vorab zu klären sei, wohingegen sich die materiell-rechtliche Frage der Haftung der Dritten erst später im Prozess stelle (vgl. auch Müller/Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 117). Soweit die Rechtsbeschwerde auf einen Vergleich mit den so genannten "doppelrelevanten Tatsachen" abstellt, steht dem unter Berücksichtigung von Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG entgegen, dass damit die Zuständigkeit des Schiedsgerichts schon begründet werden könnte, wenn die Voraussetzungen eines Durchgriffsanspruchs nur schlüssig behauptet würden (vgl. Müller/Keilmann, SchiedsVZ 2007, 113, 117).
[69] (3) Durchgreifende Interessen des Schiedsklägers können die von der Rechtsbeschwerde angestrebte Einbeziehung Dritter in die Schiedsvereinbarung ebenfalls nicht rechtfertigen. Die Rechtsbeschwerdeerwiderung weist zu Recht darauf hin, dass es dem jeweiligen Gläubiger freisteht, seine Ansprüche gegen die weiteren Haftungssubjekte in einem staatlichen Verfahren geltend zu machen. Ebenso ist es ihm möglich, im Vorfeld auf den Abschluss einer in subjektiver Hinsicht umfassenden Schiedsklausel hinzuwirken. Gegenüber den Interessen des Schiedsklägers, eine Aufspaltung der Gerichtswege zu vermeiden, wiegt der Schutz der am Abschluss der Schiedsvereinbarung nicht beteiligten Dritten gegen einen Entzug des gesetzlichen Richters deutlich schwerer.
[70] III. Das Oberlandesgericht hat auch den Versagungsgrund von Art. V Abs. 1 Buchst. c UNÜ ohne Rechtsfehler bejaht. Das Schiedsgericht hat mit seiner Entscheidung die sachliche Reichweite der Schiedsvereinbarung überschritten.
[71] 1. Nach Art. V Abs. 1 Buchst. c Halbsatz 1 UNÜ kann die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs versagt werden, wenn der Schiedsspruch eine Streitigkeit betrifft, die in der Schiedsabrede nicht erwähnt ist oder nicht unter die Bestimmungen der Schiedsklausel fällt.
[72] 2. Das Oberlandesgericht hat angenommen, Bezugspunkt des vom Antragsteller begehrten Schadensersatzes sei das "Neue Vertragspaket", nämlich die Nichterfüllung, respektive der insolvenzbedingte Ausfall der auf der Grundlage der am 5. März 2007 geschlossenen operativen Verträge einschließlich des Optionsvertrags und daraus entstandener Ansprüche.
[73] ... [75] 3. Auch diese Beurteilung hält den Angriffen der Rechtsbeschwerde stand.
[76] a) Die Auslegung der Schiedsvereinbarung ist dem Tatgericht vorbehalten und vom Rechtsbeschwerdegericht grundsätzlich nur auf Verfahrensfehler oder Verstöße gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze, Denkgesetze oder Erfahrungssätze überprüfbar. Ein Verstoß gegen anerkannte Auslegungsgrundsätze kann auch dann gegeben sein, wenn das Tatgericht nicht alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt. Es muss seine Erwägungen in den Entscheidungsgründen nachvollziehbar darlegen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschluss vom 23. September 2021 -
[77] b) Danach ist die an §§ 133, 157 BGB orientierte Auslegung der Schiedsklausel durch das Oberlandesgericht von Rechts wegen nicht zu beanstanden. Insbesondere hat es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde alle für die Auslegung wesentlichen Umstände berücksichtigt (§ 286 ZPO).
[78] aa) Die Rechtsbeschwerde macht geltend, der Antragsteller habe mit nachgelassenem Schriftsatz vom 28. September 2021 aufgezeigt, die gemeinsam mit dem VRgA verhandelten und am selben Tag unterschriebenen Verträge des "Neuen Vertragspakets" sowie die als Anlage B 38 vorgelegte Absichtserklärung zum Erwerb der Anteile der OOO G. wiesen zwar eine andere Rechtswahlklausel für den Hauptvertrag auf als der VRgA; sämtliche Verträge enthielten jedoch eine Schiedsklausel zu Gunsten des Schiedsgerichts der Moskauer Industrie- und Handelskammer und dessen Schiedsordnung. Insbesondere in der Absichtserklärung gemäß Anlage B 38 sei eine inhaltlich dem VRgA vollständig entsprechende Schieds- und Rechtswahlklausel vereinbart. Die Verträge mit "komplett gleichlautenden" Schiedsklauseln sprächen gegen eine von den Parteien beabsichtigte Aufsplitterung der Schiedsgerichtsbarkeit je nach Vertragsgegenstand.
[79] bb) Diese Rüge bleibt ohne Erfolg. Das Oberlandesgericht hat die Reichweite der Schiedsvereinbarung in Ziffer 11.6 VRgA ohne Rechtsfehler selbständig, aber unter Berücksichtigung der Regelungen des zugrundeliegenden Vertrags bestimmt und festgestellt, die Schiedsvereinbarung beziehe sich nach dem Willen der Vertragspartner allein auf das in diesem (Einzel-)Vertrag geregelte Rechtsverhältnis. Streitigkeiten aus dem "Neuen Vertragspaket" zwischen den betreffenden Vertragspartnern unterfielen einem je eigenständig vereinbarten Schiedsregime.
[80] Dieses Auslegungsergebnis hat es sowohl durch die Formulierung "Streitigkeiten aus dem Vertrag" als auch die in den anderen Verträgen enthaltenen, eigenständigen Schiedsklauseln bestätigt gesehen. Dabei hat es entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde berücksichtigt, dass in den operativen Verträgen jeweils eine dem VRgA "entsprechende Schiedsklausel" vereinbart gewesen ist, wenn auch - hinsichtlich des Hauptvertrags - unter Berufung des russischen Rechts. Ebenso hat es berücksichtigt, dass die Schiedsklausel im Optionsvertrag - was die Rechtsbeschwerde nur beiläufig erwähnt - die Zuständigkeit eines anderen, nämlich des DIS-Schiedsgerichts vorgesehen hat. Schon aus den jeweils eigenständigen Schiedsklauseln in jedem der Einzelverträge hat es auf die Intention einer auf den jeweiligen Vertragsgegenstand begrenzten Schiedsbefangenheit geschlossen. Zusätzlich hat es auf die Unterschiede in den Schiedsklauseln hingewiesen. Soweit der Beschluss in diesem Zusammenhang von der Einsetzung einer je gesonderten Schiedsgerichtsbarkeit mit je unterschiedlichen Verfahrensvorgaben spricht, bezieht sich das ersichtlich nicht allein auf die insoweit im Optionsvertrag abweichend vereinbarte DIS-Schiedsgerichtsbarkeit, sondern auch auf das vom Schiedsgericht für Streitigkeiten aus den operativen Verträgen anzuwendende russische Recht.
[81] Das Oberlandesgericht hat entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde auch den Vortrag zu der mit der Klausel in Ziffer 11.6 VRgA identischen Schieds- und Rechtswahlklausel in der Absichtserklärung gemäß Anlage B 38 berücksichtigt. Soweit es auf die Einsetzung einer je gesonderten Schiedsgerichtsbarkeit abgestellt hat, hat es diese Würdigung ausdrücklich auf "(zumindest)" den VRgA, die operativen Verträge des "Neuen Vertragspakets" wie auch den Optionsvertrag beschränkt. Eine in der Absichtserklärung enthaltene identische Schieds- und Rechtswahlklausel war für das Auslegungsergebnis des Oberlandesgerichts mithin nicht entscheidungserheblich.
[82] IV. Soweit sich die Rechtsbeschwerde gegen die Abweisung der Hilfswiderklage als unzulässig und die Ablehnung der hilfsweise beantragten Verweisung an das Landgericht wendet, steht die Vorschrift des § 576 Abs. 2 ZPO einer Überprüfung der Entscheidung des Oberlandesgerichts entgegen.
[83] 1. ... [84] 2. ... [85] 3. Eine Überprüfung der Ablehnung der hilfsweise beantragten Verweisung ist dem Senat ebenfalls verwehrt, weil diese Entscheidung auf der gemäß § 576 Abs. 2 ZPO nicht prüfbaren Annahme beruht, die Verweisung betreffe die funktionelle Zuständigkeit gemäß § 1062 Abs. 1 ZPO, so dass § 281 ZPO keine Anwendung finde.
[86] E. Die Anschlussrechtsbeschwerde ist zulässig und teilweise begründet.
[87] I. ... [88] II. Die Anschlussrechtsbeschwerde hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Zurückweisung des Antrags auf Feststellung der Erledigung des von den Antragsgegnerinnen gestellten Hilfsantrags auf Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs richtet. Der Hilfsantrag auf Nichtanerkennung war ursprünglich statthaft (dazu E II 3) und auch sonst zulässig (dazu E II 4). Der ursprünglich auch begründete Hilfsantrag ist durch den Gegenantrag des Antragstellers auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs unzulässig geworden (dazu E II 5).
[89] 1. ... [90] 2. Das Oberlandesgericht hat angenommen, die ursprünglich erhobene negative Feststellungsklage sei ebenso wie der Hilfsantrag auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs von Anfang nicht statthaft gewesen ...
[91] Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
[92] 3. Dem zukünftigen Antragsgegner eines Vollstreckbarerklärungsverfahrens nach § 1061 Abs. 1 ZPO steht bis zur Einleitung dieses Verfahrens ein Antrag auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs in entsprechender Anwendung von § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1061 Abs. 2 ZPO zu.
[93] a) Die herrschende Meinung in der Literatur geht mit Recht davon aus, dass der in einem ausländischen Schiedsverfahren unterlegenen Partei ein Rechtsbehelf zustehen muss, mit dem sie die Frage der Anerkennungsfähigkeit des ausländischen Schiedsspruchs im Inland klären lassen kann. Das folgt aus der Garantie wirkungsvollen Rechtsschutzes (vgl. dazu BVerfGE 88, 118 [juris Rn. 21]; BVerfGE 107, 395 [juris Rn. 16]). Nicht einheitlich beantwortet wird allein die Frage, ob dieser Rechtsbehelf als Feststellungsklage oder Feststellungsantrag ausgestaltet ist (für eine Feststellungsklage BeckOK.ZPO/Wilske/ Markert aaO § 1061 Rn. 69; MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1061 Rn. 37; Schlosser in Stein/Jonas aaO § 1061 Rn. 7; Dietrich in Kern/Diehm aaO § 1061 Rn. 21; Kröll in Böckstiegel/Kröll/ Nacimiento, Arbitration in Germany, 2. Aufl., § 1061 Rn. 176; Schwab/Walter, Schiedsgerichtsbarkeit, 7. Aufl., Kap. 30 Rn. 39; Feldmann, Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung aus Schiedssprüchen, 2014, S. 259; Borges, ZZP 1998, 487, 501; zum alten Recht vgl. bereits OLG Nürnberg, KTS 1966, 111, 112; für einen Feststellungsantrag Voit in Musielak/Voit aaO § 1061 Rn. 9; Zöller/Geimer aaO § 1061 Rn. 61; Saenger/Saenger, ZPO, 9. Aufl., § 1061 Rn. 21; Geimer aaO Rn. 3931; offenlassend Schütze in Wieczorek/Schütze aaO § 1061 Rn. 13; zweifelnd OLG Stuttgart, Beschluss vom 14. Oktober 2003 -
[94] b) Unter dem geltenden Schiedsverfahrensrecht ist der statthafte Rechtsbehelf ein Antrag auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs in analoger Anwendung des § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1061 Abs. 2 ZPO.
[95] aa) Entgegen der Auffassung des Oberlandesgerichts schließt die - deklaratorische - Regelung des § 1026 ZPO eine planwidrige Regelungslücke nicht von vornherein aus (vgl. Schlosser in Stein/Jonas aaO § 1026 Rn. 2; MünchKomm.ZPO/Münch aaO § 1026 Rn. 7). Nach dieser Vorschrift darf ein Gericht in den in den §§ 1025 bis 1061 ZPO geregelten Angelegenheiten zwar nur tätig werden, soweit dieses Buch es vorsieht. Die Zuständigkeiten müssen also ausdrücklich durch das Gesetz übertragen worden sein (vgl. Schütze in Wieczorek/Schütze aaO § 1025 Rn. 3). Dem staatlichen Gericht ist aber gemäß § 1061 Abs. 1 ZPO die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche übertragen. Auch eine Kompetenz, die Feststellung auszusprechen, dass der ausländische Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist, wird dem staatlichen Gericht in § 1061 Abs. 2 ZPO durch das Gesetz übertragen.
[96] Konventionsrechtliche Regelungen stehen einer analogen Anwendung von § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2, § 1061 Abs. 2 ZPO für einen Antrag auf Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs ebenfalls nicht entgegen. Nach Art. III Satz 1 UNÜ erkennt jeder Vertragsstaat Schiedssprüche als wirksam an und lässt sie nach den Verfahrensvorschriften des Hoheitsgebietes, in dem der Schiedsspruch geltend gemacht wird, zur Vollstreckung zu, sofern die in den folgenden Artikeln festgelegten Voraussetzungen gegeben sind. Damit bestimmt die lex fori die Verfahrensart und damit auch, ob der Schuldner des Schiedsspruchs eine (präventive) Feststellung der Nichtanerkennung beantragen kann, statt einen Antrag des Gläubigers auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs abwarten zu müssen (vgl. Scherer in Wolff, New York Convention, 2. Aufl., Art. III Rn. 12).
[97] bb) Die für eine analoge Anwendung erforderliche Regelungslücke ergibt sich daraus, dass die in einem ausländischen Schiedsverfahren unterlegene Partei die Aufhebung dieses Schiedsspruchs nicht durch einen Aufhebungsantrag im Inland erreichen kann. Für die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche gelten die §§ 1061 bis 1065 ZPO. Die Regelungen über den Aufhebungsantrag in § 1059 ZPO sind auf ausländische Schiedssprüche nicht anwendbar. Die Aufhebung des (ausländischen) Schiedsspruchs fällt allein in die Zuständigkeit der Gerichte des Ursprungsstaats (vgl. auch § 1061 Abs. 3 ZPO). Ist die Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs abzulehnen, kann das Gericht deshalb gemäß § 1061 Abs. 2 ZPO lediglich feststellen, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist.
[98] cc) Diese Regelungslücke ist planwidrig. Bereits vor der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts durch Gesetz vom 22. Dezember 1997 (BGBl. I S. 3224) ist in Rechtsprechung und Literatur zu § 1044 ZPO aF, in dessen Absatz 3 vorgesehen war, dass an die Stelle der Aufhebung des Schiedsspruchs die Feststellung tritt, dass er im Inland nicht anzuerkennen ist, übereinstimmend vertreten worden, dass bei ausländischen Schiedssprüchen die Klage auf Feststellung der Nichtanerkennung im Inland statthaft ist (vgl. Borges, ZZP 1998, 487, 501 mwN). Da unter dem bis zum 31. Dezember 1997 geltenden Verfahrensrecht grundsätzlich die Klage sowie die erstinstanzliche Zuständigkeit der Amts- oder Landgerichte vorgesehen war (vgl. § 1046 iVm § 1045 Abs. 1 ZPO aF), bedurfte es insofern allerdings nicht der analogen Anwendung einer schiedsverfahrensrechtlichen Regelung; vielmehr konnte ohne Weiteres auf die Feststellungsklage gemäß § 256 Abs. 1 ZPO zurückgegriffen werden.
[99] Durch die Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts ist eine Klage auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs nach § 256 Abs. 1 ZPO systemwidrig geworden. Sie wäre bei dem zuständigen Amts- oder Landgericht zu erheben, wohingegen die Neuregelung in § 1062 Abs. 1, § 1063 Abs. 1 ZPO die Eingangszuständigkeit der Oberlandesgerichte sowie ein einheitliches Beschlussverfahren eingeführt hat (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 12. Juli 1996 BT-Drucks. 13/5274 S. 63). Es ist jedoch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber bei der Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts die Möglichkeit, die Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs feststellen zu lassen, abschaffen wollte, zumal es in der Begründung des Regierungsentwurfs zu § 1061 Abs. 2 ZPO heißt, dieser entspreche dem geltenden § 1044 Abs. 3 ZPO (vgl. BT-Drucks. 13/5274 S. 62).
[100] dd) Auch die für eine Analogie erforderliche vergleichbare Interessenlage ist gegeben. Ebenso wie dem Gläubiger des Schiedsspruchs der Antrag auf Vollstreckbarerklärung gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4 Fall 2 ZPO offensteht, um den Schiedsspruch im Inland zu vollstrecken, kann der Schuldner des Schiedsspruchs - solange ein Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht gestellt worden ist - ein Interesse daran haben, die Feststellung zu erreichen, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anerkannt und damit auch nicht für vollstreckbar erklärt werden kann. Dadurch erlangen die Parteien nicht nur Rechtssicherheit, es wird auch vermieden, dass die Rechtskraftwirkung des ausländischen Schiedsspruchs als bloße an der materiellen Rechtskraft des Urteils nicht teilnehmende Vorfrage (vgl. BGH, Beschluss vom 13. Oktober 2022 -
[101] Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde kann der Schuldner des Schiedsspruchs nicht (allein) auf ein Aufhebungsverfahren vor den Gerichten des Ursprungsstaats des Schiedsspruchs verwiesen werden. Zwar führt eine Aufhebung des Schiedsspruchs im Ursprungsstaat dazu, dass in einem Vollstreckbarerklärungsverfahren der Anerkennungsversagungsgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. e UNÜ geltend gemacht werden kann. In diesem Fall kann auch die Aufhebung einer bereits erfolgten Vollstreckbarerklärung beantragt werden (§ 1061 Abs. 3 ZPO). Bleibt die Aufhebungsklage im Ursprungsstaat allerdings erfolglos, kann der Schuldner des Schiedsspruchs ein Interesse an der Feststellung der Nichtanerkennung im Inland haben, zumal er mit den bereits im Aufhebungsverfahren geltend gemachten Aufhebungsgründen nicht präkludiert ist (siehe oben Rn. 43 bis 50).
[102] 4. Der danach statthafte Feststellungsantrag aus dem Schriftsatz vom 18. September 2020 war auch im Übrigen zulässig.
[103] a) ... [104] b) Der Feststellungsantrag war nicht fristgebunden. Die Drei-Monats-Frist gemäß § 1059 Abs. 3 Satz 1 bis 3 ZPO sowie die Präklusionsnorm des § 1060 Abs. 2 Satz 2 ZPO finden auf ausländische Schiedssprüche keine, auch keine entsprechende Anwendung. Anders als der gegen einen inländischen Schiedsspruch gerichtete Aufhebungsantrag kann mit dem Antrag auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs schon nicht das mit diesen Vorschriften verfolgte Ziel erreicht werden, endgültige Klarheit über die Bestandskraft des Schiedsspruchs zu haben (vgl. dazu BT-Drucks. 13/5274 S. 60). Die Aufhebung des Schiedsspruchs in seinem Ursprungsstaat wird dadurch nicht ausgeschlossen (vgl. § 1061 Abs. 3 ZPO). Überdies führte eine Fristbindung dazu, dass der Schuldner eines Schiedsspruchs regelmäßig gezwungen wäre, noch während eines möglicherweise im Ursprungsstaat laufenden Aufhebungsverfahrens einen Antrag auf Feststellung der Nichtanerkennung des ausländischen Schiedsspruchs im Inland zu stellen. Eine solche vermeidbare Doppelbefassung der Gerichte sollte nicht durch eine Fristbindung begünstigt werden. Sie ist zwar auch im Vollstreckbarerklärungsverfahren möglich, allerdings nur, wenn der Gläubiger des Schiedsspruchs sich entscheidet, bereits vor Abschluss eines Aufhebungsverfahrens im Ursprungsstaat die Vollstreckbarerklärung zu betreiben (zur Möglichkeit der Aussetzung in diesen Fällen vgl. Art. VI UNÜ).
[105] c) Das erforderliche Feststellungsinteresse liegt vor. Dem steht nicht entgegen, dass ein (ausländischer) Schiedsspruch für eine Vollstreckung noch der Vollstreckbarerklärung bedarf.
[106] aa) Ein rechtliches Interesse an einer alsbaldigen Feststellung des Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses ist zu bejahen, wenn sich der Beklagte eines Anspruchs gegen den Kläger berühmt. Dafür ist nicht erforderlich, dass der Beklagte behauptet, bereits eine durchsetzbare Forderung gegenüber dem Kläger zu haben. Dessen Rechtsstellung ist schon dann schutzwürdig betroffen, wenn geltend gemacht wird, aus dem bestehenden Rechtsverhältnis könne sich unter bestimmten Voraussetzungen, deren Eintritt noch ungewiss ist, ein Anspruch gegen ihn ergeben (vgl. BGH, Urteil vom 2. Oktober 2018 -
[107] bb) Danach ist ein Feststellungsinteresse der Antragsgegnerinnen gegeben. Der Antragsteller hat mit Schreiben vom 17. Juni 2019 an den Aufsichtsratsvorsitzenden der Antragsgegnerin zu 4 ein Treffen zur Tilgung seiner Ansprüche aus dem Schiedsspruch gefordert, um "kostenintensive Vollstreckungsmaßnahmen und Ähnliches" zu vermeiden. Mit Schreiben vom 3. März 2020 hat zudem der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers gegenüber den Antragsgegnerinnen die Begleichung der im Schiedsspruch ausgeurteilten Zahlungen gefordert und zur Begründung darauf verwiesen, die Entscheidung sei rechtskräftig und das Urteil vollstreckbar. Bei nicht fristgerechter Zahlung hat er "weitere kostenintensive Vollstreckungs- und Verfahrenskosten" angedroht. Unter Berücksichtigung dieser Umstände waren die Antragsgegnerinnen nicht gehalten, die Einleitung des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs abzuwarten und erst in diesem ihre Einwendungen gegen dessen Wirksamkeit vorzubringen (vgl. OLG Nürnberg, KTS 1966, 111, 112).
[108] 5. Der danach ursprünglich zulässige Hilfsantrag war aus den oben dargestellten Gründen begründet, weil dem Schiedsspruch die Anerkennung im Inland zu versagen ist. Durch den Gegenantrag des Antragstellers auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs ist der Feststellungsantrag der Antragsgegnerinnen unzulässig geworden, weil das Feststellungsinteresse weggefallen ist. Das Interesse der Antragsgegnerinnen an der Feststellung der Nichtanerkennung des Schiedsspruchs ist deshalb mit dem (Gegen-)Antrag des Antragstellers auf Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs erloschen (vgl. OLG Nürnberg, KTS 1966, 111, 112).
[109] f. ...