Die Einrede der Unzuständigkeit eines Schiedsgerichts (hier: des Vienna International Arbitral Center) mit der daraus folgenden Ungültigkeit des Schiedsvereinbarung und der Geltendmachung eines Überprüfungsgrundes gemäß Art. V I lit. a Alt. 2 UNÜ ist im Vollstreckbarkeitsverfahren ausgeschlossen, wenn dies nach der betreffenden Schiedsordnung (hier: Art. 24 I der VIAC-Regeln) mit dem ersten Vortrag zur Sache erfolgen muss.
Eine Verletzung des ordre public international ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht lediglich dann anzunehmen, wenn die Entscheidung von Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass sie nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann.
Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs, das auch im Rahmen des verfahrensrechtlichen ordre public nach Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ zu berücksichtigen ist, liegt nur dann vor, wenn sich aus der Begründung des Schiedsspruchs mit hinreichender Deutlichkeit der Schluss aufdrängt, dass das Schiedsgericht den Sachvortrag tatsächlich überhaupt nicht zur Kenntnis genommen hat. [LS der Redaktion]
Die Antragstellerin begehrt die (Teil-) Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs des Vienna International Arbitral Centre (im Folgenden als „VIAC“ bezeichnet), Schiedsfall
Die Antragstellerin leitete mit Schiedsklage vom 1.12.2016 als Schiedsklägerin ein Schiedsverfahren zur Geschäftsnummer
[1]II.
[2]Auf den Antrag der Antragstellerin ist der Schiedsspruch SCH-5490 des VIAC vom 20.06.2018 gem. § 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. den Vorschriften des UNÜ für vollstreckbar zu erklären.
[3]Der Antrag ist zulässig und begründet.
[4]A. Der Antrag ist nach §§ 1025 Abs. 4, 1061 Abs. 1 ZPO i.V.m. den Regeln des UNÜ statthaft und auch im Übrigen zulässig.
[5]1. Der angerufene Senat ist für die Entscheidung über die Vollstreckbarerklärung des österreichischen Schiedsspruchs nach §§ 1061, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ZPO i.V.m. den Bestimmungen des UNÜ zuständig. Gem. § 1062 Abs. 2 ZPO ist im Falle eines ausländischen Schiedsortes für einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung dasjenige Oberlandesgericht örtlich zuständig, in dessen Bezirk der Antragsgegner seinen Sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt hat oder sich Vermögen des Antragsgegners oder der mit der Schiedsklage in Anspruch genommene oder von der Maßnahme betroffene Gegenstand befindet, hilfsweise das Kammergericht. Hier haben die beiden Antragsgegner ihren Wohnsitz im Zuständigkeitsbereich des Brandenburgischen Oberlandesgerichts.
[6]2. Der Senat entscheidet im Beschlusswege (§ 1063 Abs. 1 ZPO). Eine mündliche Verhandlung nach § 1063 Abs. 1 S. 1 ZPO ist nicht geboten. Der Senat entscheidet nicht erstinstanzlich über das materielle Recht, sondern über die Voraussetzungen der Vollstreckbarkeitserklärung. Er übt daher sein ihm im Rahmen der §§ 1063 Abs. 2, 128 Abs. 4 ZPO zukommendes Ermessen dahingehend aus, dass die insoweit fakultativ vorgesehene mündliche Verhandlung nicht für erforderlich gehalten wird. Auch kommen Aufhebungsgründe gem. § 1059 Abs. 2 ZPO hier nicht in Betracht.
[7]3. Den Antragsgegnern wurde vor der Entscheidung rechtliches Gehör im Sinne von § 1063 Abs. 1 S. 2 ZPO gewährt. Die Gewährung rechtlichen Gehörs erfolgt dadurch, dass dem Antragsgegner - i.d.R. unter Fristsetzung - Gelegenheit gegeben wird, zu dem Antrag Stellung zu nehmen (Voit, in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Aufl. 2020, § 1063 Rn. 6). Dies ist hier durch Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 14.01.2019 erfolgt.
[8]B. Der Antrag ist begründet.
[9]1. Die formellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung sind erfüllt.
[10]a) Die Antragstellerin hat den am Schiedsort Wien (Republik Österreich) erlassenen endgültigen Schiedsspruch vom 20.06.2018 in gehörig legalisierter Urschrift vorlegt (Art. IV Abs. 1 lit. a UNÜ).
[11]b) Die Antragstellerin hat auch eine beglaubigte Abschrift der „Vereinbarung im Sinne des Artikel II Abs. 2 UNÜ“ zu den Akten gereicht, da sie eine beglaubigte Abschrift des Nutzungsvertrags, der die Schiedsvereinbarung enthält, vorgelegt hat.
[12]c) Ein Rechtsschutzbedürfnis besteht in vollem Umfang und dementsprechend auch in Höhe des von der Antragstellerin zur Aufrechnung gestellten Betrages.
[13]Die von der Antragstellerin mit Schreiben vom 31.01.2019 erklärte Aufrechnung führt nicht dazu, dass sie ihre Anträge im vorliegenden Verfahren reduzieren müsste. Erst wenn der dem Schiedsspruch zugrundeliegende Anspruch nachweislich befriedigt worden ist, kann das Rechtsschutzbedürfnis eingeschränkt sein (BeckOK ZPO/Wilske/ Markert, 36. Ed. 1.3.2020, § 1061 Rn. 13). Dies ist hier nicht der Fall, da die Antragsgegner die Aufrechnung bestritten haben, vgl. Ziffer 4.6 des Kaufvertrages.
[14]Laut Ziffer 4.6 des Kaufvertrages ist die Antragstellerin als Käuferin zudem nur berechtigt, aufzurechnen, sofern ihre Ansprüche unbestritten oder rechtskräftig festgestellt sind. Dies ist hier schon deshalb nicht der Fall, da die Antragsgegner die Forderung bestreiten. Damit ist die Aufrechnungserklärung im vorliegenden Verfahren unbeachtlich. Auf die Frage, ob durch Entscheidung des OGH Rechtskraft eingetreten ist, kommt es daher nicht an.
[15]Zudem stünde den Antragsgegnern im Falle einer Vollstreckung - so sie denn der Auffassung sind, dass die Antragstellerin zu viel vollstrecken wolle - der Vollstreckungsrechtsschutz des § 767 Abs. 1 ZPO zur Verfügung.
[16]Für das Rechtsschutzbedürfnis ist es auch ohne Belang, ob die Antragstellerin grundsätzlich die Möglichkeit hat im Ausland zu vollstrecken, da zugunsten des Antragstellers das Recht besteht, auf der Grundlage eines Schiedsspruchs weltweit in Vermögenswerte des Schuldners zu vollstrecken (OLG München BeckRS 2019, 32738 (IPRspr 2019-360) Rn. 18 BeckOK ZPO/Wilske/ Markert, a.a.O., § 1061 Rn. 13).
[17]2. Auch die materiellen Voraussetzungen für die Vollstreckbarerklärung des Schiedsspruchs liegen vor. Sachgründe, gemäß § 1061 Abs. 2 ZPO festzustellen, dass der Schiedsspruch im Inland nicht anzuerkennen ist, liegen nicht vor.
[18]a) Soweit sich der Antragsgegner zu 1) auf eine Unzuständigkeit des VIAC-Schiedsgerichts berufen hat und damit die Ungültigkeit der Schiedsvereinbarung gerügt und einen Überprüfungsgrund gem. Art. V Abs. 1 lit. a Alt. 2 UNÜ geltend gemacht hat, ist er damit im Vollstreckbarkeitsverfahren ausgeschlossen, denn die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts wurde von ihm nicht rechtzeitig erhoben.
[19]aa) Nach Art. 24 Abs. 1 der VIAC - Regeln muss die Einrede der Unzuständigkeit mit dem ersten Vortrag zur Sache erfolgen. Nichts anderes ergäbe sich im Ergebnis auch aus § 1040 Abs. 2 S. 1 ZPO oder - wie der OGH im Rahmen der diesem Verfahren zugrundeliegenden Aufhebungsklage des Antragsgegners zu 1) ausgeführt hat (OGH,
[20]Der Antragsgegner zu 1) hat im Schiedsverfahren in seinem ersten Schriftsatz vom 06.02.2017 die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts nicht erhoben. Wie bereits auch der OGH in der genannten Entscheidung entschieden hat, bezieht sich die Erwiderung des Antragsgegners zu 1) im Schiedsverfahren aus dem Schriftsatz vom 06.02.2017 auf andere formelle Einwendungen und auf die Bestreitung des geltend gemachten Anspruchs (OGH, a.a.O., S. 14). Dem schließt sich der Senat an.
[21]bb) Entgegen der vom Antragsgegner zu 1) vertretenen Rechtsauffassung führen auch die §§ 69 ff. ZPO, die die Streitgenossenschaft im deutschen Zivilprozess regeln, zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit kann dahinstehen, ob verfahrensrechtlich die allgemeinen Vorschriften der deutschen Zivilprozessordnung anzuwenden sind (in diesem Sinne wohl der OGH, a.a.O., Seite 18 ff.). Im Streitfall läge nämlich zwischen dem Antragsgegner zu 2) und dem Antragsgegner zu 1) keine notwendige Streitgenossenschaft im Sinne des § 62 Abs. 1 ZPO vor.
[22]aaa) ... bbb) ... b) Für den Antragsgegner zu 2), der - anders als der Antragsgegner zu 1) im Schiedsverfahren in der Klagebeantwortung vom 06.02.2007, Seite 3 ff. die Einrede der Unzuständigkeit des Schiedsgerichts erhoben hat - gilt diese Präklusionswirkung zwar nicht. Aber auch für den Antragsgegner zu 2) wurde die Zuständigkeit der Schiedsgerichtsbarkeit des VIAC für den Senat verbindlich durch die Entscheidung des OGH im Aufhebungsverfahren vom 15.05.2019 festgestellt.
[23]aa) Eine erneute Überprüfung der Zuständigkeitsfrage ist dem Senat daher versagt. Zwar sind vom Schiedsgericht getroffene Feststellungen und rechtliche Würdigungen zum Zustandekommen einer Schiedsvereinbarung grundsätzlich für das deutsche staatliche Gericht nicht bindend, da andernfalls jedes Schiedsgericht in eigener Machtvollkommenheit und mit Bindungswirkung für die staatlichen Gerichte feststellen könnte, dass es überhaupt zu einer Tätigkeit als Schiedsgericht befugt war. Anderes gilt aber für die Entscheidungen der staatlichen Gerichte in dem Ursprungsland des Schiedsspruchs (Senatsbeschluss vom 24.07.2015
[24]bb) Im Übrigen wäre die Entscheidung, mit der das Schiedsgericht und ihm folgend auch der OGH seine Zuständigkeit angenommen hat, im Ergebnis nicht zu beanstanden. Durch die im Nutzungsvertrag enthaltene Schiedsklausel in Ziffer 15.1 wurde auch für den Antragsgegner zu 2) die Zuständigkeit des Schiedsgerichts wegen gegen ihn geltend gemachter Ansprüche aufgrund einer Verletzung der Vertragspflichten begründet. Die Vorschriften des deutschen Zivilrechts finden für Frage des auf die Schiedsvereinbarung anwendbaren Rechts und damit auch für die Frage der Wirksamkeit für die Reichweite der Schiedsvereinbarung Anwendung. Der Senat schließt sich zur Vermeidung von Wiederholungen ausdrücklich den insoweit zutreffenden Ausführungen des OGH in der Entscheidung über die Aufhebungsklage an (vgl. Seite 15 ff. der Entscheidungsgründe) …
[25]aaa) ... bbb) ... c) Der Antragsgegner zu 2) kann sich auch nicht auf den Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ berufen, weil das Präsidium eine Einzelschiedsrichterin berufen habe.
[26]aa) Der genannte Versagungsgrund soll den Antragsgegner eines Schiedsverfahrens vor der Vollstreckung eines Schiedsspruchs bewahren, wenn die Konstituierung des Schiedsgerichts oder die Durchführung des Schiedsverfahrens nicht dem entsprochen haben, was von den Parteien vereinbart worden ist (BeckOK ZPO/Wilske/ Markert, a.a.O., § 1061 Rn. 35). Das Schiedsgericht ist fehlerhaft gebildet worden, wenn an dem Schiedsspruch ein Schiedsrichter mitgewirkt hat, für den ein Ausschließungs- oder Befangenheitsgrund vorlag oder der aus einem rechtlichen oder tatsächlichen Grund seine Aufgabe nicht erfüllen konnte (BeckOK ZPO/Wilske/ Markert, a.a.O., § 1059 Rn. 49). Der Antragsgegner trägt grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast darüber, dass ein Versagungsgrund nach Art. V Abs. 1 UNÜ vorliegt (BeckOK ZPO/Wilske/ Markert, a.a.O. § 1061 Rn. 55 m.w.N).
[27]bb) Im Streitfall hat der Antragsgegner das Vorliegen eines Versagungsgrundes gem. Art. V Abs. 1 lit. d UNÜ schon nicht hinreichend dargetan. Ein rechtlich erheblicher Fehler bei der Konstituierung des Schiedsgerichts vor dem VIAC ist im hier zugrundeliegenden Verfahren mit Blick auf Art. V Abs. 1 lit d UNÜ nicht zu erkennen. Die Parteien des Schiedsverfahrens haben unstreitig keine Anzahl der Schiedsrichter vereinbart. Liegt eine solche Vereinbarung indessen nicht vor, bestimmt das Präsidium des VIAC, ob der Rechtsstreit von einem Einzelschiedsrichter oder einem aus drei Schiedsrichtern bestehenden Schiedsrichtersenat zu entscheiden ist, § 17 Abs. 2 S. 1 der Wiener Regeln. Hierbei berücksichtigt das Präsidium insbesondere die Schwierigkeit des Falles, die Höhe des Streitwertes und das Interesse der Parteien an einer raschen und kostengünstigen Entscheidung, § 17 Abs. 2 S. 1 der Wiener Regeln. Die Entscheidung des Präsidiums hinsichtlich der bestimmten Schiedsrichteranzahl und auch der sonstigen Verfahrensmodalitäten der Schiedsrichterbestimmung unterliegt keiner gesonderten Anfechtung und kann daher auch im Verfahren nach § 1061 ZPO nicht dahingehend überprüft werden, ob das VIAC-Präsidium die Entscheidung verfahrensfehlerfrei getroffen hat. Auch ist ein sonstiger Grund, dass und weshalb die entscheidende Einzelschiedsrichterin von der Entscheidung ausgeschlossen gewesen sein und dadurch besetzungsfehlerhaft an der Entscheidung mitgewirkt haben soll, weder vorgetragen noch ersichtlich.
[28]d) Das Schiedsgericht hat seine ihm übertragene Kompetenz nicht überschritten (Versagungsgrund gem. Art. V Abs. 1 lit. c UNÜ). Der von der Einzelschiedsrichterin zugesprochene Schadensersatz ist Gegenstand der Schiedsvereinbarung. Unter die Schiedsklausel gemäß Ziff. 15.1 des Nutzungsvertrags fallen sowohl vertragliche als auch gesetzliche Ansprüche. Die entgegenstehende Auffassung des Antragsgegners zu 2), wonach die Klausel keine Ansprüche umfasse, die sich aus dem Gesetz ergäben, überzeugt nicht. Der Senat schließt sich den Ausführungen im zugrundeliegenden Schiedsspruch der Einzelschiedsrichterin (dort Rn. 202), denen auch der OGH in der Entscheidung über die Aufhebungsklage beigetreten ist (a.a.O., S. 20 ff.), dahingehend an, dass der sachliche Anwendungsbereich der Schiedsklausel möglichst umfassend ist und daher sämtliche, von der Antragstellerin geltend gemachten Ansprüche umfasst.
[29]aa) Bereits der unter Wortlaut der Schiedsklausel („Alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag ergeben oder auf dessen Verletzung, Auflösung oder Nichtigkeit beziehen …“) ist umfassend und lässt eine solche Differenzierung schon nicht zu.
[30]bb) Aber auch Sinn und Zweck der verwendeten Schiedsklausel stehen dem entgegen. Hierbei handelt es sich nämlich um die Schiedsmusterklausel der VIAC gemäß Anhang 1 zu den Wiener Regeln in der Fassung von 2006, welche zum Zeitpunkt des Abschlusses des Nutzungsvertrags von der VIAC empfohlen wurde (vgl. in diesem Zusammenhang die Bestätigung der VIAC vom 30.01.2018 über die am 30.09.2010 gültige Fassung der Musterklausel, Anl. Ast 7). Der Sinn und Zweck solcher Schieds-Musterklauseln besteht gerade darin, eine rechtssichere Formulierung der Schiedsklausel zu erhalten, die aus Sicht der Vertragsparteien möglichst alle Streitigkeiten aus dem unterworfenen Vertrag erfasst und nicht nach unterschiedlichen Ansprüchen trennt. Etwas anderes könnte allenfalls dann gelten, wenn die Parteien hiervon ausdrücklich abweichen. In einem solchen Fall wäre jedoch schon die Verwendung einer Musterklausel zweifelhaft.
[31]e) Entgegen der von den Antragsgegnern vertretenen Rechtsauffassung ist der für vollstreckbar zu erklärende Schiedsspruch des VIAC vom 20.06.2018 auch „verbindlich“ im Sinne des § 1061 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Artikel V Abs. 1 lit. e) UNÜ. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist ein Schiedsspruch für die Parteien dann als verbindlich anzusehen, wenn er weder bei einer höheren schiedsrichterlichen Instanz noch mit einem Rechtsmittel angegriffen werden kann. Die Möglichkeit, den Schiedsspruch im Erlassstaat mit einem der deutschen Aufhebungsklage vergleichbaren Rechtsbehelf nachträglich zu beseitigen, steht nach einheitlicher Rechtsprechung der Verbindlichkeit nicht entgegen (BGH, NJW 1988, 3090 ff. (IPRspr. 1988 Nr. 216) OLG Köln Beschl. v. 06.07.2012
[32]f) Die Antragsgegner können sich auch nicht auf den Versagungsgrund der Verletzung rechtlichen Gehörs gem. § 1061 Abs. 1 i.V.m. Art. V Ziff. 1 lit. b UNÜ berufen.
[33]aa) Bei der Frage der Anwendung des Grundsatzes des rechtlichen Gehörs kann nicht - so aber im Kern die Argumentation der Antragsgegner - ein Ver- oder Abgleich zwischen dem deutschen und dem Schiedsverfahrensrecht vorgenommen werden. Es ist vielmehr auf die Grundwerte zurückzugreifen, die Art. 103 Abs. 1 GG schützen will (OLG München, Beschl. v. 22.06.2009
[34]bb) Eine solche Rechtsverletzung ist hier nicht zu erkennen. Die Antragsgegner hatten in jeder Phase des Schiedsverfahrens Gelegenheit, sich Gehör zu verschaffen und am Verfahren aktiv mitzuwirken sie waren, auch im Schlusstermin vor der Einzelschiedsrichterin am 07.12.2017, dem eine zweitägige Verhandlung vorausging, durch einen der Gerichtssprache mächtigen Bevollmächtigten vertreten. Ausweislich des Protokolls und den abschließenden Fragen der Einzelschiedsrichterin, ob abschließend noch etwas vorgetragen werden solle, konnte sie ihre Rechts- und Tatsachenposition angemessen einbringen. Ob das Gericht den Vortrag rechtlich zutreffend gewürdigt hat, ist nicht Gegenstand des Versagungsgrundes nach Art. V Ziff. 1 lit. b UNÜ.
[35]g) Die Antragsgegner können sich auch nicht auf einen Verstoß der Schiedsentscheidung gegen den ordre public berufen.
[36]aa) Nach § 1061 Abs. 1 ZPO in Verbindung mit Art. V Abs. 2 lit. b UNÜ kann die Vollstreckbarerklärung versagt werden, wenn der ordre public verletzt wurde. Maßstab hierfür ist nach deutschem Recht der sog. ordre public international, der noch anerkennungsfreundlicher ist als der im Rahmen von § 1059 Abs. 2 Nr. 2 lit. b ZPO maßgebliche ordre public interne (BeckOK ZPO/Wilske/ Markert, a.a.O., § 1061 Rn. 48 m.w.N.). Ein Verstoß gegen wesentliche Grundsätze des deutschen Rechtes (den ordre public) liegt nämlich erst dann vor, wenn der Schiedsspruch eine Norm verletzt, die die Grundlagen des staatlichen oder wirtschaftlichen Lebens regelt, oder wenn er zu deutschen Gerechtigkeitsvorstellungen in einem untragbaren Widerspruch steht. Eine bloße Verletzung des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts, nach dem das Schiedsgericht entscheiden sollte, reicht für einen solchen Verstoß nicht aus Dementsprechend ist der Schiedsspruch im Vollstreckbarerklärungsverfahren nicht in allen Einzelheiten auf seine materiell-rechtliche Richtigkeit hin zu überprüfen, sondern lediglich darauf, ob er die elementaren Grundlagen der Rechtsordnung verletzt (BGH, Urt. v. 12.07.1990 -
[37]bb) Die Entscheidung der Einzelschiedsrichterin vom 20.06.2018 verstößt weder in formeller noch in materieller Hinsicht gegen den ordre public international.
[38]aaa) Eine Verletzung des ordre public international ist in verfahrensrechtlicher Hinsicht lediglich dann anzunehmen, wenn die Entscheidung von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass sie nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann. Dabei können aber auch die zu Art. 6 Abs. 1 EMRK herausgebildeten Verfahrensgrundsätze herangezogen werden (BeckOK ZPO/Wilske/Markert, a.a.O., § 1061 Rn. 49). Eine bloße Verletzung des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts, nach dem das Schiedsgericht entscheiden sollte, reicht für einen ordre public - Verstoß nicht aus (BGH, Urt. v. 12.07.1990 -
[39]Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist eine Unterschreitung von Mindeststandards an Verfahrensgerechtigkeit im Streitfall durch das Schiedsverfahren weder unter dem Verfahrensgrundsatz des rechtlichen Gehörs noch unter dem Verfahrensgrundsatz des fairen Verfahrens (Art. 6 EMRK) gegeben:
[40]i) Die Antragsgegner wollen zunächst einen Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public darin erkennen, dass die Einzelschiedsrichterin ihr Ergebnis zur Schadensentstehung und zum Umfang des von der Antragstellerin geltend gemachten Schadens auf eine unvollständige Beweisaufnahme gestützt habe, bei der ein Sachverständigengutachten über den Wert des Anteils an dem in Rede stehenden Umspannwerk nicht ermittelt worden sei. Auch habe ihnen die Einzelschiedsrichterin nicht mitgeteilt, welche Beweisantritte geboten gewesen wären, damit sie entsprechend hätten reagieren können.
[41]Hiermit dringen die Antragsgegner nicht durch:
[42]In der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist anerkannt, dass das Schiedsgericht im Rahmen der Gewährung rechtlichen Gehörs - mit Blick auf den ordre public - nicht gehalten ist, den Parteien seine Rechtsansicht mitzuteilen und sie zur Äußerung hierzu aufzufordern (vgl. BGH, Urt. v. 12.07.1990 -
[43]Dem Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs war hier vielmehr schon dadurch genügt, dass die Einzelschiedsrichterin auf der Grundlage ihrer Beurteilung der materiellen Rechtslage den für die Entscheidungsfindung maßgeblichen Sachverhalt anhand des Vorbringens beider Parteien und anhand der erhobenen Beweise ermittelt und bewertet hat. Die Beurteilung der Richtigkeit der Tatsachenerhebung und ihrer rechtlichen Grundlagen fällt hingegen in den Bereich der Prüfungskompetenz des Schiedsgerichts und ist dem Senat im Rahmen der Vollstreckbarkeitserklärung entzogen.
[44]ii) Ein Verstoß gegen den verfahrensrechtlichen ordre public lässt sich auch nicht daraus herleiten, dass sich die Einzelschiedsrichterin in ihrer Entscheidung aufgrund eines Begründungsmangels nicht mit den Beweisanträgen der Schiedsbeklagten zur Einholung eines schiedsgerichtlichen Sachverständigengutachtens auseinandergesetzt hat. Wie der OGH in der Entscheidung über die Aufhebungsklage (vgl. dort Seite 30 ff. der Entscheidungsgründe) entschieden hat, ist auch für den Senat nicht zu erkennen, dass die Nichterwähnung dieses Umstandes auf einer willkürlich lücken- oder mangelhaften Sachverhaltsermittlung beruhte. In verfahrensrechtlicher Hinsicht geht vielmehr exemplarisch aus der Verfügung Nr. 2 aus dem August 2017, die per E-Mail vom 22.08.2017 an die Parteien des Schiedsverfahrens übersandt wurde, eine sorgfältige und willkürfreie Verfahrensvorbereitung durch die Einzelschiedsrichterin hervor.
[45]Sowohl im Rahmen der Beweisaufnahme als auch im Rahmen der Entscheidungsbegründung hat sich die Einzelschiedsrichterin mit der Frage der Schadenshöhe, insbesondere einer etwaigen Anrechnung des Wertes des Umspannwerkes und den hierzu vorgebrachten Rechtsauffassungen der Parteien des Schiedsverfahrens befasst. Insoweit lässt sich entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegner auch nicht feststellen, dass die Einzelschiedsrichterin ihren Vortrag im Sinne der vorgenannten Entscheidung des OLG Düsseldorf „ignoriert“ habe.
[46]Aus dem Schiedsspruch (Rn. 252 ff.), auf den auch insoweit Bezug genommen wird, folgt zudem, dass die Einzelschiedsrichterin sich mit der Frage der Darlegungs- und Beweislast eingehend auseinandergesetzt hat. Insoweit ist das Schiedsgericht davon ausgegangen, dass die Antragstellerin substantiiert ihrer Beweislast nachgekommen sei. Demgegenüber hätten die Schiedsbeklagten die Beweislast für schadensmindernde Umstände zu tragen. Auch hätten die Beklagten einen Orts- bzw. Besichtigungstermin beantragen können, um den Wert der Anlage - Umspannwerk mit Grundstücksgebäude und Materialwert für den Trafo - zu ermitteln und zu begutachten. Zwar möge die Zeugenvereinnahme von Dr. Ne... dahingehend zu verstehen sein, dass diese Elemente der Anlage nicht wertlos seien. Die Schiedsbeklagten könnten hierdurch allerdings nicht beweisen, wie hoch genau der Wert dieser Anlagenelemente sei. Da die Beweislast zur Anrechnung auf die Schiedsbeklagten falle, die den Schaden der Höhe nach bestritten, die Schiedsbeklagten zu 1, 2 und 5. jedoch Beweislast schuldig geblieben seien, sei nicht klar, in welcher Höhe eine Anrechnung hätte stattfinden sollen. Insbesondere genüge es nicht, erst in der schriftlichen Würdigung zur Beweisaufnahme Zeugenbeweis zu ernennen, wie es der Antragsgegner zu 1) gemacht habe. Denn dadurch werde den anderen Parteien, insbesondere der Antragstellerin und den Schiedsbeklagten zu 3. und 4., die Möglichkeit genommen, eine Zeugeneinvernahme durchzuführen. Dieses Grundprinzip des rechtlichen Gehörs müsse dem Antragsgegner zu 1) bekannt sein. Im Übrigen sei für die Einzelschiedsrichterin nicht schlüssig, wie sich aus dem Schreiben der X2... (Beilage B2-24 (vergleiche Rn. 259 des Schiedsspruchs) der Schluss ziehen lasse, dass das restliche Nutzungsrecht und das ideelle Eigentum am Umspannwerk einen wirtschaftlichen Wert hätten, und wenn welcher Höhe. Im Übrigen sei eine eventuelle Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen in Rumänien nicht gewiss, weder zum „Ob“ der Änderungen, noch zum „Wie“ der Änderungen. In jedem Fall sei es der Einzelschiedsrichterin nicht möglich, in die ungewisse Zukunft zu schauen, um einen Substanzwert der Anlage und den Wert der Restkapazität zu ermitteln, dessen Beweis der Schiedsbeklagte S... sowie die Antragsgegner hätten erbringen müssen.
[47]Ob die genannten Überlegungen der Einzelschiedsrichterin rechtlich zutreffend sind, ist nicht Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle durch den Senat. Auch die von der Einzelschiedsrichterin angewandten Beweislastregeln sind der gerichtlichen Kontrolle im Vollstreckbarerklärungsverfahren entzogen. Die Würdigung von Tatsachenvortrag und Beweisen im Schiedsverfahren gehört nicht zum Verfahren, sondern zur Entscheidungsfindung im engeren Sinne (vgl. Geimer, in: Zöller, a.a.O., § 1059 ZPO, Rn. 53).
[48]Auch der Umstand der nicht erfolgten expliziten Auseinandersetzung der auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens durch das Schiedsgericht gerichteten Beweisanträge der Schiedsbeklagten in der Schiedsentscheidung rechtfertigt eine verfahrensrechtliche Willkür nicht. Hierfür spricht zudem, dass die Einzelschiedsrichterin in Rn. 86 des Schiedsspruches ausgeführt hat, dass sie aufgrund des Umfanges und der Komplexität der Sache im Rahmen ihrer Analyse auch die nicht explizit aufgeführten Argumente der Parteien berücksichtigt habe. Eine unzureichende Entscheidungsbegründung oder einfacher Verfahrensverstoß etwa aufgrund einer - wie von den Antragsgegnern angeführten unzutreffenden Würdigung der Darlegungs- und Beweislast durch die Einzelschiedsrichterin - oder auch einer fehlerhaften Einschätzung der Relevanz eines angebotenen Beweismittels - hier des von den Antragsgegnern angeführten Sachverständigengutachtens, fällt ebenfalls in den Bereich der vom Senat nicht zu überprüfenden Rechtsanwendung durch das Schiedsgericht.
[49]iii) Das Gleiche gilt im Ergebnis auch für den Vorwurf der Antragsgegner, das Schiedsgericht habe unter willkürlicher Missachtung des Sachverhalts schon aus Gründen der Logik annehmen müssen, dass das fragliche Umspannwerk einen wirtschaftlichen Wert aufgewiesen haben müsse. Abgesehen davon, dass Logikfehler zur Bewertung des Umspannwerkes ebenfalls eine (insoweit fehlerhafte) materielle Rechtsanwendung betreffen würden, liegt ein Logikfehler hier nicht vor. Es ist ohne Weiteres vorstellbar - wie letztendlich auch der von der Einzelschiedsrichterin vernommene Zeuge Dr. Ne... ab Zeile 973 der vor dem Schiedsgericht protokollierten Aussage angegeben hatte -, dass (ungeachtet eines Buchwertes) ein wirtschaftlicher Wert des Anteils und das relative Nutzungsrecht am Umspannwerk derzeit und absehbar nicht bestehe und sich ein solcher auch nicht für die Klägerin ergebe (ab Zeile 995). Daher kommt es auch nicht darauf an, ob und mit welchem Wert die Antragstellerin das Umspannwerk letztendlich bilanziert hat und ob die Entscheidung der Einzelschiedsrichterin inhaltlich richtig ist, einen Wert für die Antragstellerin für die von dieser aus dem Umspannwerk gezogenen Vorteile schadensmäßig zu verrechnen.
[50]iv) Eine willkürliche Verfahrensleitung kann auch nicht darin erkannt werden - wie der Antragsgegner zu 1) meint -, dass die Einzelschiedsrichterin willkürlich das Beweisthema um Fragen des Wertes des Umspannwerks erweitert habe. Der Antragsgegner zu 1) legt hier Maßstäbe der deutschen ZPO zugrunde, die per se schon nicht für ein internationales Schiedsgerichtsverfahren übertragbar sind. Ein willkürliches Verhalten vermag der Senat insoweit schon im Ansatz nicht zu erkennen.
[51]Im Übrigen sind entsprechende Fragen an den Zeugen Dr. Ne... von dem Antragsgegner zu 1) ausweislich des Protokolls der Schiedsverhandlung nicht moniert worden, was gem. Art. 31 der Wiener Regeln aber geboten gewesen wäre.
[52]Hinzu kommt, dass das von der Einzelschiedsrichterin durchgeführten Beweisverfahren zu dieser Thematik nur deshalb auf die von der Antragstellerin angebotenen Beweismittel (insbesondere Zeugenaussage Dr. Ne..., Bestätigung des rumänischen Wirtschaftsprüfers über Bilanzverlust im Jahre 2017, Nachweise zur Entwicklung des Vorderregimes im Bereich Windenergie) beschränkt war, weil die Antragsgegner dazu keinen Beweis angeboten hatten. Die Antragsgegner sind zu einer Einvernahme in der für den 06./07.12.2017 anberaumten Schiedsverhandlung nicht bereit gewesen, obwohl der Antragsgegner zu 1) persönlich in der Schiedsverhandlung anwesend war und die Einzelschiedsrichterin in ihrer Begründung ausgeführt hat, dass zumindest der Antragsgegner zu 1) „die technische und wirtschaftliche Kenntnis in Windpark Projekten“ besessen habe (Protokoll über die Schiedsverhandlung vom 06./07.12.2017, Seite 1-3; Schiedsspruch Rn. 257).
[53]bbb) Auch ein von den Antragsgegnern geltend gemachter Verstoß gegen den materiellen ordre public steht der Vollstreckbarkeitserklärung nicht entgegen. Die Entscheidung der Einzelschiedsrichterin lässt "einen eklatanten Verstoß gegen die materielle Gerechtigkeit" der deutschen Rechtsordnung nicht erkennen; vielmehr halten die Würdigung des Verhandlungs- und Beweisergebnisses und der Rechtsfolgenausspruch zumindest dem eingeschränkten Prüfungsmaßstab des Vollstreckbarerklärungsverfahrens stand. Ob das Schiedsgericht im Ergebnis mit Recht angenommen hat, dass der Antragstellerin ein Schadensersatz für die Betriebskosten zusteht, ist nicht Gegenstand der Kontrolle durch den Senat. Durch den Zuspruch dieser Forderung hat die Einzelschiedsrichterin jedenfalls weder ausdrücklich noch konkludent ein dem deutschen Sachrecht fremden Strafschadensersatz (punitive damage) zugesprochen, sondern den tatsächlichen Schaden ermittelt (vgl. auch S. 36 f. der Entscheidung OGH über die Aufhebungsklage).
[54]Entgegen der vom Antragsgegner zu 2) vertretenen Auffassung führt dies auch nicht dazu, dass hier als Rechtsfolge einer unerlaubten Handlung ein Geschädigter bereichert werde. Ob der rein schadensersatzrechtlich begründete Anspruch rechtlich zutreffend bemessen worden ist oder ob dies zu einer „unberechtigten“, da rechtlich unzutreffend entschiedenen „Bereicherung“ der Antragstellerin geführt hat, ist ebenfalls eine Frage des materiellen Rechts im Einzelfall, deren Rechtmäßigkeit im Einzelnen vom Senat nicht überprüft werden kann, da eine révision au fond vor dem staatlichen Gericht nicht stattfindet und etwaige Fehlentscheidungen hinzunehmen sind (vgl. OLG München, Beschluss vom 24. September 2006, 34 Sch 12/06, OLGR München 2006, 906).
[55]III. ...