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Verfahrensgang

OLG Stuttgart, Beschl. vom 05.11.2013 – 5 W 13/13, IPRspr 2013-267

Rechtsgebiete

Anerkennung und Vollstreckung → Vermögensrechtliche Angelegenheiten

Leitsatz

Die Bescheinigung eines ausländischen Gerichts über die Zustellung des verfahrenseinleitenden Schriftstücks gemäß Art. 54, 58 EuGVO erbringt den Beweis für den darin beurkundeten Zustellungsvorgang im Sinne von § 415 ZPO. Der Antragsgegner in einem Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines ausländischen Urteils muss den Inhalt der Urkunde daher widerlegen.

Wird dem Antragsgegner ein gegen ihn ergangenes Versäumnisurteil erst im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung bekannt, muss er es im Erststaat mit den dort möglichen Rechtsbehelfen – einschließlich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand – angreifen. Unterlässt er dies, ist die Rüge eines Verstoßes gegen den ordre public mit der Begründung, er habe das Urteil nicht gekannt, ausgeschlossen, wenn es im Erststaat Rechtsbehelfsmöglichkeiten gegeben hätte.

Das Verbot der révision au fond des Art. 45 II EuGVO greift auch dann, wenn der im Erststaat erwirkte Titel betrügerisch erlangt worden ist, der Beklagte sich jedoch nicht zur Sache eingelassen hat und Versäumnisurteil gegen sich ergehen ließ, wenn deshalb das betrügerische Verhalten des Klägers bei Erlass der Entscheidung nicht erkannt worden ist.

Hat der Beklagte die Betrugshandlung erst nach Rechtskraft des gegen ihn ergangenen Urteils erkennen können, so muss er im Erststaat die Wiederaufnahme des Verfahrens betreiben, wenn dies möglich ist, und kann die Einwendung nicht erst im Rahmen des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung erheben.

Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung ist der Einwand der (Teil-)Erfüllung unbeachtlich. Dies gilt nach der Neufassung von § 55 und 56 AVAG – in Kraft seit 26.2.2013 – auch dann, wenn die Teilerfüllung unstreitig ist.

Rechtsnormen

AVAG § 1; AVAG § 3; AVAG § 11; AVAG §§ 11 ff.; AVAG § 12; AVAG § 55; AVAG §§ 55 f.; AVAG § 56
BGB § 826
EUGVVO 44/2001 Art. 32; EUGVVO 44/2001 Art. 33 f.; EUGVVO 44/2001 Art. 34; EUGVVO 44/2001 Art. 34 f.; EUGVVO 44/2001 Art. 36; EUGVVO 44/2001 Art. 38; EUGVVO 44/2001 Art. 39; EUGVVO 44/2001 Art. 42; EUGVVO 44/2001 Art. 43; EUGVVO 44/2001 Art. 43 f.; EUGVVO 44/2001 Art. 43 ff.; EUGVVO 44/2001 Art. 45; EUGVVO 44/2001 Art. 46; EUGVVO 44/2001 Art. 54; EUGVVO 44/2001 Art. 58
EuGVÜ Art. 27
GVG § 183
ZPO § 182; ZPO § 328; ZPO § 415; ZPO §§ 722 f.; ZPO § 767
ZPO (Österr.) §§ 146 ff.; ZPO (Österr.) § 530; ZPO (Österr.) § 534

Sachverhalt

Die ASt. erwirkte ein Versäumungsurteil des österr. Landesgerichts Wels, mit dem der AGg. zur Zahlung verurteilt wurde. Mit Beschluss hat das LG Tübingen angeordnet, dass dieses Urteil mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist. Die Vollstreckungsklausel wurde von der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am selben Tag erteilt. Gegen diesen Beschluss hat der AGg. Beschwerde eingelegt. Er wendet ein, dass ihm weder die dem österreichischen Versäumnisurteil zugrunde liegende Klageschrift noch das Versäumnisurteil jemals zugestellt worden sei. Außerdem habe die ASt. im Ausgangsprozess einen versuchten Prozessbetrug begangen, da sie dem AGg. über aus einem Zwangsversteigerungsverfahren erhaltene Erlöse keine Abrechnung erteilt hat. Weiter wendet sich der AGg. auch gegen den titulierten Anspruch selbst.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II. A. Die Beschwerde ist zulässig.

[2]1. Die Beschwerde ist gemäß Art. 43, 45 EuGVO und §§ 11 ff., 55 AVAG statthaft. Die grundsätzliche Anwendbarkeit des AVAG folgt aus § 1 I Nr. 2 lit a AVAG. Die begehrte Vollstreckbarerklärung des Versäumungsurteils des österr. Landesgerichts Wels richtet sich nach der EuGVO. Die Beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie wurde insbes. formgerecht eingelegt und ging beim OLG innerhalb der Monatsfrist des Art. 43 V 1 EuGVO, § 55 II Nr. 1 AVAG ein. Die Zulässigkeit wird nicht dadurch berührt, dass der AGg. die Beschwerde beim LG Tübingen eingelegt hat (§ 11 II AVAG) ...

[3]B. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg.

[4]Es lagen die formalen Voraussetzungen für die Erteilung der Vollstreckungsklausel vor (dazu 1.). Auch scheitert die Vollstreckbarerklärung nicht daran, dass dem AGg. das verfahrenseinleitende Schriftstück oder das Versäumnisurteil nicht zugestellt worden wäre (dazu 2.). Weiter hindert auch die angebliche Verstrickung der ASt. in Betrugs- und Untreuehandlungen die Anerkennung des österreichischen Titels nicht (dazu 3.). Die Vollstreckungsklausel ist auch trotz der unstreitigen Teilerfüllung der titulierten Forderung zu erteilen (dazu 4.).

[5]1. Das LG Tübingen war für den Erlass der angefochtenen Entscheidung nach Art. 39 II EuGVO, § 3 II AVAG zuständig, und auch die formalen Voraussetzungen, unter denen das Versäumungsurteil des Landesgerichts Wels für vollstreckbar erklärt werden kann, lagen vor.Das Versäumungsurteil vom 5.11.2008 ist eine vollstreckbare Entscheidung im Sinne von Art. 32, 38 EuGVO.

[6]2. Entgegen der Auffassung des AGg. ist die auf dem Versäumungsurteil angebrachte Rechtskraftbescheinigung nicht deshalb fehlerhaft, weil ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück oder das Versäumungsurteil nicht zugestellt worden wäre.

[7]a) Soweit der AGg. geltend macht, das verfahrenseinleitende Schriftstück sei ihm nicht zugestellt worden, wäre dies zwar ein Grund, der die Vollstreckbarerklärung des Versäumungsurteils hindern würde (Art. 34 Nr. 2 EuGVO). Die ASt. hat jedoch eine Bescheinigung nach Art. 54 EuGVO vorgelegt, aus der hervorgeht, dass dem AGg. das verfahrenseinleitende Schriftstück in dem österreichischen Versäumnisverfahren, also einem Verfahren, in dem eine Entscheidung erging, obwohl der AGg. sich nicht eingelassen hat (Art. 34 Nr. 2 EuGVO), am 8.9.2008 zugestellt wurde.Diese Bescheinigung begründet zwar keine unwiderlegliche Vermutung zugunsten einer zu diesem Zeitpunkt erfolgten Zustellung. Vielmehr ist das mit dem Rechtsbehelf befasste Gericht des Vollstreckungsmitgliedstaats berechtigt, die Übereinstimmung der Angaben in der Bescheinigung mit den vorgelegten Beweisen zu überprüfen (EuGH, Urt. vom 6.9.2012 – Trade Agency Ltd. ./. Seramico Investments Ltd., Rs C-619/10, juris). Die Bescheinigung führt jedoch dazu, dass der AGg. die Unrichtigkeit der Bescheinigung darlegen und beweisen muss (Geimer-Schütze, EuZVR, 3. Aufl., Art. 54 Rz. 2 ff.; vgl. auch OLG Düsseldorf, IPRax 2004, 251 (IPRspr. 2003 Nr. 181)).

[8]Nach Erteilung eines Hinweises des Vorsitzenden mit Verfügung vom 8.4.2013, wonach er die Unwirksamkeit der Zustellung dartun müsse, hat der AGg. lediglich eine Bescheinigung des Landesgerichts Wels vorgelegt, mit der ihm das Zustellungszeugnis des AG M. in Fotokopie übermittelt wurde und erklärt, diese Bescheinigung sei nicht ausreichend. In vorliegendem, nach deutschem Verfahrensrecht geführtem Verfahren müsse ‚im Zuge der Gewährung rechtlichen Gehörs’ die Zustellungsurkunde nach § 182 ZPO vorgelegt werden. Da die Urkunde nicht vorgelegt werden könne, sei der Nachweis der Zustellung nicht erbracht. Das Versäumungsurteil beruhe daher auf einem nicht heilbaren Mangel.

[9]Dieser Einwand geht jedoch fehl. Der Nachweis der Zustellung kann nach deutschem Verfahrensrecht entgegen der Auffassung des AGg. nicht nur durch Vorlage der Zustellungsurkunde geführt werden ...

[10]b) Soweit der AGg. weiter bemängelt, dass ihm das Versäumungsurteil nicht zugestellt worden sei, ist dies kein Grund, der einer Vollstreckbarerklärung entgegenstünde. Gemäß Art. 45 I EuGVO darf die Vollstreckbarerklärung nur aus einem der in Art. 34 und 35 EuGVO genannten Gründe im Beschwerdeverfahren aufgehoben werden. Unter diesen Gründen ist die unterbliebene Zustellung der ausländischen Entscheidung im Ausgangsverfahren nicht angeführt. Dies folgt auch aus Art. 42 II EuGVO. Danach kann die Zustellung des ausländischen Titels erst zusammen mit der inländischen Vollstreckungsentscheidung erfolgen (vgl. auch BGH, NJW-RR 2005, 295 (IPRspr 2004-167)). Jedenfalls eine solche Zustellung im Vollstreckbarerklärungsverfahren ist vorliegend erfolgt.

[11]Davon abgesehen geht aus der vom AGg. vorgelegten Entscheidung des Landesgerichts Wels hervor, dass die Zustellung des Versäumungsurteils durch Hinterlegung im Akt und damit nach österreichischem Recht wirksam erfolgt ist. Eine solche Praxis stellt keinen offensichtlichen Widerspruch zum inländischen ordre public (Art. 34 Nr. 1 EuGVO) dar und steht daher einer Anerkennung ebenfalls nicht entgegen (BGH, NJW-RR 2012, 1013) (IPRspr 2012-266).

[12]Davon abgesehen müsste der AGg. ein gegen ihn ergangenes, ihm erst im Vollstreckungsverfahren bekannt gewordenes Urteil umgehend im Erststaat mit Rechtsmitteln angreifen, soweit das möglich ist und ggf. auch Wiedereinsetzung beantragen, was hier nach §§ 146 ff. österr. ZPO möglich – wenn auch wegen der fehlenden Einlassung auf die ihm wirksam zugestellte Klage wenig erfolgversprechend – gewesen wäre. Unterlässt er das, so ist die Rüge eines Verstoßes gegen den ordre public auch deswegen ausgeschlossen (BGH, NJW 2011, 3103 (IPRspr 2011-270), juris Rz. 23; NJW-RR 2010, 1101 juris Rz. 13).

[13]3. Soweit der AGg. die Entscheidung des Landesgerichts Wels in der Sache für unzutreffend hält, weil er Opfer von Straftaten geworden sei, wovor, wie er meint, der Senat die Augen nicht verschließen könne, steht einer Nachprüfung dieses Einwands im Grundsatz Art. 45 II EuGVO (vgl. auch Art. 36 EuGVO) entgegen. Danach ist es dem Senat verwehrt, das Versäumungsurteil in der Sache selbst zu überprüfen (Verbot der révision au fond).

[14]Allerdings ist dennoch denkbar, einer Entscheidung die Anerkennung zu versagen, wenn eine Partei durch Täuschung oder sonstiges in hohem Maße unfaires Verhalten die Wahrheits- bzw. Rechtsfindung durch das ausländische Gericht vereitelt hat. Die unlautere Prozessführung einer Partei kann zur Verweigerung der Anerkennung wegen Unvereinbarkeit mit der öffentlichen Ordnung des Zweitstaats im Interesse der geschädigten Partei führen (Geimer-Schütze aaO Art. 34 EuGVVO Rz. 54; Kropholler-v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 34 EuGVO Rz. 15b; vgl auch BGH, NJW 2004, 2386 (IPRspr 2004-161) juris Rz. 22 m.w.N.).

[15]a) Soweit der AGg. allerdings einen versuchten Prozessbetrug darin sieht, dass die ASt. verschwiegen hat, dass sie aus dem Zwangsversteigerungsverfahren Erlöse erhalten und ihm keine Abrechnung hierüber erteilt hat (so im Schriftsatz vom 13.5.2013), kommt dies von vornherein nicht als Anerkennungshindernis unter dem Aspekt des Verstoßes gegen den ordre public bei Erwirkung des für vollstreckbar zu erklärenden Titels in Betracht. Als die ASt. das Versäumungsurteil erwirkte, hatte sie noch keinen Erlös aus dem Zwangsversteigerungsverfahren erzielt. Vielmehr war das Versäumungsurteil, wie aus dem Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts V. vom 23.8.2011 hervorgeht, geradezu umgekehrt erst die Grundlage des Zwangsversteigerungsverfahrens.

[16]Denkbar wäre ein versuchter Prozessbetrug wegen des Verschweigens der Erlöse aus dem Zwangsversteigerungsverfahren daher allenfalls, wenn man annehmen würde, die ASt. habe in vorliegendem Anerkennungsverfahren eine Täuschung durch Verschweigen der teilweisen Erfüllung ihrer Forderung bei Antragstellung verübt. Ob darin ein versuchter Prozessbetrug zu sehen ist, kann jedoch dahingestellt bleiben, da die Teilerfüllung der Forderung, wie nachfolgend unter 4. darzulegen ist, im Anerkennungsverfahren nicht zu berücksichtigen ist, unabhängig davon, ob die Teilerfüllung zunächst verschwiegen wurde.

[17]Im Übrigen spricht allerdings wenig dafür, im Verschweigen der erzielten Erlöse einen versuchten Prozessbetrug im Verfahren der Vollstreckbarerklärung zu sehen. Der Senat ist der Auffassung, dass die ASt. den Titel trotz der Teilerfüllung in vollem Umfang für vollstreckbar erklären lassen darf (dazu nachfolgend unter 4.). Der Senat sieht auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die ASt. die Absicht hatte, die Zwangsvollstreckung selbst gegen den AGg. in einem Umfang zu betreiben, der über den nach der Teilerfüllung noch verbleibenden Betrag hinausgeht.

[18]b) Soweit der AGg. aber vorträgt, er sei Opfer von Betrugs- und Untreuehandlungen des Vertriebsteams K., Sch. und B. sowie des Treuhänders Dr. M. geworden, was der ASt. bekannt gewesen sei und was diese gegenüber der Bankenaufsicht verschleiert habe, ist es grundsätzlich denkbar, darin ein anstößiges Prozessverhalten der ASt. im Ausgangsprozess zu sehen, das zum Anerkennungshindernis des Art. 34 Nr. 1 EuGVO (Verstoß gegen den ordre public) führen könnte.

[19]Die ASt. ist auf den diesbezüglichen Vortrag des AGg., wie sie ausdrücklich erklärt hat, in der Sache nicht eingegangen, weil sie ihn nach Art. 45 II EuGVO für unbeachtlich hält (S. 1 des Schriftsatzes vom 24.5.2013). Der ASt. musste aber keine Gelegenheit gegeben werden, sich vertiefend dazu zu äußern, da die Annahme eines Anerkennungshindernisses nach Art. 34 Nr. 1 EuGVO bereits aus anderen Gründen ausscheidet.

[20]aa) Der AGg. ist nämlich mit der Rüge eines Verstoßes gegen den ordre public bereits deshalb ausgeschlossen, weil er es unterließ, das Versäumungsurteil im Ausgangsstaat anzugreifen. War nämlich der Einwand der täuschenden Prozessführung bereits nach dem Recht des Erststaats relevant, so ist der Vollstreckungsgegner mit der Rüge der Ordre-public-Widrigkeit im deutschen Zweitverfahren präkludiert, wenn er ihn nicht schon im ausländischen Erstverfahren (vergeblich) vorgebracht hatte. Die Ordre-public-Prüfung dient nicht dazu, eine nachlässige oder unzweckmäßige Prozessführung im Ausland zu korrigieren. Der Vollstreckungsgegner kann nicht im Erstverfahren ein Versäumungsurteil gegen sich ergehen lassen und dann erst im Zweitverfahren seine Klageerwiderung formulieren, denn er war im Erststaat gerichtspflichtig (Geimer-Schütze aaO Rz. 65 m.w.N. auch zu abweichenden Ansichten).

[21]Die Frage, ob der Vollstreckungsgegner mit dem Ordre-public-Einwand im Vollstreckbarerklärungsverfahren präkludiert sein kann, ist allerdings umstritten. Der BGH hat zu der Ordre-public-Klausel des Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ entschieden, dass der Beklagte, der sich im Ausland nicht eingelassen hat, im Anerkennungsverfahren rügen könne, der Gegner habe das Urteil durch vorsätzlich falschen Prozessvortrag erwirkt, denn ein solches Urteil verstoße gegen die öffentliche Ordnung. Diese Möglichkeit bestehe allgemein und sei nicht davon abhängig, ob der Antragsgegner diesen Einwand schon vor dem ausländischen Gericht hätte erheben können. Nur wenn er sich bereits vor dem Gericht des Erststaats verteidigt habe, sei er mit dem Tatsachenvortrag ausgeschlossen, den er dort in den Rechtsstreit hätte einführen können. Lasse sich der Beklagte aber im Ausland nicht ein, stehe ihm der Betrugseinwand im Verfahren nach Art. 27 Nr. 1 EuGVÜ oder nach § 328 I Nr. 4 ZPO uneingeschränkt zur Verfügung (BGH, NJW 2004 aaO, dazu Regen, Prozessbetrug als Anerkennungshindernis, Diss. 2008, Rz. 301 mit anschließendem ausführlichem Überblick über den Meinungsstand).

[22]Zeitlich nach der o. zit. Entscheidung hat der BGH sich – allerdings im Zusammenhang mit Art. 34 Nr. 2 EuGVO – mehrfach ausdrücklich dafür ausgesprochen, dass die Anerkennung einer in Abwesenheit ergangenen Entscheidung nicht nach Art. 34 EuGVO versagt werden dürfe, wenn der Beklagte gegen die in seiner Abwesenheit ergangene Entscheidung einen Rechtsbehelf habe einlegen können, mit dem er habe geltend machen können, dass ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück nicht so rechtzeitig und in einer Weise zugestellt worden sei, dass er sich habe verteidigen können (BGH, NJW-RR 2010, 571 (IPRspr 2009-244) im Anschluss an EuGH, Urt. vom 28.4.2009 – Meletis Apostolides ./. David Charles Orams u. Linda E. Orams, Rs C-420/07, Slg. 2009 I-03571, juris Rz. 80; BGH, NJW-RR 2010, 1001 (IPRspr 2010-260) Rz. 13 ff.; BGH, NJW 2011 aaO Rz. 23).

[23]Anders als Art. 34 Nr. 2 EuGVO enthält die Ordre-public-Regelung des Art. 34 Nr. 1 EuGVO zwar keine Rechtsbehelfsklausel. Wie aber Regen nachgewiesen hat (aaO Rz. 363), ist aus der Rechtsmittelobliegenheit in Art. 34 Nr. 2 EuGVO nicht im Umkehrschluss zu folgern, dass in Nr. 1 eine solche Obliegenheit nicht bestehen sollte. In der Begründung des Kommissionsentwurfs zur EuGVO vom 14.7.1999 (KOM 1999 [348] endg.) findet sich lediglich der Hinweis, dass die Anerkennungsversagungsgründe gegenüber dem EuGVÜ geändert formuliert wurden, ‚um den Verkehr der Urteile innerhalb des Binnenmarkts zu verbessern’. Daher ‚wurden diese Gründe restriktiver formuliert’. In Verfolgung dieses Ziels wurde bei Nr. 1 das Merkmal ‚offensichtlich’ eingefügt und bei Nr. 2 die Rechtsbehelfsobliegenheit. Daraus kann weder geschlossen werden, dass allgemein eine Rechtsbehelfsobliegenheit eingeführt werden sollte, noch – umgekehrt –, dass ausgedrückt werden sollte, bei allen Anerkennungshindernissen außer der Nr. 2 herrsche keine Rechtsbehelfsobliegenheit (Regen aaO).

[24]Daher kann man zunächst konstatieren, dass die Rechtsbehelfsklausel in Art. 34 Nr. 2 EuGVO es nicht ausschließt, das Anerkennungshindernis des Art. 34 Nr. 1 EuGVO auch daran zu knüpfen, dass der Vollstreckungsgegner Rechtsschutz gegen (angeblich) arglistige Prozessführung im Ausgangsstaat gesucht hat. In einem zweiten Schritt ist zu konstatieren, dass die europarechtlichen Vorgaben dafür sprechen, Urteilen des Ausgangsstaats nicht ohne Gründe von ganz erheblichem Gewicht die Anerkennung im Inland zu versagen. Dafür spricht schon die Formulierung in Art. 34 Nr. 1 EuGVO, wonach nur ein ‚offensichtlicher’ Verstoß gegen die öffentliche Ordnung des Anerkennungsstaats zu einer Versagung der Anerkennung führen kann. Außerdem ist auch auf Erwgr. Nr. 15 der EuGVO hinzuweisen, wonach Parallelverfahren in den Mitgliedstaaten so weit wie möglich vermieden werden müssen. Auch wenn diese Regelung die Vermeidung paralleler Erkenntnisverfahren betrifft, ist aus ihr doch die Grundtendenz zu entnehmen, dass materiell-rechtliche Fragen – und dazu gehört auch die Frage, ob sich eine Partei durch arglistigen Prozessvortrag einen materiell-rechtlichen Vorteil erschlichen hat – möglichst nur in einem Mitgliedstaat erörtert werden sollen. Ferner ist zu beachten, dass in den Erwgr. 16 und 17 darauf hingewiesen wird, dass in der EU der Justiz der jeweiligen Mitgliedstaaten gegenseitiges Vertrauen entgegengebracht werden kann. Dies rechtfertigt es, die Prüfung der materiell-rechtlichen Richtigkeit des Titels, dessen Vollstreckbarerklärung erstrebt wird, nicht in das Vollstreckungsverfahren zu verlagern, wenn dem Vollstreckungsschuldner ein Rechtsbehelf im Ausgangsstaat zur Verfügung steht.

[25]Ein solcher Rechtsbehelf stand dem AGg. vorliegend zur Verfügung. Wie bereits dargelegt, wurde ihm das verfahrenseinleitende Schriftstück ordnungsgemäß zugestellt. Er hätte sich daher ohne weiteres gegen die Klage verteidigen können. Gründe, warum ihm dies nicht möglich gewesen sein sollte, hat er nicht vorgetragen.

[26]Weiter hätte er, nachdem ihm das Versäumungsurteil im Vollstreckbarerklärungsverfahren bekannt wurde, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 146 ff. österr. ZPO beantragen können.

[27]bb) Nach seiner Einlassung hat er von den (angeblichen) Untreue- und Betrugshandlungen allerdings erst weit nach Erlass des Versäumungsurteils durch einen M. Ba. erfahren (Schriftsatz vom 13.5.2013). Aber auch dann hätte ihm noch ein Rechtsbehelf im Ursprungsstaat zur Verfügung gestanden. Nach § 530 I Nr. 7 österr. ZPO hätte er binnen einer Notfrist von vier Wochen seit Kenntnis von den neuen Beweismitteln (§ 534 österr. ZPO) die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragen können.

[28]Zwar ist die Berufung auf den Ordre-public-Vorbehalt des Art. 34 Nr. 1 EuGVO grundsätzlich nicht durch die Möglichkeit einer Restitutionsklage im Erststaat ausgeschlossen (Geimer-Schütze aaO Rz. 55). In vorliegender Konstellation allerdings, in der der AGg. aufgrund der wirksamen Zustellung der österreichischen Klage mit einem alsbald daraufhin in Österreich ergehenden Versäumungsurteil rechnen musste, wäre es ihm möglich und zumutbar gewesen, sich nach diesem Verfahren zu erkundigen, nachdem er von M. Ba. Kenntnis von den (angeblichen) Verstrickungen der Bekl. in Untreue und Betrugshandlungen erfahren hatte. Er hätte sich in Österreich gegen dieses Urteil mit den neuen Beweismitteln in einem Wiederaufnahmeverfahren zur Wehr setzen müssen. So betrachtet, beruht der weitere Bestand des Titels (unterstellt, er würde tatsächlich nur wegen des Verschweigens ihrer Verstrickung in Untreue- und Betrugshandlungen durch die ASt. ergangen sein) nicht mehr in erster Linie auf etwaigen Täuschungshandlungen der ASt. gegenüber dem österreichischen Gericht, sondern in erster Linie auf der Nachlässigkeit des AGg. Die Vollstreckung solcher Titel stellt keinen ‚offenkundigen’ Widerspruch zum inländischen ordre public dar.

[29]Somit steht Art. 34 Nr. 1 EuGVO einer Anerkennung des Versäumungsurteils des Landesgerichts Wels nicht entgegen. Diese Vorschrift schützt in erster Linie vor nach deutschen Vorstellungen unvertretbarem prozessualen Vorgehen des ausländischen Gerichts oder materiell-rechtlich nicht hinnehmbaren ausländischen Sachentscheidungen, aber nicht vor nachlässigem Prozessieren in Fällen, in denen ausländische Gerichte nach dem ihnen bekannten Sachstand korrekt entschieden haben und auch ein deutsches Gericht nicht anders entschieden hätte. Ob es in Österreich – so wie in Deutschland über § 826 BGB – ggf. eine Möglichkeit gibt, gegen die Vollstreckung aus einem rechtsmissbräuchlich erlangten, rechtskräftigen Titel vorzugehen und die Rechtskraft insoweit zu durchbrechen, kann dahinstehen. Für eine Unterlassungsklage oder eine Klage auf Herausgabe des Titels wären in Respektierung des Grundsatzes des Verbots der révision au fond die österreichischen Gerichte zuständig.

[30]Selbst wenn es eine solche Möglichkeit in Österreich nicht geben sollte, wäre darin kein offensichtlicher Verstoß gegen den ordre public zu sehen in Fällen, in denen – wie hier – der Antragsgegner seine Verteidigungsmöglichkeiten nicht wahrgenommen hat.

[31]4. Auch der weitere Einwand des AGg., die titulierte Forderung sei teilweise durch Erfüllung erloschen, verhilft der Beschwerde nicht zu einem Teilerfolg.

[32]Zwischen den Parteien ist zwar unstreitig, dass die mit dem Versäumungsurteil des Landesgericht Wels titulierte Forderung der ASt. im Zwangsversteigerungsverfahren entspr. dem Meistbotsverteilungsbeschluss des Bezirksgerichts V. vom 23.8.2011 teilweise befriedigt wurde. Danach wurden die bis zum 22.7.2011 aufgelaufenen Zinsen (98 639,38 €) und die Kosten des Versäumungsurteils (7 961,90 €) sowie die Kosten des Zwangsversteigerungsverfahrens ‚durch Barzahlung berichtigt’. Dennoch war der Beschwerde des AGg. auch in diesem Umfang der Erfolg zu versagen.

[33]Wie die ASt. zutreffend dargestellt hat, entsprach es zwar – von der ASt. allerdings für europarechtswidrig gehaltener – st. Rspr. des BGH, den Einwand der vollständigen oder teilweisen Erfüllung der Forderung im Rahmen der Vollstreckbarerklärung nach § 12 AVAG zu berücksichtigen und den Schuldner nicht auf die Vollstreckungsgegenklage zu verweisen, jedenfalls wenn die Erfüllung unstreitig ist (NJW 2007, 3433 (IPRspr 2007-207), fortgeführt in BGHZ 180, 88 (IPRspr 2009-254) und FamRZ 2009, 1996 (IPRspr 2009-247)). Dem hat sich der erkennende Senat bisher ausdrücklich angeschlossen (Beschl. vom 24.3.2011 – 5 W 2/11 (IPRspr 2011-282), juris).

[34]Allerdings hat der EuGH am 13.10.2011 – Prism Investments BV ./. Jaap Anne van der Meer, Rs C-139/10, Slg. 2011 I-09511; NJW 2011, 3506 – entschieden, dass nach Art. 45, 43 und 44 i.V.m. Art. 33 und 34 EuGVO auch im Rechtsmittelverfahren nur eine formale Prüfung der vom Antragsteller vorgelegten Schriftstücke erfolgen dürfe. Würde als Einwendung zur Stützung eines Rechtsbehelfs im Sinne von Art. 43 oder 44 EuGVO auch der Einwand zugelassen, dass der betreffenden Entscheidung im Urteilsmitgliedstaat nachgekommen wurde (also Erfüllung eingetreten ist), so ändere dies die Merkmale jenes Verfahrens und beeinträchtige das im 17. Erwgr. der EuGVO angeführte Ziel eines raschen und effizienten Verfahrens. Daher sei Art. 45 EuGVO dahin auszulegen, dass er der Versagung oder Aufhebung einer Vollstreckbarerklärung einer Entscheidung durch ein Gericht, das über einen Rechtsbehelf gemäß Art. 43 oder 44 EuGVO zu entscheiden hat, aus einem anderen als einem in den Art. 34 und Art. 35 EuGVO genannten Grund, wie etwa auch dem, dass der Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat nachgekommen wurde, entgegensteht.

[35]Dieser Entscheidung hat sich der BGH insoweit angeschlossen, als in Fällen, in denen die Erfüllung streitig ist, der Erfüllungseinwand im Anerkennungsverfahren nicht berücksichtigt werden könne (BGH, NJW 2012, 2663 Rz. 13 ff.) (IPRspr 2012-269). Ob die Entscheidung des EuGH auch die Berufung auf den unstreitigen Erfüllungseinwand oder auf sonstige liquide Einwendungen hindert, hat der BGH ausdrücklich offengelassen (aaO Rz. 15).

[36]Das OLG Koblenz – Familiensenat – hat in einer Entscheidung vom 27.8.2012 – 13 UF 431/12 (IPRspr 2012-277) (FamRZ 2013, 574) zu dieser offengelassenen Frage die Meinung vertreten, dem EuGH sei es in der o. zit. Entscheidung im Wesentlichen darum gegangen, klarzustellen, dass in dem formellen Verfahren der Vollstreckbarerklärung keine irgendwie geartete Überprüfung der Richtigkeit der Ausgangsentscheidung stattfinde, weil dieses Verfahren generell nicht zur Prüfung materieller Fragen vorgesehen und geeignet sei. Dies, so die Auffassung des OLG Koblenz (aaO Rz. 11), schließe es aber nicht aus, offensichtlich begründete rechtsvernichtende Einwendungen wie die Erfüllung zu berücksichtigen, wenn sie unstreitig sind. Denn damit werde weder in die Ausgangsentscheidung eingegriffen, noch sei eine materiell-rechtliche Prüfung des Anspruchs insoweit erforderlich.

[37]Für diese Überlegung des OLG Koblenz spricht, dass nicht recht einsehbar erscheint, warum dem Antragsteller ein uneingeschränkter Vollstreckungstitel zu erteilen ist, wenn er selbst einräumt, den titulierten Anspruch (ganz oder teilweise) nicht mehr innezuhaben. Soweit die ASt. dieser Überlegung entgegenhält, dass auch im inländischen Verfahren bei Erteilung einer Vollstreckungsklausel der Erfüllungseinwand nicht geprüft werde, ist dem entgegenzuhalten, dass dies nicht vergleichbar ist. Zwar steht am Ende des Anerkennungsverfahrens nach der EuGVO auch die Erteilung einer Vollstreckungsklausel, doch ersetzt dieses Verfahren das Exequaturverfahren der §§ 722, 723 ZPO. Die maßgebliche Entscheidungsperson ist anders als im inländischen Verfahren der Erteilung der Vollstreckungsklausel selbst nach der europarechtlichen Vereinfachung der Exequatur immer noch ein (Vorsitzender) Richter (am LG), dem die Prüfung unstreitiger materiell-rechtlicher Einwendungen bedenkenlos überantwortet werden könnte.

[38]Dennoch vermag sich der Senat der Auffassung des OLG Koblenz nicht anzuschließen. Dies, weil der inländische Gesetzgeber in der Folge ein anderes Regelungsmodell gewählt hat. Im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zum Haager Übereinkommen über die internationale Geltendmachung der Unterhaltsansprüche von Kindern und anderen Familienangehörigen vom 23.11.2007 (ratif. 31.3.2011; ABl. Nr. L 93, 9) wurden in Reaktion auf das zit. Urteil des EuGH auch verschiedene Vorschriften des internationalen Unterhaltsverfahrensrechts geändert (BGBl. 2013 I 273). Vorliegend von Bedeutung ist die Neufassung der §§ 55 und 56 AVAG vom 20.2.2013, in Kraft seit dem 26.2.2013 und damit vor Eingang des streitgegenständlichen Antrags am 7.3.2013. Mit § 56 AVAG hat sich der Gesetzgeber für die Lösung entschieden, dass der Schuldner sich mit der Vollstreckungsgegenklage nach § 767 ZPO bei dem Gericht, das den Titel für vollstreckbar erklärt hat, gegen diesen Titel zur Wehr setzen muss. Daraus folgt, dass der Vollstreckungsschuldner – wie es, anders als das OLG Koblenz annimmt, wohl auch der Intention des EuGH in der zit. Entscheidung entspricht – alle materiell-rechtlichen Einwendungen, seien sie streitig oder unstreitig, im Verfahren nach § 767 ZPO geltend machen muss (so auch Prütting-Helms-Hau, FamFG, 3. Aufl., zur EuUnthVO Rz. 146 mit dem Hinweis, dass die Frage der internationalen Zuständigkeit des Vollstreckungsstaats für den Vollstreckungsgegenantrag noch klärungsbedürftig erscheint). § 12 AVAG, der bisher Einwendungen aus nach der Entscheidung entstandenen Sachverhalten zugelassen hat, ist nach § 55 I AVAG n.F. nicht mehr anwendbar.

[39]Dem entspricht auch die neueste Rspr. eines anderen (Zivil-)Senats des OLG Koblenz, der in einer nicht in die Zuständigkeit der Familiengerichte fallenden Sache die Zulässigkeit nachträglich entstandener Einwendungen im Beschwerdeverfahren für Einwendungen jeder Art, also ausdrücklich auch für unstreitige Einwendungen, verneint hat (OLG Koblenz, Beschl. vom 23.7.2013 – 2 U 156/13 (IPRspr 2013-265), juris).

[40]Somit bleibt dem AGg. nur die Möglichkeit der Vollstreckungsgegenklage. Im Verfahren der Vollstreckbarerklärung verhilft ihm der Erfüllungseinwand hingegen nicht zum Erfolg.

[41]5. Auch der Hilfsantrag des AGg. bleibt ohne Erfolg. Der Senat sieht keinen Anlass, das Verfahren, wie vom AGg. beantragt, wegen des Verdachts einer Straftat auszusetzen und die Sache zur Einleitung eines Ermittlungsverfahrens an die zuständige Staatsanwaltschaft abzugeben (§ 183 GVG).

[42]a) Eine im Inland begangene Straftat der ASt. (Prozessbetrug durch Verschweigen der Teilerfüllung im Vollstreckbarerklärungsverfahren) vermag der Senat, wie dargelegt, nicht zu erkennen.

[43]b) Eine Aussetzung wegen in der Sitzung vor dem Senat begangener Straftaten (§ 183 GVG) kommt ebenfalls nicht in Betracht – schon allein deswegen, weil in vorliegender Sache keine mündliche Verhandlung und somit keine Sitzung stattfand, und wie dargelegt, eine solche Straftat für die hier zu treffende Entscheidung auch nicht erheblich wäre. Die vom AGg. weiter angeregte Abgabe an die zuständige Staatsanwaltschaft ist ohnehin nicht Aufgabe des Senats. Der AGg. möge, sofern er dies wünscht, selbst Strafanzeige bei einer österreichischen Staatsanwaltschaft erstatten.

[44]c) Soweit der Hilfsantrag des AGg. so auszulegen sein sollte, dass er eine Aussetzung des Verfahrens wegen angeblich in Österreich begangener Straftaten der ASt. begehrt, kommt dies ebenfalls nicht in Betracht.

[45]Maßstab für eine etwaige Aussetzung vorliegenden Verfahrens ist Art. 46 I EuGVO. Danach kann der Senat das Verfahren aussetzen, wenn gegen die Entscheidung im Ursprungsmitgliedstaat bereits ein ordentlicher Rechtsbehelf eingelegt ist oder die Frist für einen solchen Rechtsbehelf nicht verstrichen ist.

[46]Selbst wenn dem AGg. noch ein ordentlicher Rechtsbehelf gegen das Versäumungsurteil nach österreichischem Recht zu Gebote stünde, wovon der Senat wegen Nichteinhaltung der entspr. Fristen wie dargelegt ohnehin nicht ausgeht, bestünde jedenfalls kein Anlass, das nach Art. 46 I EuGVO eingeräumte Ermessen zugunsten einer Verfahrenseinstellung auszuüben. Bei dieser Abwägung ist nämlich zu berücksichtigen, dass für den Inhaber des ausländischen Vollstreckungstitels dessen Anspruch auf eine effektive Durchführung der Zwangsvollstreckung streitet. Eine Aussetzung nach Art. 46 I EuGVO kommt daher nur in Ausnahmefällen in Betracht, nämlich wenn die erststaatliche Entscheidung erkennbar fehlerhaft ist und mit ihrer Aufhebung im erststaatlichen Rechtsmittelverfahren zu rechnen ist (Zöller-Geimer, ZPO, 30. Aufl., Art. 46 EuGVVO Rz. 1 unter Berufung auf Senat, Beschl. vom 25.8.2010 – 5 W 33/08, juris = IPRspr. 2010 Nr. 270).

[47]Mit einer solchen Aufhebung des rechtskräftigen Versäumungsurteils des Landesgerichts Wels, gegen das der AGg., auch nachdem ihm durch M. Ba. die angebliche Verstrickung der ASt. in Untreue- und Betrugshandlungen beim Vertrieb der von ihm erworbenen Immobilie zur Kenntnis gebracht wurde, bisher nichts unternommen hat, ist nach derzeitigem Erkenntnisstand nicht zu rechnen.

Fundstellen

nur Leitsatz

FamRZ, 2014, 792

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