Aus Art. 67 Abs. 1 lit. a) des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vom 24.1.2020 ergibt sich, dass die Zuständigkeitsbestimmungen der EuGVVO unbeschadet des in der Zwischenzeit vollzogenen Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union Anwendung auf gerichtliche Verfahren anwendbar sind, die vor dem Ablauf der - gemäß Art. 2 lit. e), Art. 126 am 31.12.2020 endenden - Übergangszeit eingeleitet worden sind.
Der Beitritt eines Verbrauchers zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft ist als Verbrauchergeschäft anzusehen, wenn der Zweck des Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Bei einer privaten Vermögensanlage ist unerheblich, woher das Geld stammt und wie hoch die Anlage ist. Eine gezeichnete Genussrechtsbeteiligung kann danach als Verbrauchergeschäft i.S.d. Art. 17 Abs. 1 EuGVVO anzusehen sein.
Für die Wirksamkeit der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Rechtswahlklausel ist gemäß Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 EGBGB aF das Recht maßgebend, das nach der Klausel angewendet werden soll. Nach österreichischem Recht reicht die Rechtswahl in Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus. [LS der Redaktion]
[Siehe auch die Entscheidungen des OLG Köln gleichen Datums –
Der Kläger nimmt die Beklagte, eine englische Limited mit Sitz in O., im Zusammenhang mit einer Genussrechtsbeteiligung auf Rückzahlung seiner getätigten Einlage sowie auf Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch. Der Kläger zeichnete am 9.4.2008 zwei Genussrechtsbeteiligungen der I. Investments AG (im Folgenden: L.) mit Sitz in Wien, davon eine Beteiligung (Nr. XXXX XXX581) und eine weitere Beteiligung (Nr. XXXX XXX582). Bei der Zeichnung wurden die Genussrechtsbedingungen "I. Global High Yield 450" zugrunde gelegt, die in § 13 Nr. 1 für die Genussrechtsbedingungen sowie alle sich hieraus ergebenden Rechte und Pflichten die ausschließliche Geltung des Rechts der Republik Österreich vorsahen. Rechtsnachfolgerin der I. Investments AG wurde im Jahr 2013 die ebenfalls in der Republik Österreich ansässige I. Investments GmbH, die mit Wirkung zum 31.12.2018 grenzüberschreitend auf die im Vereinigten Königreich ansässige Beklagte verschmolzen wurde.
Der Kläger, der seine Genussrechte aus der Beteiligung mit der Endziffer -581 im August 2016 zum 31.12.2018 ordentlich und die weitere Genussrechtsbeteiligung mit der Endziffer -582 im April 2019 außerordentlich gekündigt hat, begehrt von der Beklagten, deren Rechtsvorgängerin die ordentliche Kündigung bestätigt hat, im Wesentlichen die Rückzahlung der getätigten Einlagen sowie die Erstattung außergerichtlicher Rechtsanwaltskosten - jeweils nebst Zinsen. Hilfsweise beansprucht er im Wege der Stufenklage die Abrechnung ihrer Genussrechtsbeteiligung und die Auszahlung des abgerechneten Auseinandersetzungsguthabens. Das Landgericht hat die Beklagte durch Versäumnisurteil vom 2.1.2020 antragsgemäß verurteilt. Auf den Einspruch der Beklagten hat das Landgericht mit Urteil vom 7.10.2020 das Versäumnisurteil hinsichtlich der gemäß dem Klageantrag zu 1. erfolgten Verurteilung der Beklagten aufrecht erhalten und unter Aufhebung des Versäumnisurteils im Übrigen die weiter gehende Klage abgewiesen. Hiergegen richten sich die wechselseitig eingelegten Berufungen der Parteien. Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Aachen vom 7.10.2021 -
[1]1. Die zulässige Berufung der Beklagten (dazu unter a) und die Berufung des Klägers (dazu unter b) sind jeweils teilweise begründet, weshalb das angegriffene Urteil des Landgerichts entsprechend abzuändern ist und die weitergehenden Berufungen zurückzuweisen sind.
[2]a) Die Berufung der Beklagten hat Erfolg, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Zahlung eines ... EUR übersteigenden Betrages (nebst Zinsen) wendet.
[3]aa) Das Landgericht ist mit Recht von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen (vgl. Senatsurteil vom 16. Dezember 2021 -
[4]aaa) (1) Die - in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfende (vgl. BGH, Urteile vom 7. November 2001 -
[5](a) Die Zuständigkeitsbestimmungen der EuGVVO finden unbeschadet des in der Zwischenzeit vollzogenen Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union vorliegend Anwendung. Dies ergibt sich aus Art. 67 Abs. 1 lit. a) des Abkommens über den Austritt des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und der Europäischen Atomgemeinschaft vom 24. Januar 2020 (ABl. EU Nr. L 29 S. 7 ff. vom 31. Januar 2020; im Folgenden: Austrittsabkommen bzw. AA). Danach sind unter den dort aufgestellten und vorliegend erfüllten Voraussetzungen die Zuständigkeitsbestimmungen der EuGVVO auf gerichtliche Verfahren anwendbar, die vor dem Ablauf der - gemäß Art. 2 lit. e), Art. 126 AA am 31. Dezember 2020 endenden - Übergangszeit eingeleitet worden sind (vgl. im Einzelnen Wagner, IPRax 2021, 1, 6; Dickinson, IPRax 2021, 213, 219). Das ist hier der Fall.
[6](b) Ferner ist der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung eröffnet, denn der Streitgegenstand der Klage, auf den in diesem Zusammenhang maßgeblich abzustellen ist (vgl. nur EuGH, Urteil vom 15. Mai 2003 - Rs. C-266/01 - TIARD SA, Slg. I-4881, 4895 Rn. 42), betrifft - was auch die Beklagte nicht in Abrede stellt - eine Zivil- und Handelssache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO.
[7](c) Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte ergibt sich vorliegend aus dem für Verbrauchersachen vorgesehenen Gerichtsstand der Art. 17 Abs. 1 lit. c), Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO (ebenso OLG Celle, Beschluss vom 29. Januar 2021 -
[8]Nach diesen Vorschriften kann ein Verbraucher, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem für seinen Wohnsitz zuständigen Gericht den anderen Vertragspartner in Anspruch nehmen (Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 EuGVVO). Die Anwendung dieser Vorschriften setzt unter anderem voraus, dass zwischen dem Verbraucher und einem beruflich oder gewerblich Handelnden ein Vertrag tatsächlich geschlossen wurde. Bei der gebotenen autonomen Auslegung dieser Voraussetzung ist zu berücksichtigen, dass Art. 17 Abs. 1 EuGVVO eng auszulegen ist. Die Vorschrift beinhaltet eine Abweichung sowohl von der allgemeinen Zuständigkeitsregel in Art. 4 Abs. 1 EuGVVO, nach der die Gerichte im Mitgliedstaat des Beklagtenwohnsitzes zuständig sind, als auch von der besonderen Zuständigkeitsregel des Art. 7 Nr. 1 EuGVVO für Verträge oder Ansprüche aus Verträgen, nach der das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre (vgl. EuGH, Urteile vom 6. September 2012 - Rs. C-190/11 - Mühlleitner, NJW 2012, 3225 Rn. 26 f.; und vom 28. Januar 2015 - Rs. C-375/13 - Kolassa, NJW 2015, 1581 Rn. 28). Außerdem kann mit dem Erfordernis eines tatsächlichen Vertragsschlusses die Vorhersehbarkeit des Gerichtsstandes sichergestellt werden, die ausweislich ihres 15. Erwägungsgrundes zu den Zielen der EuGVVO zählt.
[9]Nach dieser Maßgabe hat das Landgericht sowohl die Verbrauchereigenschaft des Klägers als auch die Voraussetzungen einer Verbrauchersache im Sinne von Art. 17 EuGVVO, die gegenständlich auf (vertragliche und deliktische) Ansprüche gestützte Klagen eines Verbrauchers erfasst, die untrennbar mit einem - wie hier - tatsächlich geschlossenen Verbrauchervertrag verbunden sind (vgl. EuGH, Urteil vom 2. April 2020 - Rs. C-500/18 - AU ./. Reliantco Investments -, WM 2020, 870 Rn. 58 ff.; ebenso schon zu Art. 13 EuGVÜ: EuGH, Urteil vom 11. Juli 2002 - Rs. C-96/00 - Gabriel -, Slg. 2002 I-6367 Rn. 56; vgl. ferner Gottwald, in: MünchKommZPO, 6. Aufl., Brüssel Ia-VO Art. 17 Rn. 6), zutreffend bejaht.
[10](aa) Dies gilt zunächst für die von der Berufung angegriffene Annahme, dass es sich bei dem Kläger um einen Verbraucher im Sinne des Art. 17 Abs. 1 EuGVVO handle.
[11]Dabei ist der Verbraucherbegriff eng auszulegen, so dass für die Frage, ob eine Person als Verbraucher gehandelt hat, maßgeblich die Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht ihre subjektive Stellung ist (EuGH, Urteil vom 25. Januar 2018 - Rs. C-498/16 - Schrems/Facebook, NJW 2018, 1003 Rn. 29; EuGH, Urteil vom 2. April 2020 - Rs. C-500/18 -, AU ./. Reliantco Investments, WM 2020, 870 Rn. 47; BGH, Beschluss vom 20. Oktober 2020 -
[12]Dementsprechend hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits entschieden, dass der Beitritt eines Verbrauchers zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Personengesellschaft als Verbrauchergeschäft anzusehen ist, wenn der Zweck des Beitritts vorrangig nicht darin besteht, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen (EuGH, Urteil vom 15. April 2010 - Rs. C-215/08 -, Friz ./. von der Heyden, WM 2010, 882 Rn. 25 ff.). Bei einer privaten Vermögensanlage ist unerheblich, woher das Geld stammt und wie hoch die Anlage ist (EuGH, Urteil vom 2. April 2020 - Rs. C‑500/18 -, AU ./. Reliantco Investments, WM 2020, 870 Rn. 53 f.; BGH, Beschlüsse vom 30. Mai 2017 -
[13]Vor diesem Hintergrund sind die durch den Kläger gezeichneten Genussrechtsbeteiligungen an der Rechtsvorgängerin der Beklagten als Verbrauchergeschäfte anzusehen. Die entsprechende Feststellung durch das Landgericht, dass der Kläger die Beteiligungen als Privatperson gezeichnet habe, ist nicht zu beanstanden und wird als solche von der Berufung nicht angegriffen. Ihr liegt entsprechendes Klagevorbringen auf Seite 2 des Schriftsatzes vom 9. April 2020 zugrunde, das die Beklagte - auch nach dem landgerichtlichen Hinweisbeschluss vom 25. Februar 2021 (GA 232 f.) - nicht bestritten hat. Konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei Zeichnung der Genussrechtsbeteiligungen zu einem Zweck gehandelt haben könnte, der zumindest teilweise seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit (als Chemiewerker, vgl. GA 22) zuzurechnen sein könnte, sind nicht ersichtlich und werden von der Beklagten auch mit der Berufung nicht geltend gemacht. Der in erster Instanz beiläufig der Sache nach erhobene Einwand der Beklagten, sie habe mit dem Kläger keinen Vertrag abgeschlossen, übersieht im Übrigen, dass für die Ermittlung der für die Beurteilung der internationalen Zuständigkeit nach Art. 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO erheblichen Fragen des Vertragsschlusses und der räumlichen Verknüpfung auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses - hier die Zeichnung der Genussrechtsbeteiligung an der Rechtsvorgängerin der Beklagten - abzustellen ist (vgl. OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 26. November 2008 -
[14]Soweit die Beklagte einwendet, der Annahme der Verbrauchereigenschaft stehe entgegen, dass es vorliegend um eine Aktienbeteiligung gehe und Aktionäre niemals Verbraucher seien, verkennt sie, dass die den maßgeblichen Streitgegenstand definierende Klage Ansprüche zum Gegenstand hat, die auf die von der Rechtsvorgängerin erworbenen Genussrechte und deren Kündigung abstellt; damit ist Streitgegenstand nicht eine Aktienbeteiligung, sondern (gekündigte) Genussrechtsbeteiligungen (vgl. OLG Naumburg, Urteil vom 1. September 2021 -
[15](bb) Soweit die Beklagte erstinstanzlich mit Schriftsatz vom 16. März 2021 eingewandt hat, weder sie noch ihre Rechtsvorgängerinnen - die I. Investments AG bzw. deren Rechtsnachfolgerin, die I. Investments GmbH, - hätten sich zielgerichtet mit ihrer operativen Tätigkeit an den deutschen Markt gewandt, vermag sie damit nicht durchzudringen (vgl. auch OLG Stuttgart, Urteil vom 31. März 2021 -
[16]Dabei übersieht sie, dass - was dem Senat aus anderen, gegen die Beklagten gerichteten Parallelverfahren bekannt ist - der Inhalt des von der I. Investments AG herausgegebenen Verkaufsprospekts unter anderem zu den hier in Rede stehenden Genussrechten ausweislich seiner Präambel "für in Deutschland ansässige Investoren erstellt" wurde und sein Inhalt "ausschließlich für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland [gilt]", was dokumentiert, dass ihre gewerbliche Tätigkeit als Emittentin der streitgegenständlichen Genussrechtsbeteiligung bei Vertragsschluss mit dem Kläger auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet war.
[17]Ohnedies verfängt - ohne dass es darauf entscheidend ankommt - auch das auf die Beklagte und deren beide "I."-Rechtsvorgängerinnen bezogene Argument nicht, sie hätten zu keinem Zeitpunkt ihre operative Tätigkeit auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet. Der Einwand, bei der zum Zwecke der Einwerbung von Anlegergeldern erfolgten Ausgabe von Beteiligungen handle es sich um eine Maßnahme des "Passivgeschäfts", durch das keine Erträge generiert würden, während die von ihr als "Aktivgeschäft" gegenüber gestellten Investitionen ausschließlich in Großbritannien erfolgt seien, geht ins Leere. Hierbei handelt sich um zwei Aspekte ein- und desselben Geschäftsmodells, das die Ausgabe von Genussrechten zwangsläufig beinhaltete (vgl. OLG Stuttgart, Urteil vom 31. März 2021 -
[18](2) Entgegen der von der Beklagten erstinstanzlich vertretenen Annahme steht der in § 13 Nr. 2 GRB vereinbarte Gerichtsstand am "Sitz der Gesellschaft" der Klage vor deutschen Gerichten nicht entgegen. Denn der - unterstellt wirksam vereinbarte - Gerichtsstand ist kein ausschließlicher. Dies ergibt sich aus Satz 3 des § 13 Nr. 2 GRB, der ausdrücklich vorsieht, dass "Die Gerichtsstandsvereinbarung ... nicht das Recht eines Genussrechtsinhabers [beschränkt], Verfahren vor einem anderen zuständigen Gericht anzustrengen".
[19]Ein solcher Vorbehalt war gemäß Art. 17 Nr. 2 EuGVVO aF (jetzt Art. 19 Nr. 2 EuGVVO) nur für eine Gerichtsstandsvereinbarung im Rahmen eines Verbrauchervertrages auch zwingend geboten, was wiederum impliziert, dass die Rechtsvorgängerin der Beklagten selbst davon ausgegangen ist, dass die Anleger Verbraucher sein würden. Damit wird allenfalls das dem Genussrechtsinhaber eingeräumte Wahlrecht um einen zusätzlichen Gerichtsstand erweitert (ebenso OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 27. Mai 2021 -
[20](3) Schließlich liegt entgegen der von der Beklagten erstinstanzlich vertretenen Auffassung eine innergesellschaftliche Streitigkeit, die eine ausschließliche Zuständigkeit gemäß Art. 24 Nr. 2 EuGVVO begründen könnte, nicht vor.
[21]Wie sich aus § 9 GRB ergibt, hat es sich bei den Genussrechtsbeteiligungen, auf deren Kündigung die vorliegende Klage gestützt ist, gerade nicht um eine gesellschaftsrechtliche Beteiligung gehandelt (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 3. März 2021 -
[22]bbb) Das Landgericht ist auch zutreffend vom Vorliegen eines Prozessrechtsverhältnisses zwischen den Parteien ausgegangen.
[23](1) Die Klageschrift ist der Beklagten gemäß den Artt. 4 ff. der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- und Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates vom 13. November 2007 (ABl. EU Nr. L 234 S. 79 vom 10. Dezember 2007; im Folgenden: EuZVO), die auch im Verhältnis zum Vereinigten Königreich ungeachtet dessen Austritts aus der Europäischen Union gemäß Art. 68 lit. a), Art. 126 AA vorliegend Anwendung findet, ordnungsgemäß zugestellt worden (vgl. GA 51 ff.) Der Nachweis der Zustellung an die Beklagte ist durch den zur Verfahrensakte gelangten Zustellungsnachweis der britischen Justizbehörde (GA 62) erbracht.
[24]Auch der dem Senat aus anderen Verfahren bekannte Einwand der Beklagten, demzufolge sich aus dem Klagevorbringen nicht ersehen lasse, dass sie - die Beklagte - von O. aus geführt werde, verfängt nicht. Abgesehen davon, dass die Beklagte selbst das den director als ihren Vertreter ausweisende Passivrubrum der Klage in die Berufungsbegründung aufgenommen hat, hat der director J. die an die Beklagte gerichtete vorgerichtliche anwaltliche Zahlungsaufforderung mit dem in deutscher Sprache verfassten Schreiben vom 13. Juni 2019 (Anlage K 14 - AnlH I), das O. als Absendeort ausweist, persönlich beantwortet und die Zahlungsaufforderung zurückgewiesen.
[25](2) Vor diesem Hintergrund erweist sich auch der Umstand, dass die Klage in deutscher Sprache verfasst war und nicht in die englische Sprache übersetzt wurde, als unschädlich (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 3. März 2021 - 5 U 1581/20 -, sub II.1 der Gründe, n.v.; OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 27. Mai 2021 -
[26]Dabei ist im Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 1 EuZVO allgemein anerkannt, dass bei Zustellungen an juristische Personen bzw. Gesellschaften für die Beurteilung der vorhandenen Sprachkenntnisse weder allein auf die Sprachkenntnisse der Organe der betroffenen juristischen Person/Gesellschaft noch auf die der das zuzustellende Schriftstück im Ausland unmittelbar entgegen nehmenden Person abgestellt werden kann. Es genügt vielmehr, wenn im Rahmen der üblichen dezentralen Organisationsstruktur eines Unternehmens die mit der Sache befasste Abteilung über eine der entsprechenden Sprache kundige Person verfügt, deren Einschaltung in die Übersetzung des Schriftstücks nach den gesamten Umständen erwartet werden kann (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 9. Mai 2019 -
[27]Davon ist bei Würdigung des Parteivortrags und der zur Verfahrensakte gereichten Unterlagen auszugehen …
[28]bb) Das Landgericht hat der Klage in der Hauptsache mit Recht - wie erkannt -überwiegend stattgegeben (dazu bbb). Sein Urteil erweist sich lediglich hinsichtlich der Genussrechtsbeteiligung mit der Endziffer -582 insofern als rechtsfehlerbehaftet, als es einen ... EUR übersteigenden Betrag zugesprochen hat.
[29]aaa) Das Landgericht hat seiner Prüfung zutreffend österreichisches Sachrecht zugrunde gelegt.
[30](1) Die Frage, welches Recht auf den vorliegend zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt Anwendung findet, bemisst sich nach den Artt. 27 ff. EGBGB in ihrer bis zum 16. Dezember 2009 geltenden Fassung (im Folgenden: EGBGB aF). Die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anwendbare Recht (["Rom I"], ABl. EU Nr. L 177 S. 6 vom 4. Juli 2008, ber. in ABl. EU 2009 Nr. L 309 S. 87) findet vorliegend keine Anwendung, denn sie erfasst gemäß ihrem Art. 28 Abs. 1 nur solche Verträge, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen wurden. Dies ist hier nicht der Fall.
[31](2) (a) Vorliegend führt die zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten gemäß Art. 27 Abs. 1 EGBGB aF getroffene Rechtswahl zur Anwendung österreichischen Sachrechts (vgl. Art. 35 Abs. 1 EGBGB aF).
[32](aa) Für die Wirksamkeit der in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthaltenen Rechtswahlklausel ist gemäß Art. 27 Abs. 4 i.V.m. Art. 31 Abs. 1 EGBGB aF das Recht maßgebend, das nach der Klausel angewendet werden soll (BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 -
[33](bb) Ob der Tatbestand des Art. 31 Abs. 2 EGBGB aF erfüllt ist, kann dahin stehen. Art. 31 Abs. 2 EGBGB aF führt auch in Verbindung mit § 305c Abs. 1 BGB zu keinem anderen Ergebnis, denn die Wahl des österreichischen Rechts ist nicht überraschend im Sinne des § 305c Abs. 1 BGB, weil die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihren Sitz in Wien hatte (vgl. BGH, Urteil vom 25. Januar 2005 -
[34](cc) Die Rechtswahl ist schließlich auch nicht durch Art. 27 Abs. 3 EGBGB aF eingeschränkt (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 27. Mai 2021 -
[35](b) Das solchermaßen anwendbare Sachrecht gilt nicht nur für die Erfüllung vertraglich begründeter Verpflichtungen (Art. 32 Abs. 1 Nr. 2 EGBGB aF), sondern unter anderem auch für die Folgen der Nichterfüllung (Art. 32 Abs. 1 Nr. 3 EGBGB aF), mithin für Fragen des Schuldnerverzugs und die Bestimmung gesetzlicher Zinsen einschließlich Prozesszinsen (vgl. von Hoffmann, in: Soergel, BGB, Band 10: EGBGB, 12. Aufl., Art. 32 Rn. 36; OLG Zweibrücken, Urteil vom 20. Mai 2021 -
[36]bbb) Das Landgericht hat bei seiner Entscheidung mit Recht eine Hauptforderung (nebst Zinsen) jedenfalls in Höhe eines Betrages von insgesamt ... EUR angenommen und insoweit sein Versäumnisurteil aufrecht erhalten …
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