Rechtsgeschäfte zur privaten Geldanlage gelten - wie aus Art. 17 Abs. 1 EuGVVO ersichtlich - grundsätzlich nicht als (selbständige) berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gemäß den Vorschriften der EuGVVO.
Für das Merkmal des "Ausrichtens" im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend; es kommt nicht auf die Klageeinreichung an.
Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers ist auch unerheblich, ob dieser den Vertragspartner oder einen Rechtsnachfolger des Vertragspartners verklagt. [LS der Redaktion]
Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO in Verbindung mit § 313a ZPO verzichtet.
[1]II.
[2]Nachdem die Klägerin ihre Klageforderung in der Hauptsache in Höhe eines Teilbetrages von ... EUR mit Einwilligung der Beklagten zurückgenommen hat, ist die zulässige Berufung vollumfänglich begründet.
[3]A.
[4]Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- sowie fristgerecht eingelegt und begründet worden, §§ 517, 519, 520 ZPO.
[5]1.
[6]Soweit die Beklagte rügt, dass das Landgericht seine sachliche und örtliche Zuständigkeit zu Unrecht angenommen habe, steht dies nicht zur Überprüfung durch den Senat, § 513 Abs. 2 ZPO. Das Gleiche gilt für die Prüfung der funktionellen Zuständigkeit und der Zuständigkeitsverteilung zwischen Zivilkammer und Kammer für Handelssachen (vgl. Heßler, in: Zöller, ZPO, 33. Auflage, § 513 Rn. 7; Ball, in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Auflage, § 513 Rn. 7 mit weiteren Nachweisen).
[7]2.
[8]Anderes gilt indessen für die internationale Zuständigkeit. Diese regelt, ob eine Streitsache mit Auslandsbeziehung von deutschen oder ausländischen Gerichten entschieden werden soll. Sie ist in jedem Rechtszug auch ohne Rüge von Amts wegen zu prüfen (vgl. BGH, Urteil vom 28. November 2002, Az.:
[9]2.1.
[10]Die Zivilprozessordnung regelt die internationale Zuständigkeit nicht ausdrücklich und unmittelbar, sondern grundsätzlich mittelbar durch stillschweigende Verweisung auf die Vorschriften gemäß §§ 12 ff. ZPO über den Gerichtsstand: Soweit nach diesen Vorschriften ein deutsches Gericht örtlich zuständig ist, ist es nach deutschem Recht auch international zuständig (vgl. BGH, Urteil vom 29. Juni 2010, Az.:
[11]2.2.
[12]Nach diesen Maßstäben ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben (so auch OLG Celle, Beschluss vom 29. Januar 2021, Az.:
[13]a. Die internationale Zuständigkeit in Zivil- und Handelssachen richtet sich hier nach der EuGVVO. Die Vorschriften der EuGVVO gelten auch nach dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU für vor dem Ablauf der bis zum 31. Dezember 2020 andauernden Übergangszeit eingeleitete gerichtliche Verfahren, Art. 67 Abs. 1, Art. 126 BrexitAbk. Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich vom 24. Dezember 2020 hat für den vorliegenden Rechtsstreit aufgrund seiner vorherigen Einleitung unerheblich, da dieses Abkommen erst Wirkungen ab dem Austrittstag entfaltet.
[14]b. Nach Art. 4 Abs. 1 EuGVVO sind Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates haben, grundsätzlich vor den Gerichten dieses Staates zu verklagen. Abweichend von dieser Regel können Personen jedoch vor den Gerichten eines anderen Mitgliedstaates verklagt werden, wenn eine besondere Zuständigkeit nach der Verordnung gegeben ist, Art. 5 Abs. 1 EuGVVO. So liegen die Dinge hier.
[15]aa. Die im Vereinigten Königreich ansässige Beklagte kann vor einem deutschen Gericht verklagt werden, weil die internationale Zuständigkeit für Verbrauchersachen im Sinne von Art. 17, 18 EuGVVO begründet ist. Der Senat stimmt mit dem Landgericht darin überein, dass die Klägerin den Vertrag über die Genussrechtsbeteiligung als Verbraucher geschlossen hat. Auch die Beklagte behauptet nicht, dass der Erwerb der Genussrechte der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit der Klägerin diente.
[16](1) Soweit die Beklagte einwendet, dass Eigenkapitalgeber im Verhältnis zur Gesellschaft niemals als Verbraucher handelten, vermag der Senat dem nicht beizutreten. Rechtsgeschäfte zur privaten Geldanlage gelten - wie aus Art. 17 Abs. 1 EuGVVO ersichtlich - grundsätzlich nicht als (selbständige) berufliche oder gewerbliche Tätigkeit gemäß den Vorschriften der EuGVVO (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2013, Az.:
[17](2) Entgegen der von der Beklagten vertretenen Rechtsansicht erlangte die Klägerin auch nicht durch eine etwaige Umwandlung ihrer Genussrechte in B-Stammaktien Unternehmereigenschaft. Der Klägerin kann die Verbrauchereigenschaft nicht einseitig durch Dritte entzogen werden. Die Umwandlung erfolgte erst nach Vertragsschluss und ohne Zustimmung der Klägerin, also allein durch die Restrukturierung der Rechtsvorgängerin der Beklagten. Im Übrigen bleibt es auch gegenüber der Rechtsnachfolgerin bei dem Verbrauchergerichtsstand aus Art. 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO, da andernfalls eine Entziehung allein durch Fusion möglich wäre (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2017, Az.:
[18]bb. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten hatte ihre operative Tätigkeit auch auf Deutschland ausgerichtet. Hierzu hat die Klägerin vorgetragen, die Rechtsvorgängerin der Beklagten habe die in Rede stehende Kapitalanlage deutschlandweit vertrieben. Auf Grundlage dieses unwidersprochen gebliebenen Vortrages der Klägerin, den der Senat seiner Entscheidung gemäß § 138 ZPO mithin zugrunde zu legen hatte, ist das Merkmal des "Ausrichtens" im Sinne von Art. 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO als erfüllt anzusehen. Entscheidend ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses; es kommt nicht auf die Klageeinreichung an (vgl. Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO, 17. Auflage, EuGVVOnF Art. 17 Rn. 7). Für die Annahme der internationalen Zuständigkeit am Wohnsitz des Verbrauchers ist auch unerheblich, ob dieser den Vertragspartner oder einen Rechtsnachfolger des Vertragspartners verklagt. Dies gebietet der mit Art. 17 Abs. 1 lit. c) EuGVVO bezweckte Verbraucherschurz, denn andernfalls könnte sich der Vertragspartner des Verbrauchers durch Fusionen der Bindung des Verbrauchergerichtsstandes entziehen (vgl. BGH, Urteil vom 9. Februar 2017, Az.:
[19]c. Gegenteiliges ergibt sich auch nicht aus der in § 12 Abs. 2 Satz 2 der Genussrechtsbedingungen getroffenen Vereinbarung, der zufolge Gerichtsstand der Sitz der Gesellschaft ist. Es bedarf keiner Entscheidung durch den Senat, ob diese Vereinbarung in Ansehung der in Art. 25 Abs. 4 EuGVVO in Verbindung mit Art. 19 EuGVVO getroffenen Regelung wirksam ist. Die Klausel ist nach ihrem Wortlaut schon nicht als ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung formuliert; sie beschränkt nicht das Recht des Genussrechtsinhabers, Verfahren vor einem anderen zuständigen Gericht anstrengen. Nichts anderes ergibt sich aus der Zustimmungserklärung der Klägerin zur Neufassung der Genussrechtsbedingungen (Anlage K 4). Die dort in § 4 Nr. 2 getroffene Regelung beschränkt ausdrücklich nicht das Recht des Genussrechtsinhabers, Verfahren vor einem anderen Gericht anzustrengen.
[20]B.
[21]Das Rechtsmittel hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg.
[22]Das angefochtene Urteil beruht auf einer Rechtsverletzung im Sinne von § 546 ZPO durch das Landgericht und die zugrunde zu legenden Tatsachen rechtfertigen eine abweichende Entscheidung, § 513 Abs. 1 ZPO.
[23]1.
[24]Noch zutreffend ist das Landgericht gemäß Art. 6 Abs. 1 lit. b) Rom-I VO von der Anwendbarkeit deutschen Rechts ausgegangen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die landgerichtlichen Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesenen, denen auch die Beklagte nichts Substantielles entgegen zu setzen hat.
[25]2.
[26]Entgegen dem Landgericht steht der Klägerin gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch in Höhe der zuletzt geltend gemachten ... EUR zu.
[27]2.1 ...