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Verfahrensgang

LG Aachen, Urt. vom 25.03.2025 – 15 O 109/24, IPRspr 2025-127

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Versicherungs-, Verbraucher-, Arbeitsgerichtsstand
Zuständigkeit → Besonderer Deliktsgerichtsstand
Vertragliche Schuldverhältnisse → Verbraucherrecht
Außervertragliche Schuldverhältnisse → Unerlaubte Handlungen, Gefährdungshaftung

Leitsatz

Bietet ein im Ausland ansässiges Glücksspielunternehmen über eine Website virtuelle Glücksspiele an, so kann gem. Art. 1718 EuGVVO die Zuständigkeit eines deutschen Gerichts gegeben sein, wenn der Teilnehmer ein in Deutschland wohnender Verbraucher ist. Es findet gem. Art. 6 Rom I‑VO deutsches Recht Anwendung. Daneben kommt die Zuständigkeit des Deliktsgerichtsstandes nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO in Betracht [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

BGB § 242; BGB § 823
EuGVVO 1215/2012 Art. 7; EuGVVO 1215/2012 Art. 17; EuGVVO 1215/2012 Art. 18; EuGVVO 1215/2012 Art. 24; EuGVVO 1215/2012 Art. 26
EuGVÜ Art. 16
GlüStV § 4
Rom I-VO 593/2008 Art. 6; Rom I-VO 593/2008 Art. 12
Rom II-VO 864/2007 Art. 4
StGB § 15; StGB § 16; StGB § 284; StGB § 285
ZPO § 141

Sachverhalt

Die Beklagte ist ein Anbieter von Online-​Glücksspielen mit Sitz in C.. Die Beklagte betriebt u.a. die M. und E. unter der URL www.U. und www.X.. Die Internetseiten www.U. und www.X. wurden bis 14.10.2020 ausschließlich von der Beklagten betrieben. Alle streitgegenständlichen Spieleinsätze wurden vor diesem Zeitpunkt getätigt. Zudem sind Spiele bei E. ab dem 26.03.2014 streitgegenständlich. Ein monatliches Limit für die Höhe der Einsätze war bei der Beklagten nicht vorgesehen. Über eine Glücksspiellizenz in G. oder für H. verfügte die Beklagte im Zeitpunkt der streitgegenständlichen Spieleinsätze des Klägers nicht. Für die von der Beklagten unter den Marken U. und X. im Internet bis zum 14.10.2020 angebotenen Glücksspiele verfügte sie seit vielen Jahren, insbesondere auch im streitgegenständlichen Zeitraum, ununterbrochen über eine Glücksspielerlaubnis nach gibraltarischem Recht. Dies wurde auf der Homepage sowie in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Beklagten entsprechend dargestellt. Die Glücksspiele der Beklagten wurden im Einklang mit der C.Lizenz angeboten, was von der zuständigen Aufsichtsbehörde in C. fortlaufend überwacht wurde.

Der in 00000 B. wohnhafte Kläger unterhielt bei E. ein Spielerkonto, auf das er regelmäßig Einzahlungen tätigte und Online-​Casino-​Spiele bei E. spielte. Der Kläger zahlte in dem Zeitraum ab dem 26.03.2014 insgesamt ... [Euro] auf das Spielerkonto bei E. ein. Im Laufe der Spieltätigkeit wurden insgesamt ... Euro von diesem Spielerkonto an den Kläger ausgezahlt. Hiernach ergibt sich ein Verlust des Klägers aus Spielen bei E. in Höhe von ... Euro. Der Kläger unterhielt darüber hinaus bei L. seit 2015 ein Spielerkonto, auf das er regelmäßig Einzahlungen tätigte und Online-​Casino-​Spiele bei L. spielte. Der Kläger zahlte in dem Zeitraum ab dem 05.06.2015 insgesamt ... [Euro] auf das Spielerkonto bei L. ein. Im Laufe der Spieltätigkeit wurden insgesamt ... Euro von diesem Spielerkonto an den Kläger ausgezahlt. Hiernach ergibt sich ein Verlust des Klägers aus Spielen bei L. in Höhe von ... Euro.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn ... Euro nebst Zinsen zu zahlen und ihn von außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von ... Euro nebst Zinsen freizustellen.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]I.

[2]Die Klage ist zulässig (unten 1.) und hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg (unten 2.).

[3]1. Die Klage ist zulässig.

[4]a) Das Gericht ist international und örtlich zuständig.

[5]aa) Dies folgt zunächst aus Art. 18 Abs. 1 Alt. 2, 17 Abs. 1 c) der Verordnung Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12.12.2012 (Amtsbl. L 351 vom 20.12.2012, S. 1) über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Brüssel-Ia-VO; im Folgenden: EuGVVO).

[6]Danach kann der "Verbraucher" an seinem Wohnsitz einen Vertragspartner wegen Streitigkeiten "aus dem Vertrag" verklagen, wenn der Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Der Kläger ist als "Verbraucher" in diesem Sinne anzusehen. Der Verbraucherbegriff ist autonom auszulegen. Art. 17 Abs. 1 EuGVVO erfasst danach alle Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt und die nicht in Bezug zu einer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit stehen (BGH, Urt. v. 28.02.2012 - XI ZR 9/11 (IPRspr 2012-203), NJW 2012, 1817, 1819 Rn. 28 m.w.Nachw.). Alleine aus dem Umstand, dass ein Spieler täglich viele Stunden an einem Spiel teilnimmt und dabei erhebliche Gewinne erzielt, folgt nicht, dass damit der Verlust der Verbrauchereigenschaft einhergeht (so ausdrücklich EuGH, Urt. v. 10.12.2020 - C-774/19, ZfWG 2021, 184, 186 ff. Rn. 23 ff.).

[7]Der Annahme der Verbrauchereigenschaft steht auch nicht entgegen, dass das Spielen des Klägers nicht der Freizeitbeschäftigung gedient hat, sondern der Kläger das rechtsmissbräuchliche und treuwidrige Geschäftsmodell des "Spielens ohne Risiko" betreibt. In einem solchen Fall ist die Verbrauchereigenschaft zwar zu verneinen (vgl. zur Anwendbarkeit des § 242 BGB in einem solchen Fall LG F. I, Endurt. v. 13.04.2021 - 8 O 16058/20 (IPRspr 2021-214), BeckRS 2021, 11488 Rn. 36). Allerdings ist die Beklagte nach Auffassung des Gerichts insoweit darlegungs- und beweisbelastet, weil die Beklagte sich auf den Einwand des Rechtsmissbrauchs beruft (§ 242 BGB). Die Beklagte hat insoweit indes nichts vorgetragen. Insbesondere folgt alleine aus dem Vortrag der Beklagten dazu, dass der Kläger bereits bei Vornahme seiner Einsätze die Genehmigungsstatus des Online-Glücksspiels gekannt habe, nicht, dass der Kläger das Geschäftsmodell des "Spielens ohne Risiko" betrieben haben soll. Dies folgt auch nicht aus dem Inhalt der Anhörung des Klägers. Entsprechendes gilt, soweit die Beklagte sich (sinngemäß) darauf beruft, der Kläger handele treuwidrig ("nemo auditur propriam turpitudinem allegans"), weil er nach seinem eigenen Klagevortrag strafrechtlich relevant etwas Verbotenes getan habe, indem er an einem aus ihrer Sicht "unerlaubten" und damit illegalen Glücksspiel teilgenommen hat (§ 285 StGB). Denn der Kläger hat auch vorgetragen und dies im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nach § 141 ZPO auch plausibel und nachvollziehbar geschildert, dass ihm das in Rede stehende Verbot nicht bekannt gewesen sei, weshalb er sich nach seinem Vorbringen in Ermangelung eines entsprechenden Vorsatzes (vgl. § 15 StGB) gerade nicht nach § 285 StGB strafbar gemacht hat (s. zum Erfordernis eines zumindest bedingt vorsätzlichen Handelns des Spielteilnehmers MünchKomm-StGB/Hohmann/Schreiner, 4. Aufl. 2022, § 285 Rn. 13). Dass gleichwohl von einem strafbaren Verhalten des Klägers auszugehen ist, hat die Beklagte weder dargetan noch unter Beweis gestellt. Allein die Annahme, das Vorbringen des Klägers sei "lebensfremd" vermag die Annahme eines strafrechtlich relevanten Vorsatzes des Klägers nicht zu begründen. In diesem Zusammenhang schließt sich das Gericht den überzeugenden Ausführungen des Landgerichts Köln an, wonach davon auszugehen ist, dass die Beklagte ihren Geschäftsbetrieb gezielt (auch) auf den deutschen Markt ausgerichtet hat, indem die Internetseite auf Deutsch verfügbar ist, die Vertragssprache Deutsch ist und die AGB auf Deutsch sind (vgl. LG Köln, Urt. v. 16.03.2022 - 16 O 558/20 (IPRspr 2022-35), BeckRS 2022, 10177 Rn. 50). Soweit der Kläger im Rahmen seiner persönlichen Anhörung angegeben hat, er habe Fernsehwerbung von E. gesehen und auch den Hinweis gehört, dass sich das Angebot nur an Personen mit Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein richte, folgt hieraus nichts Abweichendes. Der Kläger hat nämlich auch angegeben, dies zwar gehört, aber so nicht verstanden zu haben. Der Kläger hat hieraus also gerade nicht den Schluss gezogen, dass es sich um ein im Übrigen verbotenes Glücksspiel handelt. In diesem Zusammenhang muss sich die Beklagte zudem fragen lassen, weshalb sie die Werbung bundesweit geschaltet hat, wenn sie davon ausgegangen ist, dass potentielle Spieler die Beschränkung auf Personen mit Aufenthaltsort in Schleswig-Holstein ernst nehmen. Auch soweit der Kläger angegeben hat, bei seiner Registrierung bei E. die AGB "wahrscheinlich" bestätigt und auf der Homepage von E. einen Hinweis gelesen zu haben, dass die Beklagte ihren Sitz in C. hat, folgt hieraus nicht, dass dem Kläger die Verbotswidrigkeit des Online-Glücksspiels positiv bekannt gewesen ist und er demnach mit dem erforderlichen Vorsatz gehandelt hat (vgl. auch OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 - 5 U 107/24 (IPRspr 2025-30), juris Rn. 109 f.). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Beklagte unstreitig für die von ihr unter den Marken U. und X. im Internet bis zum 14.10.2020 angebotenen Glücksspiele seit vielen Jahren, insbesondere auch im streitgegenständlichen Zeitraum, ununterbrochen über eine Glücksspielerlaubnis nach C. Recht verfügte. Allein aus dem Umstand, dass dem Beklagten bekannt war, wo die Beklagte ihren Sitz hat, folgt daher ersichtlich nicht, dass dem Kläger die Verbotswidrigkeit des Online-Glücksspiels bekannt gewesen ist. Letztlich wäre es an der Beklagten gewesen, ihre Kunden transparent auf die Rechtslage und eine (mögliche) Verbotswidrigkeit hinzuweisen. Jedenfalls kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Kläger die Verbotswidrigkeit der von ihm getätigten Online-Glücksspiele positiv bekannt gewesen ist und er daher mit dem notwendigen Vorsatz gehandelt hat (vgl. §§ 15, 16 Abs. 1 Satz 1 StGB). Auch können die Angaben des Klägers im Rahmen seiner persönlichen Anhörung entgegen der Auffassung der Beklagten im Hinblick auf die vorstehenden Ausführungen nicht als "lebensfremd" bewertet werden. Die Beklagte hat jedenfalls keinen Beweis für ein vorsätzliches Handeln des Klägers angeboten.

[8]Auch die weiteren Tatbestandsvoraussetzungen des Art. 17 Abs. 1 c) EuGVVO liegen vor. Die Beklagte als Vertragspartner hat ihr gewerbliches Angebot der Veranstaltung von Glücksspielen auf G., wo der Kläger seinen Wohnsitz hat, ausgerichtet, indem sie ihre Dienste über ihre deutschsprachigen Internetdomains, nämlich www.U. und www.X., Kunden in G. angeboten hat. Einigkeit besteht darüber, dass das autonom auszulegende Tatbestandsmerkmal des "Ausrichtens" jedenfalls erfüllt ist, wenn dem Vertragsschluss im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung des Vertragspartners vorausgegangen ist. Mit dem Anbieten der Dienste in deutscher Sprache kommt zum Ausdruck, dass eine Werbung um Kunden in G. und auch ein Angebot der Dienste insbesondere in G., dem Wohnsitzstaat des Klägers, durch die Beklagte beabsichtigt und angestrebt war (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 - 19 U 92/23 (IPRspr 2023-133), juris Rn. 4). Das "Ausrichten" der Tätigkeit i.S. des Art. 17 Abs. 1 c) EuGVVO ist vorliegend auch ausreichend. Auf den Ort des Vertragsschlusses oder der hierfür erforderlichen Rechtshandlungen kommt es nicht an. Wo die Handlungen, die zum Vertragsschuss geführt haben, vorgenommen worden sind, ist im Übrigen bei einem Vertragsschluss im Internet selten feststellbar. Der Schaden ist dort eingetreten, wo der Kläger seinen regelmäßigen Wohnsitz hat. Anders als im Rahmen des Art. 7 Nr. 2 EuGVVO, auf den im Folgenden noch gesondert einzugehen sein wird, eröffnet bei Art. 17 EuGVVO auch der Schadensort für deliktische Ansprüche eine internationale Zuständigkeit, es ist nicht allein auf den Erfolgsort abzustellen (vgl. hierzu LG Meiningen, Versäumnisurt. v. 26.01.2021 - 2 O 616/20 (IPRspr 2021-225), BeckRS 2021, 26548 Rn. 12 m.w.Nachw.).

[9]Schließlich gilt Art. 17 Abs. 1 EuGVVO auch für Bereicherungsansprüche als Folge der Rückabwicklung des Vertrages (vgl. BGH, Beschl. v. 25.07.2024 - I ZR 90/23 (IPRspr 2024-281), NJW 2024, 2606, juris Rn. 7; OLG Köln, Beschl. v. 30.11.2023 - 19 U 92/23 (IPRspr 2023-133), juris Rn. 4; LG f. II, Endurt. v. 17.01.2024 - 9 O 1243/23 (IPRspr 2024-128), BeckRS 2024, 1516 Rn. 24; LG Waldshut-Tiengen, Urt. v. 21.09.2021 - 2 O 296/20, BeckRS 2021, 26917; Rn. 16; MünchKomm-ZPO/Gottwald, Art. 17 EuGVVO Rn. 5; Zöller/Geimer, ZPO, 35. Aufl. 2024, Art. 17 EuGVVO Rn. 17; Hk-ZPO/Dörner, 10. Aufl. 2023, Art. 17 EuGVVO Rn. 6). Aus der Entscheidung des EuGH vom 13.10.2005 (vgl. EuGH, Urt. v. 13.10.2005 - C-74/04, RIW 2006, 58 ff.) folgt nichts Abweichendes, weil die vorgenannte Entscheidung die Auslegung des Art. 16 Nr. 1 a) des Übereinkommens vom 27.09.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen betrifft, der nicht Art. 18 EuGVVO entspricht, sondern Art. 24 Nr. 1 EuGVVO, dessen Anwendung vorliegend indes nicht in Rede steht.

[10]Die Beklagte hat sich im Übrigen rügelos i.S. des [Art. 26] Abs. 1 Satz 1 EuGVVO eingelassen (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 - 5 U 107/24 (IPRspr 2025-30), juris Rn. 24).

[11]bb) Darüber hinaus folgt die internationale Zuständigkeit des Gerichts aus Art. 7 Nr. 2 EuGVVO. Danach kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, in einem anderen Mitgliedstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden, vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Insoweit folgt die internationale Zuständigkeit des angerufenen Gerichts aus dem Umstand, dass der Kläger seinen Anspruch auch auf § 823 Abs. 2 BGB i.V. mit §§ 4 Abs. 1, Abs. 4 GlüStV 2021, § 284 Abs. 1 StGB stützt. Das schädigende Ereignis auf Grund dieser Anspruchsgrundlagen waren die Zahlungen des Klägers an die Beklagte. Die Zahlungen gab der Kläger bei sich in Auftrag. Nach Art. 7 Nr. 2 EuGVVO besteht ein Gerichtsstand sowohl am - nach der EuGVVO autonom zu bestimmenden - Handlungs- als auch am Erfolgsort (vgl. EuGH, Urt. v. 28.01.2015 - C-375/13, NJW 2015, 1581, 1583 Rn. 45). In der vorgenannten Entscheidung hat der EuGH zudem ausgeführt, dass zwar bei einem Vermögensschaden nicht grundsätzlich der Wohnort des Geschädigten als Erfolgsort angenommen werden kann (EuGH, Urt. v. 28.01.2015 - C-375/13, NJW 2015, 1581, 1583 Rn. 49). Eine Zuständigkeit am Wohnort besteht aber, wenn dieser "tatsächlich der Ort des ursächlichen Geschehens oder der Verwirklichung des Schadenserfolgs" ist (EuGH, Urt. v. 28.01.2015 - C-375/13, NJW 2015, 1581, 1583 Rn. 50). Das ist vorliegend indes der Fall. Der Geldabfluss, und damit der Schaden, hat sich unmittelbar in G. verwirklicht (vgl. LG Meiningen, Versäumnisurt. v. 26.01.2021 - 2 O 616/20 (IPRspr 2021-225), BeckRS 2021, 26548 Rn. 13).

[12]b) ... c) ... 2. Die Klage hat in der Sache ganz überwiegend Erfolg. Der Kläger kann von der Beklagten Zahlung in Höhe der im streitgegenständlichen Zeitraum aufgelaufenen Verluste, also in Höhe von insgesamt ... Euro, nebst Zinsen sowie die Freistellung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten verlangen. Die weitergehende Klage ist dagegen unbegründet und abzuweisen.

[13]Im Einzelnen:

[14]a) Das Gericht geht zunächst davon aus, dass auf den vorliegenden Rechtsstreit deutsches Recht anwendbar ist. Dies folgt, soweit es um Ansprüche aus ungerechtfertigter Bereicherung geht, aus Art. 12 Abs. 1 e) Rom-​I-VO. Danach ist für die Folgen der Nichtigkeit eines Vertrages, insbesondere die Rückgewähr der erbrachten Leistungen, das Vertragsstatut maßgebend. Nach Art. 6 Abs. 1 b) Rom-​I-VO unterliegt ein Verbrauchervertrag dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Dies ist vorliegend nach dem oben zu Art. 18 EuGVVO Gesagten der Fall (s. zum Ganzen überzeugend BGH, Beschl. v. 25.07.2024 - I ZR 90/23 (IPRspr 2024-281), NJW 2024, 2606, juris Rn. 8; OLG Hamm, Beschl. v. 12.11.2021 - 12 W 13/21, BeckRS 2021, 37639 Rn. 13; OLG Frankfurt a.M., Beschl.v. 8.4.2022 - 23 U 55/21 (IPRspr 2022-195), BeckRS 2022, 12872 Rn. 43; OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 - 5 U 107/24 (IPRspr 2025-30), juris Rn. 31; Segna, WM 2022, 1909, 1910). Zu einer - unter Berücksichtigung des Art. 6 Abs. 2 Satz 2 Rom-​I-VO wirksamen (vgl. hierzu etwa OLG Karlsruhe, Urt. v. 06.04.2023 - 14 U 256/21 (IPRspr 2023-11), ZfWG 2023, 444, juris Rn. 43 ff.) - abweichenden Rechtswahl hat die Beklagte nichts vorgetragen.

[15]Bezogen auf die von dem Kläger ebenfalls geltend gemachten deliktsrechtlichen Ansprüche folgt die Anwendbarkeit deutschen Rechts aus dem in Folge des Geldabflusses in G. belegenen Schadensort einschlägigen Art. 4 Abs. 1 Rom-​II-​VO (vgl. OLG Stuttgart, Urt. v. 17.01.2025 - 5 U 107/24 (IPRspr 2025-30), juris Rn. 32; LG Meiningen, Versäumnisurt. v. 26.01.2021 - 2 O 616/20 (IPRspr 2021-225), BeckRS 2021, 26548 Rn. 16; Segna, WM 2022, 1909, 1910 f.).

[16]b) ...



Fundstellen

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Link, juris.de

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