Zum Verbrauchergerichtsstand nach Art. 15 I lit. c EuGVO.
Der Kl., der seinen Wohnsitz im Bezirk des LG Stade hat, nimmt die beklagte Bank auf Schadensersatz wegen behaupteter Pflichtverletzungen im Zusammenhang mit der Veruntreuung von Anlagegeldern durch einen ihrer Kunden in Anspruch. Auf Empfehlung seines Anlageberaters W. beabsichtigte der Kl., sich an Zinsdifferenzgeschäften zu beteiligen. Hierbei sollte er den jeweiligen Geldbetrag auf ein Konto überweisen, das die Bekl. bei der P. München unterhielt. Als Empfängerin sollte die Bekl. und als Verwendungszweck „zur Gutschrift auf Konto ...“ angegeben werden. Unter jener Kontonummer unterhielt die B. Ltd. (nachfolgend: B.) ein Konto bei der Filiale der Bekl. in R. (Österreich). Der Kl. überwies entspr. der Anweisung seines Beraters verschiedene Geldbeträge von seinem bei der Kreissparkasse We. geführten Konto auf das Konto der Bekl. bei der P. München. Die Bekl. transferierte die auf ihrem Konto eingegangenen Gelder des Kl. jeweils weisungsgemäß auf das bei ihr in Österreich geführte Konto der B. weiter.
Der Kl. verlangt mit der Klage von der Bekl. – gestützt auf eine Verletzung vertraglicher Hinweispflichten – Zahlung seines Geldschadens nebst Zinsen. Das LG München I hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Auf die Berufung des Kl. hat das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und den Rechtsstreit auf Antrag des Kl. an das LG Stade verwiesen. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Bekl. ihren Antrag auf Zurückweisung der Berufung weiter.
[1]II. Das Berufungsurteil hält revisionsrechtlicher Prüfung stand, sodass die Revision zurückzuweisen ist.
[2]Entgegen der Auffassung der Revision hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei die – auch in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende (Senatsurteile vom 1.3.2011 – XI ZR 48/10 (IPRspr 2011-188), BGHZ 188, 373 Rz. 9 und vom 9.3.2010 – XI ZR 93/09 (IPRspr 2010-49b), BGHZ 184, 365 Rz. 17 m.w.N.) – internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht und den Rechtsstreit an das insoweit auch örtlich ausschließlich zuständige LG Stade verwiesen.
[3]1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich die internationale Zuständigkeit hier nach der EuGVO richtet, da die Klage nach deren Inkrafttreten am 1.3.2002 erhoben worden (Art. 76, 66 EuGVO) und der sachliche und räumliche Geltungsbereich der Verordnung (Art. 1 I und III EuGVO) im Verhältnis der Bundesrepublik Deutschland zur Republik Österreich als Mitgliedstaaten eröffnet ist.
[4]2. Rechtsfehlerfrei ist das Berufungsgericht auch zu dem Ergebnis gelangt, das LG Stade als das Wohnsitzgericht des Kl. sei nach den für Verbrauchersachen geltenden Regelungen der Art. 15 I lit. c, 16 I Alt. 2 EuGVO, die einem aus Art. 5 Nr. 1 EuGVO begründeten Gerichtsstand vorgehen (EuGH, Urt. vom 11.7.2002 – Gabriel, Rs C-96/00, Slg. 2002, I-06367 Rz. 36 i.V.m. Urt. vom 14.5.2009 – Ilsinger: Renate Ilsinger ./. Martin Dreschers, Rs C-180/06, Slg. 2009, I-03961 Rz. 41; BGH, Urt. vom 1.12.2005 – III ZR 191/03 (IPRspr 2005-126), BGHZ 165, 172, 176; Senatsurteil vom 1.3.2011 aaO Rz. 29), das international und örtlich zuständige Gericht.
[5]a) Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen auch bei Berücksichtigung der wegen des Ausnahmecharakters der Art. 15, 16 EuGVO gebotenen strikten Auslegung (vgl. Senatsurteil vom 12.6.2007 – XI ZR 290/06 (IPRspr. 2007 Nr. 128), ZIP 2007, 1676 Rz. 18 m.w.N.; BGH, Beschl. vom 17.9.2008 – III ZR 71/08 (IPRspr. 2008 Nr. 118), NJW 2009, 298 Rz. 11) die Annahme, dass ein Verbrauchergerichtsstand im Sinne von Art. 15 I lit. c EuGVO begründet ist. Insbesondere macht der Kl. nach dem für die Revision zugrunde zu legenden Sachverhalt einen Anspruch ‚aus einem Vertrag’ im Sinne von Art. 15 I EuGVO geltend.
[6]aa) Der Revision ist noch darin zuzustimmen, dass sich die Frage, welche Anforderungen an den klägerischen Vortrag zur Darlegung der internationalen Zuständigkeit zu stellen sind, nicht nach der – insoweit keine Regelungen enthaltenden (vgl. zu Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ: EuGH, Urt. vom 7.3.1995 – Shevill u.a.: Fiona Shevill, Ixora Trading Inc., Chequepoint SARL und Chequepoint International Ltd ./. Presse Alliance SA, Rs C-68/93, Slg. 1995, I-415 Rz. 37 ff.) – EuGVO, sondern nach deutschem internationalen Zivilprozessrecht richtet, wonach die schlüssige Behauptung aller erforderlichen Tatsachen ausreicht (zu Art. 5 Nr. 3 EuGVO: Senatsurteil vom 13.7.2010 – XI ZR 57/08, ZIP 2010, 2004 Rz. 19; zu Art. 5 Nr. 1 EuGVO: BGH, Urt. vom 22.4.2009 – VIII ZR 156/07 (IPRspr 2009-174), NJW 2009, 2606 Rz. 13; zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ: BGH, Urt. vom 6.11.2007 – VI ZR 34/07 (IPRspr 2007-153), WM 2008, 479 Rz. 14).
[7]bb) Entgegen der Ansicht der Revision hat der Kl. seiner diesbezüglichen Darlegungslast genügt. Die Ausführungen der Revision, mit denen diese geltend macht, der Kl. habe einen Vertragsschluss nach deutschem materiellem Recht nicht schlüssig dargelegt, sind im Rahmen der hier allein in Rede stehenden Prüfung der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte unbehelflich. Anders als die Revision meint, ist der Sachvortrag zum Vorliegen eines materiell-rechtlichen Vertrags nämlich nicht zunächst am Maßstab des nach der lex causae zu bestimmenden und damit hier gemäß Art. 29 I Nr. 1 EGBGB a.F. anwendbaren deutschen Rechts zu prüfen und erst dann unter den Verbrauchergerichtsstand des Art. 15 I EuGVO zu subsumieren. Nach st. Rspr. des EuGH (zu Art. 13 EuGVÜ: Gabriel aaO Rz. 37 und Urt. vom 20.1.2995 – Engler: Petra Engler gegen Janus Versand GmbH, Rs C-27/02, Slg. 2005 I-00481, NJW 2005, 811 Rz. 33; zur Übertragbarkeit auf Art. 15 EuGVO: Ilsinger aaO) und des BGH (Urteile vom 1.12.2005 aaO und vom 22.4.2009 aaO Rz. 13) ist der Begriff ‚Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag’ vielmehr autonom, d.h. unabhängig vom jeweiligen nationalen Rechtsverständnis auszulegen, um die einheitliche Anwendung des Übereinkommens in allen Vertragsstaaten zu gewährleisten (BGH, Urt. vom 22.4.2009 aaO m.w.N.). Hierbei sind in erster Linie die Systematik und die Zielsetzungen des Übereinkommens zu berücksichtigen, damit dessen volle Wirksamkeit in allen Mitgliedstaaten sichergestellt wird (EuGH, Engler aaO Rz. 33). Selbst wenn dies angesichts des eigenständigen und weiten Vertragsbegriffs der Verordnung im Einzelfall dazu führen kann, dass deutsche Gerichte im Vertrags-/Verbrauchergerichtsstand über Klagen entscheiden, denen nach dem konkret anwendbaren materiellen deutschen Recht kein Vertrag zugrunde liegt, ist dies im Interesse einer einheitlichen Anwendung der EuGVO hinzunehmen (vgl. z.B. Staudinger-Hausmann, BGB [Bearb. 2002], Anh. II zu Art. 27-37 EGBGB Rz. 48; Geimer-Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rz. 17b; Rauscher-Leible, Europäisches Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Art. 5 Brüssel I-VO Rz. 13, 15). Eine primäre Anknüpfung über die lex causae, wie sie die Revision zugrunde legt, ist daher ausgeschlossen (so auch die h.M. in der Lit., siehe etwa: MünchKommZPO-Gottwald, 3. Aufl., Art. 5 EuGVO Rz. 4; Musielak-Stadler, ZPO, 8. Aufl., Art. 5 EuGVVO Rz. 2, Art. 15 EuGVVO Rz. 1; Saenger-Dörner, ZPO, 4. Aufl., Vorb. EuGVVO Rz. 14; Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht, 5. Aufl., Rz. 291; Staudinger-Hausmann aaO; Kropholler-v. Hein, Europäisches Zivilprozessrecht, 9. Aufl., Art. 15 EuGVO Rz. 20; Geimer-Schütze aaO Rz. 17 ff.; Rauscher-Leible aaO Rz. 12 ff.).
[8]cc) Es reicht vielmehr aus, wenn der Kläger vertragliche Ansprüche im Sinne des Art. 15 I EuGVO schlüssig behauptet (vgl. BGH, Urt. vom 22.4.2009 aaO). Das ist nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts der Fall. Wie das Berufungsgericht zutreffend angenommen hat, ist bei autonomer Auslegung des Vertragsbegriffs im Sinne des Art. 15 I EuGVO für die Begründung des Verbrauchergerichtsstands im Sinne der EuGVO nicht die Geltendmachung eines vertraglichen Anspruchs im engeren Sinn erforderlich (so zu Art. 13 I LugÜ I: BGH, Urt. vom 31.5.2011 – VI ZR 154/10 (IPRspr 2011-183b), WM 2011, 1324 Rz. 32). Vielmehr liegen bei autonomer Auslegung – wie der EuGH im Rahmen der Auslegung des Vertragsbegriffs in Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ und in Art. 5 Nr. 1 EuGVO ausgeführt hat – vertragliche Ansprüche (jedenfalls) dann vor, wenn eine Partei gegenüber einer anderen freiwillig eine Verpflichtung eingegangen ist (EuGH, Urt. vom 27.10.1998 – Réunion européenne u.a.: Réunion européenne SA u.a. ./. Spliethoff's Bevrachtingskantoor BV und Kapitän des Schiffs ‚Alblasgracht V002’, Rs C-51/97, Slg. 1998, I-06511 Rz. 15, 17; Engler aaO Rz. 51; vgl. auch BGH, Urt. vom 22.4.2009 aaO). Der Anwendungsbereich des Art. 15 I lit. c EuGVO ist in diesem Sinne eröffnet, wenn eine Partei ein verbindliches Angebot macht, das hins. seines Gegenstands und seines Umfangs so klar und präzise ist, dass eine Vertragsbeziehung, wie sie die Norm voraussetzt, entstehen kann (EuGH, Ilsinger aaO Rz. 54). Die Partei muss nur ihren Willen zum Ausdruck gebracht haben, im Fall einer Annahme durch die andere Partei an ihre Verbindlichkeit gebunden zu sein (EuGH, Ilsinger aaO Rz. 55). Ausreichend ist hierbei eine – aus der maßgeblichen Empfängersicht (vgl. EuGH, Ilsinger aaO Rz. 60; Kropholler-v. Hein aaO) – einseitige Verpflichtung des Gewerbetreibenden, eine wie auch immer geartete rechtliche Verpflichtung des Verbrauchers ist hingegen nicht notwendig (EuGH, Ilsinger aaO Rz. 54; so auch Musielak-Stadler aaO Art. 15 EuGVVO Rz. 2; Saenger-Dörner aaO EuGVVO Art. 5 Rz. 9, Art. 15 Rz. 6; Staudinger-Magnus aaO [Bearb. 2011] Art. 6 Rom I-VO Rz. 63; Bach, IHR 2010, 17, 19, 22). Ob diese Voraussetzungen im Einzelfall erfüllt sind, ist nach der Rspr. des EuGH vom nationalen Gericht zu beurteilen (EuGH, Ilsinger aaO Rz. 55); es ist – wovon das Berufungsgericht zutreffend ausgeht – eine Frage der Würdigung des konkreten Einzelfalls, die jeweils dem Tatrichter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz grunds. nur beschränkt überprüft werden kann. Zu prüfen ist nur, ob die tatrichterliche Würdigung vertretbar ist, nicht gegen die Denkgesetze verstößt und nicht auf verfahrenswidriger Tatsachenfeststellung beruht (vgl. Senatsurteil vom 27.5.2008 – XI ZR 132/07, WM 2008, 1260 Rz. 21 m.w.N.).
[9]dd) Das Berufungsgericht ist unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, die Bekl. habe freiwillig eine Verpflichtung im Sinne von Art. 15 I EuGVO übernommen.
[10]Nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Bekl. das Nostro-Konto bei der P. München zu dem Zweck eingerichtet, Einzahlern in der Bundesrepublik Deutschland die Möglichkeit zu geben, durch Einzahlung/Überweisung auf dieses Konto spesenfrei einen Geldtransfer nach Österreich auf Konten von Kunden der Bekl. zu veranlassen. Hierbei billigte sie, dass ihre Kunden bzw. von diesen eingeschaltete Personen die Information über die Existenz dieses Kontos und die dadurch ermöglichte kostenfreie Zahlungsabwicklung nach Österreich an potentielle Einzahler/Überweisende – wie den Kl., der von diesem Angebot durch das Schreiben seines Anlageberaters Kenntnis erlangte – weitergaben. Der vorgefassten Absicht entspr. leitete die Bekl. dann auch die vom Kl. auf dieses Nostro-Konto überwiesenen Beträge auf das im Betreff ‚Verwendungszweck’ angegebene und bei der Bekl. in ihrer Filiale in R. geführte Konto der B. weiter. Bei dieser Sachlage ist gegen die Würdigung des Berufungsgerichts, die Bekl. sei nicht als (ausländische) Empfängerbank, bei der der letzte Empfänger ein Bankkonto unterhielt, in den Überweisungsverkehr eingeschaltet gewesen, sondern sie habe mit der Einrichtung und Unterhaltung des Nostro-Kontos zu dem vorgenannten Zweck ein Angebot an mögliche Einzahler in der Bundesrepublik Deutschland gemacht, die auf diesem Konto eingehenden Beträge auf die bei ihr in Österreich für diverse Kunden geführten Konten weiterzuleiten, aus Rechtsgründen nichts zu erinnern.
[11]Mit ihrem hiergegen gerichteten Einwand, in der Errichtung des Nostro-Kontos habe entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts kein solches Angebot an Einzahler in Deutschland gelegen, da die Bekl. die Möglichkeit des spesenfreien Geldtransfers im Interesse ihrer Kunden in Österreich geschaffen habe, kann die Revision schon deshalb nicht durchdringen, weil sie hiermit keinen revisionsrechtlich beachtlichen Fehler des Berufungsgerichts aufzeigt, sondern lediglich eine abweichende Sachverhaltswürdigung dartut, die zudem im Widerspruch zu dem eigenen Instanzvortrag der Bekl. steht. Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, hat die Bekl. das Konto bei der P. nach ihrem eigenen Vortrag nicht etwa errichtet, um hierdurch ein Konto zur Überweisung speziell an einen ihrer Kunden zu ermöglichen; vielmehr stand das Konto nach dem eigenen Vortrag der Bekl. jedem Einzahler zur Verfügung, der Geld von Deutschland aus auf ein bei der Bekl. geführtes Konto in Österreich einzahlen oder überweisen wollte und diente einzig und allein dem Zweck, Auslandsüberweisungen aus Deutschland einfacher und billiger zu gestalten. Angesichts dieses von der Bekl. selbst hervorgehobenen – auf die interessierten Einzahler in der Bundesrepublik Deutschland gerichteten – Zwecks, hält sich die Sachverhaltswürdigung des Berufungsgerichts, die Bekl. habe diesen ein Angebot unterbreitet, im tatrichterlichen Spielraum und muss von der Revision daher hingenommen werden.
[12]Auch die weitere Annahme des Berufungsgerichts, die Bekl. müsse sich die Verbreitung dieses Angebots u.a. durch den Anlageberater des Kl. zurechnen lassen, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der hiergegen vorgebrachte Einwand der Revision, das Berufungsgericht nehme zu Unrecht an, dass die Bekl. den Anlageberater als Boten eingeschaltet habe, ist schon deshalb unbehelflich, weil die Verbreitung des Angebots u.a. durch den Anlageberater des Kl. nach den unangegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts mit Wissen und Wollen der Bekl. erfolgte; damit ist es ihr auch zuzurechnen (vgl. auch OLG Hamburg, RIW 2004, 709, 710 (IPRspr 2004-114); OLG Dresden, WM 2006, 806, 807 f. (IPRspr 2004-131); OGH Österreich, ZIP 2010, 1154, 1155 f.; Staudinger-Magnus aaO Rz. 119; Rauscher-Staudinger aaO Art. 15 Brüssel I-VO Rz. 13; Mankowski, IPRax 2009, 238, 243).
[13]Das Angebot hat der Kl. mit der den Vorgaben der Bekl. entspr. Angabe des ausländischen Zielkontos im Verwendungszweck angenommen; spätestens hiermit ist eine konkrete und rechtlich bindende Verpflichtung der Bekl. zur Ausführung dieser Anweisung im Sinne von Art. 15 I EuGVO entstanden.
[14]b) Rechtsfehlerfrei hat das Berufungsgericht auch den von Art. 15 I lit. c EuGVO geforderten räumlichen Bezug des Vertrags zum Wohnsitzstaat des Verbrauchers bejaht. Dabei kann dahinstehen, ob die Bekl. mit dem Vorhalten des Nostro-Kontos bei der P. – wie das Berufungsgericht angenommen hat – eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in der Bundesrepublik Deutschland ausgeübt hat. Jedenfalls war nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts die berufliche Tätigkeit der Bekl. insoweit auf die Bundesrepublik Deutschland – was ausreichend ist – ‚ausgerichtet’.
[15]aa) Art. 15 I lit. c EuGVO erweitert gegenüber der Vorgängervorschrift des Art. 13 EuGVÜ den Anwendungsbereich für Verbraucherklagen auf Fälle, in denen der Vertragspartner seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers lediglich ausgerichtet hat. Veranlasst worden ist diese Erweiterung durch den Wunsch, auch Verträge zu erfassen, die über eine vom Unternehmer unterhaltene aktive Internetseite abgeschlossen werden, beschränkt sich jedoch nicht auf solche Vorgänge (BGH, Urt. vom 30.3.2006 – VII ZR 249/04 (IPRspr 2006-114), BGHZ 167, 83 Rz. 28 m.w.N.). Nach der Rspr. des EuGH, nach welcher auch der Begriff des ‚Ausrichtens’ autonom ausgelegt werden muss (Urt. vom 7.12.2010, Rs. C-585/08 u. C-144/09, Slg. 2010, I-12527, NJW 2011, 505 ff. Rz. 55), umfasst Art. 15 I lit. c EuGVO gegenüber der Vorgängerregelung des Art. 13 I Nr. 3 EuGVÜ, die noch ein ‚ausdrückliches Angebot’ und ‚Werbung’ des Gewerbetreibenden vorausgesetzt hatte, im Interesse der Stärkung des Verbraucherschutzes ein breiteres Spektrum an Tätigkeiten (aaO Rz. 61 f.). Voraussetzung ist jeweils, dass der Gewerbetreibende seinen Willen zum Ausdruck gebracht hat, Geschäftsbeziehungen zu Verbrauchern (auch) im Wohnsitzmitgliedstaat des Verbrauchers herzustellen (aaO Rz. 75), also zum Vertragsschluss mit diesen bereit zu sein (aaO Rz. 76; ebenso die h.M. in der Lit.: vgl. etwa Musielak-Stadler aaO Rz. 8; Baumbach-Lauterbach-Albers-Hartmann, ZPO, 69. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rz. 5; Thomas-Putzo-Hüßtege, ZPO, 32. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rz. 8; Staudinger-Magnus aaO Rz. 112 ff.; Czernich-Tiefenthaler-Kodek, Europäisches Gerichtsstands- und Vollstreckungsrecht, 3. Aufl., Art. 15 EuGVVO Rz. 24; Mankowski aaO 239).
[16]bb) Einen solchen Fall hat das Berufungsgericht bejaht, ohne dass ihm hierbei revisionsrechtlich beachtliche Fehler unterlaufen wären. Nach den – wie o.a. – rechtsfehlerfreien Feststellungen des Berufungsgerichts hat die Bekl. ihr Nostro-Konto in der Bundesrepublik Deutschland zu dem Zweck vorgehalten, hier ansässigen Einzahlern/Überweisern die Möglichkeit des kostenfreien Geldtransfers an Kunden der Bekl. in Österreich zu geben. Sie hat damit nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt in der Bundesrepublik Deutschland lebenden Einzahlern den kostengünstigen Geldtransfer nach Österreich erleichtern wollen und damit ihre Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Kl. ausgerichtet.
[17]Der Einwand der Revision, bei dem Unterhalten des Nostro-Kontos handele es sich, da das Berufungsgericht eine Werbung um Kunden verneint habe, jedenfalls nicht um eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit der Bekl., geht schon deshalb fehl, weil die Entgegennahme und Weiterleitung von Geldern von eigenen und für eigene Kunden zum Kernbereich ihrer Tätigkeit als Bank gehört. Auch wenn die deutschen Einzahler/Überweiser nicht in eine Kundenbeziehung zur Bekl. eintreten, verfolgt diese mit der – eine kostspielige Auslandsüberweisung überflüssig machenden und daher ihren Kunden in Österreich entgegenkommenden – Einrichtung des Kontos in der Bundesrepublik Deutschland auch hier gewichtige geschäftliche Interessen. Die Revision berücksichtigt mit ihrer gegenteiligen Ansicht nicht, dass sich die Tätigkeit der Bekl. nicht allein auf das Unterhalten des Nostro-Kontos beschränkt, sondern dass dieses Konto nach den aus Rechtsgründen nicht zu beanstandenden Feststellungen des Berufungsgerichts gerade für interessierte Einzahler im deutschen Mitgliedstaat zur Einzahlung/Überweisung zur Verfügung gestellt wird, um diesen eine Möglichkeit zur spesenfreien Überweisung auf in Österreich befindliche Konten anzubieten.
[18]cc) Wie das Berufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, steht dieses Ergebnis auch im Einklang mit dem im Erwgr. 11 der EuGVO zum Ausdruck gebrachten Ziel der Verordnung, nach welchem der Gerichtsstand in hohem Maß vorhersehbar sein muss (vgl. EuGH, Urt. vom 12.5.2011 – Berliner Verkehrsbetriebe: Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), Anstalt des öffentlichen Rechts ./. JPMorgan Chase Bank NA, Frankfurt Branch, Rs C-144/10, Slg. 2011, 00000, ZIP 2011, 1071 Rz. 33). Zu Recht – und von der Revision nicht beanstandet – hebt das Berufungsgericht hervor, dass die Bekl., die an Verbraucher im deutschen Mitgliedstaat mit ihrem Angebot für einen kostenfreien Transfer von Überweisungsbeträgen auf österreichische Konten herantritt, nicht davon überrascht werden kann, wenn sie wegen damit zusammenhängender Ansprüche vor deutschen Gerichten in Anspruch genommen wird.
[19]dd) Entgegen der Anregung der Revision erfordert die Auslegung des Merkmals ‚Ausrichten’ in Art. 15 I lit. c EuGVO auch keine Vorlage an den EuGH zur Vorabentscheidung, da die Rechtsfrage vom EuGH grunds. hinreichend beantwortet ist und der erkennende Senat sich der Rspr. des Gerichtshofs anschließt (EuGH, Urt. vom 6.10.1982 – Cilfit u.a.: Srl CILFIT und Lanificio di Gavardo SpA ./. Ministero della Sanità, Rs C-283/81, Slg. 1982, 03415 Rz. 13 f.; Rs C-585/08 u. C-144/09 aaO Rz. 55 ff.).
[20]c) Die übrigen Voraussetzungen des Art. 15 I lit. c EuGVO – insbes. die Verbrauchereigenschaft des Kl. (vgl. BGH, Urt. vom 30.3.2006 aaO Rz. 18 ff.) und die Veranlassung des Kl. zum Vertragsschluss mit der Bekl. im Wohnsitzstaat (vgl. BGH, Beschl. vom 17.9.2008 aaO) – hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellt. Insoweit erhebt auch die Revision zu Recht keine Rügen.