PDF-Version

Verfahrensgang

BGH, Urt. vom 30.03.2006 – VII ZR 249/04, IPRspr 2006-114

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Besonderer Vertragsgerichtsstand

Leitsatz

Ein Werkvertrag mit einem Verbraucher wird nicht schon dann im Sinne des Art. 15 I lit. c EuGVO im Rahmen einer vom Vertragspartner im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgeübten oder dahin ausgerichteten beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit geschlossen, wenn der Vertragspartner erst aufgrund des Vertrags zum Zwecke der Herstellung des Werks verpflichtet ist, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers zu entfalten.

Rechtsnormen

EUGVVO 44/2001 Art. 15; EUGVVO 44/2001 Art. 15 ff.; EUGVVO 44/2001 Art. 17; EUGVVO 44/2001 Art. 23; EUGVVO 44/2001 Art. 66
EuGVÜ Art. 13; EuGVÜ Art. 15; EuGVÜ Art. 17
EWG-Vertrag Art. 65; EWG-Vertrag Art. 68; EWG-Vertrag Art. 234
ZPO § 545

Sachverhalt

Der Kl. verlangt Architektenhonorar.

Die Parteien sind Deutsche aus dem Saarland. Der Kl. betreibt dort ein Architekturbüro. Die Bekl. haben ihren Wohnsitz in Frankreich. Die Parteien schlossen im Jahr 2000 zur Erledigung eines Vorprozesses, in dem sie über das Bestehen und den Inhalt eines Architektenvertrags gestritten hatten, einen schriftlichen Vertrag über die Errichtung eines Terrassenhauses mit drei Wohneinheiten in A./Frankreich. Dem Kl. sind darin Planungsleistungen und die Bauüberwachung übertragen worden. Als Gerichtsstand ist Saarbrücken vereinbart. Eine schriftliche Zusatzvereinbarung, nach welcher der Architektenvertrag nur zusammen mit dieser verbindlich sein sollte, fochten die Bekl. später an.

Nachdem die Zustellung des Mahnbescheids und der Anspruchsbegründung an einer Betriebsstätte des beklagten Ehemanns in Saarbrücken im Jahr 2001 fehlgeschlagen war, ist den Bekl. die Anspruchsbegründung im Dezember 2002 [Bekl. zu 1)] und Januar 2003 [Bekl. zu 2)] an ihrem Wohnsitz in Frankreich zugestellt worden.

Das LG hat die Klage wegen fehlender internationaler Zuständigkeit als unzulässig abgewiesen. Die Berufung des Kl. ist ohne Erfolg geblieben. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kl. seinen Honoraranspruch weiter.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]Die Revision ist begründet.

[2]I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, die internationale Zuständigkeit des LG Saarbrücken sei nicht gegeben. Die Klage sei vor einem französischen Gericht zu erheben. Maßgeblich sei die EuGVO, zuletzt geändert durch die VO (EG) Nr. 2245/ 2004 der Kommission zur Änderung der Anhänge I, II, III und IV der VO (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen vom 27.12.2004 (ABl. Nr. L 381/10). Diese Verordnung finde Anwendung, weil die Klage erst nach dem 1.3.2002 erhoben worden sei. Der Zeitpunkt der Klageerhebung sei nach dem Recht des angerufenen Gerichts, also nach deutschem Recht, zu bestimmen. Der danach maßgebliche Zeitpunkt liege nach dem Inkrafttreten der EuGVO, weil es auf die Zustellung ankomme und die Klage den Bekl. erst im Dezember 2002 und Januar 2003 wirksam zugestellt worden sei.

[3]Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien begründe keine Zuständigkeit in Deutschland. Sie sei unwirksam, da sie nicht nach Entstehen der Streitigkeit getroffen worden sei. Das wäre erforderlich gewesen, denn der Vertrag der Parteien sei ein Verbrauchervertrag im Sinne des Art. 15 I lit. c EuGVO. Insbesondere habe der Kl. grenzüberschreitend Dienstleistungen im Wohnsitzstaat der Bekl. erbracht. Er habe seine berufliche Tätigkeit als Bauleiter auch in Frankreich ausgeübt.

[4]II. Das hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung nicht stand.

[5]Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen rechtfertigen nicht die Annahme, die Klage sei wegen fehlender internationaler Zuständigkeit eines deutschen Gerichts vor einem französischen Gericht zu erheben. Nach dem für die Revision zugrunde zu legenden Sachverhalt ist aufgrund der Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben.

[6]Diese Zuständigkeit besteht unabhängig davon, ob die EuGVO oder das bis zu ihrem Inkrafttreten zur Bestimmung der internationalen Zuständigkeit maßgebliche EuGVÜ i.d.F. des 4. Beitrittsübereinkommens vom 29.11.1996 (BGBl. 1998 II 1412) Anwendung findet. Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien hat in beiden Fällen Bestand. Deshalb kann die vom Berufungsgericht erörterte Frage dahinstehen, wie der Begriff der Klageerhebung im Sinne des Art. 66 I EuGVO auszulegen ist (vgl. BGH, Urteile vom 1.12.2005 – III ZR 191/03, WM 2006, 151 (IPRspr 2005-126) und vom 19.2.2004 – III ZR 226/03, NJW 2004, 1652, 1653 (IPRspr 2004-106) einerseits und BGH, Urteile vom 7.12.2004 – XI ZR 366/03, WM 2005, 339, 340 (IPRspr 2004-130) und vom 16.12.2003 – XI ZR 474/02, NJW 2004, 1456, 1457 (IPRspr. 2003 Nr. 149) andererseits).

[7]Ob das Berufungsgericht die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts zu Recht oder zu Unrecht abgelehnt hat, ist in der Revision unbeschadet des § 545 II ZPO uneingeschränkt zu überprüfen (vgl. BGH, Urt. vom 28.11.2002 – III ZR 102/02, BGHZ 153, 82, 84 ff. (IPRspr. 2002 Nr. 157)).

[8]1. Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien ist sowohl nach Art. 17 I EuGVÜ als auch nach Art. 23 I EuGVO verbindlich. Nach beiden Vorschriften können die Parteien, die ihren Wohnsitz in einem der Vertrags- bzw. Mitgliedstaaten haben, schriftlich vereinbaren, dass ein Gericht eines Vertrags- bzw. Mitgliedstaats über eine bereits entstandene oder über eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Rechtsstreitigkeit entscheiden soll.

[9]a) Eine Gerichtsstandsvereinbarung setzt nach Art. 17 I EuGVÜ eine entsprechende Willenseinigung der Parteien voraus. Die vorgeschriebene Schriftform soll gewährleisten, dass die Einigung zwischen den Parteien tatsächlich feststeht (vgl. EuGH, Urteile vom 10.3.1992 – Rs C-214/89, NJW 1992, 1671, 1672 Tz. 24 und vom 9.11.2000 – Rs C-387/98, NJW 2001, 501, 502, Tz. 13 m.w.N.). Die Parteien haben mit Abschluss des schriftlichen Architektenvertrags, der die Gerichtsstandsvereinbarung enthält, die erforderliche Schriftform gewahrt. Die Gerichtsstandsvereinbarung ist durch ihre Aufnahme in den Architektenvertrag im Sinne des Art. 17 I EuGVÜ auf ein bestimmtes Rechtsverhältnis bezogen.

[10]Nichts anderes gilt mit Hinblick auf Art. 23 I EuGVO. In diese Bestimmung ist die in Art. 17 I EuGVÜ enthaltene Regelung nahezu wortgleich übernommen worden. Die zu Art. 17 EuGVÜ ergangene Rechtsprechung des EuGH ist für die Auslegung von Art. 23 EuGVO entsprechend heranzuziehen. Für die sich inhaltlich entsprechenden Vorschriften des EuGVÜ und der EuGVO ist von demselben Anwendungsbereich auszugehen, sofern es keinen zwingenden Grund gibt, die Vorschriften unterschiedlich auszulegen (vgl. allg. EuGH, Urt. vom 1.10.2002 – Rs C-167/00, NJW 2002, 3617, 3619, Tz. 49). Dies entspricht den der Verordnung vorangestellten Erwägungsgründen Nrn. 5 und 19, mit der Verordnung die Kontinuität zum EuGVÜ zu wahren. Gründe, die eine abweichende Auslegung des Art. 23 I EuGVO gegenüber Art. 17 I EuGVÜ erfordern, liegen nicht vor.

[11]b) Die Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien ist auch dann maßgeblich, wenn sich die Bekl. darauf berufen sollten, der Architektenvertrag sei im Hinblick auf die von ihnen erklärte Anfechtung der Zusatzvereinbarung unwirksam, weil er nur unter Einbeziehung dieser Zusatzvereinbarung verbindlich sein sollte. Das Gericht eines Mitgliedstaats, das in einer wirksam getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung als zuständiges Gericht bestimmt ist, ist auch dann ausschließlich zuständig, wenn die Parteien über die Wirksamkeit des Vertrags streiten, dessen Bestandteil sie bildet (vgl. EuGH, Urt. vom 3.7.1997 – Rs C-269/95, WM 1997, 1549, 1552 Tz. 32, zu Art. 17 I EuGVÜ).

[12]2. Die Gerichtsstandsvereinbarung ist weder gemäß Art. 15 EuGVÜ i.V.m. Art. 17 III EuGVÜ noch gemäß Art. 17 EuGVO i.V.m. Art. 23 V EuGVO unwirksam. Die Streitigkeit der Parteien ist nicht eine Verbrauchersache im Sinne des Art. 15 I lit. c EuGVO [siehe unten b)]. Auch im Sinne des Art. 13 I Nr. 3 EuGVÜ kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts eine Verbrauchersache nicht angenommen werden [siehe unten c)].

[13]a) Allerdings sind die Bekl. Verbraucher im Sinne des Art. 15 I EuGVO und des Art. 13 I EuGVÜ.

[14]Der Verbraucherbegriff des Art. 13 I EuGVÜ ist unter Beachtung der Systematik und der mit dem Übereinkommen verfolgten Ziele autonom auszulegen. Art. 13 I EuGVÜ betrifft danach den nicht berufs- oder gewerbebezogen handelnden privaten Endverbraucher. Die Vorschrift erfasst Verträge, die eine Einzelperson zur Deckung ihres Eigenbedarfs beim privaten Verbrauch schließt und die nicht in Bezug zu einer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit stehen (vgl. EuGH, Urteile vom 20.1.2005 – Rs C-464/01, NJW 2005, 653, 654 Tz. 31, 35, 37 und Rs C-27/02, NJW 2005, 811, 812 Tz. 33 f. jeweils m.w.N.).

[15]Diese Grundsätze sind für die Auslegung des Verbraucherbegriffs auch in der EuGVO maßgebend. Durch Art. 15 I EuGVO haben sich gegenüber Art. 13 I EuGVÜ insoweit keine inhaltlichen Änderungen ergeben.

[16]Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts haben die Bekl. den Architektenvertrag mit dem Kl. ausschließlich zu privaten Zwecken geschlossen. Die beauftragten Architektenleistungen betrafen die Errichtung eines Wohnhauses, das allein der eigenen Vermögensbildung der Bekl. dienen sollte und nicht der vom beklagten Ehemann ausgeübten gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen war.

[17]b) Gleichwohl liegt keine Verbrauchersache im Sinne der Art. 15 ff. EuGVO vor. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts fällt deshalb die Gerichtsstandsvereinbarung nicht unter die für die Derogation des Verbrauchergerichtsstands geltenden Beschränkungen aus Art. 17 EuGVO.

[18]Nach dem auf Werkverträge anzuwendenden Art. 15 I lit. c EuGVO handelt es sich um eine Verbrauchersache, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.

[19]Diese Voraussetzungen hat das Berufungsgericht nicht festgestellt. Dass der Kl. im Rahmen des Vertrags mit den Bekl. seine berufliche Tätigkeit als Bauleiter auch in Frankreich ausgeübt hat, genügt nicht.

[20]Die Ausübung oder Ausrichtung einer Tätigkeit in dem oder auf den Wohnsitzstaat der Bekl. (Mitgliedstaat) kann im Sinne des Art. 15 I lit. c EuGVO nicht schon dann angenommen werden, wenn der Vertragspartner erst aufgrund des mit dem Verbraucher geschlossenen Werkvertrags eine Tätigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers entfaltet. Das entgegenstehende Verständnis des Art. 15 I lit. c EuGVO, welches das Berufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde legt, ist dem Wortlaut wie auch Zweck und Entstehungsgeschichte der Norm nach ausgeschlossen.

[21]aa) Art. 15 I lit. c EuGVO unterscheidet zwischen der Ausübung der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit des Vertragspartners und dem mit dem Verbraucher geschlossenen Vertrag. Nach dieser Bestimmung liegt eine Verbrauchersache nur vor, wenn der Vertrag, der Gegenstand der Auseinandersetzung ist, in den Bereich der vom Vertragspartner im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgeübten oder dahin ausgerichteten beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit fällt. Dies setzt voraus, dass der Vertragspartner bereits vor dem Vertragsschluss mit dem Verbraucher und unabhängig von diesem eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit im Wohnsitzstaat des Verbrauchers ausgeübt oder auf diesen Staat ausgerichtet hat.

[22]bb) Für diese Auslegung sprechen zudem der Zweck und die Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

[23]Mit Art. 15 I lit. c EuGVO sollen solche Verträge mit Verbrauchern erfasst werden, denen in irgendeiner Weise eine werbende berufliche oder gewerbliche Tätigkeit des Vertragspartners im Wohnsitzstaat des Verbrauchers vorausgegangen ist. Nach der Begründung des von der Kommission vorgelegten Verordnungsentwurfs ist Ausgangspunkt des neu gefassten Art. 15, dass der Vertragspartner die notwendige Verbindung dadurch schafft, dass er seine Tätigkeit auf den Staat des Verbrauchers ausrichtet (vgl. KOM (1999) 348 endg., BR-Drucks. 534/99 S. 17). An dieser Voraussetzung fehlt es, wenn der Vertragspartner des Verbrauchers erst im Rahmen des mit diesem geschlossenen Vertrags im Wohnsitzstaat des Verbrauchers eine Werkleistung zu erbringen hat.

[24]Art. 15 I lit. c EuGVO übernimmt insoweit der Sache nach die früher nach Art. 13 I Nr. 3 lit. a EuGVÜ für die Annahme einer Verbrauchersache bestehende Voraussetzung, dass dem Vertragsschluss in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers ein Angebot oder eine Werbung vorausgehen musste. Der Anwendungsbereich für Verbraucherklagen wird darüber hinaus auf Fälle erweitert, in denen der Vertragspartner seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf den Wohnsitzstaat des Verbrauchers lediglich ausgerichtet hat. Veranlasst worden ist diese Erweiterung durch den Wunsch, auch Verträge zu erfassen, die über eine vom Unternehmer unterhaltene aktive Internetseite abgeschlossen werden (vgl. KOM (1999) 348 endg., BR-Drucks. 534/99 S. 16 f.), beschränkt sich jedoch nicht auf solche Vorgänge. Eine weitergehende inhaltliche Änderung gegenüber der in Art. 13 I Nr. 3 EuGVÜ enthaltenen Regelung ist dagegen insoweit nicht beabsichtigt.

[25]cc) Die Notwendigkeit einer Auslegung des Art. 15 I lit. c EuGVO verpflichtet den Senat nicht gemäß Art. 65, 68 I i.V.m. Art. 234 des EG-Vertrags (zuletzt geändert durch Beitrittsakte vom 16.4.2003, BGBl. II 1410) zu einer Vorlage an den EuGH.

[26]Die Auslegung ist zwar noch nicht Gegenstand einer Entscheidung des Gerichtshofs gewesen. Eine Vorlage kann jedoch unterbleiben, wenn die richtige Anwendung des Gemeinschaftsrechts derart offenkundig ist, dass für einen vernünftigen Zweifel kein Raum bleibt. Ob dies der Fall ist, ist von den nationalen Gerichten unter Berücksichtigung der Eigenheiten des Gemeinschaftsrechts, der besonderen Schwierigkeiten seiner Auslegung und der Gefahr voneinander abweichender Gerichtsentscheidungen innerhalb der Gemeinschaft zu beurteilen (vgl. EuGH, Urteile vom 6.10.1982 – Rs 283/81, NJW 1983, 1257, 1258 zu Art. 177 III EG-Vertrag, vom 17.5.2001 – Rs C-340/99, EuZW 2001, 408, 411 Tz. 30, 35, und vom 15.9.2005 – Rs C-495/03, HFR 2005, 1236, 1237 Tz. 33; BVerfG, Beschluss vom 9.11.1987 – 2 BvR 808/82, NJW 1988, 1456).

[27]Die Auslegung von Art. 15 I lit. c EuGVO mit dem vorstehend genannten Ergebnis ist im Sinne dieser Grundsätze nicht zweifelhaft. Der Senat ist ferner davon überzeugt, dass die gleiche Gewissheit auch für die Gerichte der übrigen Mitgliedstaaten und für den EuGH besteht.

[28]c) Auch nach den Bestimmungen des EuGVÜ kann nicht angenommen werden, dass die Streitigkeit der Parteien eine Verbrauchersache ist. Der für Werkverträge einschlägige Art. 13 I Nr. 3 EuGVÜ setzt voraus, dass dem Vertrag, der die Erbringung einer Dienstleistung oder die Lieferung beweglicher Sachen zum Gegenstand hat, ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung in dem Staat des Wohnsitzes des Verbrauchers vorausgegangen ist und der Verbraucher die zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen in diesem Staat vorgenommen hat. Das Berufungsgericht hat hierzu keine Feststellungen getroffen. Zugunsten des Kl. ist in der Revision daher davon auszugehen, dass ein Angebot oder eine Werbung des Kl. am Wohnsitz der Bekl. in Frankreich nicht vorgelegen hat und dass die Bekl. ihre ursprünglichen auf den Abschluss des Architektenvertrags gerichteten Willenserklärungen nicht in Frankreich, sondern in Deutschland abgegeben haben.

[29]III. Das Berufungsurteil kann danach keinen Bestand haben.

[30]Das Berufungsgericht wird zu klären haben, ob der Kl. bereits vor Vertragsschluss mit den Bekl. eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit in Frankreich ausgeübt oder dorthin ausgerichtet hat und in diesem Rahmen den Architektenvertrag mit den Bekl. geschlossen hat bzw. ob dem Vertragsschluss ein Angebot oder eine Werbung des Kl. am Wohnsitz der Bekl. in Frankreich vorausgegangen ist und wo die Bekl. ihre für den Abschluss des Vertrags erforderlichen Willenserklärungen abgegeben haben.

Fundstellen

LS und Gründe

BGHZ, 167, 83
Europ. Leg. Forum, 2006, I-117, II-52
NJW, 2006, 1672
RIW, 2006, 464
VuR, 2006, 322, mit Anm. Richter
WM, 2006, 1401
ZfRV, 2006, 157
ZIP, 2006, 1013
JR, 2007, 457, mit Anm. Looschelders
VersR, 2007, 129

Bericht

Jayme/Kohler, IPRax, 2006, 537
Kuffer, WM, 2006, Beil. Nr. 2, 2

Aufsatz

Mankowski, VuR, 2006, 289

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2006-114

Lizenz

Copyright (c) 2024 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht
Creative-Commons-Lizenz Dieses Werk steht unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
<% if Mpi.live? %> <% end %>