Schließen deutsche Staatsangehörige, von denen die einen im Inland, die anderen im Ausland (hier: Italien) wohnen, einen Darlehensvertrag in Deutschland und in deutscher Sprache, so kommt jedenfalls kraft schlüssiger Rechtswahl der Parteien (Art. 27 I 2 EGBGB) regelmäßig deutsches Recht zur Anwendung.
Der für den Vertragsgerichtstand gemäß Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ maßgebliche Erfüllungsort ist der Ort, an dem der Schuldner seine Leistungshandlung zu erbringen hat; er ist nach dem Recht zu ermitteln, das nach dem Kollisionsrecht des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist. Für eine Klage auf Rückzahlung aus einem – wie im vorliegenden Fall – deutschem Recht unterliegenden Darlehensvertrag ist dies der Wohnsitz des Darlehensnehmers.
Die Entscheidungsbefugnis des nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ für die Entscheidung über deliktische Ansprüche international zuständigen Gerichts erstreckt sich nicht auf die Prüfung anderer, nicht deliktsrechtlicher Anspruchsgrundlagen, denn das EuGVÜ enthält für diese Ansprüche keine Ausnahmevorschrift im Sinne des Art. 3 I EuGVÜ, die es erlauben würde, die Beklagten, die ihren Wohnsitz in einem Vertragsstaat (hier: Italien) haben, abweichend von der Regel des Art. 2 I EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat (hier: Deutschland) zu verklagen.
Der Kl. begehrt – zugleich aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau – von den Bekl., denen sie betrügerisches Verhalten vorwerfen, die Rückzahlung eines Darlehens.
Die in Italien lebenden Bekl. benötigten im September 1999 für den geplanten Erwerb eines in Oberitalien gelegenen Hauses entsprechende Geldmittel. Aus diesem Grund suchten sie den Kl. und dessen Ehefrau, mit denen sie damals enge freundschaftliche Beziehungen unterhielten, an deren Wohnsitz in W./Deutschland auf. Der Kl. und seine Ehefrau erklärten sich bereit, den Bekl. ein Darlehen in Höhe von 2 000 000 DM zu gewähren und händigten ihnen diesen Betrag am 4.9.1999 in W. in bar aus. Die Bekl. unterzeichneten am selben Tag eine von dem Bekl. zu 1) aufgesetzte handschriftliche „Bestätigung“ über den Erhalt von 2 000 000 DM. Als Sicherheit sollte zugunsten des Kl. und seiner Frau ins Grundbuch die Summe von 950 000 000 Lire eingetragen werden; die zu bezahlenden Zinsen betrügen 3% jährlich. Außerdem verpflichteten sich die Bekl., die „geliehene“ Summe „schnellstmöglich“ zurückzuzahlen.
Mit notariellem Vertrag vom 11.9.1999 kaufte die Bekl. zu 2) das Anwesen in Oberitalien. Nachdem in der Folge weder Darlehenszinsen gezahlt wurden, noch eine dingliche Belastung des Grundbesitzes zugunsten des Kl. und seiner Ehefrau erfolgte, kündigten diese das Darlehen mit Schreiben vom 2.5.2000 und forderten die Bekl. erfolglos zur sofortigen Rückzahlung auf.
Das LG hat der Klage auf Rückzahlung des Darlehens nebst Zinsen stattgegeben. Das Berufungsgericht hat die Klage unter Aufhebung des erstinstanzlichen Urteils, soweit sie Ansprüche aus Vertrag zum Gegenstand hat, als unzulässig, im Übrigen als unbegründet abgewiesen. Mit der Revision begehrt der Kl. die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils – ohne Erfolg.
[1]Die Revision hat keinen Erfolg.
[2]I. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
[3]Soweit die Klage auf einen deliktischen Anspruch gestützt sei, habe das LG zwar seine aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ folgende internationale Zuständigkeit zu Recht bejaht. Zutreffend sei auch, dass sich die deliktische Haftung der Bekl. nach dem aufgrund des Tatortgrundsatzes (Art. 40 I EGBGB) zur Anwendung berufenen deutschen Sachrecht richte. Der Kl. habe aber weder den Nachweis einer deliktischen Verantwortlichkeit der Bekl. wegen betrügerischen Verhaltens bei den Kreditverhandlungen noch wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung erbracht. Es stehe nicht fest, dass die Bekl. von vornherein leistungsunwillig oder leistungsunfähig gewesen seien. Das ihnen vom Kl. angelastete Verhalten könne auch auf einem Sinneswandel der Bekl. nach Erhalt des Darlehens beruhen.
[4]Den vom Kl. geltend gemachten vertraglichen Rückzahlungsanspruch, der sich jedenfalls mit Rücksicht auf eine von den Parteien konkludent getroffene Rechtswahl nach deutschem materiellen Recht bestimme, halte der Senat [des Berufungsgerichts] für gegeben. Insoweit fehle es aber nach den maßgeblichen Regelungen des EuGVÜ an der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte. Der Gerichtsstand des Erfüllungsorts im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ sei nicht in Deutschland begründet, weil der Darlehensrückzahlungsanspruch in Italien zu erfüllen sei. Nach der Grundsatzentscheidung des EuGH vom 27.9.1988 (Rs C-189/87, NJW 1988, 3088), der sich der BGH angeschlossen habe, scheide auch eine an den Deliktsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ anknüpfende Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs aus. Da die Grundsatzentscheidung des EuGH in der Literatur auf nahezu einhellige Kritik gestoßen sei, die der Senat teile, und da der Streitfall die Besonderheiten aufweise, dass beide Parteien dieselbe Staatsangehörigkeit besäßen, beide dem Vertragsstaat angehörten, in dem der Deliktgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ begründet und dessen sachliches Recht sowohl als Delikts- als auch als Geschäftsstatut zur Anwendung berufen sei, lasse der Senat die Revision zu. Die Frage der Annexzuständigkeit kraft Sachzusammenhangs im Gerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ solle noch einmal grundsätzlich aufgerollt, jedenfalls aber wegen der besonderen Gegebenheiten des Streitfalles eine erneute Befassung des EuGH herbeigeführt werden.
[5]II. Die Entscheidung des Berufungsgerichts hält rechtlicher Überprüfung stand. Für die angeregte erneute Befassung des EuGH mit der Frage der Annexzuständigkeit im Deliktsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ sieht der Senat allerdings keine Veranlassung.
[6]1. Das Berufungsgericht ist rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dass die auf deliktische Ansprüche gestützte Klage zulässig, aber unbegründet ist.
[7]a) Zu Recht hat das Berufungsgericht insoweit die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte bejaht.
[8]aa) Da die mündliche Verhandlung vor dem OLG nach dem 1.1.2002 geschlossen worden ist, gelten für die Revision die Regelungen der ZPO in der seit dem 1.1.2002 gültigen Fassung (vgl. § 26 Nr. 7 EGZPO). Wie der BGH bereits entschieden hat, ist das Revisionsgericht auch nach dem Inkrafttreten des ZPO-RG vom 27.7.2001 (BGBl. I 1887) befugt, die – in jedem Verfahrensabschnitt von Amts wegen zu prüfende – internationale Zuständigkeit zu prüfen (BGHZ 153, 82, 84 ff.; Senatsurt. vom 16.12.2003 – XI ZR 474/02, WM 2004, 376, 377 f. (IPRspr. 2003 Nr. 149) m.w.N.). bb) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist für die auf Deliktsrecht gestützte Klage gegeben.
[9](1) Das Berufungsgericht hat dies mit Recht nach dem EuGVÜ beurteilt, das im Verhältnis zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Italien anwendbar ist. Die Vorschriften der EuGVO sind nur auf solche Klagen anwendbar, die nach dem Inkrafttreten am 1.3.2002 erhoben worden sind (Art. 66 I, 76 I EuGVO). Die Klage ist den Bekl. jedoch bereits am 27.11.2000 zugestellt worden.
[10](2) Nach Art. 2 I EuGVÜ können Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, grundsätzlich nur vor den Gerichten dieses Staats verklagt werden, die Bekl. also vor den italienischen Gerichten, da sie ihren Wohnsitz in Italien haben. Die Gerichte eines anderen Vertragsstaats sind gemäß Art. 3 EuGVÜ international nur zuständig, soweit das Übereinkommen Ausnahmen regelt.
[11](3) Das ist – wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat – hier der Fall, soweit mit der Klage Schadensersatzansprüche wegen Betrugs (Krediterschleichung) und wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung geltend gemacht werden. Insoweit ergibt sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ. Danach können Personen, die ihren Wohnsitz in dem Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, in einem anderem Vertragsstaat verklagt werden, wenn eine unerlaubte Handlung den Gegenstand des Verfahrens bildet, und zwar vor dem Gericht des Orts, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist. Das ist hier, wie das Berufungsgericht zu Recht angenommen hat, W.
[12]b) Soweit das Berufungsgericht die auf deliktische Haftung gestützte Klage für unbegründet erachtet hat, ist hiergegen aus Rechtsgründen nichts zu erinnern ... Zutreffend ist, dass sich mangels eines gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalts der Parteien (Art. 40 II 1 EGBGB) die deliktische Haftung der Bekl. nach dem aufgrund der Tatortregel (Art. 40 I EGBGB) zur Anwendung berufenen deutschen Sachrecht beurteilt, hier also nach den §§ 823 ff. BGB ...
[13]2. Die auf vertragliche Ansprüche gestützte Klage hat das Berufungsgericht zu Recht als unzulässig abgewiesen. Hierfür ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht gegeben, da das EuGVÜ für diese Ansprüche keine Ausnahmevorschrift im Sinne des Art. 3 I EuGVÜ enthält, die es erlauben würde, die Bekl., die ihren Wohnsitz in Italien haben, abweichend von der Regel des Art. 2 I EuGVÜ in einem anderen Vertragsstaat zu verklagen.
[14]a) Eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte für den geltend gemachten Darlehensrückzahlungsanspruch des Kl. ergibt sich nicht aus Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ. Nach dieser Vorschrift kann eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats hat, wegen vertraglicher Ansprüche zwar auch vor dem Gericht des Orts verklagt werden, an dem die Verpflichtung zu erfüllen wäre. Der Erfüllungsort im Sinne der genannten Vorschrift liegt hier aber nach den beanstandungsfreien Ausführungen des Berufungsgerichts nicht in der Bundesrepublik Deutschland, sondern in Italien.
[15]aa) Erfüllungsort im Sinne von Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ ist der Ort, an dem der Schuldner seine Leistungshandlung zu erbringen hat (vgl. Staudinger-Bittner, BGB, Neub. 2004, § 269 Rz. 2). Dieser ist nach der Rechtsprechung des EuGH nach dem Recht zu ermitteln, das nach den Kollisionsnormen des mit dem Rechtsstreit befassten Gerichts für die streitige Verpflichtung maßgeblich ist (EuGH, Urt. vom 6.10.1976 – Rs C-12/76, Slg. 1976, 1473, 1486, Rz. 15 [Tessili]; vom 5.10.1999 – Rs C-420/97, NJW 2000, 721, 722, Rz. 33 [Leathertex]; vom 28.9.1999 – Rs C-440/97, WM 2000, 43, 45, Rz. 32 [GIE Groupe Concorde u.a.]; vom 19.2.2002 – Rs C-256/00, IPRax 2002, 392, 393, Rz. 33 [Besix]; Senatsurt. vom 16.12.2003 aaO). Wie das Berufungsgericht angesichts des Vertragsschlusses in Deutschland zwischen Deutschen in deutscher Sprache (vgl. Senatsurt. vom 28.1.1997 – XI ZR 42/96, WM 1997, 560, 561 (IPRspr. 1997 Nr. 27)) rechtsfehlerfrei und von den Parteien nicht beanstandet angenommen hat, kommt hier jedenfalls kraft schlüssiger Rechtswahl der Parteien (Art. 27 I 2 EGBGB) deutsches Recht zur Anwendung.
[16]bb) Maßgebend für die Bestimmung des Erfüllungsorts im Sinne des Art. 5 Nr. 1 EuGVÜ sind daher die §§ 269, 270 BGB. Danach hat die Leistung grundsätzlich an dem Ort zu erfolgen, an dem der Schuldner zur Zeit der Entstehung des Schuldverhältnisses seinen Wohnsitz hat, es sei denn, ein anderer Leistungsort ist bestimmt oder aus den Umständen zu entnehmen.
[17](1) Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsverstoß angenommen, dass die Bekl. die ihnen obliegende Leistungshandlung für die Rückzahlung des Darlehens an ihrem Wohnsitz in Italien zu erbringen haben. Nach § 270 IV BGB i.V.m. § 269 BGB sind Geldschulden im Zweifel am Wohnsitz des Schuldners zu erfüllen. Dass Leistungshandlung und Leistungserfolg dabei häufig auseinander fallen, ändert gemäß § 270 IV BGB nichts daran, dass Leistungsort im Sinne des § 269 BGB der Wohnort des Schuldners bleibt (BGHZ 44, 178, 179 f.; BGH, Urt. vom 7.3.2002 – IX ZR 293/00, WM 2002, 999, 1000). (2) Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich auch weder aus den Umständen des Falls noch aus den zwischen den Parteien getroffenen Vereinbarungen etwas Abweichendes ...
[18]b) Zu Recht ist das Berufungsgericht zu dem Ergebnis gelangt, dass sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte zur Entscheidung über den Darlehensrückzahlungsanspruch auch nicht kraft Sachzusammenhangs aus dem im Streitfall gegebenen Deliktsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ herleiten lässt.
[19]aa) Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, hat der EuGH mit Urteil vom 27.9.1988 (Rs C-189/87, Slg. 1988, 5565, 5585 f., Rz. 19, 20 [Kalfelis]) eine solche Ausdehnung der Entscheidungskompetenz verneint. Er hat das damit begründet, dass der Ausnahmecharakter der besonderen Vertrags und Deliktsgerichtsstände gemäß Art. 5 EuGVÜ gegenüber dem allgemeinen Wohnsitzgerichtsstand des Beklagten, bei dem der Kläger seine Klage unter allen rechtlichen Gesichtspunkten geltend machen könne, eine einschränkende Auslegung dieser Vorschrift erfordere. Ein Gericht, das – wie hier – nach Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ für die Entscheidung über eine auf deliktische Ansprüche gestützte Klage zuständig sei, könne über die Klage daher nicht auch unter anderen, nichtdeliktischen Gesichtspunkten entscheiden. Dieser Entscheidung hat sich der BGH angeschlossen (BGHZ 132, 105, 112 f. (IPRspr. 1996 Nr. 142); 153, 173, 180 (IPRspr. 2002 Nr. 160)).
[20]bb) Hieran hält der Senat auch unter Berücksichtigung der im vorliegenden Rechtsstreit vorgebrachten Gesichtspunkte fest.
[21](1) Soweit das Berufungsgericht auf die in der Literatur geäußerte Kritik an der Rechtsprechung verweist (vgl. etwa Geimer, NJW 1988, 3089 f.; ders. in Zöller, ZPO, 22. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rz. 6, 17; Gottwald, IPRax 1989, 272, 273; ders. in MünchKomm-ZPO, 2. Aufl., Art. 5 EuGVÜ Rz. 8 m.w.N.), handelt es sich um Stimmen, die an die schon früher im Schrifttum aus Gründen der Prozessökonomie befürwortete Annahme eines internationalen Gerichtsstands des Sachzusammenhangs (vgl. etwa Geimer, IPRax 1986, 80, 81; Kropholler in Handbuch des internationalen Zivilverfahrensrechts, 1982, Bd. I, 344 Rz. 374) anknüpfen. Sie haben den EuGH aber nicht zu einer erweiternden Auslegung der Vorschriften veranlasst. Weder das Berufungsgericht noch die Revision zeigen durchgreifende neue Gesichtspunkte auf, die zu einer abweichenden Beurteilung Anlass geben könnten.
[22]Der Einwand, entgegen der Auffassung des EuGH sei es nicht in jedem Fall möglich, eine alle Anspruchsgrundlagen umfassende Sachentscheidung am Wohnsitzgericht des Bekl. zu erreichen, greift im Streitfall nicht. Hier hätte es dem Kl. offen gestanden, durch eine Klage am Wohnsitzgericht der Bekl. in Italien den gesamten Streitstoff in einem Rechtsstreit zu erledigen.
[23]Der Hinweis, dass das EuGVÜ den Beklagtenschutz durch die gemäß Art. 6 Nr. 1 und Nr. 2 eröffnete Möglichkeit, Klagen gegen mehrere (in verschiedenen Staaten lebende) Beklagte in einem Vertragsstaat zu erheben, selbst durchbreche, rechtfertigt eine Annexzuständigkeit für nichtdeliktische Ansprüche im Deliktsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ schon deshalb nicht, weil diese Konzentrationsmöglichkeit nach der Rechtsprechung des EuGH gerade nicht in Fällen gilt, in denen das Klagebegehren gegen den einen Beklagten auf deliktische, das gegen den anderen Beklagten auf vertragliche Anspruchsgrundlagen gestützt wird (EuGH, Urt. vom 27.10.1998 – Rs C-51/97, Slg. I 1998, 6511, 6549, Rz. 50 [Réunion européenne]; ebenso Senat, Urt. vom 23.10.2001 – XI ZR 83/01, WM 2001, 2402, 2404 (IPRspr. 2001 N.r 152)).
[24]Soweit sich die Revision darauf beruft, das EuGVÜ sehe in Art. 22 selbst die Begründung eines einheitlichen internationalen Gerichtsstands kraft besonderen Sachzusammenhangs vor, rechtfertigt auch das die von ihr befürwortete Annahme einer internationalen Annexzuständigkeit nicht. Art. 22 EuGVÜ, der die Behandlung im Zusammenhang stehender Klagen regelt, die bei Gerichten verschiedener Vertragsstaaten anhängig gemacht worden sind, schafft nach der Rechtsprechung des EuGH nämlich keine Zuständigkeiten; insbesondere begründet er nicht die Zuständigkeit des Gerichts eines Vertragsstaats für die Entscheidung über eine Klage, die mit einer anderen – gemäß EuGVÜ bei diesem Gericht anhängig gemachten – Klage im Zusammenhang steht (EuGH, Urt. vom 5.10.1999 – Rs C-420/97, NJW 2000, 721, 723, Rz. 38 m.w.N. [Leathertex]).
[25](2) Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts muss die Frage der internationalen Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs auch nicht mit Rücksicht auf den Beschluss des X. ZS vom 10.12.2002 (BGHZ 153, 173) (IPRspr. 2002 Nr. 160), der dem nach § 32 ZPO örtlich zuständigen Gericht im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung eine umfassende Annexzuständigkeit zuerkannt hat, neu bewertet werden. Das Berufungsgericht stützt seine Auffassung darauf, dass der für den Beschluss vom 10.12.2002 maßgebliche Gesichtspunkt, durch eine umfassende Prüfungskompetenz des nach § 32 ZPO zuständigen Gerichts würden schutzwürdige Belange der Beklagten nicht berührt, diese seien vielmehr regelmäßig selbst nicht daran interessiert, wiederholt mit demselben Sachverhalt gerichtlich konfrontiert zu werden, auch für die Frage der internationalen Zuständigkeit entscheidend sei.
[26]Dem vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Wie auch das Berufungsgericht nicht verkennt, hat der X. ZS eine Erstreckung seiner ausschließlich zur örtlichen Zuständigkeit getroffenen Entscheidung auf die Frage der internationalen Zuständigkeit mit Rücksicht auf die besonders weit reichenden Konsequenzen, die sich aus der Entscheidung über die internationale Zuständigkeit ergeben, ausdrücklich ausgeschlossen (BGHZ 153, 173, 180).
[27]Dem ist zuzustimmen. Die internationale Zuständigkeit hat ein ungleich höheres Gewicht als die örtliche, sachliche oder funktionale Zuständigkeit. Sie entscheidet über das IPR – das heißt nicht selten mittelbar über das materielle Recht – sowie über das Verfahrensrecht, das Anwendung findet. Die Entscheidung über die internationale Zuständigkeit kann demgemäß im Gegensatz zu der Zuständigkeitsabgrenzung unter den deutschen Gerichten die sachliche Entscheidung des Prozesses vorwegnehmen (BGHZ 44, 46, 50 (IPRspr. 1964 – 1965 Nr. 224); 153, 82, 86 (IPRspr. 2002 Nr. 157); Senatsurt. vom 16.12.2003 – XI ZR 474/02, WM 2004, 377, 378 (IPRspr. 2003 Nr. 149)). Angesichts dessen besteht für die Frage der internationalen Zuständigkeit ein besonderes Bedürfnis nach Rechtssicherheit.
[28]Diesem dienen die Regelungen des EuGVÜ (EuGH, Urt. vom 19.2.2002 aaO Rz. 25 m.w.N.). Wie der EuGH wiederholt entschieden hat, verlangt der Grundsatz der Rechtssicherheit eine Auslegung der von der allgemeinen Regel des EuGVÜ abweichenden Zuständigkeitsregeln, die sicherstellt, dass ein informierter, verständiger Beklagter vorhersehen kann, vor welchem anderen Gericht als dem des Staats, in dem er seinen Wohnsitz hat, er verklagt werden könnte (EuGH, Urt. vom 28.9.1999 – Rs C-440/97, WM 2000, 43, 45, Rz. 24 [GIE Groupe Concorde u.a.] und vom 19.2.2002 aaO Rz. 26, jeweils m.w.N.). Dem von der Revision angesprochenen Bedürfnis, eine Häufung der Gerichtsstände zu vermeiden, um der Gefahr einander widersprechender Entscheidungen zu begegnen (vgl. hierzu auch EuGH, Urt. vom 19.2.2002 aaO Rz. 27), wird nach der Rechtsprechung des EuGH nicht durch eine Erweiterung der Wahlgerichtsstände, sondern durch die Grundregel des Art. 2 I EuGVÜ Rechnung getragen, nach welcher Personen, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Vertragsstaats haben, ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit vor den Gerichten dieses Staats zu verklagen sind. Diese Regelung bietet – wie der EuGH betont – einen sicheren und verlässlichen Anknüpfungspunkt (EuGH, Urt. vom 19.2.2002 aaO Rz. 50). Demgegenüber seien die besonderen Zuständigkeitsregeln gemäß Art. 3, 5, 6 EuGVÜ nur eine Ausnahme von diesem allgemeinen Grundsatz. Sie legten die Fälle, in denen eine Person vor den Gerichten eines anderen Vertragsstaats verklagt werden könne, abschließend fest und seien für eine Auslegung, die über die in dem Übereinkommen ausdrücklich vorgesehenen Fälle hinausgehe, nicht offen, da andernfalls die in Art. 2 I EuGVÜ niedergelegte Grundregel ausgehöhlt würde und der Kläger ggf. einen Gerichtsstand wählen könnte, der für den in einem Vertragsstaat ansässigen Beklagten unvorhersehbar wäre (EuGH, Urt. vom 27.10.1998 – Rs C-51/97, Slg. I 1998, 6511, 6541 f. Rz. 16 [Réunion européenne] und vom 19.2.2002 aaO 394 f. Rz. 50/54, jeweils m.w.N.). Aus diesem Grund hat der EuGH nicht nur die hier in Rede stehende Annexzuständigkeit für nichtdeliktische Ansprüche im Deliktsgerichtsstand des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ ausgeschlossen. Er hat vielmehr einen einheitlichen Gerichtsstand auch in den Fällen abgelehnt, in denen das Klagebegehren gegen den einen Beklagten auf deliktischen, das gegen den anderen Beklagten auf vertraglichen Anspruchsgrundlagen beruht (EuGH, Urt. vom 27.10.1998 aaO 6549 Rz. 50; ebenso Senat, Urt. vom 23.10.2001 – XI ZR 83/01, WM 2001, 2402, 2404 (IPRspr. 2001 Nr. 152)) oder in denen über eine Klage zu entscheiden ist, die auf zwei sich aus demselben Vertrag ergebende gleichrangige Verpflichtungen gestützt wird, die in unterschiedlichen Vertragsstaaten zu erfüllen wären (EuGH, Urt. vom 5.10.1999 – Rs C-420/97, NJW 2000, 721, 723, Rz. 42 [Leathertex]).
[29](3) Da mithin die Ausnahmeregelungen des EuGVÜ abschließend und keiner erweiternden Auslegung zugänglich sind, rechtfertigt auch der Hinweis des Berufungsgerichts, dass die Parteien dieselbe Staatsangehörigkeit haben, demselben Vertragsstaat angehören und das sachliche Recht dieses Staats zur Anwendung kommt, kein anderes Ergebnis. An diese Umstände knüpfen die Regelungen des EuGVÜ gerade nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der Wohnsitz des Beklagten, sofern nicht – anders als hier – einer der in dem Übereinkommen ausdrücklich genannten Ausnahmefälle vorliegt. Der hinter dieser Zuständigkeitsregel stehende allgemeine Rechtsgedanke, dem Beklagten die Verteidigung zu erleichtern (EuGH, Urt. vom 19.2.2002 aaO Rz. 52), greift im Übrigen – was das Berufungsgericht nicht berücksichtigt – auch in einem Fall wie dem vorliegenden. So entfallen für die Bekl. bei einer Klage an ihrem Wohnsitzgericht etwa notwendige Anreisen aus Italien zu Gerichtsterminen nach Deutschland.
[30]cc) Entgegen der Anregung des Berufungsgerichts sieht der erkennende Senat keinen Anlass, die Sache dem EuGH gemäß Art. 2 Nr. 1, 3 I des Protokolls betreffend die Auslegung des Übereinkommens vom 27.9.1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen durch den Gerichtshof vom 3.6.1971 i.d.F. vom 19.11.1996 (BGBl. 1972 II 846; 1998 II 1411) zur Vorabentscheidung zwecks Auslegung des Art. 5 Nr. 3 EuGVÜ vorzulegen. Der erkennende Senat hat als das mit dem Rechtsstreit befasste nationale Gericht, das die Verantwortung für die abschließende richterliche Entscheidung trägt, über die Notwendigkeit einer Vorlage zu entscheiden (vgl. EuGH, Urt. vom 16.3.1999 – Rs C-159/97, WM 1999, 1187, 1190 Rz. 14 [Castelletti Spedizioni Internazionali]). Diese besteht nicht. Nach der Rechtsprechung des EuGH entfällt die Verpflichtung zur Vorlage, wenn – wie hier der Fall – die betreffende gemeinschaftsrechtliche Frage bereits Gegenstand einer Auslegung durch den Gerichtshof war bzw. eine gesicherte Rechtsprechung des EuGH vorliegt, durch die die betreffende Rechtsfrage gelöst ist, und das nationale Gericht sich der Rechtsprechung des EuGH anschließt (Urt. vom 6.10.1982 – Rs C-283/81, Slg. 1982, 3415, 3429 ff., Rz. 13 f., 21 [C.I.L.F.I.T]; ebenso BVerfGE 82, 159, 193, 195).