Eine Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB aufgrund eines Wechsels des Namensstatus zum deutschen Recht wirkt nur ex nunc. Wird die erklärende Person nach dem Statutenwechsel, aber vor Abgabe der Erklärung in einem Registereintrag erfasst, bedarf es einer objektiven Angleichung des Namens, wenn dieser in keinen Vor- und Nachnamen strukturell aufgegliedert ist. [LS von der Redaktion neu gefasst]
Das Verfahren betrifft die Berichtigung eines Geburtsregistereintrags eines Kindes von aus Eritrea geflüchteten Eltern.
[1]II.
[2]Die gemäß §§ 58, 59 Abs. 3, § 63 FamFG, § 51 Abs. 1 PStG zulässige Beschwerde, über die nach der Zurückverweisung erneut zu entscheiden ist, führt zu der sich aus dem Tenor ergebenden Eintragung im Geburtsregister.
[3]1. Nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB unterliegt der Name einer Person dem Recht des Staates, dem die Person angehört. Maßgebender Zeitpunkt für die Anknüpfung zum Zwecke der Bestimmung des richtigen Namensstatuts ist der namensbegründende bzw. -ändernde Vorgang (BGHZ 121, 305; OLG Hamm StAZ 2006, 357 (IPRspr 2006-237); KG OLGZ 1979, 166 (IPRspr. 1979 Nr. 112)). Mit der Geburt erwirbt das Kind seinen Geburtsnamen. Dieser Grundsatz erfasst Inlands- ebenso wie Auslandsgeburten. Das Kind ist in Deutschland geboren. Das Kind unterliegt nach Art. 12 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. 1953 II 559 (Genfer Flüchtlingskonvention, GFK) ungeachtet seiner über beide Eltern vermittelten eritreischen Staatsangehörigkeit deutschem Personalstatut, weil es sein Personalstatut von dem Flüchtlingsstatus der Mutter ableitet ...
[4]Der Name des Kindes hängt nach deutschem Sachrecht davon ab, ob die Eltern bei der Geburt verheiratet waren oder nicht. Der Senat hat hierzu nunmehr weitere Ermittlungen durchgeführt, namentlich die Eltern jeweils in Abwesenheit des anderen Elternteils angehört. Die Eltern haben zum Ablauf der Trauung nur zu einem Teil übereinstimmende, zu einem erheblichen Teil aber sich widersprechende Angaben gemacht, wobei der Vater in der Lage war, eher konkretere Angaben zu machen ...
[5]Angesichts dieser eklatanten Widersprüche konnte sich der Senat keine Überzeugung von der Eheschließung bilden. Der Senat hat die Eltern auch nicht zur eidesstattlichen Versicherung ihrer jeweiligen Angaben aufgefordert. Auch eine solche Versicherung hätte den Senat nicht von der Richtigkeit der Angaben überzeugen können. Der Senat geht dabei davon aus, dass die Hochzeit zu den einschneidenden und mit Emotionen verbundenen Ereignissen im Leben zählt, bei denen die Erinnerung im Allgemeinen lange Zeit erhalten bleibt.
[6]2. Aus dem fehlenden Nachweis einer Eheschließung ergeben sich nunmehr die bereits vom Bundesgerichtshof aufgezeigten Folgen für die Eintragung des Namens der Eltern und des Kindes.
[7](1) Namen des Vaters
[8]Hinsichtlich des Namens des Vaters fehlt es mangels anzunehmender Eheschließung und im Hinblick auf seinen eigenen nur subsidiären Schutzstatus an einer Rechtsgrundlage für eine Anwendung des deutschen Personalstatuts (BGH a.a.O. Rn. 45). Bei ihm ist der eritreische Name einzutragen, wobei die Entscheidung des Bundesgerichtshofs die ursprünglich zur Beschwerde führende Frage offen gelassen hat, ob die eritreische Namenskette als Vorname (so das Amtsgericht in der Ausgangsentscheidung) oder als Familienname (so die Beschwerdebegründung) einzutragen ist.
[9]Wie das Amtsgericht Regensburg in den Entscheidungsgründen zutreffend aufzeigt, kennt das eritreische Namensrecht keine Familiennamen, mithin führen die Eltern bisher keinen - auch keinen mehrgliedrigen - Familiennamen. Nach Kap. 2 Art. 4 Nr. 1 und 2 des Zivilgesetzbuchs der Eritreischen Volksbefreiungsfront - EPLF-ZGB, zitiert nach Kraus StAZ 2018, 383, muss jeder einen Rufnamen führen, der bei der Geburt beigelegt wird, welcher für alle praktischen Zwecke gleichzeitig die Funktionen von Vor- und Nachnamen nach westlichem Verständnis erfüllt (Nelle StAZ 2004, 93, 101). Diesem Rufnamen werden zur besseren Unterscheidung die Namen des Vaters und des Großvaters angefügt (Kraus StAZ 2018, 383; Nelle StAZ 2004, 93, 101; Mengringhaus StAZ 1996, 313), ohne dass letztere die Funktion eines westlichen Familiennamens hätten (Nelle, in: Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderbericht Eritrea, Stand 23.08.2004, S. 20 f.), allerdings der Name des Vaters - und auch des Großvaters - das für den Familiennamen typische Abstammungsverhältnis zum Ausdruck bringt (Solomon StAZ 2018, 265, 275). Anders als vom Ausgangsgericht angenommen, erfüllt die Namenskette deshalb nicht insgesamt die Funktion eines Vornamens. Mit der Beschwerde ist der Name deshalb mit dem Hinweis auf die Namenskette als Nachname einzutragen.
[10](2) Namen der Mutter
[11]Der Name der Mutter unterliegt mit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, also seit dem 17.06.2015, dem deutschen Recht. Die Mutter hat von der Möglichkeit einer Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB, die ihr seit dem Statutenwechsel (“fortan“) offen stand, zu ihrem eritreischen Namen nunmehr - sieben Jahre nach der Geburt - Gebrauch gemacht. Die Angleichungserklärung wirkt allerdings nur ex nunc (etwa Gössl, in: MünchKomm-BGB, 9. Aufl., Art. 47 EGBGB Rn. 26). Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist aber die Berichtigung des Geburtseintrags und nicht die Frage einer späteren - gegebenenfalls durch Folgebeurkundung zu erfassenden - Änderung des Namens der Mutter. Die Mutter war aber schon seit dem Statutenwechsel, also bereits vor der Geburt, verpflichtet, einen Vor- und Familiennamen zu führen (Hepting/Dutta, Familie und Personenstand, 4. Aufl., Rn. II-250), ihr Name muss deshalb spätestens mit der ersten Eintragung in ein Personenstandsregister „strukturell aufgegliedert“ (BGH FamRZ 2014, 741 Rn. 24 (IPRspr 2014-4)) werden.
[12]Der Senat versteht den Hinweis des Bundesgerichtshofs in der Entscheidung zur Zurückverweisung (Rn. 46)
[13]„Für die Eintragung der Mutter wird demnach eine - bislang noch nicht erfolgte - Angleichung zu erfolgen haben. Hierfür wird ihr zunächst noch Gelegenheit für eine Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB zu geben sein.“
[14]nicht in der Form, dass aus Sicht des Bundesgerichtshofs dieser Angleichungserklärung Rückwirkung zukäme.
[15]Für den Geburtseintrag ist deshalb aus Sicht des Senats weiterhin eine objektive Angleichung erforderlich. Zu dieser hat der Bundesgerichtshof ausgeführt:
[16]„[40] Eine Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB ist seitens der Mutter offensichtlich nicht abgegeben worden, wovon auch die Rechtsbeschwerde ausgeht. Die Angleichung kann allerdings nach der Rechtsprechung des Senats jedenfalls dann von der Angleichungserklärung abgekoppelt werden, wenn der unter dem ausländischen Recht gebildete Name eines Statutenwechslers keine strukturelle Aufgliederung in Vornamen und Familiennamen, sondern etwa - wie im vorliegenden Fall - nur eine Kette von Eigennamen enthält. Denn der nach deutschem Recht gebildete bürgerliche Name einer natürlichen Person enthält zwingend einen Namensteil, der mit der Übertragbarkeit auf den Ehegatten und die Kinder auch die Aufgabe des Familiennamens erfüllen kann und einen anderen Namensteil, der als Vorname die Mitglieder einer Familie und allgemein die Träger des gleichen Familiennamens voneinander unterscheidbar macht. Unter deutschem Namensstatut ist die Führung eines Vornamens und eines Familiennamens ein unverzichtbares Ordnungs- und Unterscheidungskriterium. Staatlichen Ordnungsinteressen wird daher regelmäßig der Vorzug gegenüber dem Wunsch eines Ausländers an der funktionellen Kontinuität bei der Führung seines unter fremdem Recht ohne Familiennamen gebildeten Namens zu geben sein, so dass in diesen Fällen eine objektive Angleichung zwar unter möglicher Berücksichtigung der Wünsche des Namensträgers, aber gegebenenfalls auch gegen seinen Willen zu erfolgen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 -
[17]Weil die objektive Angleichung unter Berücksichtigung der Wünsche des Namensträgers zu erfolgen hat, hat der Senat sich an der erfolgten Angleichungserklärung orientiert, da sie auch den Vorgaben an eine objektive Angleichung entspricht.
[18]Nach geltender Rechtslage kommt gemäß der Entscheidung des Bundesgerichtshofs nur die Zuweisung eines Eigennamens als Familienname in Betracht. Die objektive Angleichung des Namens der Mutter hat den gleichen Regeln zu folgen wie die Möglichkeiten der Angleichserklärung nach Art. 47 EGBGB. Bei dieser sind die arabischen Eigennamen in Vornamen zu transponieren (Hausmann, in: Staudinger, BGB, Stand: 2019, Updatestand 31.05.2021, Art. 47 EGBGB Rn. 65; OLG Köln StAZ 2015, 275 juris Rn. 19 (IPRspr 2014-25); AG Leipzig StAZ 2011, 215 juris Rn. 32 (IPRspr 2010-16)). Den Vaters- oder den Großvatersnamen kann man, da sie die Generationenfolge deutlich machen (hierzu auch Solomon StAZ 2018, 265, 275), in Familiennamen transponieren, sofern sie echte Namen und nicht nur zusätzliche Identifikationshilfen sind; insoweit hatte die Namensträgerin die Wahl. Denkbar wäre es gewesen, dass die Mutter auch den Namen ihres Großvaters als Vornamen beibehalten hätte (hierzu auch Thon, in: Grüneberg, BGB, 83. Aufl., Art. 47 EGBGB Rn. 6 zu mehreren Eigennamen: „die anderen Eigennamen werden automatisch zu Vornamen“); hiervon hat sie aber keinen Gebrauch gemacht.
[19](3) Namen des Kindes
[20]Da nicht von einer Eheschließung der Eltern auszugehen ist und die Vaterschaft im Zeitpunkt der Geburt noch nicht anerkannt war, leitet das Kind seinen Geburtsnamen im Zeitpunkt der Geburt von dem Namen seiner Mutter ab ...
[21]Weil Grundlage der Berichtigung des Namens der Mutter nicht die Angleichungserklärung, sondern eine objektive Angleichung ist, kommt es nicht auf eine sonst notwendige (hierzu Mäsch, in: BeckOK-BGB, Stand 01.02.2024, Art. 47 EGBGB Rn. 33; wohl a.A. - Beschränkung der entsprechenden Anwendung des § 1617c BGB auf einen Ehenamen - Gössl, in: MünchKomm-BGB, 9. Aufl., Art. 47 EGBGB Rn. 79 ff.; Kroll-Ludwigs, in BeckOGK, Stand 01.02.2022, Art. 47 EGBGB Rn. 58 ff.) Anschließung des - hier nunmehr 7-jährigen - Kindes gemäß Art. 47 Abs. 3 EGBGB, § 1617c Abs. 1 Satz 1 BGB an. Das Kind leitet seinen Familiennamen von dem aufgrund objektiver Angleichung von der Mutter zur Zeit der Geburt geführten Familiennamen ab.
[22]3. ...