PDF-Version

Verfahrensgang

AG Regensburg, Beschl. vom 26.10.2018 – UR III 21/18
OLG Nürnberg, Beschl. vom 11.03.2020 – 11 W 2656/18
BGH, Beschl. vom 05.07.2023 – XII ZB 155/20, IPRspr 2023-307
OLG Nürnberg, Beschl. vom 18.04.2024 – 11 W 2656/18, IPRspr 2024-51

Rechtsgebiete

Natürliche Personen → Namensrecht
Freiwillige Gerichtsbarkeit → Registersachen
Allgemeine Lehren → Anpassung, Substitution, Transposition

Leitsatz

Ein minderjähriges Kind teilt im Hinblick auf das Personalstatut die Flüchtlingseigenschaft seines Elternteils, von dem es die alleinige Staatsangehörigkeit des Herkunftsstaats ableitet. Hierzu genügt es, dass die Voraussetzungen nach § 26 AsylG vorliegen, die vom Gericht eigenständig zu prüfen sind. Einer Anerkennung durch die zuständige Behörde bedarf es nicht. Gleiches gilt für den Ehegatten des Flüchtlings jedenfalls dann, wenn beide Ehegatten ausschließlich dieselbe Staatsangehörigkeit besitzen.

Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG begründet nicht die Anwendung des deutschen Personalstatuts.

Gibt eine Person nach einem Statutenwechsel zum deutschen Namensrecht keine Angleichungserklärung gemäß Art. 47 EGBGB ab, so hat bei ihrer Eintragung in einem deutschen Personenstandsregister eine objektive Angleichung zu erfolgen

Die Frist nach § 1617b Abs. 1 Satz 1 BGB zur Neubestimmung des Namens des Kindes bei nachträglich begründeter gemeinsamer elterlicher Sorge ist eine Ausschlussfrist. Sie beginnt mit Abgabe der Sorgeerklärungen und ist nicht von der Kenntnis der Eltern abhängig.

Rechtsnormen

AsylG § 2; AsylG § 3; AsylG § 4; AsylG § 6; AsylG § 26
BGB § 1592; BGB §§ 1616 ff.; BGB § 1617; BGB § 1617a; BGB § 1617b; BGB §§ 1626 f.
EGBGB Art. 10; EGBGB Art. 19; EGBGB Art. 47
GFK Art. 12
KSÜ Art. 16
PStG § 5; PStG § 48; PStG § 49
StAG § 3; StAG § 4

Sachverhalt

Das betroffene Kind wurde im Januar 2017 als Kind der Beteiligten zu 1 und 2 (im Folgenden auch Eltern), die eritreische Staatsangehörige sind, in Deutschland geboren. Die von den Beteiligten zu 1 und 2 angegebene Eheschließung im Jahr 2009 ist nicht urkundlich belegt. Der Beteiligte zu 1 erkannte die Vaterschaft an. Das Standesamt (Beteiligter zu 4) trug das Kind am selben Tag mit dem Vornamen H. und dem Geburtsnamen Tm. (zweiter Eigenname der Kindesmutter) im Geburtenregister ein. Bei dem Geburtsnamen und den Namen der Eltern wurde jeweils der Vermerk „Namensführung bzw. Identität nicht nachgewiesen“ (§ 35 PStV) angebracht. 2017 gaben die Kindeseltern Sorgeerklärungen nach § 1626a Abs. 1 BGB ab. Der Kindesmutter ist mitsamt ihrem bereits in Eritrea geborenen weiteren Kind vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) durch Bescheid aus dem Jahr 2015 Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Dem Kindesvater wurde mit Bescheid des BAMF aus dem Jahr 2019 subsidiärer Schutz gewährt.

Nachdem ihnen eritreische Personalausweise ausgestellt worden waren, beantragten die Beteiligten zu 1 und 2 im Jahr 2018 die berichtigende Eintragung des Namens des betroffenen Kindes mit den weiteren Eigennamen des Kindesvaters (Th. N.) und der Namen der Eltern entsprechend den in den Ausweisen aufgeführten Namen. Das Standesamt hat den Antrag dem Amtsgericht vorgelegt. Das Amtsgericht hat das Standesamt angewiesen, das Geburtenregister dahin zu berichtigen, dass für das Kind die Namen H. Th. N. und für die Eltern jeweils aus drei Teilen bestehende Namensketten ausschließlich als Vornamen einzutragen und die Geburts- bzw. Familiennamen zu streichen sind. Auf die Beschwerde des Standesamts hat das Beschwerdegericht die Anweisung dahin abgeändert, dass für das Kind der Vorname H. und der Name Th. N. (erster und zweiter Eigenname des Kindesvaters) einzutragen sind, für die Kindesmutter Tm. M., Vorname Tr., und für den Kindesvater N. A., Vorname Th. Dagegen richtet sich die zugelassene Rechtsbeschwerde der Standesamtsaufsicht.

Aus den Entscheidungsgründen:

B.

[6] Die zulässige Rechtsbeschwerde ist begründet.

I.

[7] Die Rechtsbeschwerde ist zulässig ...

[8] ... [9] 1. ... [12] 2. Das hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

[13] Aufgrund der vom Beschwerdegericht bislang getroffenen Feststellungen ist dessen Anordnung weder als Berichtigung nach § 48 PStG noch als Folgebeurkundung gemäß § 5 PStG zulässig. Insbesondere die Erteilung des väterlichen Namens für das Kind ist auf dieser Grundlage nicht möglich.

[14] a) Das Beschwerdegericht ist im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass auf die Namenserteilung für das betroffene Kind deutsches Recht Anwendung findet.

[15] aa) Ein Rückgriff auf das nach Art. 10 Abs. 1 EGBGB an sich berufene Heimatrecht ist ausgeschlossen, wenn der Betroffene als Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) gilt und sich sein Personalstatut wegen der Sonderanknüpfung gemäß Art. 12 Abs. 1 GFK (ggf. iVm § 2 AsylG) nach dem Recht des Aufenthaltsstaats bestimmt (vgl. Senatsbeschlüsse BGHZ 217, 165 = FamRZ 2018, 457 Rn. 22 f. (IPRspr 2017-180b) und vom 25. August 2021 - XII ZB 442/18 (IPRspr 2021-85) - FamRZ 2021, 1897 Rn. 25).

[16] Durch Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge ist der Flüchtlingsstatus der Mutter schon vor Geburt des betroffenen Kindes anerkannt worden. Die Anerkennung ist nach § 6 Satz 1 AsylG auch für den vorliegenden Verfahrensgegenstand verbindlich, was von der Rechtsbeschwerde nicht bezweifelt wird. Ob und gegebenenfalls inwiefern die Flüchtlingseigenschaft ohne vorherige Anerkennung oder nach deren Ablehnung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt werden kann, bedarf hier keiner Erörterung.

[17] bb) Das minderjährige Kind leitet im vorliegenden Fall kollisionsrechtlich seinen Status von der schon zum Zeitpunkt der Geburt als Konventionsflüchtling anerkannten Kindesmutter ab.

[18] Die Frage ist allerdings umstritten. In Rechtsprechung und Literatur wird die kollisionsrechtliche Erstreckung der Flüchtlingseigenschaft auf Angehörige zum Teil abgelehnt (OLG Düsseldorf NJW-RR 1989, 1033, 1034 (IPRspr. 1989 Nr. 11); AG Rottweil Beschluss vom 30. September 2002 - 4 GRI 12/99 - juris; Lass Der Flüchtling im deutschen Internationalen Privatrecht S. 48 ff.; BeckOK BGB/Lorenz [Stand: 1. Mai 2023] Art. 5 EGBGB Rn. 28). Dagegen wird jedenfalls für minderjährige Kinder überwiegend vertreten, dass diese einen abgeleiteten Status haben, wenn sie die Staatsangehörigkeit des Schutzberechtigten teilen (KG FamRZ 2022, 1097, 1098 (IPRspr 2022-139); BayObLG FamRZ 1999, 1384, 1385 (IPRspr. 1999 Nr. 5); AG Schöneberg StAZ 1996, 209; MünchKommBGB/von Hein 8. Aufl. Anh. II zu Art. 5 EGBGB Rn. 59; Staudinger/Bausback BGB [2013] Anh. IV zu Art. 5 EGBGB Rn. 59; Erman/Stürner BGB 16. Aufl. Art. 5 EGBGB Rn. 82; Grüneberg/Thorn BGB 82. Aufl. Anh. zu Art. 5 EGBGB Rn. 21; Jayme IPRax 1981, 73, 74; Mankowski IPRax 2017, 40, 48; St. Arnold in Budzikiewicz/Heiderhoff/ Klinkhammer/Niethammer-Jürgens Migration und IPR S. 25, 39 f.; Hepting/Dutta Familie und Personenstand 4. Aufl. Rn. VI-45).

[19] Die letztgenannte Ansicht trifft jedenfalls für in Deutschland geborene Kinder von Schutzberechtigten zu. Der Senat ist davon der Sache nach bereits ausgegangen (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2021 - XII ZB 391/19 - FamRZ 2021, 831 Rn. 9). Das minderjährige Kind teilt im Hinblick auf das Personalstatut die Flüchtlingseigenschaft seines Elternteils, von dem es die alleinige Staatsangehörigkeit des Verfolgungsstaates ableitet. Eine vorherige behördliche Anerkennung gemäß § 26 AsylG ist hierfür nicht erforderlich.

[20] Dafür sprechen insbesondere systematische Erwägungen. Die Lage ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass die Staatsangehörigkeit des Kindes als für das Personalstatut maßgebliches Kriterium von den Eltern vermittelt wird (vgl. §§ 3 Abs. 1 Nr. 1, 4 Abs. 1 StAG, „ius sanguinis“). Wenn die Staatsangehörigkeit der Eltern hingegen schon zum Zeitpunkt der Geburt nach Art. 12 GFK suspendiert und durch die Anknüpfung an den Wohnsitz bzw. Aufenthalt ersetzt worden ist, wäre es widersprüchlich, wenn die Staatsangehörigkeit dennoch für das Personalstatut des Kindes maßgeblich bliebe. Das Kind unterläge damit sachlich nicht gerechtfertigt dem von den Eltern vermittelten Heimatrecht, obwohl diese als Flüchtlinge dem Personalstatut des Zufluchtsstaates unterliegen (vgl. Jayme IPRax 1981, 73, 74). Dem entspricht die asylrechtliche Rechtslage. Nach § 26 Abs. 5 AsylG wird der internationale Schutz aufgrund (unanfechtbarer) Anerkennung entsprechend § 26 Abs. 2 AsylG auf minderjährige Kinder des Schutzberechtigten erstreckt. Die auf dieser Grundlage ausgesprochene Anerkennung des minderjährigen Kindes als Flüchtling führt nach § 2 Abs. 1 AsylG zur Anwendung von Art. 12 GFK (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt Ausländerrecht 14. Aufl. § 26 AsylG Rn. 3; MünchKommBGB/von Hein 8. Aufl. Anh. II zu Art. 5 EGBGB Rn. 58; Budzikiewicz StAZ 2017, 289, 293; St. Arnold in Budzikiewicz/Heiderhoff/ Klinkhammer/Niethammer-Jürgens Migration und IPR S. 25, 40 f.).

[21] Wie die Voraussetzungen von Art. 12 GFK ist auch die Erstreckung des Schutzes auf das minderjährige Kind als Familienangehöriger vom zuständigen Gericht in eigener Verantwortung zu überprüfen. Der vorherigen Anerkennung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bedarf es für die Anwendung des Kollisionsrechts nicht. Dies entspricht der zu Art. 12 GFK ergangenen Rechtsprechung des Senats hinsichtlich der Voraussetzungen der Flüchtlingseigenschaft (Senatsbeschluss BGHZ 217, 165 = FamRZ 2018, 457 Rn. 23 f. (IPRspr 2017-180b) und Senatsurteil BGHZ 169, 240 = FamRZ 2007, 109 (IPRspr 2006-52b)). Durch eine eigenständige Prüfung der asylrechtlichen Voraussetzungen wird insbesondere vermieden, dass es schon kurz nach der Geburt bei ansonsten unveränderter Sachlage allein aufgrund der - gesetzlich gebundenen - Anerkennungsentscheidung zu einem Statutenwechsel kommt (MünchKommBGB/von Hein 8. Aufl. Anh. II zu Art. 5 EGBGB Rn. 59). Beim Schutz der Familienangehörigen wird insoweit ein Gleichlauf mit den originär Schutzberechtigten hergestellt, bei denen der Verwaltungsakt der Anerkennung ebenfalls keinen Statuswechsel zur Folge hat.

[22] Ob etwas anderes gilt, wenn eine weitere - etwa durch den anderen Elternteil vermittelte oder durch ius soli begründete - Staatsangehörigkeit des Kindes in Betracht kommt, bedarf in Anbetracht der vorliegenden Fallkonstellation, dass Eltern und Kind allein die eritreische Staatsangehörigkeit besitzen, keiner Entscheidung.

[23] Da im vorliegenden Fall die von der Mutter abgeleitete Flüchtlingsstellung des Kindes schon mit seiner Geburt entstanden ist, findet auf die Namensführung des Kindes nach Art. 12 GFK deutsches Recht Anwendung.

[24] b) Welchen Namen das Kind mit der Geburt erwirbt, hängt nach §§ 1616 ff. BGB - wie in der Regel auch die väterliche Abstammung (vgl. Art. 19 EGBGB, § 1592 BGB) und die Beteiligung des Vaters an der elterlichen Sorge (vgl. Art. 16 KSÜ, §§ 1626, 1626 a BGB) - im vorliegenden Fall davon ab, ob die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt miteinander verheiratet sind.

[25] aa) ... [27] bb) ... [29] cc) ... [34] 3. ... [35] a) ... [36] b) Für das weitere Verfahren weist der Senat auf Folgendes hin.

[37] aa) Das Beschwerdegericht wird aufklären müssen, ob eine Ehe der beteiligten Eltern bestand und besteht. Dabei sind im Freibeweisverfahren - wie bereits ausgeführt - außer dem Nachweis durch Urkunden auch weitere Beweismittel zulässig, insbesondere die Anhörung der Beteiligten nebst eidesstattlicher Versicherung (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Mai 2017 - XII ZB 126/15 - FamRZ 2017, 1337 Rn. 24). Sollte das Bestehen einer Ehe der Eltern auch nach einer ergänzenden Beweisaufnahme nicht feststellbar sein, verbleibt es dabei, dass das betroffene Kind nach § 1617 a Abs. 1 BGB den Namen der Mutter trägt. Das gilt unabhängig von dem zum Zeitpunkt der Geburt rechtmäßig zu führenden Namen der Mutter und eine von ihr etwa noch abzugebende Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB (vgl. Senatsbeschluss vom 3. Februar 2021 - XII ZB 391/19 - FamRZ 2021, 831 Rn. 19 f.).

[38] bb) Lässt sich entsprechend den Angaben der beteiligten Eltern die in Eritrea erfolgte Eheschließung dagegen feststellen, bleibt es auch dann bei der Anwendbarkeit des deutschen Namensrechts, zumal der Vater als Ehemann der als Flüchtling anerkannten Mutter in diesem Fall ebenfalls dem deutschen Personalstatut unterläge (§ 26 Abs. 1 und 5 AsylG iVm § 2 Abs. 1 AsylG, Art. 12 GFK). Demnach wäre die Namenserteilung nach § 1617 BGB nachzuholen und könnte der Name des Vaters noch zum Geburtsnamen des Kindes bestimmt werden.

[39] cc) Soweit es im Rahmen der Namenserteilung und der Eintragung der Eltern im Geburtenregister auf den konkret zu führenden Namen der Eltern ankommt, hat hinsichtlich des Namens der Mutter eine Angleichung zu erfolgen, weil diese als Flüchtling im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention dem deutschen Personalstatut unterliegt. Ob Gleiches auch im Hinblick auf den Vater gilt, hängt wiederum davon ab, ob das Bestehen einer in Eritrea geschlossenen Ehe der Eltern feststellbar ist.

[40] (1) Eine Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB ist seitens der Mutter offensichtlich nicht abgegeben worden, wovon auch die Rechtsbeschwerde ausgeht. Die Angleichung kann allerdings nach der Rechtsprechung des Senats jedenfalls dann von der Angleichungserklärung abgekoppelt werden, wenn der unter dem ausländischen Recht gebildete Name eines Statutenwechslers keine strukturelle Aufgliederung in Vornamen und Familiennamen, sondern etwa - wie im vorliegenden Fall - nur eine Kette von Eigennamen enthält. Denn der nach deutschem Recht gebildete bürgerliche Name einer natürlichen Person enthält zwingend einen Namensteil, der mit der Übertragbarkeit auf den Ehegatten und die Kinder auch die Aufgabe des Familiennamens erfüllen kann und einen anderen Namensteil, der als Vorname die Mitglieder einer Familie und allgemein die Träger des gleichen Familiennamens voneinander unterscheidbar macht. Unter deutschem Namensstatut ist die Führung eines Vornamens und eines Familiennamens ein unverzichtbares Ordnungs- und Unterscheidungskriterium. Staatlichen Ordnungsinterissen wird daher regelmäßig der Vorzug gegenüber dem Wunsch eines Ausländers an der funktionellen Kontinuität bei der Führung seines unter fremdem Recht ohne Familiennamen gebildeten Namens zu geben sein, so dass in diesen Fällen eine objektive Angleichung zwar unter möglicher Berücksichtigung der Wünsche des Namensträgers, aber gegebenenfalls auch gegen seinen Willen zu erfolgen hat (vgl. Senatsbeschluss vom 19. Februar 2014 - XII ZB 180/12 (IPRspr 2014-4) - FamRZ 2014, 741 Rn. 23 f. mwN; MünchKommBGB/Lipp 8. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 49). Das ergibt sich als „Angleichungszwang“ aus dem anwendbaren deutschen Namensrecht, das insbesondere mit der Zweigliedrigkeit von Vornamen und (Familien-)Namen zwingende Vorschriften für die Namensführung enthält (vgl. Solomon StAZ 2018, 265, 270; vgl. MünchKommBGB/Lipp 8. Aufl. Art. 10 EGBGB Rn. 47).

[41] Wie und mit welchen Rechtsfolgen eine objektive Angleichung konkret zu erfolgen hat, ist vom Senat bislang noch nicht entschieden worden. Im Interesse der Rechtsklarheit ist diese grundsätzlich beim erstmaligen Eintrag der betreffenden Person in einem deutschen Personenstandsregister durchzuführen, mithin durch das auch für die Entgegennahme der Angleichungserklärung zuständige Standesamt (Solomon StAZ 2018, 265, 274; NK-BGB/Mankowski 4. Aufl. Art. 47 EGBGB Rn. 50a). Erforderlichenfalls erfolgt die objektive Angleichung aufgrund gerichtlicher Entscheidung nach § 49 PStG. Die objektive Angleichung kann auch im Rahmen einer Berichtigung nach § 48 PStG vorgenommen werden. Ob und inwiefern die objektive Angleichung mit Blick auf die grundsätzlich unbefristet zulässige Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB Bindungswirkung entfaltet (vgl. Solomon StAZ 2018, 265, 275 mwN), braucht in der vorliegenden Fallkonstellation nicht entschieden zu werden.

[42] Demnach könnte im vorliegenden Fall allerdings eine objektive Angleichung des Namens der Mutter mit dem Haupteintrag im Geburtenregister bereits in der Weise erfolgt sein, dass sie als Familiennamen ihren zweiten Eigennamen (Tm.) führt, während der erste Eigenname ihr Vorname und der dritte Eigenname der Namenskette entfallen wäre. Dem widerspricht indessen der mit der Eintragung versehene Zusatz „Namensführung bzw. Identität nicht nachgewiesen“. Da jedenfalls mit der Identität auch der Name der betreffenden Person nicht nachgewiesen ist, kann die Eintragung nicht mit einer verbindlich wirkenden Angleichungserklärung gleichgesetzt werden und sind die Erfordernisse einer objektiven Angleichung noch nicht erfüllt.

[43] (2) Bei dem Namen des Vaters beanstandet die Rechtsbeschwerde zu Recht, dass der Vater vom Beschwerdegericht als Statutenwechsler behandelt worden ist. Denn zu einem Statutenwechsel kann es bezüglich seiner Person nur gekommen sein, wenn er mit der Mutter schon in Eritrea verheiratet war, was bislang nicht festgestellt worden ist.

[44] Ob schon der dem Vater zuerkannte subsidiäre Schutz zu einem Statutenwechsel führen kann, ist allerdings umstritten. Ein Teil der Literatur hat sich für eine Gleichsetzung des subsidiären Schutzes mit der Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft ausgesprochen (Mankowski IPRax 2017, 40, 43 f.; Zimmermann StAZ 2019, 376, 378). Dagegen wird überwiegend eine Gleichsetzung abgelehnt (VG Berlin StAZ 2022, 215 (IPRspr 2021-101); Budzikiewicz StAZ 2017, 289, 293 mwN; Hepting/Dutta Familie und Personenstand 4. Aufl. Rn. VI-43; Andrae Internationales Familienrecht 4. Aufl. § 1 Rn. 25; Grüneberg/Thorn BGB 82. Aufl. Anh. zu Art. 5 EGBGB Rn. 27). Die Frage kann für die Eintragung des Vaters erheblich werden, auch wenn die Erteilung seines Namens für das Kind nur noch unter der Voraussetzung möglich ist, dass die Eltern bei Geburt verheiratet waren und dem Vater in diesem Fall der Familienschutz nach § 26 Abs. 5 AsylG zugutekommt. Auch wenn sich hingegen die Eheschließung nicht feststellen lässt, kommt es im Umfang der zulässigen Berichtigung der Namen nach § 48 PStG darauf an, ob der Vater das Statut gewechselt hat und eine Angleichung nach Art. 47 EGBGB erforderlich ist oder ob er mit seinem eritreischen Namen einzutragen ist.

[45] Nach zutreffender Auffassung fehlt es für eine Anwendung des deutschen Personalstatuts aufgrund des subsidiären Schutzes an einer geeigneten Rechtsgrundlage. Für die allein in Betracht kommende analoge Anwendung von Art. 12 GFK mangelt es bereits an der erforderlichen Vergleichbarkeit. Der einer Person zuerkannte subsidiäre Schutz ist bloß vorläufiger Natur und begründet keine der Flüchtlingseigenschaft entsprechende Loslösung vom Heimatstaat. Dementsprechend differenziert auch die asylrechtliche Rechtslage bewusst zwischen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG und dem auf europarechtlichen Vorgaben beruhenden subsidiären Schutz nach § 4 AsylG (vgl. Bergmann in Bergmann/Dienelt Ausländerrecht 14. Aufl. § 4 AsylG Rn. 1). Insbesondere die mit der Anwendbarkeit des deutschen Personalstatus verbundene Erforderlichkeit einer Namensangleichung nach Art. 47 EGBGB erscheint dementsprechend für den bloß subsidiären Schutz nicht angemessen (vgl. Hepting/Dutta Familie und Personenstand 4. Aufl. Rn. VI-43).

[46] (3) Für die Eintragung der Mutter wird demnach eine - bislang noch nicht erfolgte - Angleichung zu erfolgen haben. Hierfür wird ihr zunächst noch Gelegenheit für eine Angleichungserklärung nach Art. 47 EGBGB zu geben sein. Gleiches gilt für den Vater, wenn sich feststellen lässt, dass die Eltern verheiratet sind und waren. Im letzten Fall wird sich der Name des Kindes nach dem von den Eltern gewählten Namen des Vaters richten, anderenfalls nach dem Namen der Mutter.

[47] (4) Dass ein nach dem Heimatrecht begründeter Name, der aus einer Kette von drei Eigennamen besteht, in einen Vornamen und einen aus den weiteren Eigennamen gebildeten Doppelnamen geändert werden kann, ist vom Senat bislang aufgrund der nach deutschem Namensrecht grundsätzlich nicht möglichen Bestimmung mehrerer Eigennamen zum Familiennamen auf Ausnahmefälle begrenzt worden. Dies könne gelten, wenn etwa infolge etablierter Verwaltungspraxis oder faktischer Namensführung im Alltag bereits eine entsprechende „Verfestigung“ eingetreten sei und sich ein „echter Doppelname“ gebildet habe (Senatsbeschluss vom 3. Dezember 2014 - XII ZB 101/14 (IPRspr 2014-2b) - FamRZ 2015, 477 Rn. 27 mwN). Für solche Umstände kommt es entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts allein auf die deutsche Rechtspraxis an, die sogenannte echte Doppelnamen grundsätzlich nicht vorsieht. Sollte die Gesetzeslage allerdings in näherer Zukunft insoweit eine Änderung erfahren, wie es etwa nach dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums für ein Gesetz zur Änderung des Ehenamens- und Geburtsnamensrechts vom 11. April 2023 (www.bmj.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/DE/ Namensrecht.html) der Fall wäre, wäre an den genannten Einschränkungen nicht mehr festzuhalten.

[48] (5) Im Ergebnis wird das Beschwerdegericht nach einer ergänzenden Aufklärung zur Eheschließung der Eltern wie folgt zu verfahren haben: Lässt sich eine Eheschließung feststellen, kann dem Kind der väterliche Name noch erteilt werden, wobei der Name des Vaters nach den vorstehenden Maßstäben anzugleichen ist, ebenso der Name der Mutter. Lässt sich die Eheschließung nicht feststellen, hat im Rahmen der Berichtigung der Schreibweisen und Wegfall des Zusatzes „Namensführung bzw. Identität nicht nachgewiesen“ nur eine Angleichung des Namens der Mutter und des von ihr dem Kind erteilten Namens stattzufinden und ist der Vater mit seinem eritreischen Namen einzutragen.

Fundstellen

LS und Gründe

BGHZ, 237/5, 315
FamRZ, 2023, 1618, mit Anm. Johanson
MDR, 2023, 1249
NZFam, 2023, 975, mit Anm. Löhnig
StAZ, 2023, 305
NJW, 2024, 509

Bericht

FamRB, 2023, 506
Soyka, FuR, 2023, 547
IPRax, 2024, V, Heft 3

nur Leitsatz

FF, 2023, 422
InfAusIR, 2024, 234

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2023-307

Lizenz

Copyright (c) 2024 Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Privatrecht
Creative-Commons-Lizenz Dieses Werk steht unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.
<% if Mpi.live? %> <% end %>