Hat die Beklagte ihren Wohnsitz im Ausland, so ergibt sich die Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO, sofern der Ort der unerlaubten Handlung im Inland belegen ist. Liegt der Erfolgsort ebenfalls im Inland, so ist gem. Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO deutsches Recht anzuwenden. [LS der Redaktion]
Der Kläger macht gegenüber den Beklagten Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich am 15.3.2021 in Rilchingen-Hanweiler ereignet hat. Er befuhr gegen 5.50 Uhr bei Dunkelheit und nasser Fahrbahn mit seinem Kraftrad die Konrad-Adenauer-Straße (gleichzeitig Bundesstraße 51) in Fahrtrichtung Verkehrskreisel B51/L106. In Höhe einer aus Klägersicht rechtsseitig an der Straße gelegenen Tankstelle kollidierte der Kläger, der zuvor einen Lkw überholt hatte, mit dem in Frankreich zugelassenen Fahrzeug des Zweitbeklagten, der die Straße in entgegengesetzter Richtung befuhr und nach links auf das Tankstellengelände abbiegen wollte. Der Zweitbeklagte ist französischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in Frankreich. Der Erstbeklagte ist das Deutsche Büro Grüne Karte.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Feststellung der gesamtschuldnerischen Einstandspflicht der Beklagten für alle unfallbedingten Schäden, soweit kein Forderungsübergang auf einen Sozialleistungsträger erfolgt ist, und deren Verurteilung zur Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von ... € nebst Zinsen. Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil der Feststellungsklage auf der Grundlage einer 80%-igen Mithaftung der Beklagten stattgegeben. Außerdem hat es die Beklagten als Gesamtschuldner zur Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten von ... € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 28.10.2021 verurteilt. Mit der Berufung verfolgen die Beklagten ihren Antrag auf Klageabweisung weiter.
[1]II.
[2]Die Berufung ist zulässig und teilweise begründet.
[3]1. Zutreffend, wenn auch unausgesprochen, ist das Landgericht von der internationalen Zuständigkeit deutscher Gerichte, die in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. BGHZ 210, 277 (IPRspr 2016-70b); 217, 350 (IPRspr 2018-274)), ausgegangen.
[4]a) Soweit der Kläger seine Klage gegen den Erstbeklagten richtet, der innerhalb der Bundesrepublik Deutschland an die Stelle des zuständigen Versicherers tritt und daher in gleicher Weise haftet wie der Kfz-Haftpflichtversicherer eines Kraftfahrzeugs mit regelmäßigem Standort im Inland (§§ 4, 6 AuslPflVG a.F.; zur Übergangsregelung vgl. § 20 AuslPflVG n.F.), kann dahinstehen, ob insoweit der Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO (Art. 1) eröffnet ist (zum grenzüberschreitenden Bezug bei (Wohn-)Sitz beider Parteien in demselben Mitgliedstaat vgl. zuletzt EuGH, Urteil vom 29. Juli 2024 – C-774/22, juris mit Anm. Ruks, jM 2024, 379 m.w.N.) oder ob sich die internationale (wie auch örtliche) Zuständigkeit ausschließlich nach den Regeln eines Inlandsfalles, mithin hier maßgeblich nach § 32 ZPO, bestimmt. Denn auch bei Anwendung der Brüssel Ia-VO wäre die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte – unabhängig vom Anwendungsbereich der Art. 7 Nr. 2, Art. 11 und 12 Brüssel Ia-VO – jedenfalls aufgrund rügeloser Einlassung der Erstbeklagten (Art. 26 Abs. 1 Brüssel Ia-VO) begründet worden (zu den Voraussetzungen der rügelosen Einlassung nach Art. 26 Abs. 1 Brüssel Ia-VO vgl. BGH, Urteil vom 19. Mai 2015 –
[5]b) Soweit die Klage gegen den Zweitbeklagten gerichtet ist, dessen Wohnsitz in Frankreich liegt, ist die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO begründet, wonach eine Person, die ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaates hat, in einem anderen Mitgliedstaat vor dem Gericht des Ortes, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist, verklagt werden kann, wenn – wie hier – eine unerlaubte Handlung oder eine Handlung, die einer unerlaubten Handlung gleichgestellt ist, oder wenn Ansprüche aus einer solchen Handlung den Gegenstand des Verfahrens bilden (zur Anwendbarkeit des Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO bei Verkehrsunfällen vgl. stellv. nur OLG Hamm, Urteil vom 20. Juni 2016 –
[6]2. ... 3. ... a) ... b) ... 4. Soweit das Landgericht deutsches Sachrecht zur Anwendung gebracht hat, ist auch dies im Ergebnis zutreffend. Allerdings ergibt sich die Anwendbarkeit des deutschen Sachrechts vorliegend nicht aus den Regelungen des EGBGB, sondern aus Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-VO) (vgl. Saarländisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. März 2019 –
[7]5. ...