Aus dem Umstand, dass ein Schadensersatzanspruch aufgrund einer Verletzung eines individuellen Arbeitsvertrags zwischen Privatpersonen einen Bezug zu steuerrechtlichen Fragen aufweist, folgt nicht, dass eine Steuersache iSv. Art. 1 I 2 VO 1215/2012 anzunehmen wäre. Bei einem Arbeitsrechtsstreit handelt es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit iSv. Art. 1 I 1 der VO 1215/2012.
Da nach Art. 25 I 1 letzter Halbs. der VO 1215/2012 die durch Vereinbarung gewählten Gerichte zuständig sind, „es sei denn, die Vereinbarung ist nach dem Recht dieses Mitgliedstaats materiell ungültig“, könnte einiges dafür sprechen, dass auch die Auslegung einer Gerichtsstandsvereinbarung nach dem Recht des Staats vorzunehmen ist, in dem sich das oder die prorogierten Gerichte befinden. [LS der Redaktion]
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger den Schaden zu ersetzen hat, der diesem dadurch entstanden ist, dass er sein von der Beklagten im Jahr 2011 erhaltenes Arbeitsentgelt in Deutschland versteuern musste. Die Beklagte bietet Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Entwicklung von Gas- und Öllagerstätten an. Sie hat ihren Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten in Dubai. Der Kläger wohnt in Berlin. Der Kläger war bei der Beklagten auf der Grundlage des „Auslandsarbeitsvertrags“ (Arbeitsvertrag) vom 10./11. Mai 2010 ab September 2010 als Niederlassungsleiter für das Fördergebiet Turkmenistan beschäftigt. Der Arbeitsvertrag beinhaltet eine Rechtswahl zugunsten deutschen Rechts und eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten deutscher Gerichte, örtlicher Gerichtsstand Düsseldorf. Der Kläger arbeitete im Jahr 2011 bis Mitte Februar in Turkmenistan und reiste anschließend nach Deutschland. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit 2011 außerordentlich fristlos. Die Kündigungen gingen dem Kläger in Deutschland zu. Mit Urteil vom 16.9.2011, das rechtskräftig geworden ist, stellte das Arbeitsgericht Düsseldorf fest, dass die Kündigungen unwirksam waren und verurteilte die Beklagte, den Kläger bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens als Niederlassungsleiter in Turkmenistan weiter zu beschäftigen. Der Kläger, der für eine Wiedereinreise nach Turkmenistan eine förmliche „Einladung“ benötigte, bat die Beklagte mit mehreren E-Mails in der Zeit von Ende Februar bis Mitte März 2011 um eine entsprechende Einladung. Die Beklagte sprach keine solche Einladung aus und setzte diesen nicht mehr in Turkmenistan ein. Nach dem rechtskräftigen Abschluss des vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf geführten Kündigungsschutzrechtsstreits zahlte sie bis einschließlich Oktober 2011 Annahmeverzugslohn an den Kläger. Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete am 30.12.2011 aufgrund einer wirksamen fristlosen Kündigung der Beklagten.
Mit Bescheid vom 17.12.2013 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag für den Kläger und seine mit ihm gemeinsam veranlagte Ehefrau für das Jahr 2011 fest. Der vom Kläger gegen diesen Bescheid erhobene Einspruch sowie sein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung und Stundung blieben ohne Erfolg. Im Januar 2014 leistete der Kläger die geforderte Steuernachzahlung zur Vermeidung der Zwangsvollstreckung. Mit rechtskräftigem Urteil vom 21.5.2019 wies das Finanzgericht die Klage des Klägers und seiner Ehefrau gegen den Steuerbescheid ab. 2014 hat der Kläger den vorliegenden Rechtsstreit beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingegangenen Klage eingeleitet. Das Arbeitsgericht hat mehrfach erfolglos versucht, die Klage der Beklagten auf diplomatischem Weg in Dubai zuzustellen. Die Zustellung der Klage gelang erst 2018 im Gütetermin vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf. Der Kläger hat zuletzt beantragt, die Beklagte zu verurteilen, zu zahlen. Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Das Arbeitsgericht hat dem Hilfsantrag zu 4. entsprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an den Kläger Schadensersatz zu zahlen. Im Übrigen hat es die Berufungen beider Parteien zurückgewiesen. Mit der Revision begehrt die Beklagte weiterhin die vollständige Klageabweisung.
[13] Die zulässige Revision der Beklagten ist begründet. Das Landesarbeitsgericht hat dem Kläger zu Unrecht Schadensersatz iHv. ... Euro nebst Zinsen zugesprochen. Die Klage ist zwar zulässig, insbesondere ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegeben. Die Klage ist allerdings unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Schadensersatz wegen der von ihm in Deutschland gezahlten Einkommensteuer aus dem hier als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB.
[14] A. Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend erkannt, dass die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte für die Klage gegeben ist.
[15] I. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist eine in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfende Sachurteilsvoraussetzung (BAG 12. Dezember 2017 -
[16] II. Vorliegend ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte unabhängig davon gegeben, ob die Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Europäischen Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Verordnung Nr. 44/2001; EuGVVO aF) oder die Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (Verordnung Nr. 1215/2012; EuGVVO nF) anzuwenden ist.
[17] 1. Die Verordnung Nr. 1215/2012 hebt nach ihrem Art. 80 Satz 1 die Verordnung Nr. 44/2001 auf und ersetzt diese. Nach Art. 66 Abs. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 gilt die Verordnung Nr. 44/2001 jedoch weiterhin für Entscheidungen, die in vor dem 10. Januar 2015 eingeleiteten gerichtlichen Verfahren ergehen (vgl. dazu EuGH 9. Dezember 2021 - C-242/20 - [HRVATSKE ŠUME] Rn. 23; 6. Juni 2019 - C-361/18 - [Weil] Rn. 24 f.).
[18] a) Der Gerichtshof der Europäischen Union hat insoweit - soweit ersichtlich - bisher nicht geklärt, ob es entsprechend Art. 32 Abs. 1 Satz 1 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem das verfahrenseinleitende Schriftstück bei Gericht eingereicht worden ist (so Geimer in Geimer/Schütze EuZivilVerfR 4. Aufl. EuGVVO Art. 66 Rn. 2; Zöller/Geimer ZPO 34. Aufl. Art. 66 EuGVVO Rn. 1), oder ob nach der lex fori dessen Zustellung maßgeblich ist (so Hk-ZPO/Dörner 9. Aufl. Art. 66 EuGVVO Rn. 2; offenlassend BGH 14. November 2017 -
[19] b) Im hier zu entscheidenden Rechtsstreit hat der Kläger die Klageschrift am 17. März 2014 beim Arbeitsgericht Düsseldorf eingereicht. Sofern auf diesen Zeitpunkt abzustellen sein sollte, wäre die Verordnung Nr. 44/2001 anzuwenden. Sofern es dagegen auf den Zeitpunkt der Zustellung der Klage am 26. Juli 2018 ankommen sollte, wäre die internationale Zuständigkeit nach der Verordnung Nr. 1215/2012 zu bestimmen. Im vorliegenden Verfahren kann indes dahinstehen, nach welcher Verordnung sich die internationale Zuständigkeit bestimmt, da nach beiden Verordnungen die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist.
[20] 2. Nach der Verordnung Nr. 1215/2012 sind die deutschen Gerichte international zuständig. Das folgt aus Art. 6 Abs. 1, Art. 23 und 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 iVm. der arbeitsvertraglichen Gerichtsstandsvereinbarung der Parteien.
[21] a) Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1215/2012 ist nach deren Art. 1 eröffnet. Bei dem Rechtsstreit handelt es sich um eine Zivilsache iSv. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1215/2012, eine Steuersache nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist entgegen der Rechtsauffassung der Beklagten nicht gegeben.
[22] aa) Der Begriff der „Zivil- und Handelssachen“ iSv. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist verordnungsautonom auszulegen (EuGH 15. November 2018 - C-308/17 - [Kuhn] Rn. 32; 22. Oktober 2015 - C-523/14 - [Aannemingsbedrijf Aertssen und Aertssen Terrassements] Rn. 29). Um festzustellen, ob ein Rechtsgebiet in den Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 1215/2012 fällt, müssen das zwischen den Parteien des Rechtsstreits bestehende Rechtsverhältnis bestimmt und die Grundlage der erhobenen Klage sowie die Modalitäten ihrer Erhebung geprüft werden (EuGH 9. März 2017 - C-551/15 - [Pula Parking] Rn. 34; 11. April 2013 - C-645/11 - [Sapir ua.] Rn. 34). Wie ua. aus dem 10. Erwägungsgrund der Verordnung Nr. 1215/2012 hervorgeht, verlangen die Erfordernisse, das reibungslose Funktionieren des Binnenmarkts zu gewährleisten und es im Interesse einer abgestimmten Rechtspflege zu vermeiden, dass in den Mitgliedstaaten miteinander unvereinbare Entscheidungen ergehen, eine weite Auslegung des genannten Begriffs der „Zivil- und Handelssachen“ (EuGH 16. Juli 2020 - C-73/19 - [Movic ua.] Rn. 34; 28. Februar 2019 - C-579/17 - [Gradbeništvo Korana] Rn. 47).
[23] bb) Danach handelt es sich bei dem Rechtsstreit der Parteien um eine Zivilsache iSv. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1215/2012, eine Steuersache nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 liegt - anders als die Beklagte meint - nicht vor. Eine Steuersache in diesem Sinn kann beispielsweise anzunehmen sein, wenn eine Behörde gegenüber einer Privatperson in Ausübung hoheitlicher Befugnisse tätig wird (vgl. EuGH 12. September 2013 - C-49/12 - [Sunico ua.] Rn. 34 ff.). Im vorliegenden Rechtsstreit streiten dagegen Privatpersonen über einen Schadensersatzanspruch aufgrund einer geltend gemachten Verletzung eines individuellen Arbeitsvertrags. Aus dem Umstand, dass der geltend gemachte Schadensersatzanspruch einen Bezug zu steuerrechtlichen Fragen aufweist, folgt nicht, dass eine Steuersache iSv. Art. 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1215/2012 anzunehmen wäre. Bei einem Arbeitsrechtsstreit handelt es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit iSv. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 (BAG 7. Mai 2020 -
[24] b) Der für die Anwendung der Verordnung Nr. 1215/2012 erforderliche Auslandsbezug ist gegeben (vgl. hierzu EuGH 3. Juni 2021 - C-280/20 - [Generalno konsulstvo na Republika Bulgaria] Rn. 30 ff.). Der Kläger hat seinen Wohnsitz in Berlin, während die Beklagte ihren Wohnsitz im Ausland hat. Nach Art. 63 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 haben juristische Personen für die Anwendung der Verordnung ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet. Danach hat die Beklagte keinen Wohnsitz in Deutschland, weil ihr Sitz in Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten liegt.
[25] c) Mangels Wohnsitzes der Beklagten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats richtet sich die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012. Danach bestimmt sich die Zuständigkeit des Gerichts eines jeden Mitgliedstaats zwar nach dessen eigenem Recht, wenn der Beklagte keinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat. Dies gilt allerdings nur vorbehaltlich der in Art. 18 Abs. 1, Art. 21 Abs. 2 und Art. 24 und 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 getroffenen Bestimmungen. Damit sind nach Art. 6 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 auch für Beklagte, die ihren Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat haben, die Regelungen in Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 über Gerichtsstandsvereinbarungen anzuwenden.
[26] d) Die Parteien haben in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags wirksam die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vereinbart. Die von ihnen in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags getroffene Gerichtsstandsvereinbarung wird den Vorgaben des Art. 25 der Verordnung Nr. 1215/2012 gerecht.
[27] aa) Nach Art. 25 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 muss sich die Gerichtsstandsvereinbarung auf eine entstandene Streitigkeit oder auf künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis entspringende Streitigkeiten beziehen (vgl. dazu EuGH 21. Mai 2015 - C-352/13 - [CDC Hydrogen Peroxide] Rn. 68). Zudem darf die Vereinbarung nach dem Recht dieses Mitgliedstaats nicht materiell nichtig sein. Die Regelung in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags entspricht dieser Vorgabe, denn sie bezieht sich auf künftige Streitigkeiten „aus und im Zusammenhang“ mit dem Arbeitsvertrag und damit aus einem bestimmten Rechtsverhältnis. Dafür, dass die Gerichtsstandsvereinbarung nach deutschem Recht materiell nichtig wäre, ist weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich.
[28] bb) Die Gerichtsstandsvereinbarung wurde auch formwirksam „schriftlich“ iSv. Art. 25 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 1215/2012 in einem von beiden Parteien unterzeichneten Arbeitsvertrag geschlossen.
[29] cc) Die in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags getroffene Gerichtsstandsvereinbarung ist nicht nach Art. 25 Abs. 4 iVm. Art. 15 oder Art. 19 der Verordnung Nr. 1215/2012 unwirksam; ebenso wenig sind andere als deutsche Gerichte nach Art. 24 der Verordnung Nr. 1215/2012 ausschließlich zuständig.
[30] (1) Die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung beurteilt sich, da es sich nicht um eine Klage in einer Versicherungssache iSv. Abschn. 3 des Kapitels II der Verordnung Nr. 1215/2012 handelt, nicht nach deren Art. 15. Eine ausschließliche Gerichtszuständigkeit anderer als der deutschen Gerichte nach Art. 24 der Verordnung Nr. 1215/2012 ist ebenfalls nicht gegeben.
[31] (2) Die in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags getroffene Gerichtsstandsvereinbarung ist auch nicht an den Vorgaben des Art. 19 der Verordnung Nr. 1215/2012 zu messen. Gegenstand des vorliegenden Verfahrens ist keine Verbrauchersache iSv. Art. 17 der Verordnung Nr. 1215/2012, vielmehr bildet ein Anspruch aus einem Arbeitsvertrag iSv. Art. 20 der Verordnung Nr. 1215/2012 den Gegenstand des Verfahrens, so dass sich die Wirksamkeit der Gerichtsstandsvereinbarung nicht nach Art. 19, sondern nach Art. 23 der Verordnung Nr. 1215/2012 bestimmt.
[32] (a) Nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1215/2012 liegt eine Verbrauchersache vor, wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, den eine Person, der Verbraucher, zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit dieser Person zugerechnet werden kann. Ob der Begriff „beruflich“ lediglich selbständige Tätigkeiten erfasst oder ob hierunter auch abhängige Tätigkeiten, insbesondere die Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis fallen, ist zwar streitig (vgl. zum Streitstand BAG 24. Juni 2020 -
[33] (b) Im vorliegenden Verfahren kann diese Frage allerdings dahinstehen, da die Parteien über einen Anspruch aus einem individuellen Arbeitsvertrag streiten, weshalb die im Abschn. 5 des Kapitels II der Verordnung Nr. 1215/2012 für individuelle Arbeitsverträge getroffenen Bestimmungen, hier Art. 23 der Verordnung Nr. 1215/2012 zur Anwendung kommen, die abschließenden Charakter haben (EuGH 25. Februar 2021 - C-804/19 - [Markt24] Rn. 33; 22. Mai 2008 - C-462/06 - [Glaxosmithkline und Laboratoires Glaxosmithkline] Rn. 18; BAG 24. Juni 2020 -
[34] (c) Nach dem verordnungsautonomen Verständnis setzt ein „individueller Arbeitsvertrag“ eine dauerhafte Beziehung voraus, durch die der Arbeitnehmer in einer bestimmten Weise in den Betrieb des Unternehmens oder des Arbeitgebers eingegliedert wird (EuGH 10. September 2015 - C-47/14 - [Holterman Ferho Exploitatie ua.] Rn. 39). Das wesentliche Merkmal des Arbeitsverhältnisses besteht darin, dass eine Person während einer bestimmten Zeit für eine andere Person nach deren Weisung Leistungen erbringt, für die sie als Gegenleistung eine Vergütung erhält (EuGH 25. Februar 2021 - C-804/19 - [Markt24] Rn. 25; 10. September 2015 - C-47/14 - [Holterman Ferho Exploitatie ua.] Rn. 41; BAG 24. Juni 2020 -
[35] dd) Die Gerichtsstandsvereinbarung in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags ist nicht nach Art. 25 Abs. 4 iVm. Art. 23 der Verordnung Nr. 1215/2012 unwirksam. Da die Gerichtsstandsvereinbarung vor der Entstehung der Streitigkeit getroffen wurde, richtet sich ihre Zulässigkeit nach Art. 23 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012. Danach kann von den Vorschriften dieses Abschnitts im Wege der Vereinbarung nur abgewichen werden, wenn sie dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen.
[36] (1) Insoweit wird teilweise die Auffassung vertreten, eine Gerichtsstandsvereinbarung iSv. Art. 23 Nr. 2 der Verordnung Nr. 1215/2012, die die Befugnis einräume, „andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen“, sei von vornherein ausgeschlossen, wenn eine ausschließliche Zuständigkeit vereinbart werde (Mankowski in AR-Blattei SD Arbeitsgerichtsbarkeit
[37] (2) Die Parteien haben in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags keine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart. Dies ergibt die Auslegung von Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags nach deutschem Recht und dabei nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen und vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB geltenden Grundsätzen.
[38] (a) Die Auslegung der in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags getroffenen Gerichtsstandsvereinbarung hat nach deutschem Recht zu erfolgen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich das für die Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung anwendbare Recht nach den Regelungen der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-Verordnung) - in unmittelbarer oder analoger Anwendung - oder nach dem am Ort des angerufenen Gerichts geltenden Recht (lex fori) bestimmt.
[39] (aa) Die Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung könnte sich nach dem für den Hauptvertrag, hier den Arbeitsvertrag im Übrigen anwendbaren Recht (Vertragsstatut) richten (BGH 10. Februar 2021 -
[40] (bb) Der Anwendungsbereich der Rom-I-Verordnung ist nach seinem Art. 1 Abs. 1 eröffnet. Danach gilt die Verordnung für vertragliche Schuldverhältnisse in Zivil- und Handelssachen, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen; sie gilt insbesondere nicht für Steuer- und Zollsachen sowie verwaltungsrechtliche Angelegenheiten. Bei dem Streit der Parteien um einen Schadensersatzanspruch aus einem Arbeitsverhältnis handelt es sich um eine Zivilsache iSv. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Rom-I-Verordnung, eine Steuersache liegt nicht vor. Das Arbeitsverhältnis der Parteien weist auch eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten auf.
[41] (cc) Die Rom-I-Verordnung ist auch in zeitlicher Hinsicht anwendbar. Nach ihrem Art. 28 wird die Rom-I-Verordnung auf Verträge angewandt, die ab dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind (vgl. dazu EuGH 18. Oktober 2016 - C-135/15 - [Nikiforidis] Rn. 31 ff.). Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde im Mai 2010 geschlossen.
[42] (dd) Die Parteien haben in Nr. 11.1 des Arbeitsvertrags wirksam vereinbart, dass der Arbeitsvertrag deutschem Recht unterliegt.
[43] (aaa) Nach Art. 3 Abs. 1 Satz 1 der Rom-I-Verordnung unterliegen Verträge nach dem Grundsatz der Vertragsautonomie im Kollisionsrecht dem von den Parteien gewählten Recht (vgl. EuGH 15. Juli 2021 - C-152/20 ua. - [SC Gruber Logistics] Rn. 36).
[44] (bbb) Die Rechtswahl der Parteien darf nach Art. 8 Abs. 1 Satz 2 der Rom-I-Verordnung allerdings nicht dazu führen, dass dem Arbeitnehmer der Schutz entzogen wird, der ihm durch Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Art. 8 Abs. 2 bis 4 der Rom-I-Verordnung mangels einer Rechtswahl auf den Vertrag anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf. Danach sind in einem ersten Schritt das mangels einer Rechtswahl anzuwendende Recht und die Vorschriften, von denen nach diesem Recht nicht abgewichen werden darf, zu ermitteln. In einem zweiten Schritt ist sodann das Schutzniveau, das dem Arbeitnehmer nach diesen Vorschriften zukommt, mit dem des von den Parteien gewählten Rechts zu vergleichen. Wenn das in diesen Vorschriften vorgesehene Schutzniveau einen besseren Schutz als das gewählte Recht gewährleistet, sind diese Vorschriften anzuwenden (EuGH 15. Juli 2021 - C-152/20 ua. - [SC Gruber Logistics] Rn. 27). Im Ergebnis ist demnach ein Günstigkeitsvergleich vorzunehmen zwischen den zwingenden Bestimmungen des objektiv anwendbaren Rechts, die dem Arbeitnehmer Schutz gewähren, und denen der gewählten Rechtsordnung (BAG 15. Dezember 2016 -
[45] (ccc) Hätten die Parteien keine Rechtswahl getroffen, wäre auf ihr Arbeitsverhältnis turkmenisches Recht anzuwenden.
[46] Ohne Rechtswahl unterliegt der Arbeitsvertrag nach Art. 8 Abs. 2 Satz 1 der Rom-I-Verordnung regelmäßig dem Recht des Staats, in dem der Arbeitnehmer gewöhnlich seine Arbeit verrichtet. Damit wäre auf das Arbeitsverhältnis bei objektiver Anknüpfung turkmenisches Recht anzuwenden, weil der Kläger seine Arbeitsleistung in Turkmenistan zu verrichten hatte. Aus Art. 8 Abs. 4 der Rom-I-Verordnung folgt nichts Abweichendes. Aus der Gesamtheit der Umstände ergibt sich nicht, dass das Arbeitsverhältnis eine engere Verbindung zu einem anderen Staat aufwiese, so dass das Recht dieses anderen Staats anzuwenden wäre.
[47] (ddd) Das Landesarbeitsgericht hat zutreffend angenommen, dass das turkmenische Haftungsrecht nicht erkennbar mit unabdingbaren Regelungen arbeitnehmerschützend über das deutsche Recht hinausgeht.
[48] Der unter Rn. 44 angeführte (Günstigkeits)Vergleich ist mit Blick auf die vom Landesarbeitsgericht ermittelten Vorschriften des turkmenischen Rechts durchzuführen. Zwar handelt es sich bei diesen nicht um „Tatsachen“, sondern um das anzuwendende (ausländische) Recht. Das Revisionsgericht darf deshalb auch ohne eine formelle Verfahrensrüge weitergehende Ermittlungen anstellen. Das ist jedoch nur dann geboten, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sich die Rechtslage nach dem ausländischen Recht anders darstellt, als vom Landesarbeitsgericht vorausgesetzt (BAG 21. März 2017 -
[49] Art. 207 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsgesetzbuchs Turkmenistans enthält eine Anspruchsgrundlage für den Ersatz von Schäden, die Arbeitnehmern infolge einer widerrechtlichen Arbeitsverhinderung oder Entlassung durch den Arbeitgeber entstehen. In diesem Fall ist nach Art. 210 des Arbeitsgesetzbuchs Turkmenistans der Schaden im Umfang des entgangenen Arbeitslohns zu ersetzen (Tiede/Baron OER 2011, 199, 205). Aus Art. 207 Abs. 2 Nr. 1 des Arbeitsgesetzbuchs Turkmenistans ergibt sich jedoch keine Anspruchsgrundlage für den vom Kläger begehrten Schadensersatz wegen eines Steuerschadens. Annahmeverzugsentgelt hat die Beklagte geleistet, dies ist zwischen den Parteien nicht streitig. Nach Art. 207 Abs. 2 Nr. 2 und 3 des Arbeitsgesetzbuchs Turkmenistans haften Arbeitgeber für Schäden, die sie Arbeitnehmern infolge einer Verletzung des Lebens, der Gesundheit oder des Eigentums schuldhaft zufügen (Tiede/Baron aaO). Eine Anspruchsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Vermögensschaden ergibt sich aus dieser Bestimmung ebenfalls nicht. Eine Regelung über die Haftung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer wegen eines Vermögensschadens infolge der Verletzung einer im Arbeitsvertrag vereinbarten Pflicht ist im turkmenischen Recht nicht ersichtlich.
[50] (b) Die Auslegung von Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags nach deutschem Recht hat - wie das Landesarbeitsgericht zutreffend angenommen hat - nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen und vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB geltenden Grundsätzen zu erfolgen.
[51] Bei den im Arbeitsvertrag getroffenen Vereinbarungen handelt es sich nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts jedenfalls um vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB. Diese sind - wie auch Allgemeine Geschäftsbedingungen iSv. § 305 Abs. 1 BGB - nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden werden, wobei nicht die Verständnismöglichkeiten des konkreten, sondern die des durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders zugrunde zu legen sind. Ansatzpunkt für die nicht am Willen der jeweiligen Vertragspartner zu orientierende Auslegung ist in erster Linie der Vertragswortlaut. Ist dieser nicht eindeutig, kommt es für die Auslegung entscheidend darauf an, wie der Vertragstext aus Sicht der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise zu verstehen ist (BAG 25. Februar 2021 -
[52] (c) Die Auslegung von Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen und vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB geltenden Grundsätzen ergibt, dass die Parteien keine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart, sondern dem Kläger die (zusätzliche) Befugnis eingeräumt haben, auch deutsche Gerichte anzurufen. Zwar bestimmt Art. 25 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 1215/2012, dass die Gerichte des gewählten Mitgliedstaats ausschließlich zuständig sind, sofern die Parteien nichts anderes vereinbart haben. Eine abweichende - nicht ausschließliche - Regelung muss danach aber nicht ausdrücklich getroffen werden; vielmehr reicht es aus, wenn sie hinreichend deutlich erkennbar ist (BeckOK ZPO/Gaier Stand 1. März 2022 Brüssel Ia-VO Art. 25 Rn. 64; Zöller/Geimer ZPO 34. Aufl. Art. 25 EuGVVO Rn. 1a; vgl. auch MüKoZPO/Gottwald 6. Aufl. Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 82). Dies ist vorliegend der Fall.
[53] (aa) Der Wortlaut von Nr. 11.2 Satz 1 des Arbeitsvertrags ist für sich betrachtet zwar wenig aussagekräftig. Die Formulierung, dass für Streitigkeiten aus und im Zusammenhang mit diesem Vertrag deutsche Gerichte zuständig sind, lässt offen, ob es sich um eine ausschließliche oder eine zusätzliche Zuständigkeit handelt.
[54] (bb) Dass die Parteien keine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart, sondern dem Kläger die (zusätzliche) Befugnis eingeräumt haben, auch deutsche Gerichte anzurufen, folgt allerdings aus dem in Nr. 11.2 Satz 2 des Arbeitsvertrags enthaltenen Vorbehalt „soweit dem nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen“. Hiermit wird deutlich zum Ausdruck gebracht, dass andere Gerichtsstände, die aufgrund von gesetzlichen Bestimmungen nicht verdrängt werden können, bestehen bleiben. Dieser Vorbehalt bezieht sich - wie auch das Landesarbeitsgericht angenommen hat - nicht nur auf die örtliche Zuständigkeit, sondern auf die Gerichtsstandsvereinbarung insgesamt und damit auch auf die internationale Zuständigkeit. Aus dem Umstand, dass in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags im ersten Satz die internationale und im zweiten Satz die örtliche Zuständigkeit angesprochen sind und der og. Vorbehalt („soweit … nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen“) erst im zweiten Satz enthalten ist, folgt nichts Abweichendes.
[55] (aaa) Für die Annahme, dass die Parteien keine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart, sondern dem Kläger die (zusätzliche) Befugnis eingeräumt haben, auch deutsche Gerichte anzurufen, spricht bereits der unmittelbare Kontext des in Nr. 11.2 Satz 2 des Arbeitsvertrags enthaltenen Vorbehalts (zur Berücksichtigung des Kontextes einer Allgemeinen Geschäftsbedingung vgl. etwa BGH 10. Juni 2020 -
[56] (bbb) Ein solches Verständnis der Gerichtsstandsvereinbarung entspricht auch der engen rechtlichen Verknüpfung der internationalen und der örtlichen Dimension des Gerichtsstands. Nach deutschem Recht folgt die internationale Zuständigkeit grundsätzlich der örtlichen Zuständigkeit. Fällt ein Rechtsstreit in die örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, ist die internationale Zuständigkeit regelmäßig indiziert und sind die deutschen Gerichte auch im Verhältnis zu einem ausländischen Gericht zuständig (BAG 24. Juni 2020 -
[57] (ccc) Für die Annahme, dass der Vorbehalt „soweit dem nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen“ in Nr. 11.2 Satz 2 des Arbeitsvertrags nicht nur die örtliche Zuständigkeit, sondern auch die internationale Zuständigkeit betrifft, spricht auch sein Zweck. Dieser geht dahin, die Gerichtsstandsklausel in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags insgesamt abzusichern. Das mit Nr. 11.2 Satz 2 des Arbeitsvertrags verfolgte Ziel, einen örtlichen Gerichtsstand in Düsseldorf zu begründen, kann nämlich nur erreicht werden, wenn auch die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte wirksam vereinbart ist. Das schließt es aus, die Bedeutung des Vorbehalts auf die örtliche Zuständigkeit zu beschränken. Eine Absicherung der örtlichen Zuständigkeit wäre sinnentleert, wenn bereits die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nicht wirksam vereinbart wäre.
[58] (ddd) Für die Auslegung von Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags dahin, dass sich der Vorbehalt in Satz 2 „soweit dem nicht zwingende gesetzliche Bestimmungen entgegenstehen“ auch auf die internationale Zuständigkeit bezieht, spricht ferner die Regelung in Nr. 11.1 des Arbeitsvertrags. Die dort vereinbarte Geltung deutschen Rechts wird ebenfalls abgesichert durch einen Vorbehalt, nach dem die Vereinbarung nur gelten soll, soweit zwingende gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen. Nach alledem ist für die typischerweise an Auslandsverträgen beteiligten Verkehrskreise hinreichend deutlich erkennbar, dass sämtliche in Nr. 11 des Arbeitsvertrags getroffenen Vereinbarungen nur Geltung beanspruchen, soweit gesetzliche Bestimmungen nicht entgegenstehen. Das betrifft neben der Rechtswahl die Gerichtsstandsvereinbarung sowohl in internationaler als auch in örtlicher Hinsicht.
[59] (eee) Für die Annahme, Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags regele nur eine ergänzende internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte, spricht schließlich die Interessenlage der typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Verkehrskreise. Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte entspricht dem typischen Interesse in Deutschland wohnender und im Ausland für eine ausländische Arbeitgeberin arbeitender Arbeitnehmer. Ihnen wird damit ermöglicht, an einem Gericht in Deutschland gegen die Arbeitgeberin gerichtlich vorzugehen. Dadurch wird eine gerichtliche Rechtsdurchsetzung idR erheblich vereinfacht. Um dieses Ziel zu erreichen, genügt es allerdings, eine zusätzliche Klagemöglichkeit in Deutschland zu begründen. Eine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte ist dagegen nicht erforderlich. Aus Sicht der betroffenen ausländischen Arbeitgeber ist es ebenfalls nicht notwendig, für den klagenden Arbeitnehmer die Möglichkeit auszuschließen, am Sitz des Unternehmens im Ausland zu klagen.
[60] 3. Sofern die internationale Zuständigkeit im vorliegenden Rechtsstreit nach der Verordnung Nr. 44/2001 zu bestimmen sein sollte, wären ebenfalls deutsche Gerichte zuständig.
[61] a) Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung Nr. 44/2001 ist nach deren Art. 1 eröffnet. Bei dem Rechtsstreit handelt es sich um eine Zivilsache iSv. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 44/2001. Insbesondere liegt keine Steuersache nach Art. 1 Abs. 1 Satz 2 der Verordnung Nr. 44/2001 vor. Der auch nach der Verordnung Nr. 44/2001 erforderliche Auslandsbezug ist gegeben. Insoweit ergeben sich keine Abweichungen gegenüber den unter Rn. 21 ff. angeführten Vorgaben der Verordnung Nr. 1215/2012.
[62] b) Mangels Wohnsitzes der Beklagten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats richtet sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001. Danach bestimmt sich die Zuständigkeit der Gerichte eines jeden Mitgliedstaats zwar nach dessen eigenen Gesetzen, dies gilt allerdings nur vorbehaltlich der Art. 22 und 23 der Verordnung Nr. 44/2001. Damit sind auch nach Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 44/2001 auch für Beklagte, die - wie hier - ihren Wohnsitz nicht in einem Mitgliedstaat haben, die Regelungen in Art. 23 der Verordnung Nr. 44/2001 über Gerichtsstandsvereinbarungen anzuwenden.
[63] c) Die von den Parteien in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags getroffene Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten deutscher Gerichte wird auch den Vorgaben von Art. 23 der Verordnung Nr. 44/2001 gerecht.
[64] aa) Die Voraussetzung des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 44/2001, dass mindestens eine Partei ihren Wohnsitz im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats hat, ist erfüllt. Die Gerichtsstandsvereinbarung betrifft auch eine künftige aus einem bestimmten Rechtsverhältnis - dem Arbeitsverhältnis - entspringende Rechtsstreitigkeit iSv. Art. 23 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung Nr. 44/2001.
[65] bb) Die Gerichtsstandsvereinbarung ist schriftlich iSv. Art. 23 Abs. 1 Satz 3 Buchst. a der Verordnung Nr. 44/2001 in dem von beiden Parteien unterzeichneten Arbeitsvertrag geschlossen worden.
[66] cc) Die in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags getroffene Gerichtsstandsvereinbarung wird auch den Vorgaben des Art. 23 Abs. 5 der Verordnung Nr. 44/2001 gerecht. Danach haben ua. Gerichtsstandsvereinbarungen keine rechtliche Wirkung, wenn sie den Vorschriften der Art. 13, 17 und 21 zuwiderlaufen oder wenn die Gerichte, deren Zuständigkeit abbedungen wird, aufgrund des Art. 22 ausschließlich zuständig sind.
[67] (1) Die Gerichtsstandsvereinbarung läuft nicht Art. 13 und 17 der Verordnung Nr. 44/2001 zuwider, denn sie betrifft - wie bereits unter Rn. 30 ff. zur Verordnung Nr. 1215/2012 ausgeführt - weder Versicherungssachen noch Verbrauchersachen. Durch die Gerichtsstandsvereinbarung wird auch kein ausschließlicher Gerichtsstand iSv. Art. 22 der Verordnung Nr. 44/2001 abbedungen.
[68] (2) Die Anforderungen von Art. 23 Abs. 5 iVm. Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001 sind ebenfalls erfüllt.
[69] Nach Art. 21 der Verordnung Nr. 44/2001, der auf Gerichtsstandsvereinbarungen Anwendung findet, wenn - wie hier - ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag den Gegenstand des Verfahrens bilden, kann von den Vorschriften des Abschn. 5 des Kapitels II über die „Zuständigkeit für individuelle Arbeitsverträge“ nur abgewichen werden, wenn die Vereinbarung nach der Entstehung der Streitigkeit getroffen wird oder sie dem Arbeitnehmer die Befugnis einräumt, andere als die in diesem Abschnitt angeführten Gerichte anzurufen. Diese Anforderung ist vorliegend erfüllt. Die Auslegung der in Nr. 11.2 des Arbeitsvertrags enthaltenen Gerichtsstandsklausel nach deutschem Recht und dabei nach den für Allgemeine Geschäftsbedingungen bzw. vorformulierte Vertragsbedingungen iSv. § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB geltenden Grundsätzen ergibt, dass die Parteien - wie bereits unter Rn. 37 ff. zu der wortgleichen Bestimmung in Art. 23 der Verordnung Nr. 1215/2012 ausgeführt - keine ausschließliche Zuständigkeit deutscher Gerichte vereinbart, sondern dem Kläger die (zusätzliche) Befugnis eingeräumt haben, auch deutsche Gerichte anzurufen.
[70] B. Entgegen der Annahme des Landesarbeitsgerichts ist die Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger Schadensersatz nach der hier als Anspruchsgrundlage allein in Betracht kommenden Regelung in § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB zu leisten ...