Die Ermittlung maßgeblichen ausländischen Rechts obliegt dem Tatrichter von Amts wegen. Der Ermittlungspflicht aus § 293 ZPO genügt ein Gericht (hier: Landesarbeitsgericht) nicht, wenn es ohne Auseinandersetzung mit den der Berechnung von Steuersätzen (hier: seitens der französischen Finanzbehörde) zugrunde liegenden Parametern und Rechtsvorschriften lediglich einen ermittelten Wert übernimmt. [LS der Redaktion]
Die Parteien streiten über die Berechnung der Aufstockungsbeträge im Rahmen ihres Altersteilzeitarbeitsverhältnisses. Der verheiratete Kl. ist französischer Staatsangehöriger. Er hat seinen Wohnsitz in Frankreich und war als sog. Grenzgänger im Sinne des Doppelbessteuerungsabkommens zwischen Deutschland und Frankreich (21.7.1959) im Werk der Bekl. in [Deutschland] beschäftigt; seine Einkünfte aus der Tätigkeit bei der Bekl. waren nicht dem Lohnsteuerabzugsverfahren unterworfen.
Auf der Grundlage der GBV 2009 errechnete die Bekl. auch für die Grenzgänger den jeweiligen mtl. Aufstockungsbetrag. Dabei wurde eine fiktive Lohnsteuer berücksichtigt. Mit seiner Klage hat der Kl. zuletzt für den Zeitraum vom 1.2.2010 bis einschl. August 2012 von der Bekl. die Zahlung eines zusätzlichen Aufstockungsbetrags i.H.v. mtl. 333,34 Euro, insges. somit 10 333,54 Euro nebst Zinsen begehrt. Er hat gemeint, die Berücksichtigung einer fiktiven Lohnsteuer im Rahmen der Berechnung der Altersteilzeitvergütung diskriminiere ihn aufgrund seiner Staatsangehörigkeit.
Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat auf die Berufung des Kl. das Urteil des ArbG teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen die Bekl. verurteilt, an den Kläger 8 218,54 Euro nebst Zinsen zu zahlen. Hiergegen wendet sich die Bekl. mit ihrer Revision.
[1]A. ... II. ... 2. ... e) ... [32] cc) Das hat das LAG übersehen. Es hat, indem es unterlassen hat, sich mit den Normen des französischen Steuerrechts zu befassen, seine tatrichterliche Ermittlungspflicht aus § 293 Satz 2 ZPO verletzt. Das ausländische Recht hat der Tatrichter von Amts wegen zu ermitteln (BGH, 25.10.2006 – VII ZB 24/06 (IPRspr 2006-161), Rz. 18 m.w.N.; vgl. auch BAG, 15.4.2008 – 9 AZR 159/07, Rz. 40). In welcher Weise er sich nach § 293 ZPO die notwendigen Erkenntnisse verschafft, liegt in seinem pflichtgemäßen Ermessen. Die Anforderungen sind umso größer, je detaillierter die Verfahrensbeteiligten eine ausländische Rechtspraxis vortragen. Vom Revisionsgericht überprüft werden darf lediglich, ob der Tatrichter sein Ermessen fehlerfrei ausgeübt, insbesondere die sich anbietenden Erkenntnisquellen ausgeschöpft hat. Gibt die angefochtene Entscheidung keinen Aufschluss darüber, dass der Tatrichter seiner Pflicht nachgekommen ist, das ausländische Recht zu ermitteln, wie es in Rspr. u. Lit. Ausdruck und in der Praxis Anwendung findet, ist revisionsrechtlich davon auszugehen, dass eine ausreichende Erforschung des ausländischen Rechts verfahrensfehlerhaft unterblieben ist (BGH, 25.10.2006 aaO). Das LAG hat ohne Auseinandersetzung mit den der Berechnung der Steuersätze zugrunde liegenden Parametern und Rechtsvorschriften lediglich einen von der französischen Finanzbehörde ermittelten Wert übernommen. Darin liegt keine Ermittlung von Rechtsnormen im Sinne des § 293 ZPO. Die dieser Berechnung zugrunde liegenden Rechtsnormen hat das LAG, das davon ausging, es komme auf die Einzelheiten der Bescheide und damit auch auf die dem errechneten Steuersatz zugrunde liegenden Umstände und Rechtsvorschriften nicht an, gerade nicht ermittelt.