Unterhalten international tätige Unternehmen (hier: in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach kanadischem Recht) in Deutschland weder eine Zweigniederlassung noch eine Agentur oder sonstige Niederlassung im Sinne von Art. 18 II EuGVO alter Fassung und gibt es keine vorrangigen Regelungen in internationalen Verträgen oder Übereinkommen, richtet sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Arbeitsgerichte gemäß Art. 4 II EuGVO nach der örtlichen Zuständigkeit im deutschen Recht.
Für einen vor Inkrafttreten der Rom-I-VO geschlossenen Vertrag ergibt sich eine stillschweigende Rechtswahl nach Art. 27 I 1 EGBGB alter Fassung, wenn die Parteien während des Rechtsstreits übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts ausgehen. [LS von der Redaktion neu gefasst]
Die Parteien streiten darüber, ob die Bekl. verpflichtet ist, die Betriebsrente der Kl. anzupassen. Die Bekl. ist eine weltweit tätige Fluggesellschaft in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft nach kanadischem Recht. Sie erstellt Jahresabschlüsse nach den „International Financial Reporting Standards“. Die Kl. war von April 1967 bis Juli 2005 bei der Bekl. am Flughafen Frankfurt a.M. beschäftigt. Für die Kl. gilt aufgrund arbeitsvertraglicher Bezugnahme die betriebseigene Altersversorgung A Versorgungsordnung Deutschland, nach deren Regel 24 (Anpassungen) die laufenden Rentenzahlungen alle drei Jahre von der Gesellschaft überprüft und nach freiem Ermessen gemäß den deutschen Rentenbestimmungen angepasst werden. 2010, 2012 und 2013 passte die Bekl. die Betriebsrenten der deutschen Versorgungsempfänger – auch die von der Kl. seit 2005 bezogene – nicht an. Nachdem die Bekl. die Betriebsrente auch zum 1.1.2013 nicht erhöht hatte, forderte die Kl. im Februar 2013 eine Anpassung ihrer Betriebsrente seit Renteneintritt und Nachzahlung rückständiger Betriebsrente ab dem 1.1.2012. Mit ihrer Klage hat die Kl. eine Erhöhung ihrer Ausgangsrente begehrt.
Das ArbG hat die Klage abgewiesen. Das LAG hat die Berufung der Kl. zurückgewiesen. Mit der Revision verfolgt die Kl. ihre Klageanträge weiter.
[11] Die zulässige Revision der Kl. ist teilweise begründet ...
[20] II. Die Revision ist unbegründet, soweit die Kl. einen Anspruch auf Anpassung ihrer Betriebsrente zu den Stichtagen 1.1.2010, 1.1.2011 und 1.1.2013 begehrt. Ob die Bekl. verpflichtet ist, die Betriebsrente der Kl. zum Stichtag 1.1.2012 anzupassen, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LAG nicht abschließend beurteilen.
[21] 1. Die Klage ist zulässig.
[22] a) Die deutschen Gerichte für Arbeitssachen sind für den Rechtsstreit international zuständig. Diese Sachurteilsvoraussetzung ist in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. BAG, 21.3.2017 – 7 AZR 207/15 (IPRspr 2017-104), Rz. 57 m.w.N., BAGE 158, 266).
[23] Für das seit dem 2.12.2013 anhängige Verfahren ist nach Art. 66 II EuGVO noch die EuGVO a.F. anwendbar. Ob sich die Zuständigkeit der deutschen Gerichte aus Art. 19 Nr. 1 i.V.m. Art. 18 II EuGVO a.F. ergibt, kann dahinstehen. Selbst wenn dies nicht der Fall sein sollte, richtete sich die internationale Zuständigkeit – in Ermangelung vorrangiger Regelungen in internationalen Verträgen oder Übereinkommen zwischen Deutschland und Kanada – gemäß Art. 4 EuGVO a.F. nach nationalem, also deutschem Recht und daher nach der örtlichen Zuständigkeit (vgl. BAG, 15.12.2016 – 6 AZR 430/15 (IPRspr 2016-103), Rz. 20; vgl. zu einem Beklagten mit Wohnsitz in Kanada: BGH, 24.4.1996 – IV ZR 263/95 (IPRspr. 1996 Nr. 115b) m.w.N.). Damit sind die deutschen Gerichte zumindest deshalb zuständig, weil die Kl. ihre Arbeit als Customer Service Manager gewöhnlich am Flughafen Frankfurt a.M. und damit in Deutschland verrichtet hat (§ 48 I lit. a ArbGG) ...
[25] 2. Die Klage ist unbegründet, soweit die Kl. eine Anpassung ihrer Betriebsrente zu den Stichtagen 1.1.2010, 1.1.2011 und 1.1.2013 geltend macht. Ob die Bekl. verpflichtet ist, die Betriebsrente der Kl. zum Stichtag 1.1.2012 anzupassen, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen nicht entscheiden.
[26] a) Ob der Kl. ein Anspruch auf die begehrten Anpassungen zusteht, ist nach deutschem Recht zu beurteilen.
[27] aa) Das auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbare materielle Recht bestimmt sich nach Art. 27 ff. EGBGB (i.d.F. der Bek. vom 21.9.1994, BGBl. I 2494, ber. am 5.5.1997, BGBl. I 1061, aufgehoben durch G. vom 25.6.2009, BGBl. I 1574; nachfolgend: EGBGB a.F.). Die Rom-I-VO findet gemäß ihrem Art. 28 keine Anwendung. Der Arbeitsvertrag der Parteien wurde am 7.2.1967 und somit vor dem 17.12.2009 geschlossen. Altverträge unterstehen weiter dem bisherigen Recht (vgl. BAG, 19.3.2014 – 5 AZR 252/12 (B) (IPRspr 2014-74), Rz. 18 m.w.N., BAGE 147, 342; 25.6.2013 – 3 AZR 138/11 (IPRspr 2013-191), Rz. 37 m.w.N.).
[28] bb) Die Parteien haben die Anwendung des deutschen Rechts wirksam vereinbart.
[29] (1) Nach Art. 27 I 1 EGBGB a.F. unterliegt ein Vertrag dem von den Parteien gewählten Recht. Die Rechtswahl muss nicht ausdrücklich erfolgen. Sie kann sich konkludent aus den Bestimmungen des Vertrags oder aus den Umständen des Einzelfalls ergeben. Gehen die Parteien während eines Rechtsstreits übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts aus, so liegt darin regelmäßig eine stillschweigende Rechtswahl (vgl. etwa BAG 19.3.2014 aaO Rz. 20 m.w.N.).
[30] (2) Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Die Parteien sind im Prozess stets übereinstimmend von der Anwendung deutschen Rechts ausgegangen. Bereits deshalb ist anzunehmen, dass sie entweder von vornherein ihre Vertragsbeziehungen deutschem Recht unterstellen wollten oder dieser Wille jedenfalls jetzt übereinstimmend bei ihnen besteht (vgl. etwa BAG 19.3.2014 aaO Rz. 21 m.w.N.).
[31] (3) Diese Rechtswahl ist auch wirksam ...
[33] (b) Die getroffene Rechtswahl bewirkt nicht, dass der Kl. der Schutz zwingender Bestimmungen des ohne Rechtswahl anzuwendenden Rechts entzogen wird. Denn auch bei unterbliebener Rechtswahl der Parteien fände vorliegend nach Art. 30 II Nr. 1 EGBGB a.F. das deutsche Recht Anwendung. Da eine engere Verbindung ‚zu einem anderen Staat’ nicht ersichtlich ist, wäre danach das Recht des gewöhnlichen Arbeitsorts anzuwenden. Die Kl. hat in Erfüllung ihres Arbeitsvertrags ihre Arbeitsleistung als Customer Service Manager gewöhnlich am Flughafen Frankfurt a.M. und damit in Deutschland verrichtet. Damit wäre auch ohne Rechtswahl das deutsche Recht maßgeblich.