Bei Ruhegeldleistungen aus einem Pensionsplan kann es sich um Ansprüche „aus einem individuellen Arbeitsvertrag“ im Sinne des Art. 18 I EuGVO handeln. Auch Ansprüche aus einer vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage, mit der dieser sich verpflichtet, dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Betriebsrente zu zahlen, fallen in den Anwendungsbereich des Art. 18 I EuGVO. [LS der Redaktion]
[Das Zwischenurteil der Vorinstanz – Hess. LAG vom 10.11.2010 (8 Sa 336/10) – wurde bereits im Band IPRspr. 2010 unter der Nr. 205 abgedruckt.]
Die Bekl. ist die Konzernobergesellschaft der B-Gruppe. Sie hat ihren Sitz in Princeton, USA. Über eine Reihe von ausländischen Gesellschaften betreibt die Bekl. weltweit Sprachschulen unter dem Markenzeichen „B“. Das „European Division Headquarter“ nimmt für verschiedene Ländergesellschaften Koordinierungs- und Unterstützungsaufgaben wahr. Zu der „European Division“ gehört auch die in Deutschland tätige B D GmbH, deren alleinige Gesellschafterin eine Tochtergesellschaft der Bekl. ist. Die B D GmbH hatte ihren Sitz urspr. in Eschborn und hat ihn jetzt in Frankfurt/Main. Das „European Division Headquarter“ befindet sich in den Räumlichkeiten der B D GmbH. Der Kl. stand von 1984 bis 2009 in einem Arbeitsverhältnis mit der B D GmbH. Er leitete zuletzt bis zu seiner Freistellung Mitte September 2001 das „European Division Headquarter“ als „Division Vice President Europe“. Sein Gehalt erhielt er von der B D GmbH. Die anderen im „European Division Headquarter“ tätigen Mitarbeiter waren ebenfalls bei der B D GmbH angestellt. Die Bekl. sagte dem Kl. 1996 eine Altersversorgung nach einem „Supplemental Executive Retirement Plan“ (im Folgenden: Pensionsplan) zu. Nach einer Klausel des Pensionsplans unterliegen dieser selbst und seine Auslegung den Gesetzen des Bundesstaats New York. Im September 2001 kündigte die B D GmbH das Arbeitsverhältnis des Kl. Die hiergegen gerichtete Kündigungsschutzklage des Kl. war in beiden Instanzen erfolgreich. In der gleichen Zeit kündigte die Bekl. ein Beschäftigungsverhältnis mit dem Kl. als „Vice President“. Die gegen diese Kündigung gerichtete Klage des Kl. wurde rechtskräftig als unzulässig abgewiesen. Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kl. von der Bekl. die Zahlung einer monatlichen Betriebsrente.
Das ArbG hat die Klage als unzulässig abgewiesen. Das LAG hat durch ZU die Zulässigkeit der Klage festgestellt. Mit der Revision begehrt die Bekl. die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.
[1]Die Revision der Bekl. ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Zwischenurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LAG (§ 563 I ZPO). Auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen kann der Senat nicht abschließend entscheiden, ob die Klage zulässig ist. Hierzu bedarf es weiterer tatrichterlicher Feststellungen und Würdigungen.
[2]I. Mit der vom Berufungsgericht gegebenen Begründung kann die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nicht angenommen werden. Ob die deutschen Gerichte für den Rechtsstreit zuständig sind, bedarf noch weiterer Aufklärung.
[3]1. Die internationale Zuständigkeit folgt grundsätzlich der örtlichen Zuständigkeit nach den §§ 12 ff. ZPO. Fällt ein Rechtsstreit nach den §§ 12 ff. ZPO in die örtliche Zuständigkeit eines deutschen Gerichts, ist die internationale Zuständigkeit regelmäßig indiziert und sind die deutschen Gerichte auch im Verhältnis zu einem ausländischen Gericht zuständig. Allerdings sind bei der Beurteilung der internationalen Zuständigkeit insbesondere die Regelungen der EuGVO zu beachten. Die EuGVO ist seit ihrem Inkrafttreten am 1.3.2002 in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar. Sie geht nationalem Recht im Rang vor (BAG, 20.12.2012 – 2 AZR 481/11 (IPRspr 2012-201), Rz. 19; 8.12.2010 – 10 AZR 562/08 (IPRspr 2010-206), Rz. 15; 24.9.2009 – 8 AZR 306/08 (IPRspr 2009-184), Rz. 26, BAGE 132, 182).
[4]2. Der sachliche Anwendungsbereich der Verordnung nach Art. 1 I 1 EuGVO ist eröffnet. Danach gilt die EuGVO mit Ausnahme der in Art. 1 II EuGVO ausdrücklich angegebenen Rechtsbereiche für alle Rechtsstreitigkeiten in Zivil- und Handelssachen. Bei den vom Kl. geltend gemachten Ansprüchen aus dem Pensionsplan handelt es sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit.
[5]3. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach der EuGVO könnte sich vorliegend nur aus Art. 19 Nr. 1 i.V.m. Art. 18 II EuGVO ergeben. Ob die Voraussetzungen dieser Bestimmungen gegeben sind, kann der Senat auf der Grundlage der bisherigen tatrichterlichen Feststellungen nicht abschließend entscheiden.
[6]a) Nach Art. 19 Nr. 1 EuGVO kann ein Arbeitgeber vom Arbeitnehmer vor den Gerichten des Mitgliedstaats verklagt werden, in dem der Arbeitgeber seinen Wohnsitz hat. Die Anwendbarkeit dieser Bestimmung setzt voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein individueller Arbeitsvertrag oder Ansprüche aus einem individuellen Arbeitsvertrag sind (Art. 18 I EuGVO; vgl. EuGH, Urt. vom 19.7.2012 – Ahmed Mahamdia ./. République algérienne démocratique et populaire, Rs C-154/11, Rz. 10). Gesellschaften und juristische Personen haben ihren Wohnsitz an dem Ort, an dem sich ihr satzungsmäßiger Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung befindet (Art. 60 I EuGVO). Darüber hinaus bestimmt Art. 18 II EuGVO, dass derjenige Arbeitgeber, der mit dem Arbeitnehmer einen individuellen Arbeitsvertrag geschlossen hat und der im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats eine Zweigniederlassung, Agentur oder sonstige Niederlassung besitzt, für Streitigkeiten aus deren Betrieb so behandelt wird, als hätte er seinen Wohnsitz im Hoheitsgebiet des Mitgliedstaats. Für diesen Fall setzt die EuGVO eine Niederlassung dem Wohnsitz gleich. Folglich kann nach Art. 19 Nr. 1 EuGVO der ‚externe’, nicht in einem Mitgliedstaat ansässige Arbeitgeber in dem Mitgliedstaat verklagt werden, in dem er seine Niederlassung hat, sofern Streitigkeiten aus ihrem Betrieb vorliegen (vgl. BAG, 13.11.2007 – 9 AZR 134/07 (IPRspr 2007-50), Rz. 71, BAGE 125, 24).
[7]b) Die Bekl. hat ihren Sitz in den USA und nicht in einem Mitgliedstaat. Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach Art. 19 Nr. 1 i.V.m. Art. 18 EuGVO kann daher nur gegeben sein, wenn zwischen den Parteien ein Arbeitsvertrag bestanden hat, Gegenstand des Verfahrens Ansprüche aus diesem sind, die Bekl. in der Bundesrepublik Deutschland eine Niederlassung im Sinne des Art. 18 II EuGVO unterhält und den Gegenstand des Rechtsstreits eine Streitigkeit aus dem Betrieb dieser Niederlassung bildet. Auf der Grundlage des bisher festgestellten Sachverhalts konnte das LAG nicht davon ausgehen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
[8]aa) Die Anwendung des Art. 19 Nr. 1 i.V.m. Art. 18 II EuGVO scheitert allerdings nicht schon daran, dass der Kl. Ruhegeldleistungen aus einem Pensionsplan einklagt. Auch bei diesen kann es sich um Ansprüche ‚aus einem individuellen Arbeitsvertrag’ im Sinne des Art. 18 I EuGVO handeln. Nach seinem unmissverständlichen Wortlaut schränkt Art. 18 I EuGVO die Art der arbeitsvertraglichen Ansprüche nicht ein. Die Regelung erfasst daher individualrechtliche Ansprüche aller Art aus dem Arbeitsverhältnis (HK-ZPO-Dörner, 5. Aufl., Art. 18 EuGVVO Rz. 4; Däubler, NZA 2003, 1297, 1299) einschl. Ansprüche aus bereits beendeten Arbeitsverhältnissen (Musielak-Stadler, ZPO, 10. Aufl., VO [EG] 44/2001 Art. 18 Rz. 2a). Auch Ansprüche aus einer vom Arbeitgeber erteilten Versorgungszusage, mit der dieser sich verpflichtet, dem Arbeitnehmer nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Betriebsrente zu zahlen, fallen deshalb unter den Anwendungsbereich des Art. 18 I EuGVO. Eine derartige Zusage steht mit dem Arbeitsvertrag in unmittelbarem Zusammenhang.
[9]bb) Die bisherigen tatsächlichen Feststellungen tragen jedoch die Würdigung des LAG, es habe ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden, nicht.
[10](1) Art. 18 II EuGVO setzt voraus, dass zwischen den Parteien ein ‚individueller Arbeitsvertrag’ geschlossen wurde. Der Begriff des ‚individuellen Arbeitsvertrags’ ist nicht nach nationalen Kriterien zu bestimmen, sondern als genuiner Begriff der EuGVO unter Berücksichtigung von Art. 45 AEUV autonom auszulegen (zur vertragsautonomen Auslegung der in der EuGVO enthaltenen Rechtsbegriffe vgl. EuGH, Mahamdia aaO Rz. 42). Danach ist ein ‚individueller Arbeitsvertrag’ eine Vereinbarung, die eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit für eine bestimmte Dauer zum Inhalt hat, bei der der Arbeitnehmer regelmäßig in einer bestimmten Weise in den Betrieb des Arbeitgebers eingebunden ist und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhält (vgl. EuGH, Urt. vom 26.2.1992 – V. J. M. Raulin ./. Minister van Onderwijs en Wetenschappen, Rs C-357/89, LS 1, Slg. 1992, I-01027; 26.2.1992 – M. J. E. Bernini ./. Minister van Onderwijs en Wetenschappen, Rs C-3/90, Rz. 14, Slg. 1992, I-01071; BAG, 24.9.2009 aaO Rz. 40; Zöller-Geimer, ZPO, 29. Aufl., Anh. I EG-VO Zivil- und Handelssachen Art. 18 Rz. 1; HK-ZPO-Dörner aaO; Musielak-Stadler aaO Rz. 2).
[11](2) Das LAG hat keine ausreichenden tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob und wie zwischen den Parteien ein solcher Arbeitsvertrag zustande gekommen ist ...cc) Entgegen der Annahme des LAG lassen die bisherigen Feststellungen auch nicht den Schluss zu, dass es sich bei der B D GmbH um eine Niederlassung der Bekl. im Sinne des Art. 18 II EuGVO handelt oder zumindest ein entspr. Rechtsschein erweckt wurde.
[12](1) Die in den Vorschriften der EuGVO über die Zuständigkeit für Arbeitsverträge enthaltenen Begriffe sind in Übereinstimmung mit den Kriterien auszulegen, die der EuGH zu den gleich lautenden Begriffen im EuGVÜ entwickelt hat (vgl. EuGH, Mahamdia aaO Rz. 47). Danach setzt der Begriff der ‚Zweigniederlassung’, ‚Agentur’ oder ‚sonstigen Niederlassung’ im Sinne des Art. 18 II EuGVO voraus, dass es einen Mittelpunkt geschäftlicher Tätigkeit gibt, der auf Dauer als Außenstelle des Stammhauses hervortritt. Dieser Mittelpunkt muss eine Geschäftsführung haben und sachlich so ausgestattet sein, dass er in der Weise Geschäfte mit Dritten betreiben kann, dass diese sich nicht unmittelbar an das Stammhaus zu wenden brauchen (EuGH, Mahamdia aaO Rz. 48; Urt. vom 18.3.1981 – Blanckaert & Willems PVBA ./. Luise Trost, Rs C-139/80, Rz. 11, Slg. 1981, 819). Eine Zweigniederlassung, eine Agentur oder eine sonstige Niederlassung ist eine Einheit, die als hauptsächlicher, wenn nicht ausschließlicher Gesprächspartner von Dritten in Vertragsverhandlungen auftreten kann (vgl. EuGH, Urt. vom 6.4.1995 – Lloyd's Register of Shipping ./. Société Campenon Bernard, Rs C-439/93, Rz. 19, Slg. 1995 I-00961). Diese Einheit wird dadurch charakterisiert, dass sie der Aufsicht und Leitung des Stammhauses unterliegt (EuGH, Urt. vom 6.10.1976 – A. De Bloos SPRL ./. Société en commandite par actions Bouyer, Rs C-14/76, Rz. 20, Slg. 1976, 01497). Auch ein vom ‚Stammhaus’ gesellschaftsrechtlich unabhängiges Unternehmen kann eine Niederlassung sein, wenn das Stammunternehmen seine Tätigkeit mit Hilfe dieser Gesellschaft in dem Mitgliedstaat entfaltet, beide den gleichen Namen führen und das Unternehmen im Namen des ‚Stammhauses’ verhandelt und Geschäfte abschließt (EuGH, Urt. vom 9.12.1987 – SAR Schotte GmbH ./. Parfums Rothschild S.A.R.L., Rs C-218/86, Slg. 1987, 04905 zu Art. 5 Nr. 5 EuGVÜ). Entscheidend ist, dass aufgrund der Art und Weise, wie sich die beiden Unternehmen im Geschäftsleben verhalten und wie sie sich Dritten gegenüber in ihren Rechtsbeziehungen darstellen, der Anschein erweckt wird, bei dem Unternehmen handele es sich um eine Niederlassung des ‚Stammhauses’. Dritte, die Geschäfte mit einem Unternehmen abschließen, das als Außenstelle einer anderen Gesellschaft tätig wird, müssen sich auf den so erweckten Anschein verlassen und dieses als eine Niederlassung der anderen Gesellschaft ansehen können, selbst wenn die beiden Gesellschaften gesellschaftsrechtlich voneinander unabhängig sind (vgl. EuGH, SAR Schotte aaO Rz. 15).
[13](2) Das LAG hat keine Feststellungen dazu getroffen, dass die B D GmbH im Geschäftsverkehr gegenüber Dritten als Außenstelle der Bekl. aufgetreten ist und in deren Namen Geschäfte mit Dritten abgeschlossen oder in sonstiger Weise am Rechtsverkehr teilgenommen hat. Dass die Internetseite der Bekl. für Deutschland auf die Internetseite der B D GmbH verweist und diese ein Sprachunterrichtskonzept anwendet, das einheitlich im Konzern zur Anwendung gelangt, begründet nicht die Annahme, dass die B D GmbH im Geschäftsverkehr für die Bekl. aufgetreten ist. Auf den Abschluss eigener Rechtsgeschäfte durch die B D GmbH, wie etwa den Altersteilzeitvertrag des Kl. oder die Anstellungsverträge der anderen Mitarbeiter des ‚European Division Headquarter’, kommt es entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht an. Voraussetzung für die Qualifizierung als Niederlassung im Sinne des Art. 18 II EuGVO ist vielmehr die Vornahme von Geschäften im Namen des ‚Stammhauses’ (vgl. Geimer-Schütze, EuZVR, 3. Aufl., A 1, Art. 5 EuGVVO Rz. 308) ...
[14]III. Die rechtsfehlerhafte Würdigung führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das LAG.
[15]1. Im Rahmen der neuen Verhandlung wird das LAG unter Beachtung der nachfolgenden Erwägungen zunächst zu prüfen haben, ob die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte gegeben ist.
[16]a) Dabei ist vorrangig aufzuklären, ob die Zuständigkeit nach Art. 19 Nr. 1 und Art. 18 II EuGVO gegeben ist.
[17]aa) Das LAG wird aufzuklären haben, ob zwischen den Parteien ein individueller Arbeitsvertrag im Sinne des Art. 18 II EuGVO bestanden hat. Es wird den Parteien daher Gelegenheit geben müssen, dazu vorzutragen, ob und wie zwischen ihnen eine Vereinbarung zustande gekommen ist, nach der der Kl. eine abhängige, weisungsgebundene Tätigkeit für eine bestimmte Dauer für die Bekl. erbringen und für die er als Gegenleistung eine Vergütung erhalten sollte. Der ausschließliche Bestand einer Versorgungsvereinbarung zwischen den Parteien ist für die Anwendung des Art. 18 II EuGVO nicht ausreichend. Nach seinem eindeutigen Wortlaut gilt die Norm nur, wenn zwischen den Parteien des Rechtsstreits ein Arbeitsvertrag abgeschlossen wurde. Art. 18 II EuGVO gehört zu den vom Grundsatz des Art. 2 I EuGVO abweichenden Zuständigkeitsregeln, die nach st. Rspr. des EuGH strikt auszulegen sind; eine Auslegung über die ausdrücklich in der Verordnung vorgesehenen Fälle hinaus ist daher unzulässig (vgl. EuGH, Urt. vom 22.5.2008 – Laboratoires Glaxosmithkline ./. Jean-Pierre Rouard, Rs C-462/06, Rz. 28, Slg. 2008, I-03965; Urt. vom 11.10.2007 – Freeport PLC ./. Olle Arnoldsson, Rs C-98/06, Rz. 35, Slg. 2007 I-08319 zu Art. 6 Nr. 1 EuGVO; Urt. vom 13.7.2006 – Reisch Montage AG ./. Kiesel Baumaschinen Handels GmbH, Rs C-103/05, Rz. 23, Slg. 2006, I-06827; vgl. BGH, 12.6.2007 – XI ZR 290/06 (IPRspr. 2007 Nr. 128), Rz. 18 zu Art. 15 Abs. 2 EuGVO).
[18]bb) Sollte das LAG zu dem Ergebnis kommen, dass zwischen den Parteien ein individueller Arbeitsvertrag im Sinne des Art. 18 II EuGVO bestanden hat, wird es prüfen müssen, ob die Bekl. zum Zeitpunkt der Klageerhebung eine Niederlassung im Sinne des Art. 18 II EuGVO in der Bundesrepublik Deutschland unterhalten hat.
[19](1) Dabei wird es zu berücksichtigen haben, dass die – juristisch selbständige – B D GmbH nur dann als Niederlassung der Bekl. in Betracht kommen kann, wenn sie in deren Namen am Geschäftsverkehr teilgenommen und damit als Außenstelle der Bekl. gegenüber Dritten aufgetreten ist. Da der Kl. die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen des Art. 19 Nr. 1 i.V.m. Art. 18 II EuGVO trägt, wird das LAG ihm Gelegenheit geben müssen, hierzu ergänzend vorzutragen.
[20](2) Das LAG wird ggf. auch in Erwägung ziehen müssen, ob das rechtlich nicht selbständige ‚European Division Headquarter’ eine Niederlassung im Sinne des Art. 18 II EuGVO der Bekl. darstellt ... Dabei ist zu beachten, dass die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 18 II EuGVO beim Kl. liegt. Sollte das LAG zum Ergebnis kommen, dass das ‚European Division Headquarter’ im Namen der Bekl. im Geschäftsverkehr aufgetreten ist und Geschäfte für diese abgeschlossen hat, wird es zudem zu klären haben, ob das ‚European Division Headquarter’ im Zeitpunkt der Klageerhebung noch eine Geschäftsführung besessen hat. Dies ist ebenfalls zwischen den Parteien streitig.
[21]cc) Sofern das LAG zu dem Ergebnis gelangen sollte, dass die Bekl. im Zeitpunkt der Klageerhebung eine Niederlassung im Sinne des Art. 18 II EuGVO in Deutschland unterhalten hat, wird es zu prüfen haben, ob es sich bei dem Streit der Parteien um eine Streitigkeit ‚aus dem Betrieb’ der Niederlassung handelt. Nach der Rspr. des EuGH erfordert dies, dass der Rechtsstreit entweder Handlungen betrifft, die sich auf den Betrieb der Niederlassung beziehen, oder Verpflichtungen, die diese im Namen des Stammhauses eingegangen ist (vgl. EuGH Mahamdia aaO; Lloyd's Register of Shipping aaO Rz. 22). Dabei wird das LAG zu beachten haben, dass sich eine Rechtsstreitigkeit dann auf den Betrieb der Niederlassung bezieht, wenn Gegenstand derselben vertragliche oder außervertragliche Rechte und Pflichten in Bezug auf die eigentliche Führung der Niederlassung sind. Hierzu gehören auch Rechtsstreitigkeiten, die Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der vor Ort vorgenommenen Einstellung des in der Niederlassung beschäftigten Personals betreffen (vgl. EuGH, Urt. vom 22.11.1978 – Somafer S.A. ./. Saar-Ferngas AG, Rs C-33/78, Rz. 13, Slg. 1978, 2183).
[22]b) Sollten die Voraussetzungen des Art. 18 I oder II EuGVO nicht vorliegen, wird sich das LAG unter Beachtung der nachstehenden Erwägungen damit zu befassen haben, ob sich die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach den nationalen Bestimmungen über die örtliche Zuständigkeit nach den §§ 12 ff. ZPO ergibt (vgl. Art. 4 I EuGVO).
[23]aa) Sollte die Bekl. keine Niederlassung in Deutschland unterhalten oder sich die Klage nicht auf den Betrieb derselben beziehen, wird auch eine Zuständigkeit der deutschen Gerichte nach § 21 I ZPO nicht in Betracht kommen.
[24]bb) Soweit das LAG den besonderen Gerichtsstand des Vermögens nach § 23 ZPO prüft, wird es zu beachten haben, dass dieser über die Vermögensbelegenheit hinaus einen hinreichenden Inlandsbezug des Rechtsstreits erfordert (vgl. BAG, 13.11.2007 aaO Rz. 21 m.w.N.). Hierfür reicht es aus, wenn der Kl. deutscher Staatsbürger mit Wohnsitz in Deutschland ist (vgl. auch BAG, 13.11.2007 aaO Rz. 23; Zöller-Vollkommer aaO § 23 Rz. 13 m.w.N.). Das für die Begründung des besonderen Gerichtsstands erforderliche Vermögen der Bekl. ergibt sich allerdings nicht schon daraus, dass deren Tochtergesellschaft – die B I Corporation – die Gesellschaftsanteile an der B D GmbH hält. Der Gerichtsstand des § 23 ZPO soll die Rechtsverfolgung im Inland erleichtern und bewirken, dass dort vorhandenes Vermögen als Gegenstand der Zwangsvollstreckung herangezogen werden kann (vgl. BGH, 20.4.1993 – XI ZR 17/90 (IPRspr. 1993 Nr. 138) [zu II. 3 der Gründe]). Daher werden nur dem Vollstreckungszugriff der beklagten Partei unterliegende Vermögensgegenstände vom Vermögensbegriff des § 23 ZPO erfasst. Hieran fehlt es, wenn der Vermögensgegenstand einer anderen juristischen Person zusteht, mag sie diese auch ‚beherrschen’ (Zöller-Vollkommer aaO Rz. 7a). Die Voraussetzungen des besonderen Gerichtsstands des Vermögens können jedoch erfüllt sein, wenn die Bekl. an einem Ort in der Bundesrepublik Deutschland ein Büro unterhält, unter dessen Anschrift sie wirtschaftliche Aktivitäten entwickelt, und das über eine Büroausstattung verfügt (vgl. BAG, 13.11.2007 aaO Rz. 22). § 23 ZPO verlangt nicht, dass sich das gesamte Vermögen der Bekl. im Inland befindet. Es reicht aus, wenn das dort befindliche Vermögen nicht nur geringwertig oder unpfändbar ist (vgl. BAG, 13.11.2007 aaO; Zöller-Vollkommer aaO Rz. 7). Erforderlichenfalls wird das LAG daher Feststellungen dazu treffen müssen, ob die Büroausstattung in den Räumlichkeiten des ‚European Division Headquarter’ im Eigentum der Bekl. steht.
[25]cc) Sofern das LAG prüfen sollte, ob der Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 ZPO besteht, wird es zu beachten haben, dass die dafür erforderliche ‚Streitigkeit aus einem Vertragsverhältnis’ im Streitfall gegeben ist. Über die Abgrenzung vertraglicher von nichtvertraglichen Ansprüchen entscheidet das deutsche materielle Recht als lex fori (BAG, 20.4.2004 – 3 AZR 301/03 (IPRspr 2004-110) [zu A. II. 1 der Gründe], BAGE 110, 182; 17.7.1997 – 8 AZR 328/95 (IPRspr. 1997 Nr. 154) [zu II. 3. a der Gründe]). Unter den Begriff des Vertragsverhältnisses fallen unabhängig von der Art der Verpflichtung alle schuldrechtlichen Verträge (vgl. BAG, 20.4.2004 aaO; BGH, 28.2.1996 – XII ZR 181/93 (IPRspr. 1996 Nr. 142) [zu I. 2. b der Gründe], BGHZ 132, 105). Diese Voraussetzung erfüllt das rechtsgeschäftlich begründete Versorgungsverhältnis der Parteien. Der Erfüllungsort im Sinne des § 29 ZPO wäre dem auf das Versorgungsverhältnis der Parteien anzuwendenden materiellen Recht (lex causae) zu entnehmen (vgl. BAG, 20.4.2004 aaO [zu A. II. 2]; 17.7.1997 aaO [zu II. 3. b]). Dieses ist nach Art. 27 ff. EGBGB zu bestimmen. Die Rom-I-VO findet erst auf die ab dem 17.12.2009 geschlossenen Verträge Anwendung (Art. 28). Altverträge unterstehen weiter dem bisherigen Recht (vgl. BAG, 23.8.2012 – 8 AZR 394/11 (IPRspr 2012-66), Rz. 23; 20.4.2011 – 5 AZR 171/10 (IPRspr 2011-59), Rz. 11, BAGE 137, 375). Dabei wird das LAG zu beachten haben, dass die Parteien in Art. VII Nr. 6 des Pensionsplans für ihr Versorgungsverhältnis eine Rechtswahl gemäß Art. 27 I 1 EGBGB zugunsten des Rechts des Bundesstaats New York getroffen haben. Diese wäre als auf das Versorgungsverhältnis bezogene Teilrechtswahl nach Art. 27 I 3 EGBGB auch dann zulässig, wenn das LAG zu dem Ergebnis kommen sollte, dass zwischen den Parteien ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Das Versorgungsverhältnis ist trotz seiner arbeitsvertraglichen Grundlage eine vom Arbeitsverhältnis klar abgrenzbare Rechtsbeziehung, die einer darauf beschränkten Rechtswahl zugänglich ist (BAG, 20.4.2004 aaO [zu A. II. 2. a]). Auch Art. 30 I EGBGB stünde dem nicht entgegen. Die Regelung schränkt die freie Rechtswahl nur insoweit ein, als sie nicht dazu führen darf, dass dem Arbeitnehmer der Schutz zwingender Bestimmungen des ansonsten nach Art. 30 II EGBGB maßgeblichen Rechts entzogen wird. Diese Schutzvorschriften sind anzuwenden, im Übrigen bleibt die Rechtswahl wirksam. § 269 BGB enthält indes keine zwingenden Regelungen, sondern überlässt die Bestimmung des Erfüllungsorts den Parteivereinbarungen (BAG, 20.4.2004 aaO). Damit bestimmt sich der Erfüllungsort für die streitbefangenen Ansprüche des Kl. aus dem Pensionsplan nach dem Recht des Bundesstaats New York. Dessen Inhalt wird das LAG erforderlichenfalls nach § 293 ZPO ermitteln müssen. Dabei gelten die Grundsätze des Freibeweises (BAG, 10.4.1975 – 2 AZR 128/74 (IPRspr. 1975 Nr. 30b) [zu IV. 2 der Gründe], BAGE 27, 99). Das LAG hat das von der Bekl. eingereichte Gutachten zur Kenntnis zu nehmen; es ist allerdings nicht gehindert, noch weitere Nachforschungen anzustellen und insbesondere das Gutachten eines mit den einschlägigen Fragen vertrauten wissenschaftlichen Instituts einzuholen.