Die Rückzahlung einer Anzahlung, die auf einen gemäß Art. 3k Verordnung (EU) 833/2014 sanktionierten Kaufvertrag erbracht wurde, unterliegt ihrerseits dem Erfüllungsverbot des Art. 11 Abs. 1 b) der Verordnung (EU) 833/2014.
Die Antragstellerin, eine in der Russischen Föderation ansässige Gesellschaft, begehrt die Vollstreckbarerklärung eines am 23.11.2023 in Russland ergangenen Schiedsspruchs des Internationalen Handelsschiedsgerichts der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation.
Gegenstand des Schiedsverfahrens waren Ansprüche der Antragstellerin aus einem am 25.10.2022 geschlossenen Vertrag über die Lieferung von Polymerlegierungen, auf den wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird. Ausweislich dieses Vertrags war die Antragstellerin verpflichtet, den Kaufpreis in USD im Voraus zu entrichten; die Antragsgegnerin verpflichtete sich, die Waren innerhalb von 21 Werktagen ab der Vorauszahlung zu liefern. Zeitgleich am 25.10.2022 schloss die Antragsgegnerin mit der Firma Q in Kasachstan einen Geschäftsvertrag „V“ und verpflichtete sich zur Lieferung von Produkten des Herstellers W, wobei die Antragsgegnerin wusste, dass der Kaufpreis von der Antragstellerin direkt an sie bezahlt werden würde. Am 28.10.2022 erhielt die Antragsgegnerin von der Antragstellerin auf ihr bei der Bank1 geführtes Geschäftskonto eine Gutschrift über USD .... Die Bank1 meldete den Zahlungseingang wegen des Verdachts von Geldwäsche an die Ermittlungsbehörden. Am 23.01.2023 erstattete die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main Strafanzeige gegen die Antragsgegnerin wegen des Verdachtes eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 1 Nr. 1 a) AWG i.V.m. Art. 3 k) Abs. 1 VO (EU) 833/2014 i.V.m. Anlage XXIII VO (EU) 833/2014. Wegen einer Forderung in Höhe von EUR ... wurde zudem mit Beschluss des Amtsgerichts Frankfurt am Main vom 23.01.2023 der Vermögensarrest angeordnet und eine Kontopfändung bewirkt. Gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin erging am 16.08.2023 ein Strafbefehl wegen der Zuwiderhandlung gegen ein Verkaufsverbot eines im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlichten unmittelbar geltenden Rechtsaktes der Europäischen Union, der der Durchführung einer vom Rat der Europäischen Union im Bereich der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik beschlossenen wirtschaftlichen Sanktionsmaßnahme (Russland-Embargo) dient. Gegen den Geschäftsführer der Antragsgegnerin wurde eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen verhängt und die Einziehung des Wertes des Erlangten in Höhe von EUR ... angeordnet. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin vom 02.09.2024 nebst Anlagen Bezug genommen. Zu einer Lieferung der bestellten Waren an die Antragstellerin kam es in der Folgezeit nicht mehr. Da die Antragsgegnerin den im Voraus bezahlten Kaufpreis nicht zurückerstattete, machte die Antragstellerin ihren vermeintlichen Rückzahlungsanspruch vor dem Schiedsgericht geltend. Im Schiedsverfahren war die Antragsgegnerin säumig.
Die Antragstellerin beantragt, den Schiedsspruch des Internationalen Handelsschiedsgerichts der Industrie- und Handelskammer der Russischen Föderation vom 24. November 2023, in dem die Antragsgegnerin zur Zahlung von USD ..., nebst Vertragsstrafe in Höhe von USD ... und Kosten in Höhe von USD ... verurteilt wurde, für vollstreckbar zu erklären.
[1]II.
[2]Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig, aber unbegründet.
[3]1. Der Antrag ist gemäß §§ 1025 Abs. 4, 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V.m. mit den Regeln der UNÜ (für die Russische Föderation in Kraft seit deren Gründung am 25.12.1991 als Rechtsnachfolgerin der Sowjetunion, dort in Kraft getreten zum 22.11.1960) statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main ist für die Entscheidung über die beantragte Vollstreckbarerklärung des ausländischen Schiedsspruchs gemäß den §§ 1025 Abs. 4, 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 2 ZPO zuständig, weil die Antragsgegnerin ihren Sitz in einer hessischen Gemeinde hat. Die Antragstellerin hat den Schiedsspruch, dessen Authentizität die Antragsgegnerin nicht in Abrede stellt, in beglaubigter Abschrift vorgelegt. Der Zulässigkeit des Antrags steht nicht entgegen, dass der Schiedsspruch keinen abschließenden Tenor enthält. Denn die im Rahmen des hiesigen Antrags auf Vollstreckbarerklärung aufgegriffenen, konkret ausgesprochenen Zahlungsverpflichtungen wurden im Rahmen des Schiedsspruchs festgestellt. Zudem steht auch sonst der Vollstreckbarerklärung nicht entgegen, dass ein Ausspruch des Schiedsgerichts keinen vollstreckungsfähigen Inhalt hat, weil die Vollstreckbarerklärung auch dazu dient, den Spruch gegen die Geltendmachung von Aufhebungsgründen abzusichern (BGH, Beschluss vom 30. März 2006 -
[4]2. Der Antrag ist aber unbegründet, weil der Schiedsspruch dem gemäß § 1059 Abs. 2 Buchst. b ZPO von Amts wegen zu beachtenden ordre public widerspricht.
[5]a) Nach § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO richtet sich die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche nach dem Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ), das aufgrund des Zustimmungsgesetzes (Art. 59 Abs. 2 Satz 1 GG) des Bundestags innerhalb der deutschen Rechtsordnung im Rang eines Bundesgesetzes steht (BGBl. II 1961 S. 121). Nach Art. V Abs. 1 Buchst. b Fall 3 UNÜ darf die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs auf Antrag der Partei, gegen die er geltend gemacht wird, versagt werden, wenn sie den Beweis erbringt, dass sie ihre Angriffs- oder Verteidigungsmittel nicht hat geltend machen können. Nach Art. V Abs. 2 Buchst. b UNÜ darf die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs auch versagt werden, wenn die zuständige Behörde des Landes, in dem die Anerkennung und Vollstreckung nachgesucht wird, feststellt, dass die Anerkennung und Vollstreckung des Schiedsspruchs der öffentlichen Ordnung dieses Landes widersprechen würde (BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2023 -
[6]Von dem Versagungsgrund des Art. V Abs. 1 Buchst. b Fall 3 UNÜ werden insbesondere Fälle der Verletzung des Anspruchs der Parteien auf Gewährung rechtlichen Gehörs erfasst (vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Januar 2009 -
[7]Es gilt im Interesse des internationalen Handelsverkehrs der gegenüber dem ordre public interne weniger strenge Prüfungsmaßstab des ordre public international. Danach kann einem ausländischen Schiedsspruch unter dem Gesichtspunkt des deutschen verfahrensrechtlichen ordre public nur dann die Anerkennung und Vollstreckung versagt werden, wenn das schiedsgerichtliche Verfahren an einem schwerwiegenden, die Grundlagen des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens berührenden Mangel leidet (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 06.10.2016 -
[8]b) Ausgehend von diesen Grundsätzen ist dem gegen die hiesige Antragsgegnerin ergangenen Schiedsspruch die begehrte Anerkennung und Vollstreckbarkeit von Amts wegen zu versagen.
[9]aa) Es ist unstreitig, dass der von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin gezahlte und im Wege des Schiedsverfahrens zurückgeforderte Geldbetrag den Kaufpreis für Polymerlegierungen darstellte, die die Antragsgegnerin über eine in Kasachstan ansässige Gesellschaft an die Antragstellerin nach Russland liefern sollte. Diese Waren unterfallen - ebenfalls unstreitig - den mit Zollkodierung 3809 eingestuften und in Anhang XXIII der Verordnung (EU) 833/2014 erfassten Appreturmitteln und Endausrüstungsmitteln, Beschleunigern zum Färben oder Fixieren von Farbstoffen und anderen Erzeugnissen und Zubereitungen von der in der Textilindustrie, Papierindustrie, Lederindustrie oder ähnlichen Industrien verwendeten Art. Denn die Antragstellerin ist dem dahingehenden durch Vorlage des Strafbefehls substantiierten Vortrag der Antragsgegnerin in der vor Anberaumung eines Verhandlungstermins eingegangenen Antragserwiderung nicht substantiiert entgegengetreten. Sie hat mit Schriftsatz vom 25.09.2024 (Bl. 129 ff. EA) lediglich die Relevanz der dargestellten Tatsachen für das hiesige Verfahren in Abrede gestellt, ohne den Sachvortrag als solchen zu bestreiten. Soweit sie mit Schriftsatz vom 30.05.2025 „in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht bestritten“ hat, „dass die Antragstellerin der Antragsgegnerin den Kaufpreis für Produkte gezahlt hat, deren Verkauf zur Verwendung in Russland verboten und daher strafbewehrt war“, macht sie zwar Rechtsausführungen; sie stellt aber in tatsächlicher Hinsicht nicht in Abrede, dass es sich bei dem Vertragsgefüge von Anfang an um eine intendierte Lieferung entsprechender Waren nach Russland gehandelt hat. Da die Waren für sie bestimmt waren, wäre es an ihr gewesen, näher zu dem Inhalt des Kaufvertrages und den beabsichtigten Modalitäten der Lieferung vorzutragen.
[10]Der Verkauf dieser Produkte zur Verwendung in Russland war nach Artikel 3k VO (EU) 833/2014 verboten und deshalb gemäß § 18 Abs. 1 Nr. 1a des Außenwirtschaftsgesetzes strafbewehrt. Das Verbot erstreckt sich ausdrücklich auch auf mittelbare Lieferungen, wenn die Produkte - wie hier - zur Verwendung in Russland bestimmt sind. Der von der Antragstellerin überwiesene Geldbetrag wurde eingezogen und damit bei der Antragsgegnerin abgeschöpft und befindet sich nicht mehr in ihrem Vermögen.
[11]Dass die deutschen Strafverfolgungsbehörden (bislang) nur Strafverfolgungsmaßnahmen gegenüber dem in Deutschland ansässigen Geschäftsführer der Antragsgegnerin ergriffen haben und der Antragstellerin bislang nicht bekannt sein mag, dass auch gegen sie selbst durch deutsche Behörden ermittelt würde, wie sie mit Schriftsatz vom 30.05.2025 meint, ist für die rechtliche Bewertung nicht relevant. Dasselbe gilt für die Frage, ob der Antragstellerin im Zeitpunkt des Abschlusses des Kaufvertrages oder der Leistung des Vorschusses positiv bekannt oder fahrlässig unbekannt war, dass der Vertragsschluss gegen Embargovorschriften verstößt. Denn das möglicherweise fehlende Verschulden mag zwar für eine Strafbarkeit der Entscheidungsträger der Antragstellerin gemäß § 18 AWG von Bedeutung sein. Hiervon unberührt bleibt aber der Umstand, dass der Kaufvertrag als solcher objektiv von der Regelung in Art. 3k der Verordnung (EU) 833/2014 umfasst wird.
[12]bb) Anders als die Antragstellerin meint, unterliegt die Rückzahlung einer Anzahlung, die auf einen gemäß Art. 3k Verordnung (EU) 833/2014 sanktionierten Kaufvertrag erbracht wurde, ihrerseits dem Erfüllungsverbot des Art. 11 Abs. 1 b) der Verordnung (EU) 833/2014. Hiernach werden Ansprüche russischer Personen, Organisationen oder Einrichtungen im Zusammenhang mit Verträgen oder Geschäften, deren Erfüllung bzw. Durchführung von den mit der Verordnung (EU) 833/2014 verhängten Maßnahmen unmittelbar oder teilweise berührt wird, nicht erfüllt. Diese Regelung erfasst auch die Rückzahlung von Anzahlungen, die auf einen - wie hier - von einer Sanktion betroffenen Kaufvertrag geleistet wurden. Dass dies nicht der Fall wäre, lässt sich entgegen der Auffassung der Antragstellerin weder dem Wortlaut oder dem Regelungszusammenhang noch dem Zweck der Verordnung entnehmen. Vielmehr ist der Wortlaut des Art. 11 Abs. 1 der Verordnung (EU) 833/2014 bewusst weit gefasst und erstreckt sich ausdrücklich auf „Schadensersatzansprüche und ähnliche Ansprüche, wie etwa Entschädigungsansprüche oder Garantieansprüche“. Die Aufzählung ist ersichtlich nicht abschließend, sondern beispielhaft. Ein Anspruch auf Rückzahlung einer Anzahlung stellt einen „ähnlichen Anspruch“ im Sinne der Vorschrift dar, wenn und soweit er - wie vorliegend - im Zusammenhang mit einem sanktionsbewehrten Kaufvertrag steht. Insoweit entspricht es auch dem Sinn und Zweck der Verordnung, jedweden Geldtransfer an russische Personen, Einrichtungen und Organisation zu unterbinden, der Bezug zu einem sanktionsbewehrten Vertrag aufweist.
[13]cc) Etwas anderes folgt auch nicht daraus, dass das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (im Folgenden: BMWE) auf seiner Homepage unter „Fragen und Antworten zu Russland-Sanktionen“ unter Ziffer 51 bis zum 13.12.2022 noch ausgeführt hatte, die Rückerstattung einer Vorauszahlung verstoße nicht gegen das Erfüllungsverbot des Art. 11 VO (EU) 833/2014. Denn das BMWE hat diese Einschätzung bereits seit 14.12.2022 als „in Überarbeitung“ gekennzeichnet und weist inzwischen darauf hin, dass die Rückerstattung einer Vorauszahlung verboten ist (FAQ Internationale Beziehungen - Fragen und Antworten zu Russland-Sanktionen, FAQ Nr. 51, abrufbar unter https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/FAQ/Sanktionen-Russland/faq-russland-sanktionen.html - Stand 02.06.2025).
[14]Abgesehen davon, dass - wie die Antragstellerin selbst zutreffend ausführt - weder die aktuelle noch die überholte Information des BMWE Bindungswirkung für das hiesige Verfahren entfaltet, erstreckt sich die Fragestellung zudem auf die Rückerstattung einer vor Sanktionsverhängung erhaltenen Vorauszahlung. Art. 3k VO (EU) 833/2014 sowie die hier einschlägigen Vorschriften in Anhang XXIII wurden allerdings bereits am 8. April 2022 durch die Verordnung (EU) 2022/576 als Teil des fünften Sanktionspakets eingeführt. Die von der Antragstellerin geleistete Vorauszahlung erfolgte aber erst nach der Sanktionsverhängung im Oktober 2022 und war daher von der zwischenzeitlich überholten Information des BMWE ohnehin nicht erfasst.
[15]dd) Die Antragstellerin macht auch ohne Erfolg geltend, dass der Senat an einer Prüfung des Sanktionsverstoßes gehindert sei, weil die materielle Richtigkeit der Entscheidung des Schiedsgerichts keiner Überprüfung unterliege. Insoweit ist zwar zutreffend, dass im Rahmen des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung eine umfassende inhaltliche Nachprüfung der Entscheidung des Schiedsgerichts im Sinne einer révision au fond nicht stattfindet und auch Fehlentscheidungen grundsätzlich hinzunehmen sind (BGH, Beschlüsse vom 8.11.2007 -
[16]Davon ist vorliegend wegen des strafbewehrten Sanktionsverstoßes auszugehen.
[17]Auch der Verweis der Antragstellerin auf eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung führt zu keiner anderen Betrachtung. Denn selbst wenn die zivilrechtliche Bewertung des Falles sich nach deutschem Bereicherungsrecht richten würde, wäre vorliegend entgegen der Auffassung der Antragstellerin kein durchsetzbarer Anspruch aus § 812 Abs. 1 BGB gegeben, sondern stünde die Vollstreckung des im Schiedsspruch festgestellten Rückzahlungsanspruchs zu der in § 817 S. 1 BGB zum Ausdruck gebrachten gesetzgeberischen Wertung in Widerspruch, wonach eine bereicherungsrechtliche Rückabwicklung eines gegen ein gesetzliches Verbot verstoßenden Vertrages grundsätzlich ausgeschlossen ist, wenn - wie vorliegend - auch dem Leistenden ein Gesetzesverstoß zur Last fällt. Hiervon ist vorliegend wegen des objektiv vorliegenden Verstoßes gegen Art. 3k der Verordnung (EU) 833/2014 unabhängig von einer Kenntnis der Antragstellerin auszugehen.
[18]Die Antragstellerin kann sich insoweit insbesondere nicht damit entlasten, dass sie angenommen habe, die Antragsgegnerin werde sich um erforderliche Genehmigungen kümmern. Dass und warum der Art. 3k VO (EU) 833/2014 unterfallende Vertrag ausnahmsweise genehmigungsfähig gewesen wäre, macht die Antragstellerin nicht substantiiert geltend und ist angesichts des Typs der bestellten Waren auch nicht sonst ersichtlich (vgl. Schwendinger/Göcke, EuZW 2022, 499, 505).
[19]Auch ihr Verweis auf die zwischenzeitlich in Art. 11 Abs. 4 VO (EU) 833/2014 vorgesehene Genehmigungsfähigkeit führt zu keiner anderen Betrachtung. Soweit hiernach auf der Grundlage einer spezifischen Einzelfallbewertung die Befriedigung eines in Art. 11 Abs. 1 VO (EU) 833/2014 genannten Anspruchs genehmigungsfähig sein kann, hängt dies davon ab, dass die Befriedigung des Anspruchs für den Abzug von Investitionen aus Russland oder die Abwicklung von Geschäftstätigkeiten in Russland unbedingt erforderlich ist. Warum dies für den vorliegenden Rückzahlungsanspruch gelten soll, lässt sich dem Vorbringen der Antragstellerin nicht entnehmen.
[20]ee) Die Antragstellerin kann schließlich auch nicht damit durchdringen, dass die Sanktionen gegen höherrangiges Recht verstoßen würden und deshalb unwirksam seien. Bei den von der Europäischen Union verhängten Sanktionen handelt es sich um eine völkerrechtskonforme Reaktion auf die Verletzung der territorialen Integrität der Ukraine durch Russland - insbesondere durch den Überfall Russlands auf die Ukraine am 24.2.2022. Sie sind gemäß Art. 215 [AEUV] zulässig; betroffene Individuen und Personengruppen können gemäß Art. 263 Abs. 4, Art. 274 Abs. 2 AEUV Nichtigkeitsklage erheben (zum Ganzen etwa Schmahl, NJW 2022, 969 Rn. 25). Ein Handelsembargo ist in der Regel mangels hinreichend starker Zwangswirkung nicht als verbotene Intervention anzusehen. Insbesondere kommt eine gemeinschaftliche Repressalie als Reaktion auf die Verletzung von sogenannten erga omnes-Pflichten in Betracht, etwa dann, wenn - wie im Falle des russischen Angriffskriegs - ein Bruch des Gewaltverbots vorliegt (Cremer in Calliess/Ruffert, EUV/AEUV, 6. Aufl. 2022, Art. 215 AEUV Rn. 7 ff.; Schneider/Terhechte, Das Recht der Europäischen Union, 84. EL Januar 2024, Art. 215 AEUV Rn. 6). Bei einem völkerrechtswidrigen Handeln des Adressaten ist die EU zudem befugt, völkerrechtswidrige Maßnahmen als zulässige Gegenmaßnahmen (counter measure) zu ergreifen (Schöbner in Pechstein/Nowak/ Häde, Frankfurter Kommentar EUV/GRC/AEUV, 2. Aufl. 2023, Art. 215 AEUV Rn. 41).
[21]3. ...
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