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Verfahrensgang

VG Karlsruhe, Urt. vom 25.04.2018 – 1 K 5594/15
VGH Baden-Württemberg, Urt. vom 10.03.2020 – 1 S 397/19, IPRspr 2020-131
BVerwG, Urt. vom 02.03.2022 – 6 C 7/20, IPRspr 2022-133

Rechtsgebiete

Natürliche Personen → Namensrecht
Freiwillige Gerichtsbarkeit → Registersachen

Leitsatz

Ordnet ein türkisches Gericht die Änderung des Eintrags zu dem Geburtsdatum eines in Deutschland wohnhaften türkischen Staatsangehörigen in dem türkischen Personenstandsregister an, sind weder die deutschen Meldebehörden noch die Verwaltungsgerichte an dieses Urteil in dem Sinne gebunden, dass das in dem Urteil genannte Geburtsdatum im deutschen Melderecht ungeprüft übernommen werden muss.

Ein ausländischer Reisepass kann keinen Beweis für die Richtigkeit des dort angegebenen Geburtsdatums erbringen. Die Meldebehörden sind nicht verpflichtet, ein in einem solchen Reisepass genanntes Geburtsdatum ungeprüft zu übernehmen.

Entscheidungen ausländischer Gerichte, die - wie im vorliegenden Fall - die Berichtigung eines ausländischen Personenstandsregisters anordnen, sind nicht in dem Sinne anerkennungsfähig, dass die von dem ausländischen Gericht als in das Register einzutragen festgestellte Angabe in behördlichen oder gar gerichtlichen Verfahren in Deutschland ungeprüft übernommen werden müsste. Die Wirkung eines solchen ausländischen Berichtigungsurteils erschöpft sich in der Berichtigung des ausländischen Registers. Eine etwaige Anerkennung der die Berichtigung der Eintragung des Geburtsdatums anordnenden türkischen Gerichtsentscheidung bedeutet daher im Sinne der Wirkungserstreckung nur, dass die Berichtigung des Registers bzw. die Verpflichtung der zuständigen ausländischen Behörde zur Berichtigung anerkannt werden, nicht aber zugleich, dass das vom türkischen Gericht als zutreffend angesehene Geburtsdatum für deutsche Behörden und Gerichte verbindlich wäre.

Art. 5 EGBGB begründet keine Bindung an das von einer Meldebehörde des Heimatstaats personenstandsrechtlich eingetragene Geburtsdatum, denn weder das Bundesmeldegesetz selbst noch andere Vorschriften des deutschen öffentlichen Rechts verweisen für die Bestimmung des Geburtsdatums eines in Deutschland wohnhaften Ausländers für die Zwecke deutscher Melderegister auf das Recht des Staates, dem der Ausländer angehört. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

BMG § 2; BMG § 6; BMG § 12
CIEC-Ü Nr. 16 Art. 1; CIEC-Ü Nr. 16 Art. 2; CIEC-Ü Nr. 16 Art. 3 ff.; CIEC-Ü Nr. 16 Art. 6; CIEC-Ü Nr. 16 Art. 8
CIEC-Ü Nr. 9 Art. 2; CIEC-Ü Nr. 9 Art. 3; CIEC-Ü Nr. 9 Art. 4
DSGVO 2016/679 Art. 16
EGBGB Art. 3; EGBGB Art. 5
FamFG §§ 108 f.; FamFG § 109
PStG § 47; PStG § 48; PStG § 51; PStG § 54; PStG § 55; PStG § 59
VwGO § 98; VwGO § 113; VwGO § 173
ZPO §§ 325 ff.; ZPO § 328; ZPO §§ 415 ff.; ZPO § 417; ZPO § 418; ZPO § 437; ZPO § 438

Sachverhalt

Der Kläger begehrt die Änderung der Angabe zu seinem Geburtsjahrgang im Melderegister der Beklagten. Der Kläger wurde in der Republik Türkei in der Kreisstadt Sariz, im Bezirk Kayseri als Sohn von ... und der ... geborenen ... geboren. Er ist türkischer Staatsangehöriger, seit 1971 in Deutschland wohnhaft. Die Geburt des Klägers wurde im Personenstandsregister im Bezirk Kayseri erstmals 1959 registriert. Als Geburtsdatum wurde damals zunächst „01.01.1956“ eingetragen. Auf Antrag des Vaters des Klägers entschied das Amtsgericht Sariz mit Urteil vom 16.6.1971, dass „der bisherige amtliche Geburtsdatumseintrag (...) für ungültig erklärt“ und das Datum „01.01.1958“ als richtiges Datum festgestellt werde. Das Standesamt („Registeramt“) wurde angewiesen, das berichtigte Geburtsdatum einzutragen. In den Entscheidungsgründen des Urteils führte das Amtsgericht Sariz unter anderem aus: „Der Zeuge des Antragstellers ... trägt vor, dass er ganz genau bezeugen kann, dass der kleine Sohn des Antragstellers 1958 geboren wurde. Unser Gericht konnte sich aufgrund eigener Beobachtung vom kleinen ...-..., seinem Verhalten und seinem Zustand, seinem körperlichen Erscheinen und nach bestem Wissen und Gewissen davon überzeugen, dass er 1958 geboren wurde (...).“ Das Urteil wurde durch einen Berichtigungsvermerk im Personenstandsregister des Bezirks Kayseri vollzogen. Im Jahr 1971 zog der Kläger in die Bundesrepublik. Er gab dort zunächst den „01.01.1958“ als sein Geburtsdatum an. Dieses Datum wurde auch im Melderegister der Beklagten eingetragen. Auf Antrag des Klägers vom 15.9.2014 entschied das Landgericht Kayseri in einem gegen das Standesamt Kayseri geführten Verfahren mit Urteil vom 17.1.2015, dass das Geburtsdatum des Klägers, das am 11.9.1959 auf den „01.01.1958“ registriert worden sei, auf den „01.01.1953“ berichtigt werde. Das Urteil wurde durch einen Berichtigungsvermerk im Personenstandsregister des Bezirks Kayseri vollzogen. 2015 wurde dem Kläger von der Republik Türkei ein Reisepass ausgestellt. Als Geburtsdatum ist darin der „01.01.1953“ genannt.

Im April oder Mai 2015 beantragte der Kläger unter Vorlage seines Reisepasses, des genannten Urteils des Landgerichts Kayseri und der Schulbescheinigungen, die Angabe zu seinem Geburtsdatum im Melderegister der Beklagte vom „01.01.1958“ auf den „01.01.1953“ zu ändern. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 3.8.2015 ab. Den dagegen erhobenen Widerspruch wies das Regierungspräsidium Karlsruhe mit Widerspruchsbescheid vom 6.11.2015 zurück. Der Kläger hat am 10.12.2015 Klage zum VG Karlsruhe erhoben. Mit Urteil vom 25.4.2018 hat das VG die Beklagte unter Aufhebung ihres Bescheids vom 3.8.2015 und des Widerspruchsbescheids vom 6.11.2015 verurteilt, das im Melderegister gespeicherte Geburtsdatum des Klägers von „01.01.1958“ in „01.01.1953“ zu berichtigen. Gegen dieses Urteil hat der Senat auf Antrag der Beklagten mit Beschluss vom 8.2.2019 die Berufung zugelassen. Die Beklagte beantragt, das Urteil des VG Karlsruhe vom 25.4.2018 zu ändern und die Klage abzuweisen. Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]A.

[2]Die nach Zulassung durch den Senat statthafte und auch im Übrigen zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage zu Unrecht stattgegeben. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (vgl. Reif, in: Gola, Datenschutz-Grundverordnung, 2. Aufl., Art. 16 Rn. 25; a.A. Worms, in: Wolff/Brink, BeckOK Datenschutzrecht, 30. Ed., Art. 16 DS-GVO: Verpflichtungsklage) statthaft und auch im Übrigen zulässig, aber nicht begründet.

[3]Der Bescheid der Beklagten vom 03.08.2015 und der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.11.2015 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Ihm steht der behauptete Berichtigungsanspruch nicht zu. Er hat weder den mit seinem Hauptantrag geltend gemachten Anspruch darauf, dass die Beklagte den derzeitigen Eintrag im Melderegister zu seinem Geburtsjahrgang („1958“) durch den Eintrag „1953“ ersetzt (I.), noch darauf, dass dort, wie er mit dem Hilfsantrag begehrt, die Zahlenfolge „0000“ eingetragen wird (II.).

[4]I.

[5]Die Klage ist im Hauptantrag unbegründet.

[6]Ausgehend von der im maßgeblichen Zeitpunkt (1.) allein in Betracht kommenden Rechtsgrundlage aus Art. 16 Satz 1 DSGVO (2.) steht dem Kläger der geltend gemachte, auf die Eintragung des Geburtsjahrgangs „1953“ zielende Berichtigungsanspruch nicht zu. Es steht nicht mit der für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit fest, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen des Art. 16 Satz 1 DSGVO für die begehrte Berichtigung erfüllt (3.) ...

[7]1. ... 3. An den Vorgaben von Art. 16 DSGVO gemessen ist die Klage mit dem Hauptantrag unbegründet. Es steht nicht mit der für die richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit fest, dass der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen des Art. 16 Satz 1 DSGVO für die begehrte Berichtigung erfüllt.

[8]Nach Art. 16 Satz 1 DGSVO hat jede betroffene Person, wie gezeigt, das Recht, von dem Verantwortlichen unverzüglich die „Berichtigung“ sie betreffender „unrichtiger personenbezogener Daten“ zu verlangen. Bei dem Geburtsdatum des Klägers handelt es sich zwar um ein „personenbezogenes Datum“ (a)). Der Senat vermag sich jedoch nicht die erforderliche Überzeugungsgewissheit davon zu bilden, dass das Begehren des Klägers, im Melderegister als Geburtsjahrgang „1953“ eintragen zu lassen, im Sinne von Art. 16 Satz 1 DSGVO auf die „Berichtigung“ eines „unrichtigen“ Datums gerichtet ist (b)).

[9]a) ... b) Es ist jedoch nicht erweislich, dass das Begehren des Klägers, im Melderegister als Geburtsjahrgang „1953“ eintragen zu lassen, im Sinne von Art. 16 Satz 1 DSGVO auf die „Berichtigung“ eines „unrichtigen“ Datums gerichtet ist …

[10]Ein Berichtigungsanspruch kann sich deshalb nur dann aus Art. 16 Satz 1 DSGVO ergeben, wenn - erstens - feststeht, dass das von dem Verantwortlichen gespeicherte oder sonst verarbeitete Datum objektiv nicht mit der Realität übereinstimmt, und wenn - zweitens - zugleich feststeht, dass das von dem Betroffenen als richtig benannte Datum tatsächlich mit der Wirklichkeit übereinstimmt.

[11]Eine dahingehende Überzeugungsgewissheit vermag sich der Senat im vorliegenden Fall nicht zu bilden. Es spricht zwar einiges dafür, dass das von der Beklagten im Melderegister zum Kläger gespeicherte Geburtsdatum („01.01.1958“) objektiv unrichtig ist. Es steht jedoch nicht zur Überzeugung des Senats fest, dass das Geburtsdatum, dessen Eintragung der Kläger begehrt („01.01.1953“) objektiv richtig ist.

[12]Die Richtigkeit des Geburtsdatums „01.01.1953“ vermag der Kläger nicht allein unter Verweis auf den dahingehenden Eintrag in seinem türkischen Reisepass zu belegen (aa)). Der Senat ist auch nicht aufgrund völkerrechtlicher Verträge oder innerstaatlicher Anerkennungsvorschriften an das Urteil des Landgerichts Kayseri in dem Sinne gebunden, dass das von dem Landgericht festgestellte Geburtsdatum („01.01.1953“) im vorliegenden Verfahren ungeprüft übernommen werden müsste (bb)). Eine solche Bindung ergibt sich auch nicht aus dem aktuellen Eintrag des Geburtsdatums im türkischen Personenstandsregister, dem vom Kläger daraus vorgelegten Registerauszug oder aus auf solche Auszüge bezogenen völkerrechtlichen Verträgen (cc)). Auch die vom Kläger in Bezug genommenen Vorschriften des Internationalen Privatrechts (Art. 5 EGBGB) begründen keine solche Bindung (dd)). Es ist daher im Wege der freien Beweiswürdigung darüber zu entscheiden, ob das von der Beklagten eingetragene Geburtsdatum unrichtig und das vom Kläger angegebene Geburtsdatum richtig ist (ee)). Diese Beweiswürdigung ergibt, dass jedenfalls die Richtigkeit des von dem Kläger zuletzt angegebenen Geburtsdatums nicht mit der für eine richterliche Überzeugungsbildung erforderlichen Gewissheit feststeht („non liquet“).

[13]aa) Dass das von der Beklagten im Melderegister für den Kläger gespeicherte Geburtsdatum („01.01.1958“) objektiv unrichtig und das von ihm angegebene Datum („01.01.1953“) richtig ist, steht nicht schon deshalb fest, weil in dem türkischen Reisepass des Klägers als Geburtsdatum der „01.01.1953“ eingetragen ist.

[14]Für die Ermittlung des tatsächlichen - objektiv richtigen - Geburtsdatums kann ein Reisepass zwar im Rahmen der gebotenen Beweiswürdigung als öffentliche Urkunde - im Verwaltungsprozess nach den Vorschriften des Urkundenbeweises - zu würdigen sein (vgl. § 98 VwGO i.V.m. §§ 415 ff. ZPO). Die Sachverhaltsermittlung kann sich allerdings entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts grundsätzlich nicht auf eine Betrachtung der Angaben in dem Dokument beschränken. Insbesondere sind ausländische Reisepässe nicht dazu geeignet, allein den Beweis der Richtigkeit des darin angegebenen Geburtsdatums zu erbringen. Die Reichweite der Beweiskraft öffentlicher Urkunden - auch ausländischer öffentlicher Urkunden (vgl. § 438 ZPO und BVerwG, Beschl. v. 28.06.2010 - 5 B 49.09 (IPRspr 2010-333) - NVwZ 2012, 1162; OVG NW, Urt. v. 27.05.2011 12 A 2561/09 - juris) - ergibt sich aus den gesetzlichen Beweisregeln der §§ 415, 417 und 418 ZPO. Ein [...] ist weder eine öffentliche Urkunde über Erklärungen im Sinne des § 415 ZPO noch eine öffentliche Urkunde über eine amtliche Anordnung, Verfügung oder Entscheidung im Sinne von § 417 ZPO (OVG Bln.- Brbg., Beschl. v. 04.03.2013 OVG 6 S 3.13 - juris). Seine Beweiskraft bestimmt sich daher nach § 418 Abs. 3 ZPO. Danach erbringt er grundsätzlich nur insoweit den vollen Beweis für die in ihm bezeugten Tatsachen, als diese auf eigenen Handlungen oder Wahrnehmungen der Urkundsperson beruhen (vgl. OVG Bln.- Brbg., Beschl. v. 04.03.2013, a.a.O., und Beschl. v. 30.04.2012 OVG 2 N 16.11 -, juris m.w.N.). Demnach kann ein keinen Beweis für die Richtigkeit des dort angegebenen Geburtsdatums erbringen (OVG Bln.- Brbg., Beschl. v. 04.03.2013, a.a.O., und Beschl. v. 19.07.2011 OVG 2 N 82.09 - juris; VG Berlin, Urt. v. 16.11.2018 - 4 K 486.17 V (IPRspr 2018-130) - InfAuslR 2019, 98; s. auch OVG Bremen, Beschl. v. 06.11.2018 1 B 184.18 - juris).

[15]Eine Bindung an die Angaben in dem ausländischen [...] lässt sich auch nicht mit der Erwägung des Verwaltungsgerichts begründen, nach § 2 Abs. 1 BMG (a.F. und n.F.) sei es Aufgabe der Meldebehörden, die in ihrem Zuständigkeitsbereich wohnhaften Personen zu registrieren, um deren Identität und deren Wohnungen feststellen und nachweisen zu können, und eine Identitätsfeststellung des Klägers sei nicht oder nur erschwert möglich, wenn in seinem amtlichen ausländischen Ausweispapier ein anderes Geburtsdatum eingetragen als es im Melderegister registriert sei. Die Eintragung des Geburtsdatums im Melderegister spiegelt als Information wider, dass die betroffene Person an dem dort genannten Tag geboren ist. Der Eintragung im Melderegister wohnt hingegen nicht die Erklärung inne, dass in einem anderen Dokument wie etwa einem ausländischen Reisepass angegeben sei, dass die Person an diesem Tag geboren sei. Angesichts dieses Erklärungsinhalts des Melderegisters kann für die Beantwortung der Frage, ob die Eintragung eines Geburtsdatums im Melderegister „unrichtig“ ist, nicht allein auf die Eintragung in einem anderen amtlichen Dokument wie einem ausländischen Reisepass abgestellt werden. Vielmehr ist auch in diesem Rahmen zu ermitteln, ob die betroffene Person tatsächlich - objektiv - an dem im Melderegister genannten Tag geboren ist. Das entsprach bereits unter der Geltung von § 12 BMG a.F. geltendem Recht (vgl. VG Bremen, Urt. v. 20.04.2018 2 K 2704/16 - juris) und gilt im Anwendungsbereich von Art. 16 Abs. 1 DSGVO und dem dortigen Begriff der „Unrichtigkeit“ erst recht (vgl. erneut oben unter a)).

[16]bb) Der Senat ist auch nicht aufgrund völkerrechtlicher Verträge oder innerstaatlicher gesetzlicher Vorschriften an das Urteil des Landgerichts Kayseri vom 17.01.2015 in dem Sinne gebunden, dass das von dem Landgericht festgestellte Geburtsdatum („01.01.1953“) im vorliegenden Verfahren ungeprüft übernommen werden müsste.

[17]Eine generelle völkerrechtliche Pflicht, ausländische Gerichtsentscheidungen anzuerkennen, besteht nicht (Geimer, in: Zöller, ZPO, 33. Aufl., § 328 Rn. 1). Es steht vielmehr grundsätzlich im Ermessen des jeweiligen nationalen Gesetzgebers zu bestimmen, ob und ggf. in welcher Art und in welchem Ausmaß solche Entscheidungen in der eigenen Rechtsordnung anerkannt werden (Gottwald, in: Münchener Kommentar zur ZPO, 5. Aufl., § 328 Rn. 4).

[18]Im deutschen Recht kann sich eine Pflicht zur Anerkennung in erster Linie aus unionsrechtlichen Bestimmungen sowie in zweiter Linie aus völkerrechtlichen Übereinkommen ergeben, soweit diese unmittelbar anwendbares staatliches Recht geworden sind. Wenn im jeweiligen Einzelfall keine unions- oder völkervertragsrechtlichen Bestimmungen einschlägig sind, richtet sich die Anerkennung von ausländischen Entscheidungen im Bereich von Familiensachen und der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach §§ 108 f. FamFG (vgl. § 97 Abs. 1 FamFG) und im Anwendungsbereich der Zivilprozessordnung, d.h. im Kern in Zivil- und Handelssachen (Stadler, Musielak/Voit, ZPO, 16. Aufl., § 328 Rn. 5), nach dem mit §§ 108 f. FamFG weitgehend übereinstimmenden § 328 ZPO (vgl. Gottwald, a.a.O., § 328 Rn. 17, 60; Stadler, a.a.O., § 328 Rn. 3, 6; Sieghörtner, in: Hahne u.a., BeckOK FamFG, 33. Ed., § 108 Rn. 30). Dabei kommt es für die Abgrenzung zwischen den genannten innerstaatlichen Anerkennungsvorschriften darauf an, ob die ausländische Entscheidung, wenn sie von einem deutschen Gericht gefällt worden wäre, als „FamFG-“ oder „ZPO-Sache“ einzuordnen gewesen wäre (vgl. BayVGH, Beschl. v. 11.12.1981 10 CS 81 A.2341 -, BayVBl. 1982, 240; Sieghörtner, a.a.O., § 108 FamFG Rn. 33; jeweils m.w.N.). Für Personenstandssachen sind ebenfalls die §§ 108 f. FamFG maßgeblich. Denn auf das gerichtliche Verfahren im Anwendungsbereich des Personenstandsgesetzes sind nach § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit anzuwenden (vgl. etwa KG Berlin, Beschl. v. 04.07.2017 - 1 W 153/16 (IPRspr 2017-154) - StAZ 2018, 183 und v. 01.08.2013 - 1 W 413/12 (IPRspr 2014-254a) - StAZ 2013, 348).

[19]Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren richtet sich die Anerkennung ausländischer Urteile im Ergebnis grundsätzlich ebenfalls nach den zuvor genannten Rechtsgrundlagen. Gemäß § 173 Satz 1 VwGO ist unter anderem § 328 ZPO entsprechend anzuwenden. Diese anerkennungsrechtliche Grundnorm wird gegebenenfalls auch im Verwaltungsprozess durch die Sonderregelungen aus § 108 Abs. 1 i.V.m. § 109 FamFG verdrängt (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.2012 - 10 C 4.12 (IPRspr 2012-278b) - BVerwGE 145, 153; OVG Bln.- Brbg., Urt. v. 12.07.2017 - OVG 11 B 5.16 - juris; OVG NRW, Urt. v. 14.07.2016 - 19 A 2/14 (IPRspr 2016-300) - FamRZ 2016, 2130; NdsOVG, Urt. v. 29.09.2014 11 LB 2203/14 - NdsVBl. 2015, 24; BayVGH, Beschl. v. 11.12.1981 - 10 CS 81 A.2341 (IPRspr. 1981 Nr. 209) -, BayVBl. 1982, 240; VG Stuttgart, Beschl. v. 18.08.1981 - VRS 7 K 395/81 (IPRspr. 1981 Nr. 206) - StAZ1982, 218; Clausing, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 37. Erg.- Lfg., § 121 Rn. 118).

[20]Hiervon ausgehend ist der Senat an das Urteil des Landgerichts Kayseri vom 17.01.2015 nicht in dem Sinne gebunden, dass das von dem Landgericht festgestellte Geburtsdatum („01.01.1953“) im vorliegenden Verfahren ungeprüft übernommen werden müsste. Eine dahingehende Bindung kann sich im vorliegenden Fall nicht aus unionsrechtlichen Vorschriften ergeben, da die Republik Türkei kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist. Eine Bindung ergibt sich auch nicht aus völkerrechtlichen Verträgen (1) oder den innerstaatlichen Vorschriften aus § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 328 ZPO oder §§ 108 f. FamFG (2).

[21](1) Eine Bindung an das Urteil des Landgerichts Kayseri ergibt sich nicht aus dem vom Kläger in Bezug genommenen und von der Bundesrepublik Deutschland sowie der Republik Türkei unterzeichneten „Übereinkommen betreffend die Entscheidungen über die Berichtigung von Einträgen in Personenstandsbüchern (Zivilstandsregistern)“ vom 10.09.1964 (BGBl. II S. 445 f., im Folgenden CIEC-Übereinkommen Nr. 9). Keine der Bestimmungen dieses Übereinkommens ist im vorliegenden Verfahren einschlägig.

[22]Nach Art. 2 Satz 1 des CIEC-Übereinkommens Nr. 9 ist die Behörde eines Vertragsstaates, die für die Entscheidung über die Berichtigung eines Eintrags in einem im eigenen Hoheitsgebiet geführten Personenstandsbuch zuständig ist, auch zuständig, in derselben Entscheidung die Berichtigung des gleichen Fehlers anzuordnen, der in einen späteren Eintrag im Personenstandsbuch eines anderen Vertragsstaates übernommen worden ist und dieselbe Person oder ihre Nachkommen betrifft. Diese Entscheidung ist dann in dem anderen Staat nach Satz 2 ohne weitere Förmlichkeit vollziehbar.

[23]Diese Vorschriften führen im vorliegenden Fall schon deshalb nicht weiter, weil Art. 2 Satz 1 des CIEC-Übereinkommens Nr. 9 allein Einträge in Personenstandsbücher betrifft. Die Bestimmung ist daher - wie das gesamte Übereinkommen - für Personenstandsbehörden, d.h. in Deutschland für die Standesämter (vgl. Baumann, StAZ 1968, 337 f.), von Relevanz, nicht hingegen für - wie hier - Meldebehörden (vgl. VG Stuttgart, Beschl. v. 18.08.1981 - VRS 7 K 395/81 (IPRspr. 1981 Nr. 206) - StAZ1982, 218; Rumpf, StAZ 190, 326 f.; a.A. wohl BayVGH, Beschl. v. 11.12.1981 - 10 CS 81 A.2341 (IPRspr. 1981 Nr. 209) -, BayVBl. 1982, 240, allerdings ohne Begründung; offen gelassen von VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.10.1987 - 11 S 1827/87 - ESVGH 38, 45).

[24]Unabhängig davon könnte sich aus Art. 2 Satz 1 des CIEC-Übereinkommens Nr. 9 im vorliegenden Fall auch in seinem Anwendungsbereich keine Bindung ergeben. Das folgt zum einen daraus, dass das Landgericht Kayseri in dem genannten Urteil keine „Fehlerfolgenanordnung“ im Sinne von Art. 2 Satz 1 des Übereinkommens getroffen hat (vgl. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.05.1997 - 3 Wx 261/96 (IPRspr. 1997 Nr. 206) - StAZ 1997, 276). Hinzu kommt, dass Art. 2 des Übereinkommens auch in seinem Anwendungsbereich ohnehin keine uneingeschränkte Bindung an ausländische Urteile begründet. Das Übereinkommen sieht vielmehr ausdrücklich die Möglichkeit vor, dass die Vollziehung einer ausländischen Entscheidung abgelehnt wird, wenn diese unrichtig ist (vgl. Art. 4 des Übereinkommens). Das zeigt, dass die inhaltliche Richtigkeit der ausländischen Entscheidung von den zuständigen innerstaatlichen Stellen nicht ungeprüft angenommen werden muss (vgl. VGH Bad.- Württ., Urt. v. 22.10.1987, a.a.O.; BayVGH, Beschl. v. 11.12.1981, a.a.O.).

[25]Auch Art. 3 des CIEC-Übereinkommens Nr. 9 führt im vorliegenden Fall nicht weiter. Diese Vorschrift bestimmt, dass, wenn eine Entscheidung über die Berichtigung eines Eintrags in einem Personenstandsbuch von der zuständigen Behörde eines Vertragsstaates erlassen worden ist, auch diese Übertragungen oder diese Vermerke berichtigt werden, falls der Eintrag in das Personenstandsbuch eines anderen Vertragsstaates übertragen oder darin vermerkt worden ist, wobei ggf. die Vorlegung einer Ausfertigung der Entscheidung über die Berichtigung und einer Abschrift des berichtigten Eintrags genügt.

[26]Der Anwendung auch dieser Vorschrift auf den vorliegenden Fall steht erneut entgegen, dass hier keine Eintragung in ein deutsches Personenstandsbuch in Rede steht. Unabhängig davon fehlt es an einer Übertragung oder einem Vermerk im Sinne der zuvor genannten Vorschriften. Die Geburt des Klägers wurde nicht als Eintrag von einem türkischen Personenstandsbuch in ein deutsches Melderegister übertragen (vgl. zu dieser Voraussetzung BSG, Urt. v. 29.11.1985 - 4a RJ 9/85 (IPRspr. 1985 Nr. 210) - StAZ 1986, 253; s. auch OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.05.1997, a.a.O.; LAG Schl.-Holst., Urt. v. 12.04.1989 - 5 Sa 40/89 (IPRspr. 1989 Nr. 242) - BeckRS 1989, 30816240; Baumann, StAZ 1968, 337 <338>).

[27](2) Auch aus den innerstaatlichen Anerkennungsvorschriften aus § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 328 ZPO und §§ 108 f. FamFG folgt keine Bindung des Senats an das Urteil des Landgerichts Kayseri vom 17.01.2015 in dem Sinne, dass das von dem Landgericht festgestellte Geburtsdatum („01.01.1953“) im vorliegenden Verfahren ungeprüft übernommen werden müsste.

[28]Als Rechtsgrundlage für eine Anerkennung des türkischen Urteils kommen im vorliegenden Fall nach dem oben (unter bb)) Gesagten die §§ 108 FamFG in Betracht. Diese spezialgesetzlichen Vorschriften verdrängen § 328 ZPO, da es sich bei dem Urteil des Landgerichts Kayseri, wäre es in Deutschland ergangen, um eine Angelegenheit im Anwendungsbereich des Personenstandsgesetzes sowie des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit handeln würde (vgl. § 48, § 51 Abs. 1 Satz 1 PStG i.V.m. §§ 108 f. FamFG).

[29]Gemäß § 108 Abs. 1 FamFG werden ausländische Entscheidungen abgesehen von Entscheidungen in Ehesachen grundsätzlich anerkannt, ohne dass es hierfür eines besonderen Verfahrens bedarf. Die Anerkennung ist allerdings in den in § 109 FamFG genannten Fällen ausgeschlossen. Das ist unter anderem dann der Fall, wenn die Anerkennung der Entscheidung zu einem Ergebnis führt, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist, insbesondere wenn die Anerkennung mit den Grundrechten unvereinbar ist (§ 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG, sog. ordre public-Vorbehalt).

[30]Die Anerkennung des Urteils des Landgerichts Kayseri vom 15.09.2014 ist zwar entgegen der Auffassung der Beklagten nicht durch den ordre public-Vorbehalt ausgeschlossen (a). Die Anerkennung dieses Urteils führt jedoch nicht zu der vom Kläger behaupteten Rechtsfolge, dass die Beklagte oder der Senat an die Ausführungen in dem Urteil dergestalt gebunden wären, dass das dort als richtig angesehene Geburtsdatum für das deutsche Recht ungeprüft übernommen werden müsste (b).

[31](a) Der ordre public-Vorbehalt steht der Anerkennung des Urteils des Landgerichts Kayseri vom 15.09.2014 nicht entgegen.

[32]Mit diesem Vorbehalt ist eine ausländische Entscheidung nicht schon dann unvereinbar, wenn der deutsche Richter - hätte er die zur Anerkennung stehende Entscheidung getroffen - aufgrund zwingenden deutschen Rechts zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre. Die ausländische Entscheidung ist grundsätzlich auch nicht auf ihre Rechtmäßigkeit am Maßstab des ausländischen Rechts zu überprüfen (sog. Verbot der révision au fond). Maßgeblich ist vielmehr, ob das Ergebnis der ausländischen Entscheidung zu den Grundgedanken der deutschen Regelungen und den in ihnen enthaltenen Gerechtigkeitsvorstellungen in so starkem Widerspruch steht, dass es nach deutscher Vorstellung untragbar erscheint. Prüfungsmaßstab sind dabei vor allem die Grundrechte. Ein Verstoß gegen den ordre public kann sich auch aus dem der anzuerkennenden Entscheidung vorangegangenen Verfahren ergeben, also der Art und Weise ihres Zustandekommens. Dies ist der Fall, wenn die ausländische Entscheidung aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass sie nach der deutschen Rechtsordnung nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (sog. verfahrensrechtlicher ordre public, vgl. BVerwG, Urt. v. 29.11.2012, a.a.O.; OVG Bln.-Brbg., Urt. v. 12.07.2017, a.a.O.; OVG NRW, Urt. v. 14.07.2016, a.a.O.; NdsOVG, Urt. v. 29.09.2014, a.a.O.; vgl. auch BGH, Urt. v. 11.04.1979 - IV ZR 93/78 (IPRspr. 1979 Nr. 231) -, NJW 1980, 529; KG Berlin, Beschl. v. 01.08.2013 - 1 W 413/12 (IPRspr 2014-254a) - StAZ 2013, 348; Völker, Zur Dogmatik des ordre public, 1998, S. 140 f.).

[33]Gemessen an diesen restriktiven - d.h. anerkennungsfreundlichen - Maßstäben (vgl. Geimer, a.a.O., § 328 Rn. 210: ordre public-Verstoß „nur in ganz krassen Fällen“) ist nicht erkennbar, dass das Urteil des Landgerichts Kayseri vom 17.01.2015 von vornherein keiner Anerkennung fähig wäre. Dass die Beklagte die Beweiswürdigung in dem Urteil für nicht überzeugend hält, weil das Gericht den Sachverhalt ihres Erachtens nicht vollständig erfasst und in rechtlicher Hinsicht nicht überzeugend gewürdigt hat, ist nach dem zuvor Gesagten als solches unerheblich, weil „einfache“ Verstöße gegen das nationale Recht des ausländischen Gerichts grundsätzlich nicht zu prüfen und anerkennungsrechtlich unbeachtlich sind (vgl. zur grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von Zweifeln an der Beweiswürdigung des ausländischen Gerichts Völker, a.a.O., S. 140 m.w.N.; zur grundsätzlichen Unbeachtlichkeit von Unterschieden im Beweisrecht Geimer, a.a.O., § 328 Rn. 237). Keinen Verstoß gegen den ordre public-Vorbehalt begründet es ferner, wenn dem Verfahren vor dem Landgericht Kayseri - wie die Beklagte behauptet - der Beibringungsgrundsatz zugrunde gelegen hat. Auch dies würde per se nicht dazu führen, dass das Gerichtsverfahren nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann (vgl. zu verfahrensrechtlichen Mindeststandards wie dem Gebot rechtlichen Gehörs Geimer, a.a.O., § 328 Rn. 218; zur Vereinbarkeit von selbst summarischen gerichtlichen Verfahren mit dem ordre public-Vorbehalt Völker, a.a.O., S. 140 m.w.N.). Hinzukommen müssten vielmehr schwerwiegende Verstöße gegen formelles oder materielles Recht oder inhaltliche Ergebnisse, die das Urteil als nach deutscher Vorstellung untragbar erscheinen lassen. Dafür ist von der Beklagten nichts vorgetragen und auch sonst nichts ersichtlich.

[34](b) Eine Anerkennung des Urteils des Landgerichts Kayseri vom 15.09.2014 führt im vorliegenden Fall gleichwohl nicht zu der vom Kläger behaupteten Rechtsfolge, dass die Beklagte oder der Senat an die Ausführungen in dem Urteil dergestalt gebunden wären, dass das dort als richtig angesehene Geburtsdatum für das deutsche Recht ungeprüft übernommen werden müsste. Eine Anerkennung nach § 108 Abs. 1 FamFG hat keine solche Wirkung.

[35]Wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung einer ausländischen Entscheidung erfüllt sind, bedeutet das, dass der objektive Inhalt und die subjektive Reichweite der Entscheidung in das Inland erstreckt werden (sog. Theorie der Wirkungserstreckung, vgl. näher dazu Gottwald, a.a.O., § 328 Rn. 4, 160; Spellenberg, in: Staudinger, BGB (2005), § 328 ZPO Rn. 121 ff.; Stadler, a.a.O., § 328 Rn. 2; jeweils m.w.N. auch zu der nach a.A. maßgeblichen sog. Gleichstellungslehre). Anerkennungsfähig sind dabei grundsätzlich alle prozessrechtlichen Urteilswirkungen, die die gerichtliche Entscheidung nach dem Recht des Erststaates hervorbringt (vgl. Gottwald, a.a.O., § 328 Rn. 4, 164 ff.; Spellenberg, a.a.O., Rn. 121 ff. m.w.N.), darunter gegebenenfalls die Gestaltungs-, Rechtskraft- (Feststellungs-), Präklusions- und Tatbestandswirkung (vgl. Spelling, a.a.O., § 328 ZPO Rn. 132 ff.; Geimer, Internationales Zivilprozessrecht, 7. Aufl., Rn. 2799). Soweit die Wirkungen der ausländischen Entscheidungen in das innerstaatliche Recht erstreckt werden, darf die Richtigkeit der ausländischen Entscheidung - d.h. die Richtigkeit seiner tatsächlichen und rechtlichen Feststellungen - wegen der Erstreckung ihrer materiellen Rechtskraft grundsätzlich im Inland nicht nachgeprüft werden (Verbot der révision au fond, vgl. oben unter (a) sowie BVerwG, Urt. v. 29.11.2012 - 10 C 4.12 (IPRspr 2012-278b) - BVerwGE 145, 153; OVG NRW, Urt. v. 14.07.2016 - 19 A 2/14 (IPRspr 2016-300) - FamRZ 2016, 2130; Geimer, a.a.O., § 328 Rn. 208; Gottwald, a.a.O., § 328 Rn. 116 f., 164), wenn nicht ausnahmsweise ein Verstoß gegen den sog. ordre public vorliegt, also das ausländische Urteil offensichtlich grundlegenden Vorstellungen des Inlandes über Minimalanforderungen des Rechtsschutzes oder über die Grundwerte der Rechtsordnung widerspricht (vgl. Gottwald, a.a.O., § 328 Rn. 117).

[36]Der konkrete Umfang der Wirkung der Anerkennung bestimmt sich in diesem Rahmen allerdings in jedem Einzelfall danach, welche Wirkungen das fremde Forum nach seinem Recht seinem Urteil beilegt. Durch die Anerkennung erhält die ausländische Entscheidung keine weiterreichenden Wirkungen, als sie nach dem Recht des Erststaates hat (Gottwald, a.a.O., § 328 Rn. 4, 160 m.w.N.). Die Begrenzung der Wirkungserstreckung auf den Umfang der Wirkung im ausländischen Recht gilt auch in Bezug auf die subjektiven Grenzen der Rechtskraft. Diese erstreckt sich grundsätzlich nur auf die Parteien des ausländischen Verfahrens. Ob ein Urteil ausnahmsweise eine Rechtskraftbindung auch gegenüber Dritten entfaltet, richtet sich grundsätzlich ebenfalls nach dem Recht des Urteilsstaates (vgl. Spelling, a.a.O., § 328 Rn. 155 ff.). Solche Drittbindungen sind entsprechend §§ 325 ff. ZPO in der Regel dann anzuerkennen, wenn der Dritte Rechtsnachfolger einer Partei ist und in deren Prozessführung im Ausland eingewilligt hat. Ansonsten kann ein Dritter nur dann gebunden sein, wenn ihm in dem ausländischen gerichtlichen Verfahren rechtliches Gehör gewährt wurde, denn diese Garantie ist Teil des deutschen ordre public (vgl. erneut § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG und zum inhaltsgleichen § 328 Abs. 1 Nr. 4 ZPO Gottwald, a.a.O., § 328 Rn. 176).

[37]Nach diesen Grundsätzen sind Entscheidungen ausländischer Gerichte, die - wie im vorliegenden Fall - die Berichtigung eines ausländischen Personenstandsregisters anordnen, nicht in dem Sinne anerkennungsfähig, dass die von dem ausländischen Gericht als in das Register einzutragen festgestellte Angabe in behördlichen oder gar gerichtlichen Verfahren in Deutschland ungeprüft übernommen werden müsste. Denn die Wirkung eines solchen ausländischen Berichtigungsurteils erschöpft sich in der Berichtigung des ausländischen Registers (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.10.1987 11 S 1827/87 - ESVGH 38, 45; LAG Schl.-Holst., Urt. v. 12.04.1989 - 5 Sa 40/89 (IPRspr. 1989 Nr. 242) - BeckRS 1989, 30816240), mit anderen Worten in der Entscheidung der Frage, ob der jeweilige ausländische Standesbeamte verpflichtet ist, den Eintrag im dortigen Personenstandsregister zu ändern (VG Berlin, Urt. v. 16.11.2018 - 4 K 486.17 V (IPRspr 2018-130) - InfAuslR 2019, 98; OLG Düsseldorf, Beschl. v. 09.05.199 - 3 Wx 261/96 (IPRspr. 1997 Nr. 206) - StAZ 1997, 276). Eine etwaige Anerkennung der die Berichtigung der Eintragung des Geburtsdatums anordnenden türkischen Gerichtsentscheidung bedeutet daher nur, dass die Berichtigung des Registers bzw. die Verpflichtung der zuständigen ausländischen Behörde zur Berichtigung anerkannt werden, nicht aber zugleich, dass das vom türkischen Gericht als zutreffend angesehene Geburtsdatum für deutsche Behörden und Gerichte verbindlich wäre (BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990 1 B 103.90-, Buchholz 310 § 98 VwGO Rn. 35). Dem ausländischen Urteil kommt mithin - wenn nicht im jeweiligen Einzelfall ausnahmsweise im Tenor der Entscheidung etwas Darüberhinausgehendes angeordnet wird - keine weitergehende Bedeutung als der berichtigten Eintragung selbst zu. Diese Eintragung dient aber ihrerseits lediglich als Beweismittel bei der Feststellung der Richtigkeit der beurkundeten Tatsache (Geimer, a.a.O., Rn. 2800, 2845, 2860) und begründet keine unwiderlegliche oder in einem Gerichtsverfahren bindende Wirkung (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990, a.a.O.; zur Bedeutung von Einträgen in ausländischen Personenstandsregistern für ein deutsches Gerichtsverfahren auch noch näher unter cc)). Auch ausländische Urteile betreffend die Berichtigung des Eintrags im ausländischen Personenstandsregister zum Geburtsdatum vermögen nach dem zuvor Gesagten über das Anerkennungsrecht keine Bindungswirkung dergestalt zu begründen, dass das in dem ausländischen Urteil als richtig angenommene Geburtsdatum im deutschen Gerichtsverfahren ohne eigene Prüfung bindend übernommen werden müsste (vgl. BVerwG, Beschl. v. 09.08.1990, a.a.O.; VGH Bad.-Württ., Urt. v. 22.10.1987, a.a.O.; Geimer, a.a.O., Rn. 2800 m.w.N.; VG Berlin, Urt. v. 16.11.2018, a.a.O.; im Ergebnis ebenso, allerdings unter Zugrundelegung nicht der Theorie der Wirkungserstreckung, sondern der Gleichstellungslehre VG Stuttgart, Beschl. v. 18.08.1981 - VRS 7 K 395/81 (IPRspr. 1981 Nr. 206) - StAZ1982, 218; Rumpf, StAZ 1990, 326 <327>).

[38]Es bedarf daher keiner weiteren Ausführungen dazu, dass einer Bindungswirkung in dem vom Kläger behaupteten Sinne im vorliegenden Einzelfall wohl auch die Grenzen der subjektiven Rechtskraft des türkischen Urteils entgegenstehen dürften, da die Beklage an dem türkischen Gerichtsverfahren weder beteiligt war noch sich darin äußern konnte. Ebenfalls keiner weiteren Ausführungen bedarf es dazu, dass die vom Kläger behauptete Bindungswirkung unabhängig davon auch dann an dem anerkennungsrechtlichen Prinzip der Wirkungserstreckung scheitern dürfte, wenn man davon ausgeht, dass das türkische Recht einem Berichtigungsurteil der hier fraglichen Art selbst innerhalb der türkischen Rechtsordnung keine Bindungswirkung in dem Sinne beimisst, dass die Richtigkeit der neuen Eintragung nicht mehr überprüft werden dürfte (vgl. Rumpf, StAZ 1990, 326 <328>, wonach eine berichtige Eintragung auch im türkischen Recht nur die Funktion eines Urkundenbeweises übernimmt und die dortigen Gerichte nicht davon entbindet, Behauptungen zur Unrichtigkeit der Eintragung nachzugehen).

[39]cc) Der Senat ist auch nicht aufgrund völkerrechtlicher Verträge (1) oder einfachgesetzlicher nationaler Vorschriften (2) an den aktuellen Eintrag des Geburtsdatums des Klägers im türkischen Personenstandsregister oder an den vom Kläger vorgelegten Registerauszug in dem Sinne gebunden, dass er das in dem Register und dem Auszug zuletzt genannte Geburtsdatum („01.01.1953“) ungeprüft übernehmen müsste.

[40](1) Eine solche Bindungswirkung ergibt sich insbesondere nicht aus dem vom Kläger in Bezug genommenen „Übereinkommen über die Ausstellung mehrsprachiger Auszüge aus Personenstandsbüchern“ vom 08.07.1976 (BGBl. II 1998, S. 966, im Folgenden: CIEC-Übereinkommen Nr. 16).

[41]In dem Übereinkommen haben die Vertragsparteien vereinbart, dass Auszüge aus Personenstandsregistern, vor allem, wenn sie zur Verwendung im Ausland bestimmt sind, anhand von bestimmten näher definierten Formblättern und unter Einhaltung von bestimmten Formstandards ausgestellt werden sollen (vgl. Präambel und Art. 1, 3 bis 6 und 8 Satz 1 des Übereinkommens) und dass sie aufgrund der ursprünglichen Einträge und späteren Vermerke in den Personenstandsregistern erstellt werden sollen (vgl. Art. 2 des Übereinkommens). Das Übereinkommen regelt ferner, dass die nach seinen Maßgaben erstellten Auszüge „die gleiche Kraft wie die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des betreffenden Staates ausgestellten Auszüge (haben). Sie sind ohne Legalisation, Beglaubigung oder gleichwertige Förmlichkeit im Hoheitsgebiet jedes durch dieses Übereinkommen gebundenen Staates anzunehmen“ (Art. 8 Satz 2 und 3 des Übereinkommens).

[42]Letzteres bedeutet, dass Auszüge, die den Anforderungen des Übereinkommens entsprechen, den in § 55 Abs. 1 PStG genannten Personenstandsurkunden - darunter Geburtsurkunden (§ 55 Abs. 1 Nr. 4, § 59 PStG) - gleichstehen und von einem Standesbeamten ohne Legalisation oder gleichwertige Förmlichkeit anzuerkennen sind (vgl. Bornhofen, in: Gaaz/Bornhofen, Personenstandsgesetz, 3. Aufl., § 54 Rn. 19, § 59 Rn. 33 f.; Berkl, Personenstandsrecht, Rn. 1144). Aus Art. 8 des Übereinkommens folgt jedoch nicht, wie der Kläger meint, dass die Beklagte als Meldebehörde oder der Senat verpflichtet wären, die Angaben in dem von ihm vorgelegten Auszugs aus dem türkischen Personenstandsregister (Anlage K 3, „Nüfus Kayit Örnegi“ vom ..., Bl. 103 f. d. VG-Akte) ungeprüft zu übernehmen.

[43]Das CIEC-Übereinkommen Nr. 16 führt im vorliegenden Fall bereits deshalb nicht weiter, weil der Kläger keinen „Auszug aus einem Personenstandsbuch“ im Sinne des Übereinkommens vorgelegt hat. Denn der von ihm vorgelegte Auszug ist nicht auf dem mehrsprachigen Formblatt des Übereinkommens erstellt worden (vgl. Art. 6 des Übereinkommens). Der Auszug profitiert deshalb schon nicht von den in Art. 8 Satz 3 des Übereinkommens geregelten Befreiung von Förmlichkeiten (vgl. BSG, Urt. v. 29.11.1985 - 4a RJ 9/85 (IPRspr. 1985 Nr. 210) - StAZ 1986, 253; LAG Schl.-Holst., Urt. v. 12.04.1989 - 5 Sa 40/89 (IPRspr. 1989 Nr. 242) - BeckRS 1989, 30816240). Da der Registerauszug auch nicht mit einer Legalisation oder Apostille versehen ist, greift nicht einmal die Vermutung der Echtheit der Urkunde aus § 98 VwGO i.V.m. § 437 Abs. 1, § 438 Abs. 2 ZPO und dem Haager Übereinkommens zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation vom 05.10.1961 (BGBl. 1965 II, S. 876). Die Echtheit und erst recht die Frage der inhaltlichen Richtigkeit des Auszugs sind daher im Wege der freien Beweiswürdigung zu beurteilen (vgl. BayVGH, Beschl. v. 21.08.2019 5 ZB 18.1226 - juris und VG Würzburg, Urt. v. 05.03.2018 W 7 K 18.258 - juris).

[44]Unabhängig davon ergäbe sich die vom Kläger behauptete Bindung an den Inhalt des Registerauszugs selbst dann nicht, wenn dieser Auszug die formellen Anforderungen des CIEC-Übereinkommens Nr. 16 erfüllen würde. Denn nach Art. 8 Satz 2 des Übereinkommens haben solche Auszüge, wie gezeigt, „die gleiche Kraft wie die nach den innerstaatlichen Rechtsvorschriften des betreffenden Staates ausgestellten Auszüge“. Auch nach deutschem Recht erstellte Beurkundungen in den Personenstandsregistern und Personenstandsurkunden (§ 55 Abs. 1 PStG) haben aber nicht die vom Kläger gewünschte „Bindungswirkung“. Eine Geburtsurkunde (§ 55 Abs. 1 Nr. 4, § 59 PStG) beweist zwar grundsätzlich Ort und Tag der Geburt (vgl. § 54 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 59 Abs. 1 Nr. 3 PStG). Das ändert aber nichts daran, dass die zugrundeliegenden Eintragungen nicht konstitutiv wirken und gemäß § 54 Abs. 3 PStG der Nachweis der Unrichtigkeit zulässig ist (vgl. VGH Bad.- Württ., Urt. v. 22.10.1987 11 S 1827/87 - ESVGH 38, 45; BSG, Urt. v. 29.11.1985 - 4a RJ 9/85 (IPRspr. 1985 Nr. 210) - StAZ 1986, 253). Das gilt für eine deutsche Personenstandsurkunde selbst dann, wenn die eingetragenen unrichtigen Daten auf einem gerichtlichen Beschluss beruhen (vgl. VGH Bad.- Württ., Urt. v. 22.10.1987, a.a.O.; Bornhofen, a.a.O., § 54 Rn. 23 m.w.N. zur Zulässigkeit einer sog. „Rückberichtigung“; Berkl, a.a.O., Rn. 18). Auch der Auszug aus einem ausländischen - hier türkischen - Personenstandsregister vermag daher keine Bindungswirkung in dem Sinne zu begründen, dass die deutschen Behörden an den Inhalt dieser Erklärung ohne Möglichkeit einer Überprüfung gebunden wären. Sofern ein Standesbeamter Zweifel an der Richtigkeit einer Eintragung hat, muss er - wie auch bei allein nach nationalem Recht erfolgten Eintragungen - entsprechend dem AmtsermittlungsgrundSatz eigene Ermittlungen einleiten (vgl. Berkl, a.a.O., Rn. 18; BSG, Urt. v. 13.10.1992 5 RJ 16.92 - BSGE 71, 170). Dementsprechend ergibt sich für ein gerichtliches Verfahren aus dem genannten Übereinkommen auch keine Beweismittelbeschränkung (vgl. OLG Hamm, Beschl. v. 16.03.2004 - 15 W 45/04 (IPRspr 2004-199) - StAZ 2003, 296 zu § 47 PStG; vgl. auch Berkl, a.a.O., Rn. 1144 zur Minderung des Beweiswerts von ausländischen Personenstandsauszügen allein durch Zeitablauf). Diese für das Verfahren der Standesämter maßgeblichen Grundsätze gelten für die Speicherung von Daten durch - wie hier - die Meldebehörden erst recht. Liegen der Meldebehörde bezüglich einer Person konkrete Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit des Melderegisters vor, ist sie gemäß § 6 Abs. 3 BMG (n.F., ebenso bereits § 6 Abs. 3 BMG a.F.) verpflichtet, den Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln.

[45](2) Auch jenseits des genannten Übereinkommens ergibt sich aus dem nationalen Recht keine Bindung an die inhaltlichen Angaben in der Eintragung in dem türkischen Personenstandsregister oder in dem vom Kläger vorgelegten Auszug aus diesem Register. Insbesondere vermitteln die Vorschriften über die Beweiskraft der innerstaatlichen Personenstandsregister und -urkunden (vgl. erneut § 54 PStG), die für inländische Register und Urkunden gelten, keine - gar über die Beweiskraft deutscher Register und Urkunde hinausgehende - solche Bindungswirkung. Der Inhalt ausländischer Urkunden unterliegt auch unter dem Blickwinkel des einfachen nationalen Gesetzesrechts der freien richterlichen Beweiswürdigung (vgl. BSG, Urt. v. 29.11.1985 - 4a RJ 9/85 (IPRspr. 1985 Nr. 210) -, SozR 2200 § 1248 Nr. 44; LAG Schl.- Holst., Urt. v. 12.04.1989 - 5 Sa 40/89 (IPRspr. 1989 Nr. 242) - BeckRS 1989, 30816240; Rumpf, StAZ 1990, 326 <328>).

[46]dd) Die vom Kläger in Bezug genommenen Vorschriften aus Art. 5 EGBGB begründen ebenfalls keine Bindung an das in der Türkei zuletzt gerichtlich festgestellte und dort personenstandsrechtliche eingetragene Geburtsdatum.

[47]Art. 5 EGBGB, der das sog. Personalstatut regelt, bestimmt in Absatz 1, dass, wenn auf das Recht des Staates verwiesen wird, dem eine Person angehört, und sie mehreren Staaten angehört, das Recht desjenigen dieser Staaten anzuwenden ist, mit dem die Person am engsten verbunden ist, insbesondere durch ihren gewöhnlichen Aufenthalt oder durch den Verlauf ihres Lebens, und dass, wenn die Person auch Deutscher ist, diese Rechtsstellung vorgeht.

[48]Diese Vorschrift steht in dem „allgemeine Vorschriften“ regelnden ersten Abschnitt des Zweiten Kapitels des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch. Dieses Zweite Kapitel normiert das Internationale Privatrecht. Das Internationale Privatrecht hat die Aufgabe, in privatrechtlichen Fällen mit Auslandsberührung (vgl. Art. 3 EGBGB) die auf den jeweiligen Sachverhalt anwendbare Privatrechtsordnung zu bestimmen (Lorenz, in: Bamberger/Roth/Hau/Poseck, BeckOK BGB, Einleitung zum Internationalen Privatrecht, Rn. 1; Dörner, in: Schulze, BGB, 10. Aufl., Vorbemerkung zu Art. 3 bis 6 EGBGB, Rn. 1; Hailbronner, in: Hailbronner/Maaßen/Hecker/Kau, Staatsangehörigkeitsrecht, 6. Aufl., Teil I.C., Rn. 1 f.). Innerhalb des Internationalen Privatrechts ist Art. 5 EGBGB allerdings keine eigenständige Kollisionsnorm - also keine Norm, die für ein in ihrem Tatbestand bestimmtes Rechtsgebiet als Rechtsfolge auf eine andere Rechtsordnung verweist (vgl. zum Beispiel für das Namensrecht Art. 10 EGBGB und für das Abstammungsrecht Art. 19 Abs. 1 Satz 1 EGBGB, dazu OVG NRW, Urt. v. 14.07.2016 - 19 A 2/14 (IPRspr 2016-300) - FamRZ 2016, 2130). Bei Art. 5 EGBGB handelt es sich lediglich um eine sog. kollisionsrechtliche Hilfsnorm. Eine solche Hilfsnorm kann erst dann zum Tragen kommen, wenn eine andere Vorschrift des nationalen Rechts auf ausländisches Recht verweist (vgl. Lorenz, a.a.O., Einleitung Rn. 33 ff., und Art. 5 Rn. 1). Vom gesamten Internationalen Privatrecht abzugrenzen ist zudem das inländische materielle Recht, das Sondervorschriften für Ausländer und Sachverhalte mit Auslandsbeziehung enthält. Dieses sog. Fremdenrecht regelt zwar - insoweit wie das Internationale Privatrecht - Sachverhalte mit Auslandsbezug. Es enthält aber keine Verweisungsnormen, sondern Sachnormen mit einem irgendwie auslandsbezogenen Tatbestand, die ihrerseits die Anwendbarkeit deutschen Rechts voraussetzen. Dieses Fremdenrecht ist - wie zum Beispiel im Aufenthaltsgesetz - weitgehend im öffentlichen Recht zu finden (Lorenz, a.a.O., Rn. 11).

[49]Davon ausgehend geht der Verweis des Klägers auf Art. 5 EGBGB ins Leere. Denn weder das Bundesmeldegesetz selbst noch andere Vorschriften des deutschen öffentlichen Rechts verweisen für die Bestimmung des Geburtsdatums eines in Deutschland wohnhaften Ausländers für die Zwecke deutscher Melderegister auf das Recht des Staates, dem der Ausländer angehört.

[50]ee) ...

Fundstellen

nur Leitsatz

NVwZ-RR, 2021, 46

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