Irakische Namensketten bestehend aus dem Eigennamen, dem Vaters- und dem Großvatersnamen sind bei Führung eines Stammesnamens (laqab) als Vornamen und ohne Führung eines Stammesnamens als Familiennamen jeweils mit dem Hinweis „Namenskette“ (§ 23 Abs. 3 PStV) einzutragen.
Die Eltern sind irakische Staatsangehörige mit unterschiedlicher Namensführung. Ihnen wurde keine Flüchtlingseigenschaft, aber ein subsidiärer Schutzstatus in Deutschland zuerkannt. Laut dem vorgelegten irakischen Reisepass führt der Vater den Nachnamen „A…“ und die weiteren Namen „H… K… Z…“, wobei nach dem irakischen Personalausweis „H…“ der Vorname und „K… Z…“ der Name des Vaters und des Großvaters ist. Die Mutter führt hingegen laut ihrem irakischen Personalausweis keinen Nachnamen, sondern den Vornamen „K…“ und als weitere Namensbestandteile den Namen des Vaters und des Großvaters „S… Y…“. Im irakischen Reisepass wird der Name „Y…“ auch als Nachname, „surname“, genannt. Bei der Beurkundung der Geburt eines weiteren Kindes ist aufgefallen, dass die Eintragung für die beiden Vorkinder (vgl. hierzu auch das Verfahren
Die Eltern beantragen nunmehr bezüglich der Vorkinder, hier des im Jahr 2017 geborenen Kindes, den Geburtseintrag entsprechend zu berichtigen und dem Eintrag des zuletzt geborenen Kindes anzupassen. Das Standesamt und die Standesamtsaufsicht haben sich für den Antrag ausgesprochen. Das Amtsgericht hat mit Beschluss vom 03.01.2024 die Berichtigung des Geburtseintrags antragsgemäß ausgesprochen. Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Standesamtsaufsicht, mit der diese keine inhaltliche Änderung, sondern eine obergerichtliche Klärung der zugrundeliegenden Rechtsfragen erreichen will.
[1]II.
[2]Die gemäß §§ 58, 59 Abs. 3, § 63 FamFG, § 51 Abs. 2, § 53 Abs. 2 PStG zulässige Beschwerde führt in der Sache zu keiner Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts.
[3]Abgeschlossene Eintragungen in Personenstandsbüchern können nach §§ 47ff. PStG im Wege der sogenannten Berichtigung geändert werden, wenn zweifelsfrei festgestellt wird, dass der zu ändernde Eintrag von Anfang an unrichtig war. Die Voraussetzungen der Berichtigung richten sich trotz der ausschließlich irakischen Staatsangehörigkeit der Eltern allein nach dem Personenstandsgesetz, das als (öffentliches) Verfahrensrecht unabhängig von der Frage nach dem für die Bestimmung des richtigen Namens anzuwendenden materiellen Namensrecht anzuwenden ist (vgl. Senat StAZ 2022, 1843 [sic] und StAZ 2016, 20 (IPRspr 2015-6)).
[4]1. Die Namensführung der Eltern bestimmt sich gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB nach dem Recht des Staates, dem die Person angehört, hier also dem irakischen Recht. Allein der den Eltern zuerkannten subsidiäre Schutzstatus begründet nicht die Anwendung des deutschen Personalstatuts (BGH StAZ 2023, 305 Rn. 45 (IPRspr 2023-307)). Eine Rechtswahl gemäß Art. 10 Abs. 2 EGBGB ist nicht erfolgt. Das irakische Recht nimmt die Verweisung an (Art. 17 Nr. 1 irakisches ZGB; zitiert nach Bergmann/Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Länderteil Irak).
[5]2. Nach Heimatrecht erworbene Namen ausländischer Staatsangehöriger sind so in das Geburtenbuch einzutragen wie sie nach dem ausländischen Recht geführt werden. Eine rechtliche Einordnung (Qualifikation) dieser Namen entsprechend den Vorstellungen des deutschen Namensrechts durch den Standesbeamten ist unzulässig, wenn das ausländische Recht nicht nach Vor- und Familiennamen unterscheidet (KG NJW-RR 1993, 516 (IPRspr. 1992 Nr. 21); Hausmann, in: Staudinger, BGB, Bearb. 2019, Art, 10 EGBGB Rn. 34; Hepting/Dutta, Familie und Personenstand, 4. Aufl., Rn. II-177 f.). Wie auch das vorliegende Verfahren zeigt, kann nicht davon ausgegangen werden, dass jeder irakische Staatsangehörige neben einer Namenskette auch einen als Familiennamen zu qualifizierenden Bei- oder Zunamen (laqab) führt. Vielmehr ist die irakische Rechtswirklichkeit geprägt von einer Mischung beider Varianten der Namensführung, abhängig zum einen vom Zeitpunkt des Namenserwerbs und zum anderen von der Handhabung der namensrechtlichen Vorschriften durch die verschiedenen irakischen Behörden (Krömer StAZ 2007, 21, 22; ders. StAZ 2018, 312; Rauhmeier StAZ 2012, 117, 118; OLG München StAZ 2015, 58 juris Rn. 5 (IPRspr 2014-19); OLG Köln StAZ 2015, 275 juris Rn. 24 (IPRspr 2014-25)).
[6]a) Der Senat geht mit Rauhmeier (a.a.O. S. 118) davon aus, dass allein die Wiederholung des Großvatersnamen bei der Mutter in dem Reisepass als „surname“ eher passrechtlichen Erwägungen geschuldet ist, insbesondere um die irakischen Reisepässe hinsichtlich enthaltener Eintragungen international üblicher Standards anzupassen. Das zeigt auch die unterschiedliche Eintragung im Personalausweis und im Reisepass.
[7]Bei Personen, die keinen Vor- und Familiennamen oder die neben Vor- und Familiennamen weitere Namensbestandteile führen, ist der sich aus Urkunden ergebende Name mit allen Namensbestandteilen in die Personenstandsregister einzutragen. Namen und Namensbestandteile sollen dabei in den Personenstandsregistern unter Hinweis auf die jeweilige Art der ausländischen Namensform bezeichnet werden (§ 23 Abs. 2 u. 3 PStV). Nach der Begründung der Verordnung (BR-Drs. 713/08 S. 93 f.) greift die Regelung den von der Rechtsprechung geprägten Grundsatz auf, neben den im deutschen Recht vorgesehenen Vor- und Familiennamen auch weitere Namen und Namensbestandteile, die das deutsche Recht nicht kennt, in die Personenstandsregister einzutragen seien. Damit insbesondere im standesamtlichen Mitteilungsverkehr erkennbar sei, dass es sich um Namen und Namensbestandteile handele, die dem deutschen Recht fremd seien, seien diese ausländischen Namensformen ihrer Art nach zu bezeichnen. Für die Beteiligten haben diese Bezeichnungen nur nachrangige Bedeutung. Für andere Verwaltungsbehörden, denen eine Personenstandsurkunde vorgelegt wird, sind die Eintragungen hingegen schon deshalb von erheblicher Bedeutung, weil nur so eine einheitliche Verfahrensweise, die die Identifikation der Person sicherstellt, erreicht werden kann. Bei der Mutter kommt auch eine Bezeichnung des Vaters- und Großvatersnamen als „Zwischennamen“ nicht in Betracht, weil die Benennung als „Zwischennamen“ schon sprachlich einen Nachnamen voraussetzt. Im Ergebnis ist deshalb die Namenskette mit dieser Bezeichnung als Nachname einzutragen.
[8]b) Beim Vater des Kindes ist zunächst der Stammesname (laqab) als Nachname zu erfassen. Die weiteren Namen sind unter der Rubrik Vornamen einzutragen und mit dem Zusatz „Namenskette“ zu versehen. Aus Sicht des Senats käme hier mit der Entscheidung BGH StAZ [1971], 250 (IPRspr. 1971 Nr. 6) (zum marokkanischen Recht) auch eine Bezeichnung als „Vor- und Zwischennamen“ in Betracht. Der Senat würde hier aber die Bezeichnung „Namenskette“ bevorzugen, weil sie zu einer einheitlichen Handhabung bei irakischen Staatsangehörigen (und anderen von der islamisch-arabisch Tradition geprägten Rechtsordnungen; zur mehrheitlichen Durchsetzung des Begriffs „Namenskette“ bei ägyptischen Namen: Krömer StAZ 2023, 251, 253) mit und ohne Stammesnamens führt.
[9]III. ...