Gemäß Art. 8 Abs. 1 Rom II-Verordnung ist deutsches Recht anzuwenden, wenn die Verletzung inländischer Schutzrechte geltend gemacht wird.
Das Urheberrecht an Lichtbildwerken bzw. das verwandte Schutzrecht an Lichtbildern ist nicht Gegenstand unmittelbar wirkender Rechtsakte der Europäischen Union, sondern wird - nach Maßgabe der einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union - durch das nationale Recht geregelt. [LS der Redaktion]
Die Klägerin macht gegen die Beklagte Unterlassungs- und Annexansprüche wegen der Nutzung von 318 Lichtbildern geltend. Die Klägerin ist Teil einer Unternehmensgruppe, die Bekleidungsstücke herstellt und vertreibt. Innerhalb der Unternehmensgruppe ist die Klägerin seit Oktober 2015 für die Erbringung von e-Commerce-Dienstleistungen sowie insbesondere das Content Management, also sämtliche Tätigkeiten betreffend den Inhalt der Webshops der Unternehmensgruppe, zuständig. Vor allem ist sie für das Erstellen und die Weitergabe/Lizenzierung von Produktbildern für/an Dritte zuständig. Die Beklagte hat ihren Sitz in G.. Zwischen der M. F. N. E. GmbH aus der Unternehmensgruppe der Klägerin und der O. (GmbH & Co. KG) bestand ein Vertrag über die Lieferung von Produkten und die Übermittlung von Produktfotografien sowie der Einräumung von Nutzungsrechten daran. Die O. (GmbH & Co. KG) kündigte den Vertrag zum 31.03.2020. Mitte des Jahres 2020 entdeckte die Klägerin, dass über die Google-Bildersuche 318 Bilder von Models mit Kleidungsstücken oder nur von Kleidungsstücken in 386 Fällen als Vorschaubilder abrufbar waren. Die Klägerin verwendete bei der Suche die Site Search-Funktion der Google-Suchmaschine. Wenn man jeweils auf das Bild klickte, wurde man auf die Internetseiten https://o.-t..kz oder https://o. s..com.ua weitergeleitet. Auf der jeweiligen Seite („Landing Page“) wurde das per Vorschaubild angezeigte Bild selbst nicht angezeigt. Der Text auf den Internetseiten war grundsätzlich in kyrillischer Schrift abgefasst, wobei die Artikelbeschreibungen sowie der Hinweis, wenn Produktfotografien nicht angezeigt werden können („Entschuldigung, es ist ein Fehler aufgetreten"), auf Deutsch erfolgten. Physisch lagen die Bilder zum Teil auf einem Server der O.-Gruppe unter https://i. o..de. Auf den „Kontakt“-Seiten der Internetseiten https://o.- t..kz und https:// o..com.ua wurde die Beklagte genannt. Inhaber der Domains war Herr A. P. Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen der Verletzung von Nutzungsrechten an 162 Fotografien über die Internetseite https:// o.- t..kz und unberechtigte Verwendungen von Fotografien über die Internetseite https:// o.- t..kz sowie 21 Verstöße über die Internetseite https:// o. s..com.ua ab. Im April 2021 ließ die Klägerin einen Testkauf über die Internetseite https:// o.- t..kz durchführen. Das Produkt wurde von der Beklagten aus Deutschland nach Kasachstan versendet.
Die Klägerin beantragt zuletzt u.a., die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen, in der Bundesrepublik Deutschland 318 Fotografien von Bekleidungsstücken über Internetsuchmaschinen öffentlich zugänglich zu machen und/oder öffentlich zugänglich machen zu lassen, wenn diese Suchmaschinenergebnisse auf die Internetseite www. o.- t..kz und/oder www.o.- s..com.ua verlinken.
[1]Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
[2]I.
[3]Die Klage ist zulässig
[4]1. Das Landgericht Hamburg ist international zuständig. Da die Beklagte ihren Sitz in Deutschland hat, kann sie gemäß Art. 4 Abs. 1, Art. 63 Abs. 1 Brüssel Ia-Verordnung vor deutschen Gerichten verklagt werden.
[5]2. Das Landgericht Hamburg ist gemäß § 32 ZPO auch örtlich zuständig, da die streitgegenständlichen Internetseiten in Hamburg abrufbar waren. Auf die geographische Ausrichtung der Internetseiten kommt es insoweit nicht an (vgl. BGH, GRUR 2016, 1048 Rn. 18 - An Evening with Marlene Dietrich (IPRspr 2016-51)).
[6]3. ... II.
[7]Die Klage ist unbegründet.
[8]1. Gemäß Art. 8 Abs. 1 Rom II-Verordnung ist deutsches Recht anzuwenden, weil die Klägerin die Verletzung inländischer Schutzrechte geltend macht (vgl. BGH, GRUR 2018, 178 Rn. 13 - Vorschaubilder III (IPRspr 2017-215)). Aus der von der Beklagtenseite zitierten Entscheidung EuGH, GRUR 2012, 1245 - Football Dataco ergibt sich nichts anderes. Im Gegenteil hat der EuGH dort vielmehr ausgeführt (EuGH, GRUR 2012, 1245 Rn. 31 - Football Dataco):
[9] „Drittens ist nach Art. 8 der Verordnung Nr. 864/2007 auf außervertragliche Schuldverhältnisse aus einer Verletzung von Rechten des geistigen Eigentums, die, wie das durch die Richtlinie 96/9 geschaffene Schutzrecht sui generis, nicht ‚gemeinschaftsweit einheitlich‘ im Sinne von Art. 8 Abs. 2 sind (vgl. Randnrn. 24 bis 26 des vorliegenden Urteils), gemäß Art. 8 Abs. 1 ‚das Recht des Staates anzuwenden, für den der Schutz beansprucht wird‘.“
[10]Das Urheberrecht an Lichtbildwerken bzw. das verwandte Schutzrecht an Lichtbildern ist nicht Gegenstand unmittelbar wirkender Rechtsakte der Europäischen Union, sondern wird - nach Maßgabe der einschlägigen Richtlinien der Europäischen Union - durch das nationale Recht geregelt.
[11]2. Der Klägerin stehen keine Unterlassungsansprüche gemäß § 97 Abs. 1 UrhG und keine darauf bezogenen Auskunfts-, Schadensersatz- und Abmahnkostenersatzansprüche zu …
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