Im Grundbuchverfahren können von einer ausländischen Gesellschaft nur die nach dem ausländischen Recht möglichen Nachweise verlangt werden.
Das Grundbuchamt muss sich zwar mit den nach dem maßgeblichen ausländischen Recht möglichen Nachweisen begnügen, darf aber verlangen, dass der Antragsteller sämtliche hiernach bestehenden Möglichkeiten ausschöpft, auch wenn diese in dem jeweiligen Staat im innerstaatlichen Rechtsverkehr unüblich wären.
Der Nachweis der Vertretungsberechtigung einer auf den British Virgin Islands ansässigen Limited kann grundsätzlich durch eine Bescheinigung des „registered agent“ der Gesellschaft geführt werden.
Zum Nachweis der Vertretungsberechtigung ist die Bescheinigung durch einen englischen Notar grundsätzlich geeignet, weil ein englischer „notary public“ mit einem deutschen Notar grundsätzlich vergleichbar ist. Allerdings genügt die Bestätigung durch den „notary public“ nicht, wenn sie allein auf einer Einsichtnahme in das Register beruht. [LS der Redaktion]
Mit notarieller Urkunde vom Juli 2014 veräußerte der Bet. zu 2) ein im Bestandsverzeichnis des Grundbuchs eingetragenes Grundstück an die ASt., eine auf den British Virgin Islands ansässige Ltd. Die Bet. bewilligten die Eintragung des Eigentumswechsels und nach Umschreibung die Löschung der Vormerkung. Für die ASt. handelte dabei Herr A. H., dessen Erklärungen durch Herrn B. Y. im August 2014, beglaubigt durch einen französischen Notar, genehmigt wurden. Im März 2015 beantragte der Urkundsnotar beim GBA die Eintragung des Eigentumswechsels und die Löschung der Auflassungsvormerkung. In der Folgezeit erließ das GBA mehrere Zwischenverfügungen betreffend den Nachweis der Existenz und der Vertretung der ASt.
So beanstandete das GBA u.a. im April 2016, dass die vorgelegten Unterlagen keinen Nachweis betreffend die Alleinvertretungsberechtigung von Herrn B. Y. für die ASt. enthielten. Die ASt. legte darauf ein „Certificate of Incumbency“ vom 24.10.2013 vor, ausgestellt von der P. Ltd. als registered agent der ASt., in dem bestätigt wird, dass Herr B. Y. deren alleiniger Direktor ist. Das GBA erachtete diese Bescheinigung unter Verweis auf § 29 GBO als nicht ausreichend. Die ASt. legte darauf eine inhaltlich mit der vom 24.10.2013 identische Bestätigung der P Ltd. vor. Nachdem das GBA im Juli 2016 seinen Hinweis auf den fehlenden Vertretungsnachweis wiederholt und die Frist zur Behebung verlängert hatte, hat es die Eintragungsanträge mit Beschluss vom 19.9.2016 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Beschwerde der ASt.
Das GBA hat der Beschwerde mit Beschluss vom 12.7.2017 nicht abgeholfen und die Sache dem OLG vorgelegt. Die ASt. hat zu ihrer Stellungnahme zur Nichtabhilfeentscheidung eine weitere Bestätigung der P Ltd., unterzeichnet von Frau S. D., sowie eine Bescheinigung des von der B. Service Commission eingesetzten Registrar of Corporate Affairs vom 19.10.2017 vorgelegt.
[1]II. Die Beschwerde der ASt. ist nach den §§ 71 f. GBO an sich statthaft und auch sonst zulässig. Sie hat in der Sache teilweise Erfolg ...
[2]1. Auch nach Auffassung des Senats können die Anträge auf Eintragung des Eigentumswechsels und Löschung der Auflassungsvormerkung derzeit im Grundbuch nicht vollzogen werden, weil der im Grundbuchverfahren erforderliche Nachweis, dass die ASt. wirksam die Auflassung des Grundstücks (§ 20 GBO) erklärt und die entspr. Eintragungen im Grundbuch bewilligt hat, auch unter Berücksichtigung der Besonderheiten, die sich aus ihrem Sitz auf den British Virgin Islands ergeben, nicht hinreichend geführt ist. Das würde – neben der Existenz der ASt. ... – voraussetzen, dass Herr B. Y. berechtigt war, für die ASt. die Erklärungen, die Herr A. H. in der notariellen Urkunde vom 1.7.2014 abgegeben hat, zu genehmigen. Maßgebender Zeitpunkt hierfür ist derjenige, in dem die Erklärung wirksam wird, bei der Genehmigung als einseitig empfangsbedürftiger Willenserklärung also der des Zugangs bei dem Empfangsberechtigten (Demharter, GBO, 30. Aufl., § 19 Rz. 74.2. m.w.N.).
[3]Im Hinblick auf die Regelung in § 18 der notariellen Urkunde vom 1.7.2014 kommt es auf den Zugang beim Urkundsnotar an, der sich nicht sicher feststellen lässt, aber zwischen dem 14.8.2014 (Erklärung der Genehmigung) und dem 4.9.2014 (Einreichung der Genehmigung beim GBA durch den Notar) liegen muss. In Bezug auf diesen Zeitraum ist der Nachweis der Vertretungsmacht für die ASt. weder durch öffentliche Urkunde noch durch sonstige Unterlagen geführt. Hierbei handelt es sich allerdings um ein – mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Antragstellung – behebbares Eintragungshindernis, weil die Genehmigung – ihre wirksame Erklärung unterstellt – auf den Zeitpunkt der Abgabe der zu genehmigenden Erklärungen zurückwirkt, §§ 177 I, 184 I, 185 I BGB, auch wenn es sich wie hier um Verfügungen bzw. Eintragungsbewilligungen im Grundbuch handelt (Demharter aaO Rz. 74 m.w.N.). In einem solchen Fall hat das BeschwG, wenn sich die Beschwerde gegen die Zurückweisung des Eintragungsantrags richtet, auch zu prüfen, ob anstelle der Zurückweisung der Erlass einer Zwischenverfügung geboten gewesen wäre (Demharter aaO § 18 Rz. 54, § 71 Rz. 26 m.w.N.); es kann dann die Zwischenverfügung selbst erlassen oder dies dem GBA aufgeben. Für eine solche Entscheidung des BeschwG besteht allerdings regelmäßig kein Anlass, wenn bereits das GBA eine – den von der Rspr. entwickelten Erfordernissen entsprechende – Zwischenverfügung nach § 18 GBO erlassen hat und der Antragsteller die ihm aufgezeigten Möglichkeiten zur Beseitigung des Eintragungshindernisses nicht wahrgenommen hat. Im vorliegenden Fall hat das GBA zwar eine Vielzahl von Zwischenverfügungen erlassen; diese genügen aber weder einzeln noch in der Gesamtschau den Anforderungen des § 18 GBO. Zu den wesentlichen Erfordernissen einer Zwischenverfügung gehört es insbesondere, dass das nach Ansicht des GBA bestehende Eintragungshindernis bezeichnet und sämtliche zu dessen Behebung geeigneten Mittel aufgezeigt werden (Demharter aaO Rz. 30, 31 m.w.N.). Das GBA hat als Eintragungshindernis zwar – im Ansatz zutreffend – den fehlenden Nachweis der Vertretungsbefugnis für die ASt. benannt, den maßgeblichen Zeitpunkt, für den dieser Nachweis zu führen ist, aber nicht aufgezeigt. Vor allem aber fehlt es an der Bezeichnung geeigneter Mittel zur Beseitigung des Eintragungshindernisses; das können nur solche sein, deren Vorlage der ASt. überhaupt möglich ist und die zudem den sicheren Rückschluss auf die nachzuweisende Tatsache gestatten ...
[4]2. Im vorliegenden Fall fehlt es wie ausgeführt bereits an dem Nachweis der Alleinvertretungsbefugnis des Herrn B. Y. zum maßgebenden Zeitpunkt der Wirksamkeit der Genehmigung. Darüber hinaus reichen die im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen aber auch inhaltlich für diesen Nachweis im Grundbuchverfahren nicht aus. Im Rahmen der §§ 19, 20 GBO sind dem GBA bei Beteiligung einer juristischen Person neben deren Existenz auch die Vertretungsmacht der für sie Handelnden nachzuweisen, und zwar auch bei Beteiligung ausländischer juristischer Personen im Grundsatz durch öffentliche Urkunden, § 29 I 2 GBO (KG, FGPrax 2012, 236 f. m.w.N. (IPRspr 2012-301); Senatsbeschl. vom 24.3.2014 – 3 W 31/14, zit. n. juris; Meikel, GBO, 11. Aufl., Einl. G Rz. 78 m.w.N.). Die Bestellung der Organe der Gesellschaft und deren Vertretungsmacht richten sich nach dem Gesellschaftsstatut, hier also nach dem Recht der British Virgin Islands, das insoweit im Wesentlichen dem britischen Vorbild folgt (Meikel aaO Rz. 109 m.w.N.). Die Vertretung erfolgt mithin durch einen oder mehrere Direktoren (s. 109 BVI Business Companies Act – No. 16 of 2004).
[5]Ein lückenloser Nachweis der Vertretungsbefugnis durch öffentliche Urkunden ist im vorliegenden Fall, was keiner weiteren Begründung bedarf, nicht erfolgt. Er ist für Gesellschaften, die ihren Sitz im Bereich des Common-law-Systems haben, in der Regel auch nicht möglich, weil ein Handelsregister, das etwa mit dem nach deutschem Recht vergleichbar ist, nicht existiert bzw. ihm die entsprechende Beweiskraft nicht zukommt. Es ist daher anerkannt, dass auch im Grundbuchverfahren keine weitergehenden Nachweise verlangt werden können, als sie nach dem jeweils maßgebenden ausländischen Recht überhaupt beigebracht werden können; in einem solchen Fall darf das GBA (nur) die nach dem ausländischen Recht möglichen Nachweise verlangen (KG aaO; Meikel aaO Rz. 79 m.w.N.; DNotI, Gutachten Nr. 148810).
[6]a) Der Senat tritt im Grundsatz der Auffassung der ASt. bei, dass der Nachweis im vorliegenden Fall durch eine Bescheinigung des registered agent der Gesellschaft geführt werden kann. Dieser ist in seiner Stellung und seinen Aufgaben mit dem secretary der Gesellschaft im englischen Unternehmensrecht vergleichbar (DNotI aaO). Er bewahrt sämtliche Unterlagen der Gesellschaft auf, darunter die Liste der Direktoren; Änderungen sind ihm innerhalb von 15 Tagen mitzuteilen [s. 96 (1), (2) BVI Business Companies Act 2004]. Er ist daher sowohl in der Lage als auch nach dem Gesetz berechtigt, Bescheinigungen für die Gesellschaft auszustellen (s. 107 BVI Business Companies Act 2004). Allerdings handelt es sich bei diesen durch den registered agent ausgestellten Bestätigungen nicht um – ausländische – öffentliche Urkunden, weil er als Organ der Gesellschaft fungiert und ihm hoheitliche Aufgaben nicht übertragen sind. Können wie hier die Anforderungen des § 29 I 2 GBO wegen des Inhalts des ausländischen Rechts nicht vollständig erfüllt werden, muss sich das GBA zwar mit den danach möglichen Nachweisen begnügen, darf aber im Interesse der Sicherheit des Grundstücksverkehrs und der Gewährleistung der Richtigkeit des Grundbuchs verlangen, dass der Antragsteller sämtliche nach dem ausländischen Recht bestehenden Möglichkeiten ausschöpft, mögen sie in dem jeweiligen Staat im innerstaatlichen Rechtsverkehr auch unüblich sein (Meikel aaO Rz. 82).
[7]b) Die Bescheinigung ist daher im Original vorzulegen und muss mit dem Siegel des registered agent versehen sein; sie bedarf der Unterschriftsbeglaubigung durch einen notary public mit Zulassung auf den British Virgin Islands. Das GBA darf zudem fordern, dass die Bescheinigung mit einer besonderen Versicherung der Richtigkeit der bestätigten Tatsache versehen [ist]. Darüber hinaus muss sichergestellt sein, dass der Aussteller der Bestätigung tatsächlich der registered agent der Gesellschaft ist, hierzu ist eine Bestätigung des Bescheinigung des von der British Virgin Islands Financial Service Commission eingesetzten Registrar of Corporate Affairs vorzulegen [s. 233 (1) (c) BVI Business Companies Act 2004]. Sämtliche Dokumente sind mit der Apostille und in beglaubigter deutscher Übersetzung vorzulegen, soweit der Grundbuchrechtspfleger hiervon nicht absieht, weil er der englischen Sprache hinreichend mächtig ist (Meikel aaO m.w.N.). Diesen Anforderungen wird die im Beschwerdeverfahren vorgelegte Bestätigung der P. Ltd. – bis auf den den fehlenden zeitlichen Bezug zur Genehmigungserklärung vom 14.8.2014 – gerecht.
[8]c) Handelt es sich bei dem registered agent wie im Regelfall und auch hier seinerseits um eine juristische Person, bedarf es darüber hinaus des Nachweises, dass die Person, die die Bestätigung unterschrieben hat, hierzu für den registered agent berechtigt war, sei es als gesetzlicher Vertreter, sei es durch rechtsgeschäftliche Vollmachtserteilung. Hierauf hat bereits im Ansatz zutreffend das GBA in Bezug auf die seinerzeit vorgelegten Bestätigungen der P. Ltd. hingewiesen, ohne allerdings die geeigneten Mittel zur Beseitigung dieses Mangels zu benennen. Auch für den Nachweis dieser Berechtigung gelten die zuvor dargestellten Grundsätze.
[9]In Bezug auf die Bestätigung vom 19.10.2017 hat die ASt. allerdings die Bescheinigung eines notary public vom 23.10.2017 vorgelegt, nach der Frau S. D. diese Bestätigung in ihrer Eigenschaft als ‚authorized representative’ der P. Ltd. abgegeben hat. In der Rspr. ist anerkannt, dass zum Nachweis der Vertretungsberechtigung die Bescheinigung durch einen englischen Notar grundsätzlich geeignet ist, weil ein englischer notary public mit einem deutschen Notar grundsätzlich vergleichbar ist (OLG Nürnberg, WM 2014, 1483 ff. m.w.N. (IPRspr 2014-36); Meikel aaO Rz. 89 m.w.N.). Wegen der grundsätzlichen Übereinstimmung des Rechtssystems der British Virgin Islands mit dem britischen nimmt der Senat diese Vergleichbarkeit auch für einen dort zugelassenen notary public an. In Bezug auf die Vertretungsberechtigung ist die Bestätigung eines notary public nicht mit der Bestätigung nach § 21 BNotO vergleichbar, da sie nicht lediglich den von der registerführenden Behörde geprüften Inhalt des Registers wiedergibt, sondern auf einer eigenen Prüfung der Dokumente der Gesellschaft beruht, aus denen sich die nachzuweisende Vertretungsregelung ergibt. Die Bescheinigung gibt mithin nicht nur Tatsachen wieder, sondern beinhaltet auch eine gutachterliche Äußerung. Aus diesem Grund lässt die ganz h.M. in der Rspr., die der Senat teilt, die Bestätigung durch einen englischen notary public nicht genügen, wenn sie allein auf einer Einsichtnahme in das Register beruht; aus der Bescheinigung müssen vielmehr die tatsächlichen Grundlagen (etwa Einsicht in die Unterlagen der Gesellschaft wie Gesellschaftsvertrag, Protokollbuch usw.) der notariellen Feststellungen hervorgehen (OLG Nürnberg aaO m.w.N.; OLG Köln, FGPrax 2013, 18 (IPRspr 2012-21); KG, DNotZ 2012, 604 f.); ansonsten ist eine Beweiswürdigung durch das GBA nicht möglich. Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt; der Bestätigung vom 23.10.2017 fehlt jeder Hinweis darauf, aus welchen Unterlagen der P. Ltd. die entspr. Befugnis von Frau S. D. – hierzu würde bei Handeln aufgrund rechtsgeschäftlicher Vollmacht auch die gesetzliche Vertretungsmacht des Vollmachtausstellers gehören – abgeleitet wird. Schon gar nicht gibt es nähere Angaben zu den konkreten Schriftstücken, aus denen die getroffene Feststellung abgeleitet wird, etwa den Beschluss oder die Urkunde, durch den die Bestellung oder Bevollmächtigung der Unterzeichnerin erfolgt ist. Eine Prüfung, ob die bescheinigte Tatsache nachvollziehbar ist, ist deshalb nicht möglich.
[10]3. Die ASt. kann das Eintragungshindernis mithin ausräumen, indem sie eine erneute Bescheinigung ihres registered agent vorlegt, in der die Alleinvertretungsbefugnis des Herrn B. Y. in der Zeit vom 14.8.2014 bis 4.9.2014 bestätigt wird, die wie bereits die vorgelegte Bestätigung vom 19.10.2017 den unter II. 2. b) dargelegten Anforderungen entspricht und hinsichtlich derer die Vertretungsbefugnis der ausstellenden Person für den registered agent durch Bescheinigung eines auf den British Virgin Islands zugelassenen notary public, die ihrerseits den unter II. 2. c) dargelegten Anforderungen entspricht, bestätigt wird. Die notarielle Bescheinigung ist im Original, versehen mit der Apostille und mit beglaubigter deutscher Übersetzung, vorzulegen, soweit der Grundbuchrechtspfleger hiervon nicht absieht.
[11]Zur Vermeidung der Vorlage quasi doppelter Bescheinigungen besteht alternativ die Möglichkeit, die Bescheinigung eines auf den British Virgin Islands zugelassenen notary public vorzulegen, die den unter II. 2. c) dargelegten Anforderungen entspricht und in der die Alleinvertretungsbefugnis des Herrn B. Y. für die ASt. in der Zeit vom 14.8.2014 bis 4.9.2014 bestätigt wird. Auch diese Bescheinigung ist im Original, versehen mit der Apostille und mit beglaubigter deutscher Übersetzung, vorzulegen, soweit der Grundbuchrechtspfleger hiervon nicht absieht.
[12]Hierzu hat der Senat der ASt. durch den Erlass der Zwischenverfügung Gelegenheit gegeben [§ 18 GBO].