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Verfahrensgang

KG, Beschl. vom 28.03.2013 – 1 W 434/12, IPRspr 2013-19

Rechtsgebiete

Juristische Personen und Gesellschaften → Gesellschaftsstatut, insbesondere Rechts- und Parteifähigkeit
Freiwillige Gerichtsbarkeit → Registersachen

Leitsatz

Zum formgerechten Nachweis der Vertretungsbefugnis des „directors“ einer in Großbritannien gegründeten und registrierten Private Company Limited by Shares genügt eine notarielle Bescheinigung gemäß § 21 BNotO, wenn eine Zweigniederlassung der Gesellschaft im inländischen Handelsregister eingetragen ist und der Notar seine Erkenntnisse aus der Einsicht in dieses Register erworben hat.

Rechtsnormen

BGB § 885
BNotO § 21
GBO § 13; GBO § 18; GBO § 19; GBO § 29; GBO § 32; GBO § 71
GmbHG § 10
HGB § 13e; HGB § 13g
ZPO § 435

Sachverhalt

Durch Beschluss des AG Schöneberg vom April 2012 wurde Wohnungseigentum der Beteiligten zu 1) zugeschlagen. Die Beteiligte zu 1) ist eine im Companies House Cardiff registrierte Private Company Limited by Shares mit Sitz in B./Großbritannien. Eine deutsche Zweigniederlassung ist im Handelsregister des AG Hof eingetragen. Im Juni 2012 veräußerte die Beteiligte zu 1) zur UR-Nr. P 2... /2... der Notarin C. P. das Wohnungseigentum an die Beteiligten zu 2) und 3). Die Beteiligte zu 1) wurde von ihrer Geschäftsführerin (director) vertreten. Die Notarin bescheinigte die Richtigkeit dieser Angaben aufgrund Einsicht in das elektronische Handelsregister des AG Hof. Auf Ersuchen des AG Schöneberg wurde die Beteiligte zu 1) am 25.7.2012 als Eigentümerin im Wohnungsgrundbuch eingetragen. In der Folgezeit hat die Urkundsnotarin unter Überreichung ihrer UR-Nr. P 2... /2... die Eintragung einer Vormerkung zugunsten der Beteiligten zu 2) und 3) beantragt. Das GBA hat mit Zwischenverfügung unter Fristsetzung den Nachweis der Vertretungsbefugnis der Geschäftsführerin der Beteiligten zu 1) beanstandet. Daraufhin hat der Verfahrensbevollmächtigte der Beteiligten zu 1) Beschwerde gegen die Zwischenverfügung erhoben und beantragt, die Vormerkung sowie eine Grundschuld im Wohnungsgrundbuch einzutragen. Das GBA hat dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II. ... Die danach allein mit dem Ziel der Aufhebung der Zwischenverfügung vom 10.9.2012 statthafte Beschwerde ist gemäß § 71 I GBO zulässig und hat auch in der Sache Erfolg. Die Zwischenverfügung, § 18 I 1 Alt. 2 GBO, war nicht veranlasst, weil das darin aufgezeigte Eintragungshindernis nicht besteht.

[2]Die Eintragung einer Vormerkung erfolgt auf Antrag, § 13 I 1 GBO, wenn sie derjenige, dessen Recht von der Eintragung betroffen wird, bewilligt, §§ 885 I 1 Alt. 2 BGB, 19 GBO. Daran ändert nichts der Umstand, dass hier eine ausländische Gesellschaft von der Eintragung der Vormerkung betroffen wird. Das Verfahren vor dem deutschen GBA richtet sich auch bei Auslandsberührung stets nach deutschem Recht – lex fori (Senat, Beschl. vom 25.9.2012 – 1 W 270-271/12 (IPRspr 2012-302), DNotZ 2013, 135, 136; Beschl. vom 22.5.2012 – 1 W 163/11 (IPRspr 2012-301), FGPrax 2012, 236, 237; BayObLG, DNotZ 1987, 98, 99 (IPRspr. 1986 Nr. 205 (LS))).

[3]Im Ausgangspunkt ist es auch nicht zu beanstanden, dass das GBA einen Nachweis für die Vertretungsmacht der für die Beteiligte zu 1) handelnden Geschäftsführerin (director) für erforderlich erachtet hat. Da es sich bei der Beteiligten zu 1) um eine in Großbritannien gegründete und dort noch registrierte Gesellschaft handelt, richtet sich die Frage der Bestellung ihrer Organe und deren Vertretungsmacht nach dem Gesellschaftsstatut (OLG Frankfurt/Main, FGPrax 2008, 165 f.) (IPRspr 2008-218). Maßgeblich ist danach das britische Recht (vgl. Senat, Beschl. vom 20.4.2010 – 1 W 164-165/10, DNotZ 2012, 604), so dass die Beteiligte zu 1) durch das board of directors oder, wenn nur ein director vorhanden ist, durch diesen vertreten wird (Hügel-Zeiser, GBO, 2. Aufl., Int. Bezüge Rz. 111.9).

[4]Nach deutschem Verfahrensrecht richten sich wiederum die Erfordernisse, die an den Nachweis der Vertretungsberechtigung zu stellen sind (Senat aaO). Es gilt grundsätzlich § 29 I 2 GBO. Die Nachweise sind in Form öffentlicher Urkunden zu erbringen (Senat, Beschl. vom 22.5.2012 aaO), die in Urschrift, Ausfertigung oder beglaubigter Abschrift vorzulegen sind, vgl. § 435 ZPO (Demharter, GBO, 28. Aufl., § 29 Rz. 57). Solche sind vorliegend nicht zu den Grundakten gelangt. Insbesondere liegt die Bescheinigung des Companies House vom 19.12.2012 nur in einfacher Kopie vor. Es kann deshalb offen bleiben, ob dies überhaupt ein geeigneter Nachweis für die Vertretungsberechtigung sein könnte.

[5]Allerdings können im Handelsregister eingetragene Vertretungsberechtigungen juristischer Personen oder Gesellschaften auch durch eine notarielle Bescheinigung nach § 21 I BNotO nachgewiesen werden, § 32 I 1 GBO. Eine solche Bescheinigung ist in der Niederschrift zur UR-Nr. P 2... /2... enthalten.

[6]Zwar sollen die Nachweiserleichterungen des § 32 GBO bei ausländischen Gesellschaften grundsätzlich nicht gelten, weil sich die Vorschrift auf inländische Register beschränkt (vgl. OLG Brandenburg, MittBayNot 2011, 222, 223). Entsprechend hat der Senat entschieden, dass die Vertretungsbefugnis der directors einer englischen Ltd. nicht durch die Bescheinigung eines deutschen Notars erbracht werden kann, wenn dieser seine Erkenntnisse nur durch die Einsichtnahme in das beim Companies House geführte Register erworben hat (Beschl. vom 20.4.2010 aaO).

[7]Hiervon unterscheidet sich aber der vorliegende Fall. Die Notarin hat ihre Erkenntnisse zu den Vertretungsbefugnissen der Beteiligten zu 1) nicht durch Einsicht in das britische Register, sondern durch Einsicht in das deutsche Handelsregister erworben und dabei festgestellt, dass Frau S. dort als director eingetragen ist. Damit ist der Nachweis der Vertretungsbefugnis in gehöriger Form erbracht. Dagegen spricht nicht, dass im Handelsregister des AG Hof lediglich die Zweigniederlassung der Beteiligten zu 1) eingetragen ist. Die Zweigniederlassung einer Handelsgesellschaft ist grundsätzlich ein unselbständiger Teil des Gesamtunternehmens ihres Rechtsträgers (Ebenroth-Boujong-Joost-Strohn-Pentz, HGB, 2. Aufl., § 13d Rz. 20; § 13 Rz. 63). Sie hat keine eigene Rechtspersönlichkeit und insbes. keine eigene organschaftliche Vertretung. Die Organe des Unternehmens sind zugleich diejenigen der Zweigniederlassung. Maßgeblich ist bei Gesellschaften auf das Gesellschaftsstatut abzustellen. Die Notarin hat bescheinigt, dass Frau S. als director im Handelsregister eingetragen ist. Nach den obigen Ausführungen ist sie damit als Organ der Beteiligten zu 1) zu deren Vertretung befugt.

[8]Aus § 13e II 5 Nr. 3 HGB ergibt sich nichts anderes. Danach sind in der Anmeldung für Zweigniederlassungen von Gesellschaften m.b.H. mit Sitz im Ausland die Personen anzugeben, die befugt sind, als ständige Vertreter für die Tätigkeit der Zweigniederlassung die Gesellschaft zu vertreten. Diese Bestimmung erfasst nur gewillkürte, nicht aber gesetzliche Vertreter (Ebenroth-Boujong-Joost-Strohn-Pentz aaO § 13e Rz. 30). Als gewillkürte Vertreterin ist Frau S. im Handelsregister nicht eingetragen. Vielmehr erfolgte ihre Eintragung im Handelsregister der Zweigniederlassung nach §§ 13g III HGB, 10 GmbHG. Danach sind auch die Geschäftsführer der ausländischen GmbH als solche im Handelsregister einzutragen. Als Geschäftsführerin bzw. director ist Frau S. jedoch befugt, nicht nur für die Zweigniederlassung, sondern für das gesamte Unternehmen der Beteiligten zu 1) zu handeln.

Fundstellen

LS und Gründe

DB, 2013, 1600
NJOZ, 2013, 1462
RNotZ, 2013, 426
ZInsO, 2013, 1029
ZIP, 2013, 973

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2013-19

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