Die Adoptionsentscheidung eines ausländischen (hier: südafrikanischen) Gerichts ist nicht schon deshalb ordre-public-widrig, weil sie in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Verfahrensrechts abweicht. Ein Versagungsgrund für die Anerkennung ist vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass nach der deutschen Rechtsordnung das Urteil nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann. Die Anerkennung der Entscheidung müsste ein Ergebnis zur Folge haben, das den Kernbestand der inländischen Regelung antastet.
Eine Auslandsadoption (hier: Südafrika) ist mit dem verfahrensrechtlichen ordre public auch dann vereinbar, wenn der leibliche Vater im Adoptionsverfahren weder beteiligt noch gehört wurde, sofern die ausländischen Behörden trotz ernster Bemühungen diesen haben nicht ermitteln können.
Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Annehmenden zum Zeitpunkt der Adoption nicht miteinander verheiratet waren. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Annehmenden seit 11 Jahren ein Paar sind. [LS der Redaktion]
Das Children‘s C. W. hat mit Entscheidung vom 09.12.2022 die Adoption des Kindes ... geb. ... 2022, durch Frau ... und Herrn ... ausgesprochen.
Die Annehmenden haben die Anerkennungs- und Wirkungsfeststellung dieser Adoption gemäß § 2 AdWirkG beantragt.
[1]... Das Amtsgericht Zweibrücken ist nach erfolgter Verweisung durch das Amtsgericht Schöneberg international und örtlich für die Entscheidung zuständig (§ 6 Abs. 1 S. 2 AdWirkG i.V.m. §§ 101, 187 Abs. 5 FamFG) ...
[2]Aufgrund der vom Amtsgericht Zweibrücken durchgeführten Ermittlungen steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass das südafrikanische Adoptionsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden ist.
[3]Gründe, die Anerkennung der ausländischen Entscheidung zu versagen, sind nicht erkennbar (§ 109 FamFG). Insbesondere führt die ausländische Adoptionsentscheidung nicht zu einem Ergebnis, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts, insbesondere der Grundrechte, offensichtlich unvereinbar ist (= ordre public, § 109 Abs. 1 Nr. 4 FamFG).
[4]Verfahrensfehler sind nicht erkennbar.
[5]Durchgreifende Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit mit dem verfahrensrechtlichen ordre public bestehen vorliegend auch nicht deshalb, weil der leibliche Vater im Adoptionsverfahren weder beteiligt, noch gehört wurde. Art. 103 Abs. 1 GG gibt jedem an einem gerichtlichen Verfahren vor einem deutschen Gericht Beteiligten ein Recht darauf, dass ihm Gelegenheit gegeben wird, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Mittelbar ist die Anerkennung dieses Grundsatzes in Verfahren vor ausländischen Gerichten insoweit gesichert, als er als tragender Rechtsgrundsatz des deutschen Verfahrensrechts zum deutschen ordre public gehört und deshalb seine Nichtbeachtung durch ein ausländisches Gericht die Nichtanerkennung des Urteils dieses Gerichts in Deutschland nach sich zieht. Jedoch kann aufgrund des verfahrensrechtlichen ordre public der Entscheidung eines ausländischen Gerichts die Anerkennung nicht schon deshalb versagt werden, weil sie in einem Verfahren erlassen worden ist, das von zwingenden Vorschriften des deutschen Verfahrensrechts abweicht. Ein Versagungsgrund für die Anerkennung ist vielmehr nur dann gegeben, wenn das Urteil des ausländischen Gerichts aufgrund eines Verfahrens ergangen ist, das von den Grundprinzipien des deutschen Verfahrensrechts in einem solchen Maße abweicht, dass nach der deutschen Rechtsordnung das Urteil nicht als in einem geordneten, rechtsstaatlichen Verfahren ergangen angesehen werden kann. Die Anerkennung der Entscheidung müsste ein Ergebnis zur Folge haben, das den Kernbestand der inländischen Regelung antastet (OLG Frankfurt a. M. Beschl. v. 11.10.2018 –
[6]Das Verfahren, in welchem das ausländische Gericht zu dem Ausspruch der Adoption gelangte, verstößt nach diesen Maßstäben nicht gegen die Grundwerte des Art. 103 Abs. 1 GG.
[7]Vorliegend war in der Geburtsurkunde der Angenommenen vor Ausspruch der Adoption kein Vater eingetragen. Die leibliche Mutter hat den Namen des leiblichen Vaters sowie seine Telefonnummer genannt. Unklar blieb jedoch, ob es sich um den tatsächlichen Namen des leiblichen Vaters handelte.
[8]In deutschen Adoptionsverfahren besteht Amtsermittlungspflicht (§ 26 FamFG), sodass ein deutsches Gericht in einem solchen Fall Nachforschungen zum Namen und dem Aufenthaltsort des leiblichen Vaters anstellen muss (Staudinger/Helms (2019) BGB § 1747, Rn. 37 f.). Diesen Anforderungen sind die südafrikanischen Behörden gemessen am verfahrensrechtlichen ordre publc nachgekommen.
[9]Die südafrikanischen Behörden haben versucht, den leiblichen Vater zu ermitteln. Es erfolgte eine Veröffentlichung in der lokalen Tageszeitung; eine Reaktion bleib aus. Die Telefonnummer war nicht mehr aktuell und ließ keine Rückschlüsse auf die Person des leiblichen Vaters zu. Auch nach dreimonatigem Zuwarte hatte der leibliche Vater von seinem Elternrecht keinen Gebrauch gemacht. Erst dann erfolgte der Ausspruch der Adoption.
[10]Ist - wie hier - der Aufenthalt des leiblichen Vaters unbekannt, ist auch nach deutschem Recht die Anhörung entbehrlich (§ 1747 Abs. 4 S. 1 BGB).
[11]Die leibliche Mutter hat in die Adoption eingewilligt. Zwar erfolgte die Einwilligung bereits sechs Tage nach der Geburt, wohingegen nach deutschem Recht die Einwilligung in der Regel erst erklären darf, wenn das Kind acht Wochen alt ist (§ 1747 Abs. 2 Satz 1 BGB). Hintergrund ist, dass die leiblichen Eltern vor einer unüberlegten Weggabe des Kindes geschützt werden sollen (Grüneberg/Götz, 82. Auflage, § 1747 BGB Rn. 4). Anhaltspunkte dafür, dass die leibliche Mutter sich im Nachhinein gegen die Adoption entschieden hat, sind hier nicht ersichtlich. Dem Bericht der Fachbehörde zufolge hat die leibliche Mutter des Kindes ihre Zustimmung zu der Adoption innerhalb von 60 Tagen nach Abgabe der Erklärung nicht widerrufen.
[12]Ein Verstoß gegen den deutschen ordre public kann auch nicht darin gesehen werden, dass die Annehmenden zum Zeitpunkt der Adoption nicht miteinander verheiratet waren. Nach südafrikanischem Recht kann ein unverheiratetes Paar ein Kind gemeinsam adoptieren. Voraussetzung für die Annahme ist nach südafrikanischem Recht die Dauerhaftigkeit und Stabilität der Lebensgemeinschaft der Annehmenden. Dies ist vergleichbar mit deutschen Vorschriften. Gem. § 1766a Abs. 2 Satz 1 BGB eine adoptierfähige verfestigte Lebensgemeinschaft in der Regel vor, wenn die Personen seit mindestens vier Jahren oder als Eltern eines gemeinschaftlichen Kindes eheähnlich zusammenleben und keine davon mit einem Dritten verheiratet ist. Im vorliegenden Fall waren die Annehmenden bei Einleitung des Adoptionsverfahrens bereits seit 11 Jahren ein Paar – im Bericht der Fachbehörde wurde auf eine über 11 Jahre gelebte "life-partnership" eingegangen. Ferner leben sie als Eltern eines weiteren Kindes zusammen.
[13]Im Rahmen des ausländischen Adoptionsverfahrens wurde unter Zuhilfenahme der Adoptionsvermittlungsstelle P. das Adoptionsbedürfnis des Angenommenen sowie die Geeignetheit der Annehmenden für eine Adoption - auch durch Vornahme von Hausbesuchen - geprüft. Die Elterneignungsprüfung kann auch nur am Lebensmittelpunkt der Annehmenden vor Ort im Rahmen des ausländischen Adoptionsverfahrens erfolgen und nicht im deutschen Anerkennungsverfahren nachgeholt werden (OLG Köln, Beschluss vom 7. Januar 2020 –
[14]Entsprechend der Empfehlung der südafrikanischen Fachstelle hat das Gericht dem Adoptionsantrag der Annehmenden stattgegeben. Angesichts des Vermerks für die Eintragung der Adoption im Adoptionsregister und der namensrechtlichen Änderung bezüglich des Nachnamens ist von der Wirksamkeit der Adoptionsentscheidung auszugehen.
[15]Es war auszusprechen, dass das Eltern-Kind-Verhältnis des Kindes zu seinen leiblichen Eltern durch die Annahme erloschen ist, weil es sich bei der ausländischen Adoptionsentscheidung um einen sog. Volladoption handelt (§ 2 Abs. 1 AdWirkG). Ferner war festzustellen, dass die nach dem ausländischen Recht ausgesprochene Adoption einem nach den deutschen Sachvorschriften begründeten Annahmeverhältnis gleichsteht (§ 2 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 AdWirkG). Insofern ist nunmehr geregelt, welche Rechtsbeziehungen an die Stelle der vormaligen Rechtsbeziehungen zu den leiblichen Eltern getreten sind.
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