Gemäß § 36 Abs. 1 PStV ist eine Änderung des Familiennamens eines Kindes nur dann als Folgebeurkundung einzutragen, wenn sie den Geburtsnamen betrifft. Die durch "Deed Poll" vorgenommene Änderung des Namens führt aber grundsätzlich zu keiner Änderung des Geburtsnamens im Sinne des deutschen Personenstandsrechts. Eine andere Beurteilung kann allenfalls dann gelten, wenn die nach britischem Recht vorgenommene Änderung einem Tatbestand gleichkommt, der nach deutschem Recht ausnahmsweise als Änderung des Geburtsnamens zu würdigen wäre.
Am XX.XX.1999 ist im betroffenen Geburtenregister die Geburt der Beschwerdeführerin, die ausschließlich die britische Staatsangehörigkeit hat, mit dem Vornamen „Vorname1“, dem Geburtsnamen „Nachname1“ und dem Geschlecht „männlich“ beurkundet worden. Im Jahr 2020 hat die Beschwerdeführerin dem betroffenen Standesamt mitgeteilt, dass ihr Name „Frau Vorname2 Nachname2 Nachname3“ sei und sie vor etwas längerer Zeit schon den Vor-/Nachnamen und das Geschlecht in ihrem Heimatland Großbritannien mittels „Deed poll“ habe ändern lassen.
Mit Schreiben vom 01.12.2020 hat das betroffene Standesamt gemäß § 49 Abs. 2 PStG eine Zweifelsvorlage an das Amtsgericht gerichtet. Die Standesamtsaufsicht - der Beteiligte zu 3.) - hat mit Schreiben vom 25.03.2021 mitgeteilt, dass die Ansicht des Standesamts geteilt werde. Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht angeordnet, den betroffenen Geburtenregistereintrag nicht zu ändern. Gegen diese Beschluss hat die Beschwerdeführerin beim Amtsgericht Beschwerde eingelegt,
[1]II.
[2]Die Beschwerde ist gemäß den §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 58 Abs. 1 FamFG statthaft und auch ansonsten zulässig, so insbesondere form- und fristgerecht eingelegt worden. Die Beschwerdeführerin, an deren Identität nach dem Akteninhalt keine Zweifel bestehen, ist beschwerdeberechtigt, §§ 51 Abs. 1 Satz 1 PStG, 59 Abs. 1 FamFG. Sie ist in diesem Sinne materiell beschwert, nachdem durch die gerichtliche Anweisung des Standesamts durch die angefochtene Entscheidung, den Geburtseintrag nicht zu ändern, ihr an das Standesamt gerichteter Änderungsantrag mit dem oben aufgeführten Inhalt erfolglos geblieben ist.
[3]Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg und ist mithin zurückzuweisen ...
[4]Wie weiter bereits im Beschluss des Senats vom 24.01.2023, Ziffer 2.), aufgeführt, ist in materiell-rechtlicher Hinsicht - wie auch vom Amtsgericht der Sache nach angenommen - für den Namen der Beschwerdeführerin gemäß Art. 10 Abs. 1 EGBGB wegen ihrer ausschließlich britischen Staatsangehörigkeit das Sachrecht des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland anwendbar (vgl. die Nachweise bei Frank StAZ 2020, 232, 235). Das Standesamt hatte bereits im verfahrenseinleitenden Schreiben vom 01.12.2020 darauf hingewiesen, dass die Beschwerdeführerin keine weiteren Staatsbürgerschaften besitzt; dem ist sie nicht entgegengetreten. Entsprechende Erwägungen gelten gemäß Art. 7 Abs. 1 EGBGB für die Geschlechtszugehörigkeit der Beschwerdeführerin. Die rechtliche Geschlechtszugehörigkeit und zwar sowohl die erstmalige Zuordnung nach der Geburt als auch die Möglichkeit, die Voraussetzungen und die Wirkungen einer späteren Änderung beurteilen sich als besondere Rechtsfähigkeit analog Art. 7 Abs. 1 EGBGB nach dem Heimatrecht (vgl. bereits Senat StAZ 2005, 73; KG FamRZ 2021, 62, je zitiert nach juris; Palandt/Thorn, BGB, 82. Aufl., Art. 7 EGBGB Rz. 6 m. w. N.; Schulz ZEuP 2021, 64, 80). Die Beschwerdeführerin stellt diese Würdigung auf den Hinweis im Beschluss des Senats vom 24.01.2023 auch nicht in Abrede.
[5]Dort wurde auch bereits darauf hingewiesen, dass es auf den von der Beschwerde mehrfach in Bezug genommenen Art. 48 EGBGB demgemäß nicht ankommt, weil dessen Anwendung nach Art. 48 Satz 1 EGBGB voraussetzen würde, dass der Name der Beschwerdeführerin deutschem Recht unterliegt. Dies ist nach den obigen Ausführungen aber nicht der Fall. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die Voraussetzungen der Norm auch deshalb nicht vorliegen würden, weil - im Hinblick auf das Ausscheiden des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union - bis zum 31.12.2020 keine wirksame Erklärung gemäß Art. 48 Satz 3 EGBGB in Verbindung mit § 43 PStG vorlag (vgl. dazu Wall StAZ 2022, 282, 287). Auch dies hat die Beschwerdeführerin auf den genannten Hinweis im Senatsbeschluss vom 24.01.2023 nicht in Zweifel gezogen. Von daher ist aber auch die von der Beschwerde (Seite 5 der Beschwerdebegründung) in Bezug genommene Rechtsprechung des EuGH nicht einschlägig (vgl. zu dieser Entscheidung nachgehend: OLG Karlsruhe StAZ 2017, 206 (IPRspr 2019-7a); BGH FamRZ 2019, 613, je zitiert nach juris). Gleiches gilt für die in diesem Zusammenhang zitierten Literaturstellen.
[6]Gegenstand des Verfahrens ist - wie gesagt - die Frage, ob der Geburtsname bzw. der Vorname und der Familienname der Beschwerdeführerin, sowie deren Geschlechtszugehörigkeit geändert wurden und dies durch Fortführung des Geburtenregisters im Sinne des § 27 Abs. 3 PStG kenntlich gemacht werden muss. Gemäß § 36 Abs. 1 PStV ist eine Änderung des Familiennamens eines Kindes nur dann als Folgebeurkundung einzutragen, wenn sie den Geburtsnamen betrifft. Die hier durch "Deed poll" vorgenommene Änderung des Namens führt aber zu keiner Änderung des Geburtsnamens im Sinne des deutschen Personenstandsrechts. Insoweit folgt der Senat der Rechtsauffassung des Amtsgerichts im angefochtenen Beschluss.
[7]Nach britischem Recht ist eine Änderung des Namens durch schlichte Erklärung ("Deed Poll") zulässig und begründet sowohl ein privatrechtliches als auch ein öffentlich-rechtliches Namensführungsrecht. Die Unterteilung der Namen nach deutschem Recht in „Familienname", „Ehename", „Geburtsname" usw. ist dem britischen Recht allerdings fremd. Dieses unterscheidet vielmehr - wie vom Amtsgericht zutreffend angenommen - zwischen „legal name" und „conventional name". Der „legal name" ist hierbei der Name, den man mit der Geburt erlangt. Niemand ist nach britischem Recht gezwungen, seinen „legal name" zu führen. Jeder kann seinen „conventional name" - auch ohne Zusammenhang mit "von außen kommenden Ereignissen" wie etwa Heirat, Adoption oder ähnliches, welche die Führung eines vom „legal name" abweichenden Namens mit sich bringen - selbst bestimmen. Zur Namensänderung Erwachsener genügt also nach britischem Recht letztlich der zum Ausdruck gebrachte Wille des Betroffenen. Allerdings hat die Änderung des „conventional name" - die hier durch „Deed Poll" erfolgt ist - keine Auswirkungen auf den „legal name". Mit dem Geburtsnamen nach deutschem Recht kann daher der „conventional name" nicht gleichgestellt werden. Vergleichbar mit dem „Geburtsnamen" ist daher nur der „legal name". Der „conventional name" überlagert den „legal name" lediglich, verdrängt ihn aber nicht. Der durch „deed poll" geänderte Name kann daher nicht als Geburtsname im Sinne des deutschen Personenstandsregisters anerkannt werden (vgl. allgemein zum Streitstand zur Anerkennung privater Namensänderungen bei ausländischem Namensstatut: Münchener Kommentar/Lipp, BGB, 8. Aufl., Art. 10 EGBGB Rz. 73). Eine Folgebeurkundung gemäß § 27 PStG ist damit - wie dargelegt - nicht erforderlich bzw. zulässig, da keine Änderung des "legal name" vorliegt (so AG Nürnberg StAZ 2015, 59 (IPRspr 2014-17), Tz. 8 bei juris m. w. N.; OLG Nürnberg FamRZ 2015, 1655 (IPRspr 2015-8), Tz. 12 bei juris; Hanseatisches OLG Hamburg StAZ 1980, 285, 287 (IPRspr. 1980 Nr. 184); im Ergebnis auch LG Traunstein StAZ 2008, 246 (IPRspr 2009-282a), Tz. 25 ff. bei juris; OLG München StAZ 2009, 108, Tz. 8 ff., 12 bei juris (IPRspr 2009-282b); vgl. zur Unterscheidung von „legal name" und „conventional name" auch OLG München StAZ 2010, 76 (IPRspr 2010-9), zitiert nach juris; Wall StAZ 2015, 41, 42; StAZ 2018, 292, 293 m. w. N.; Brandhuber/Zeyringer/ Heussler, Standesamt und Ausländer, „Vereinigtes Königreich“, 55. Lieferung, IX.1., 6). Da der „conventional name“ auch die Grundlage für den in den britischen Reisepass aufzunehmenden Namen bildet, da er nach dem genannten englischen Rechtsverständnis den aktuell zu führenden Namen darstellt (Wall StAZ 2015, 41, 42; StAZ 2018, 292, 293; Frank StAZ 2020, 232, 233; vgl. dazu auch BGH NJW-RR 2019, 321 (IPRspr 2018-17), Tz. 20 bei juris), kann aus dem Umstand der Eintragung des von der Beschwerdeführerin gewählten Namens im britischen Reisepass - entgegen der von der Beschwerde geäußerten Rechtsauffassung (etwa auf Seite 6 der Beschwerdebegründung) - jedenfalls für die Eintragung des Geburtsnamens im deutschen Geburtenregister nichts anderes folgen. Eine Anerkennung nach den §§ 108, 109 FamFG in diesem Kontext bzw. aus diesem Gesichtspunkt heraus kommt mithin nicht in Betracht.
[8]Eine andere Beurteilung könnte allenfalls dann gelten, wenn die nach britischem Recht vorgenommene Änderung einem Tatbestand gleichkommt, der nach deutschem Recht ausnahmsweise als Änderung des Geburtsnamens zu würdigen wäre (AG Nürnberg StAZ 2015, 59 (IPRspr 2014-17), Tz. 9 bei juris; OLG München StAZ 2009, 108, Tz. 11 bei juris (IPRspr 2009-282b); vgl. aber auch Wall StAZ 2015, 41, 44).
[9]Hierfür käme allenfalls der Umstand der von der Beschwerdeführerin - neben der Namensänderung - ebenfalls geänderten weiblichen Geschlechtszugehörigkeit in Betracht, der - wie gesagt - unter Zugrundelegung deutschen Rechts die Folgebeurkundungen nach § 27 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 4 PStG rechtfertigen könnte, vgl. dazu § 8 TSG. Diese Vorgänge könnten jedoch - worauf bereits das Amtsgericht zu Recht hingewiesen hatte - allenfalls eine Folgebeurkundung hinsichtlich der Eintragung der Vornamen und des Geschlechts der Beschwerdeführerin im Geburtenregister rechtfertigen.
[10]Aufgrund der darauf gerichteten Hinweise im Beschluss des Senats vom 24.01.2023 steht aufgrund der tatsächlichen Angaben der Beschwerdeführerin im Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 07.03.2023 nunmehr fest, dass die Beschwerdeführerin auf der Grundlage des von ihr vorgenommenen „Deed poll“-Verfahrens ihrem nunmehrigen Namen entsprechende Eintragungen in ihrem britischen Reisepass hat vornehmen lassen. Diese beziehen sich aufgrund der von ihr im Passerteilungsverfahren weiter eingereichten Urkunden, wie sie im Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten vom 07.03.2023 im Einzelnen aufgeführt wurden, nunmehr auch auf ihre geänderte Geschlechtszugehörigkeit. Sie hat auch nicht etwa ein sog. „Gender Recognition Certificate“ (GRC) aufgrund des „Gender Recognition Act 2004“ in dem diesem zugrunde liegenden Verfahren erworben, das auch unter gov.uk „Applying for a passport“ unter anderem als Voraussetzung für die Erteilung eines entsprechenden Reisepasses aufgeführt wird (vgl. dazu den Beschluss des Senats vom 24.01.2023, Ziffer 2.)). Es liegt mit Ausnahme des durchgeführten „Deed poll“-Verfahrens auch keine anderweitige behördliche oder gerichtliche Entscheidung vor. Damit steht aber gleichzeitig fest, dass die Beschwerdeführerin jedenfalls die Änderung ihres Geburtsnamens „Nachname1“ neben dem nunmehr gewählten weiblichen Vornamen aufgrund ihrer geänderten Geschlechtszugehörigkeit ausschließlich auf diesen Vorgang stützen kann. Nach den obigen Ausführungen rechtfertigt dieser allein jedoch keine Änderung des Geburtsnamens „Nachname1“ im Geburtenregister.
[11]Ausgehend davon kommt die verfahrensgegenständliche Anweisung an das Standesamt mit dem oben im Einzelnen dargelegten Inhalt nicht in Betracht. Das Amtsgericht hat mithin diese Anweisung im Ergebnis zu Recht nicht ausgesprochen.
[12]Eine davon abweichende Anweisung, also mit anderweitigem Inhalt, kommt nicht in Betracht. Ob die vorgelegten Unterlagen mithin (nur) die Änderung des Vornamens und/oder des Geschlechts der Beschwerdeführerin im Geburtenregister rechtfertigen könnten - was die Beschwerdeführerin angesichts der dann weiterhin entgegenstehenden Eintragungen in ihrem britischen Reisepass und der zugrunde liegenden „Deed-poll“-Urkunde ausdrücklich auch nicht anstrebt (vgl. Seite 3 der Beschwerdebegründung vom 29.07.2021) -, bedarf keiner weiteren Aufklärung. Für den Anweisungsantrag nach § 49 Abs. 1 PStG ist anerkannt, dass das Beschwerdegericht nicht von diesem abweichend eine Eintragung anordnen darf, zumal ein Haupteintrag im Geburtenregister bereits vorhanden ist (vgl. dazu etwa BGH NJW-RR 2022, 508 (IPRspr 2022-49), zitiert nach juris). Dies gilt auch bei der hier vorliegenden Zweifelsvorlage nach § 49 Abs. 2 PStG. Dies ergibt sich daraus, dass - worauf bereits oben hingewiesen wurde - Verfahrensgegenstand des vorliegenden gerichtlichen Verfahrens ausschließlich die Frage ist, ob das Standesamt zu der konkreten Amtshandlung anzuweisen ist, die durch die von der Beschwerdeführerin angestrebte Eintragung bestimmt wird, und eine davon abweichende Amtshandlung nicht in Rede steht und vom Gericht mithin auch nicht ausgesprochen werden darf. Eine Antragsänderung - mit welchem Inhalt auch immer - käme im Beschwerdeverfahren nicht in Betracht. Ungeachtet des Umstands, dass die Beschwerdeführerin angesichts der dann weiterhin entgegenstehenden Eintragungen in ihrem britischen Reisepass und der zugrunde liegenden „Deed-poll“-Urkunde dies offenkundig auch nicht anstrebt, könnte ein neuer Eintragungsantrag im Personenstandsbeschwerdeverfahren nicht erstmals gestellt werden, da dieser die Angelegenheit zu einer anderen macht als diejenige, welche Gegenstand der Endentscheidung erster Instanz gewesen ist (vgl. etwa Senat, Beschluss vom 18.01.2022, 20 W 237/19, n. v.; Schleswig-Holsteinisches OLG StAZ 2012, 110; OLG Hamm OLGZ 1989, 402; StAZ 2014, 19, je zitiert nach juris; vgl. zur Antragsänderung auch BGHZ 229, 374, Tz. 28 bei juris). Auf die von der Beschwerdeführerin aufgrund des von ihr durchgeführten „Deed-poll“-Verfahrens getätigte konkrete Namenswahl könnte ein davon abweichender Antrag ohnehin nicht gestützt werden und bedürfte damit einer anderweitigen Verfahrensgrundlage ...
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