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Verfahrensgang

LG Dortmund, Urt. vom 24.05.2023 – 8 O 1/23 (Kart), IPRspr 2023-198
LG Dortmund, Beschl. vom 09.08.2023 – 8 O 1/23 (Kart), IPRspr 2023-180
LG Dortmund, Beschl. vom 17.08.2023 – 8 O 1/23 (Kart), IPRspr 2023-184
OLG Düsseldorf, Urt. vom 13.03.2024 – U (Kart) 2/23 , IPRspr 2024-42

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Besonderer Deliktsgerichtsstand
Unlauterer Wettbewerb und Kartellrecht (ab 2020) → Kartellrecht

Leitsatz

Bei Kartellrechtsverstößen ist Erfolgsort im Sinne des Lugano Übereinkommens der Ort, an dem sich der Verstoß schwerpunktmäßig auswirkt.

Gem. Art. 6 Abs. 3 lit. a Rom II-VO gilt das Auswirkungsprinzip. Demnach ist das Recht des Staates anzuwenden, dessen Markt beeinträchtigt ist. Die N1FAR Regelungen wirken sich auf das weltweite Spielervermittlergeschäft und somit auch auf den deutschen Markt. [LS der Redaktion]



Rechtsnormen

GWB § 87; GWB § 89; GWB § 185
LugÜ Art. 5
Rom II-VO 864/2007 Art. 1; Rom II-VO 864/2007 Art. 4; Rom II-VO 864/2007 Art. 6
ZPO § 32; ZPO § 935

Sachverhalt

Die Verfügungskläger begehren, im Wege einer einstweiligen Verfügung den Verfügungsbeklagten die Überführung bzw. die Anwendung und Durchsetzung bestimmter Normen des Regelwerks für Spielervermittlung, der "N1 Football Agent Regulations" (N1FAR), zu untersagen.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]I.

[2]Die Anträge der Verfügungskläger sind zulässig und begründet.

[3]1.

[4]Das Landgericht Dortmund ist international sowie sachlich und örtlich zuständig.

[5]Die internationale sowie die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund ergibt sich hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu 1) aus Art. 5 des Übereinkommens vom 16.09.1988 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (sog. Lugano-​Übereinkommen) zwischen Deutschland und der Schweiz, wonach im Falle einer unerlaubten Handlung das Gericht des Ortes zuständig ist, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist oder einzutreten droht. Hinsichtlich der Verfügungsbeklagten zu 2) ergibt sich die örtliche Zuständigkeit des Landgerichts Dortmund aus § 32 ZPO, wonach für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig ist, in dessen Bezirk die Handlung begangen ist.

[6]Die durch die Verfügungskläger behaupteten Kartellrechtsverstöße wirken sich ihrem Schwerpunkt nach an den jeweiligen Wohn- bzw. Geschäftssitzen der Verfügungskläger aus, so dass der Erfolgsort im Sinne der oben angesprochenen Normen jeweils im Bezirk des OLG Hamm liegt. Insoweit stellt der Kartellrechtsverstoß eine doppelt relevante Tatsache dar, welche für die Zulässigkeit zu unterstellen ist, soweit sich die Verfügungskläger - wie hier - darauf berufen. Damit ist das Landgericht Dortmund nicht nur international, sondern nach der Verordnung über die Bildung gemeinsamer Kartellgerichte örtlich und schließlich nach §§ 87, 89 GWB auch sachlich zuständig.

[7]2. ... 3. ... II.

[8]Die Anträge der Verfügungskläger sind in vollem Umfang begründet.

[9]Die in § 935 ZPO normierten materiell-​rechtlichen Voraussetzungen für den Erlass der einstweiligen Verfügung liegen vor, denn die Verfügungskläger haben sowohl das Bestehen eines Verfügungsanspruchs als auch eines Verfügungsgrundes glaubhaft gemacht.

[10]1.

[11]Dem Rechtsstreit ist gemäß Art. 1 S. 1, Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 ("ROM II") europäisches und deutsches Recht zugrunde zu legen. Die Verfügungskläger stützen ihre Anträge auf kartellrechtliche Ansprüche, also auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus einem den Wettbewerb einschränkenden Verhalten der Verfügungsbeklagten. Gemäß ROM II Art. 4 Abs. 1 ist auf ein außervertragliches Schuldverhältnis aus unerlaubter Handlung grundsätzlich das Recht des Staates anzuwenden, in dem der Schaden eintritt. Diesen allgemeinen deliktischen Erfolgsort konkretisiert ROM II Art. 6 Abs. 3 Buchst. A). unter wettbewerbsspezifischen Gesichtspunkten näher, indem er auf den Staat abstellt, dessen Markt beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird. Hierdurch soll dem Marktschutz, d. h. den betroffenen Verkehrs- und Drittinteressen Rechnung getragen werden (Grüneberg, BGB, 83. Aufl., Rom II Art. 6 Rn 1).

[12]Die streitgegenständlichen Regelungen der N1FAR wirken sich auf das Spielervermittlergeschäft im Bereich des Profi- und Amateurfußballs weltweit und mithin auch auf den europäischen wie den deutschen Spielervermittlermarkt aus. Nach Rom II Art. 6 Abs. 3 Buchst. a) können die Verfügungskläger ihre Ansprüche dann auf deutsches Recht stützen, wenn der Markt der Bundesrepublik Deutschland durch die angegriffenen Regelungen der N1FAR beeinträchtigt ist oder wahrscheinlich beeinträchtigt wird. Dieses sog. Auswirkungsprinzip ist im deutschen Recht zudem in § 185 Abs. 2 GWB normiert. Aufgrund der spürbaren Betroffenheit zwischenstaatlichen Handels von EU-​Mitgliedsstaaten ist zudem europäisches Recht anwendbar. Das in § 185 Abs. 2 GWB im deutschen Recht verankerte Auswirkungsprinzip ist in europarechtlicher Hinsicht richterrechtlich verankert (vgl. hierzu: EuGH, Urteil v. 6.9.2017 − C-​413/14 P - Intel = NZKart 2017, 525, beck-​online). Die so beschriebenen Voraussetzungen im Sinne einer (wahrscheinlichen) Beeinträchtigung des deutschen Marktes (s.o. unter a)) sowie des zwischenstaatlichen Handels bzw. des europäischen Binnenmarktes liegen vor, wie sich aus den folgenden Ausführungen ergeben wird.

[13]2. ...

Fundstellen

Bericht

GRURPrax, 2023, 544

LS und Gründe

WuW, 2023, 445

Permalink

https://iprspr.mpipriv.de/2023-198

Lizenz

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