Das Erfordernis eines „genuine link“ für die Anerkennung einer in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründeten Gesellschaft in Deutschland nach Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des deutsch-amerikanischen Handelsvertrags ist nicht dahin zu verstehen, dass der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft sich im Gründungsstaat befinden muss. Ausreichend ist vielmehr, dass die Gesellschaft irgendwelche geschäftlichen Aktivitäten in den USA - nicht notwendig im Gründungsbundesstaat - entwickelt. [LS der Redaktion]
Die Antragstellerin, eine Gesellschaft in der Rechtsform einer Limited Liability Company (LLC) der Vereinigten Staaten von Amerika (USA), begehrt die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs. Die Schiedsparteien stritten mit Schiedsklage der Antragsgegnerin und Schiedswiderklage der Antragstellerin über gegenseitige Ansprüche im Zusammenhang mit der Auseinandersetzung der von ihnen im Jahr 2009 gegründeten Z. GbR nach deren Kündigung durch die Schiedsklägerin. Der Sole Director der Antragstellerin und die Antragsgegnerin sind Geschwister. Der Gesellschaftsvertrag der Z. GbR enthält ausweislich des Schiedsspruchs in Art. 12 eine Schiedsklausel. In dem am Schiedsort München geführten Schiedsverfahren erging am 10. Juni 2021 folgender Endschiedsspruch:
1. Die Schiedsbeklagte wird verurteilt, gegenüber der Schiedsklägerin im Einzelnen zu erklären, wodurch die zugunsten der A. Ltd. (Dubai) von der Z. GbR im notariellen Schuldanerkenntnis vom 23. März 2017 zur Urkunde des Notars Dr. B. in München anerkannten Ansprüche erloschen sind und der Schiedsklägerin Unterlagen auszuhändigen, welche das Erlöschen belegen.
2. Im Übrigen wird die Schiedsklage abgewiesen.
3. Die Schiedsklägerin wird verurteilt, ihre Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs des Amtsgerichts xxx, Grundbuch von xxx, Band xxx, Blatt xxx, Flst.Nr. xxx Abteilung I, lfd. Nummer der Eintragung 2z, insofern zu erteilen, als nicht die Z. GbR, bestehend aus der Schiedsklägerin und der Schiedsbeklagten, sondern die Schiedsbeklagte als nunmehriges Mitglied der betreffenden Erbengemeinschaft Eigentümerin des Miteigentumsanteils ist.
4. Die Schiedsklägerin trägt 95 %, die Schiedsbeklagte 5 % der Kosten des Schiedsverfahrens.
5. Die Schiedsklägerin wird verurteilt, der Schiedsbeklagten einen Betrag von EUR ... als Kostenerstattung zu bezahlen. Sämtliche weiteren Kostenerstattungsansprüche werden zurückgewiesen.
Nach dem Tatbestand des Schiedsspruchs begehrte die Schiedsklägerin eine Abfindung (Hauptantrag), Auskunft über die Finanzierung des Kaufpreises im Rahmen des Erbteilsverkauf- und Übertragungsvertrags vom 27. Februar 2009 (Auskunftsantrag I), Auskunft über die Rechtsgrundlage eines Schuldanerkenntnisses zugunsten der A. Ltd. (Dubai) vom 23. März 2017 (Auskunftsantrag II) und Auskunft zur steuerlichen Veranlagung der Z. GbR für die Jahre 2009 bis 2020 (Auskunftsantrag III). Die Schiedsbeklagte erhob Widerklage auf Grundbuchberichtigung wegen Anwachsung des Gesellschaftsvermögens nach dem Ausscheiden der Schiedsklägerin aus der Z. GbR. Zur Verteidigung gegen die Widerklage habe die Schiedsklägerin - nach der Darstellung im Tatbestand des Schiedsspruchs - in der Replik Zweifel an der Existenz der Schiedsbeklagten geäußert und hilfsweise die Zug-um-Zug-Einrede nach § 320 ZPO bis zur Begleichung des eingeklagten Abfindungsguthabens erhoben. Zur Begründung des Schiedsspruchs führt das Schiedsgericht insbesondere aus, es sei aufgrund von Art. 12 Satz 1 des Gesellschaftsvertrags in Verbindung mit § 1 des Schieds- und Schiedsrichtervertrags vom 13. November 2020 zur Entscheidung berufen; die Parteien hätten sich ohnehin rügelos auf das Schiedsverfahren eingelassen. Alle Anträge seien als vermögensrechtliche Ansprüche nach § 1030 Abs. 1 ZPO objektiv schiedsfähig. Die Schiedsbeklagte sei als US-Gesellschaft gemäß Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 anzuerkennen und somit parteifähig. Der Sachvortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz der Schiedsklägerin vom 28. Mai 2021 zum angeblich fehlenden „genuine link“ der Schiedsbeklagten in den USA sei als verspätet zurückzuweisen (§ 1046 Abs. 2 ZPO). Die Klageänderung und die sonstigen Ausführungen seien beinahe vier Monate nach Ablauf der letzten der Schiedsklägerin im vertraglich vereinbarten Fristenkalender eingeräumten Stellungnahmefrist und zwei Monate nach Ablauf der ihr durch verfahrensleitende Verfügung vom 5. März 2021 gesetzten Frist erfolgt. Der nunmehrige Versuch, die Anträge doch noch zu ändern, sei mit der Pflicht zur zeit- und kosteneffizienten Verfahrensführung (vgl. § 2 Abs. 1 Schieds- und Schiedsrichtervertrag i. V. m. Art. 27 Abs. 1 DisSchO 2018) nicht vereinbar. Abgesehen von neuen Zulässigkeitsfragen würde die Wiedereröffnung der Verhandlung wegen der neuen Anträge und des neuen Vorbringens das Verfahren in unvertretbarer Weise verzögern. Die Schiedsklägerin habe auch keine plausible Erklärung für die späte Antragsänderung. Aus diesen Gründen sei auch der Sachvortrag im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28. Mai 2021 zum angeblich fehlenden „genuine link“ als verspätet zurückzuweisen; bei den Behauptungen zum Umfang der Geschäftstätigkeit der Schiedsbeklagten in den USA handele es sich nicht um reinen Rechtsvortrag. Mit dieser neuen Argumentation ziehe die Schiedsklägerin im Übrigen die Parteifähigkeit der von ihr gewählten Schiedsbeklagten in Zweifel, was allenfalls zur Unzulässigkeit ihrer Schiedsklage führen würde. Die Schiedsklage sei nur teilweise begründet. Der Schiedsklägerin seien die Hintergründe des Schuldanerkenntnisses vom 23. März 2017 nicht bekannt. Nach dem Verständnis des Schiedsgerichts ziele ihr Antrag darauf ab, Gewissheit darüber zu erlangen, dass der Anspruch der A. Ltd. erloschen sei, und sich für den Fall, dass die Schiedsklägerin zukünftig erneut von Gläubigern des Schuldanerkenntnisses in Anspruch genommen werden sollte, effektiv gegen den Anspruch verteidigen zu können. Dies sei ein berechtigtes Interesse, das mit Blick auf eine mögliche Nachhaftung auch nach Ende der Gesellschafterstellung fortbestehe. Die Widerklage auf Zustimmung zur Berichtigung des Grundbuchs sei begründet, § 894 BGB. Die Schiedsbeklagte sei infolge des Ausscheidens der Schiedsklägerin die Gesamtrechtsnachfolgerin der Z. GbR. Die Auflösung und Auseinandersetzung der Gesellschaft gemäß §§ 723, 730 ff. BGB sei im Gesellschaftsvertrag zulässigerweise ausgeschlossen worden. Die von der Schiedsklägerin erhobene Zug-um-Zug-Einrede greife nicht durch, da schon keine konkreten Gegenrechte vorgetragen oder ersichtlich seien.
Mit Schriftsatz ihrer Bevollmächtigten vom 6. Juli 2021 hat die Antragstellerin den Endschiedsspruch vorgelegt und beantragt, den Endschiedsspruch des Schiedsgerichts in Ziffer 3. und 4. für vollstreckbar zu erklären. Die Antragsgegnerin wendet ein, die Antragstellerin sei mangels „genuine link“ nicht als US-Gesellschaft anzuerkennen. Die Antragstellerin entfalte keinerlei nennenswerte reale geschäftliche Aktivitäten in den USA. Die Verwaltung von - letztlich überschaubarem - Immobilienvermögen in xxx adressiere nicht den Rechts- und Wirtschaftsverkehr in den USA. Die Antragstellerin sei nur eine Fassade, hinter der sich der Bruder der Antragsgegnerin verberge. Die Antragstellerin ist dem entgegengetreten. Unrichtig sei insbesondere die Behauptung, die am 26. Oktober 2006 in Delaware gegründete Schiedsbeklagte ginge keinerlei nennenswerten realen geschäftlichen Aktivitäten in den USA nach. Sie habe z. B. Argentinien-Anleihen erworben und ihre Ansprüche auf Rückzahlung dieser Anleihen gerichtlich vor dem United District Court Southern District of New York geltend gemacht (Urteil vom 22. September 2008). Auch habe sie über Jahre hinweg Forderungen und Wertpapiere erworben; die Verhandlungen mit ihren Vertragspartnern hätten in New York stattgefunden; sie sei dabei durch die Anwaltskanzlei M. vertreten worden, deren Bestätigung vom 8. Oktober 2021 vorgelegt werde: „This will confirm that this law firm and its predecessors (starting with M. LLP) has continuously represented Z. F. LLC since 2013 in financial and commercial matters in New York. That representation remains active today. Those matters include litigations and negotiations involving defaulted Argentine sovereign bonds in the U.S. District Court for der Southern District of New York, and diverse other matters involving financial, corporate, and commercial advice“.
[1]II.
[2]Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung hat Erfolg. Es liegt kein Grund vor, nach dem dem Schiedsspruch die Anerkennung im Inland zu versagen wäre.
[3]1. ... 2. Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist zulässig.
[4]a) Die Antragstellerin ist parteifähig.
[5]aa) Die Rechts- und Parteifähigkeit der Antragstellerin ist gemäß Art. 3 Nr. 2 EGBGB i. V. m. Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des deutsch-amerikanischen Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrags vom 29. Oktober 1954 (Zustimmungsgesetz vom 7. Mai 1956, BGBl II 1956, 487) - im Folgenden: deutsch-amerikanischer Handelsvertrag - nach dem Gründungsrecht der Gesellschaft zu beurteilen. Nach dieser Bestimmung gelten Gesellschaften, die gemäß den Gesetzen und sonstigen Vorschriften des einen Vertragsteils in dessen Gebiet errichtet sind, als Gesellschaften dieses Vertragsteils; ihr rechtlicher Status wird in dem Gebiet des anderen Vertragsteils anerkannt.
[6]Es bedarf keiner Entscheidung, ob einer in den Vereinigten Staaten von Amerika gegründeten Gesellschaft in Deutschland die Anerkennung nach Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des deutsch-amerikanischen Handelsvertrags zu versagen ist, wenn sie zu den Vereinigten Staaten über das formale Band der Gründung hinaus über keine tatsächlichen, effektiven Beziehungen („genuine link“) verfügt und ihre geschäftlichen Aktivitäten allein in der Bundesrepublik Deutschland entfaltet. Denn das fragliche Erfordernis eines „genuine link“ wird auch von seinen Befürwortern nicht dahin verstanden, dass der tatsächliche Verwaltungssitz der Gesellschaft sich im Gründungsstaat befinden muss. Ausreichend ist vielmehr, dass die Gesellschaft irgendwelche geschäftlichen Aktivitäten in den USA - nicht notwendig im Gründungsbundesstaat - entwickelt (vgl. BGH, Urt. v. 13. Oktober 2004,
[7](1) Die Bestimmung des Art. XXV Abs. 5 Satz 2 des deutsch-amerikanischen Handelsvertrags enthält eine Kollisionsnorm (BGH - GEDIOS Corporation, ZIP 2004, 2230 [2231, juris Rn. 13] (IPRspr 2004-16); Urt. v. 29. Januar 2003,
[8](2) Der Bundesgerichtshof hat allerdings u. a. im Hinblick auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 1994 (
[9](3) An das Erfordernis eines „genuine link“ zum Gründungsstaat, das in der Literatur überwiegend abgelehnt wird (vgl. Thorn in Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2022, EGBGB Anh zu Art. 12 Rn. 3; Kraft in Wachter, Praxis des Handels- und Gesellschaftsrechts, 5. Aufl. 2021, § 16 Internationales und europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 28 m. w. N.; Mäsch in Bamberger/Roth/ Hau/Poseck, BGB, 4. Aufl. 2022, Art. 12 EGBGB, Rn. 6 f.; Pyszka, GmbHR 2015, 1077 [1081]; Drouven/Mödl, NZG 2007, 7 [8]; Paal, RIW 2005, 735 [739 f.]; Rehm, JZ 2005, 303 [305]; Rehm in Eidenmüller, Ausländische Kapitalgesellschaften, 2004, § 2 Rn. 34; Dammann, RabelsZ 68 [2004], 607 [645 ff.]; Bungert, DB 2003, 1043 [1044]; Ulmer, IPRax 1996, 100; a. A. Kindler in Münchener Kommentar zum BGB, Band 13 Teil 10 Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 347 f.; Weller in Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl. 2022, Einleitung Rn. 402; Weller, IPrax 2017, 167 [170]; Mankowski, EWiR, 2003, 661; Bausback, DNotZ 1996, 254; Ebenroth/Bippus, DB 1988, 842 [844 f.]), sind jedenfalls nach einhelliger Meinung keine strengen Anforderungen zu stellen.
[10]Ausreichend ist, dass die Gesellschaft irgendwelche geschäftlichen Aktivitäten in den USA - nicht notwendig im Gründungsbundesstaat - entwickelt (vgl. BGH - GEDIOS Corporation, ZIP 2004, 2230 [2231, juris Rn. 16] (IPRspr 2004-16); ZIP 2004, 1549 [1550, juris Rn. 7] (IPRspr 2004-15); vgl. auch Kindler in Münchener Kommentar zum BGB, Band 13 Teil 10 Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht, Rn. 348; Weller in Münchener Kommentar zum GmbHG, Einleitung Rn. 402; Hupka in Münchener Kommentar zum GmbHG, § 4a Rn. 31; Lang/Ortmann in Beck OK GmbHG, 51. Ed. Stand: 1. Februar 2021, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 93 m. w. N.). Es handele sich um ein Missbrauchskorrektiv, das allenfalls in extremen Fällen zur Versagung der Anknüpfung an das Gründungsrecht führen könne; geringe geschäftliche Aktivitäten, z. B. Vertragsabschlüsse mit US-amerikanischen Partnern seien ausreichend (Kindler in Münchener Kommentar zum BGB, Band 13 Teil 10 Internationales Handels- und Gesellschaftsrecht Rn. 348; Paefgen, DZWIR 2003, 441 [443]). Der Bundesgerichtshof hat auch eine geringe werbende Tätigkeit in den USA als ausreichend angesehen (GEDIOS Corporation, ZIP 2004, 2230 [2232, juris Rn. 17] (IPRspr 2004-16)). Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. Dezember 1994, die sich auf den Aufsatz von Ebenroth/Bippus (DB 1988, 842 [844 f.]) stützt (vgl. ZIP 1995, 1009 [juris Rn. 41]), wird von Ebenroth/Kemner/Willburger deshalb kritisiert, weil das Gericht zu Unrecht das Vorliegen eines „genuine link“ verneint habe; die Gesellschaft habe mit einer New Yorker AG einen Brokervertrag abgeschlossen, bei dem zudem noch New Yorker Recht vereinbart worden sei, sodass eine tatsächliche und reale Bindung der Gesellschaft zu den Vereinigten Staaten vorliege (ZIP 1995, 972 [974]).
[11]Der Bundesgerichtshof hat es in den zitierten Entscheidungen als ausreichend angesehen, dass die Gesellschaft für die ihr anvertrauten Aktien ein Depot in den USA unterhielt (ZIP 2004, 1549 [1550, juris Rn. 7 (IPRspr 2004-15)]) bzw. dass die Gesellschaft in den USA über einen Telefonanschluss verfügte, der eingehende Anrufe jedenfalls an einen Anrufbeantworter oder an einen Servicedienst weiterleite; die genannten technischen Einrichtungen seien ersichtlich darauf angelegt, wirtschaftliche Tätigkeit auch im US- amerikanischen Bereich zu entfalten. Es komme hinzu, dass die Gesellschaft unstreitig in San Francisco unter Vereinbarung des amerikanischen Rechts einen Lizenzvertrag auch über eine in den Vereinigten Staaten von Amerika geschützte Software für ein Datenbankenentwicklungstool abgeschlossen habe (GEDIOS Corporation, ZIP 2004, 2230 [2232, juris Rn. 18] (IPRspr 2004-16)).
[12]bb) Der Senat ist vorliegend von einer tatsächlichen Bindung der Antragstellerin an die USA überzeugt.
[13](1) Dass die Antragstellerin nach dem Recht von Delaware wirksam gegründet wurde, wird von der Antragsgegnerin nicht in Frage gestellt. Es sind auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass es zu einer Zwangsauflösung bzw. Zwangsbeendigung der Antragstellerin gekommen wäre. Eine solche ist möglich, wenn eine LLC ihrer jährlichen oder zweijährlichen Meldepflicht nicht nachkommt bzw. die jährlichen Registrierungsgebühren nicht bezahlt. Im Bundesstaat Delaware ist vorgesehen, dass die Gründungsurkunde (Certificate of Formation) für ungültig zu erklären ist, wenn die LLC drei Jahre mit der jährlichen Steuer (ab 2014: 300 US$) im Rückstand ist (Pyszka, GmbHR 2015, 1077 [1079]).
[14](2) Der zwischen der Antragstellerin und der Kanzlei M. bestehende Vertrag begründet eine tatsächliche Verbindung der Gesellschaft zu den USA.
[15]Die Echtheit der mit Schriftsatz vom 15. März 2022 im Original vorgelegten und von Rechtsanwalt Sp. unterschriebenen Bestätigung vom 8. Oktober 2021 der Kanzlei M. hat die Antragsgegnerin, die gemäß Verfügung vom 3. Juni 2022 eine Kopie dieses Schreibens mit dem Hinweis erhalten hat, dieser Schriftsatz sei bei Gericht im Original eingegangen, nicht bestritten. Der Einwand im Schriftsatz vom 23. Dezember 2021, es sei schon fraglich, ob die vorgelegten Urkunden authentisch seien, bezog sich auf die nur als Kopie vorgelegte Anlage B 5, aber nicht auf die wegen des erhobenen Einwands aufgrund richterlicher Auflage im Original vorgelegte Bestätigung mit gleichem Datum. Diese private Urkunde gilt somit nach § 439 Abs. 3 ZPO als anerkannt. Ihre Echtheit bedurfte keines Beweises nach § 440 ZPO. Die Urkunde enthält auch keine Mängel im Sinne des § 419 ZPO, insbesondere lässt das handschriftliche Zeichen oben rechts eine nachträgliche Veränderung der Urkunde nicht möglich erscheinen.
[16]Als private Urkunde begründet diese Bestätigung gemäß § 416 ZPO vollen Beweis allerdings nur dafür, dass die in ihr enthaltenen Erklärungen vom Aussteller - hier gegenüber der Antragstellerin - abgegeben worden sind; nicht von § 416 ZPO, sondern vom Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 Abs. 1 ZPO) wird dagegen erfasst, ob die in der Privaturkunde enthaltenen Angaben zutreffen und welchen Inhalt die Urkunde im Einzelnen hat (vgl. BGH, Urt. v. 27. September 2018,
[17]Der Senat ist jedoch überzeugt, dass die darin bekundeten tatsächlichen Umstände zutreffen, und sieht keine Veranlassung, weitere Beweise zu erheben, auch wenn einer Privaturkunde ein geringerer Beweiswert zukommt als einer Zeugenaussage. Im Rahmen des § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO erforderlich, aber auch ausreichend ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH, Urt. v. 19. Juli 2019,
[18]Rechtsanwalt Sp. bestätigt in diesem mit Schriftsatz vom 15. März 2022 vorgelegtem Schreiben, dass die Kanzlei M. und deren Vorgängerkanzleien die Antragstellerin seit 2013 kontinuierlich in Finanzsachen und kaufmännischen Angelegenheiten in New York vertreten hätten; die Kanzlei M. sei auch heute noch mandatiert und vertrete die Antragstellerin bei Streitigkeiten und Verhandlungen im Zusammenhang mit notleidenden argentinischen Staatsanleihen vor dem US-Bezirksgericht für den südlichen Bezirk in New York sowie in verschiedenen anderen Angelegenheiten, in denen die Kanzlei zu Finanz-, Unternehmens- und kaufmännischen Fragen berate. Auch wenn nicht näher dargelegt wurde, in welchen „anderen Angelegenheiten“ die Antragstellerin anwaltlich beraten wurde bzw. wird, ist der Senat vom langjährigen Bestehen des Anwaltsvertrags überzeugt. Durch die beispielhafte Nennung der Vertretung im Zusammenhang mit den notleidenden argentinischen Staatsanleihen wird deutlich, dass sich die Beratung auf eine Geschäftstätigkeit der Antragstellerin auf dem Finanzmarkt bezieht. Umstände, die Zweifel daran wecken könnten, dass die Antragstellerin von der Kanzlei M. in New York anwaltlich beraten wird, zeigt die Antragsgegnerin nicht auf. Vielmehr geht sie selbst vom Bestehen eines „wohl lukrativen Auftrags“ zwischen der Kanzlei M. und der Antragstellerin sowie davon aus, dass aufgrund des Mandatsverhältnisses Honorare von der Antragstellerin an die Kanzlei gezahlt werden. Sie ist lediglich der Ansicht, das Mandatsverhältnis sei nicht als reale geschäftliche Tätigkeit in den USA anzuerkennen. Schließlich spricht der Umstand, dass die Anlage B 5 und das weitere Schreiben vom 8. Oktober 2021 nicht identisch sind, sondern sich insbesondere bei der Adressierung und der Unterschrift unterscheiden, nicht gegen die Richtigkeit der in beiden Schreiben inhaltlich übereinstimmenden Bestätigung einer anwaltlichen Beratung bzw. Vertretung der Antragstellerin in New York.
[19]Das Bestehen dieses Anwaltsvertrags und die darauf beruhende Beratung der Antragstellerin in Finanzsachen und kaufmännischen Angelegenheiten begründet entgegen der Meinung der Antragsgegnerin eine tatsächliche Verbindung der Antragstellerin zu den USA.
[20]b) ... c) ... 3. Der sich nur auf die Ziffern 3. und 4. beziehende Antrag auf Vollstreckbarerklärung ist begründet. Aufhebungsgründe i. S. d. § 1059 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor, § 1060 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Sachlich-rechtliche Einwendungen der Antragsgegnerin gegen die in Ziffern 3. und 4. des Tenors des Schiedsspruchs festgestellten Ansprüche greifen nicht durch.
[21]Die Antragsgegnerin, die nur einen Hilfsantrag formuliert hat, ist dem Hinweis des Senats, ihr Antrag werde dahin verstanden, dass sie die Zurückweisung des Vollstreckbarerklärungsantrags begehre, nicht entgegengetreten.
[22]a) Die Antragsgegnerin kann die Unwirksamkeit einer Schiedsabrede (§ 1059 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a] Var. 2 ZPO) nicht mehr geltend machen.
[23](1) Ein etwaiger Formmangel (§ 1031 Abs. 5 Satz 1 ZPO) der Schiedsvereinbarung ist durch rügelose Einlassung der Antragsgegnerin gemäß § 1031 Abs. 6 ZPO geheilt. Die Antragsgegnerin hat sich hier als Schiedsklägerin rügelos eingelassen (vgl. OLG Köln, Beschl. v. 16. Januar 2015,
[24]Auf die Kenntnis der Partei von dem Formmangel oder den Folgen der Einlassung kommt es de lege lata nicht an (OLG München, Beschl. v. 1. Juni 2005,
[25]Eine Belehrung über die Folgen der Einlassung sieht § 1031 ZPO nicht vor. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin gibt es kein „im Rahmen der ZPO anerkanntes Rechtsprinzip“, dass die Wirkungen einer rügelosen Einlassung nur dann eintreten, wenn der Verbraucher darüber belehrt worden ist. Im UNCITRAL Modellgesetz findet § 1031 Abs. 5 ZPO kein Vorbild, weil der Anwendungsbereich des Modellgesetzes auf internationale Handelsstreitigkeiten begrenzt ist, Art. 1 Abs. 1 UNCITRAL Modellgesetz (Wolf/Eslami in BeckOK ZPO, § 1031 Rn. 19). Der Argumentation der Antragsgegnerin, das Schutzniveau für Verbraucher, denen - wie hier - treuwidrig eine Schiedsklausel untergeschoben worden sei, müsse entsprechend höher sein, da sich schon aus dem - auf Kaufleute zugeschnittenen - Art. 4 UNCITRAL Modellgesetz ergebe, dass eine Partei eine Einrede nur dann verliere, wenn sie von dem Regelverstoß Kenntnis gehabt habe, vermag der Senat nicht zu folgen. Mit einem „effet utile“ lässt sich de lege lata nicht begründen, die Heilung trete nur nach Belehrung des Verbrauchers durch das Schiedsgericht ein. Erfolglos beruft sich die Antragsgegnerin schließlich auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993, ohne dessen Anwendbarkeit zu begründen. Für Gesellschaftsverträge gilt die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 Satz 1 BGB (vgl. auch Erwägungsgrund 10 der Richtlinie).
[26](2) Ob die rügelose Einlassung alle Unwirksamkeitsgründe nach § 1031 Abs. 5 ZPO heilt (verneinend bei unterlassener Separatstellung nach § 1031 Abs. 5 Satz 3 Halbsatz 1 ZPO: Münch in Münchener Kommentar zur ZPO, § 1031 Rn. 50), kann hier dahinstehen, da die Antragsgegnerin, die - anwaltlich vertreten - die Schiedsklage erhoben hat, nach Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt der unzulässigen Rechtsausübung wegen widersprüchlichen Verhaltens im Verfahren auf Vollstreckbarerklärung eines Schiedsspruchs nicht die Unwirksamkeit einer Schiedsabrede geltend machen kann (vgl. BGH, Beschl. v. 4. November 2021,
[27](1) ...