Bei der Frage, ob für einen gegen einen Unterhaltstitel gerichteten Vollstreckungsabwehrantrag die Gerichte des Staates international zuständig sind, in dem der Titel errichtet wurde (hier: Frankreich), oder diejenigen des Staates, in dem der Titel vollstreckt werden soll (hier: Deutschland), handelt es sich um eine schwierige, höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage, die nicht im Verfahrenskostenhilfeverfahren durchentschieden werden kann.
Ist der Streitfall aus Sicht des Gerichts unter Anwendung ausländischen Sachrechts zu entscheiden, so muss das Gericht im Lichte seiner § 293 ZPO entspringenden Ermittlungspflicht nachvollziehbar und belastbar darlegen, dass es die entscheidungserheblichen Normen des fremden Rechts aufgrund eigener Sachkunde zuverlässig ermitteln konnte. [LS von der Redaktion neu gefasst]
[1]Die nach § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 2, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers hat einen vorläufigen Erfolg …
[2][…] ... das Familiengericht hat die Anforderungen, die an die hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Antragstellers zu stellen sind, überspannt.
[3]Die Rechtsverfolgung oder -verteidigung bietet dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn es nach einer Gesamtschau des Tatsachenvortrags des um Verfahrenskostenhilfe nachsuchenden Beteiligten aufgrund einer summarischen Prüfung zumindest möglich erscheint, dass dieser mit seinem Begehren im Hauptsacheverfahren gerade vor dem angerufenen Gericht Erfolg haben wird. Das Erfordernis der hinreichenden Erfolgsaussicht darf dabei nicht dazu führen, dass die Rechtsverfolgung vom Hauptsacheverfahren in das summarische Verfahrenskostenhilfeverfahren verlagert wird … Ist der Streitfall aus Sicht des Gerichts unter Anwendung ausländischen Sachrechts zu entscheiden, so muss das Gericht im Lichte seiner § 293 ZPO entspringenden Ermittlungspflicht - will es von der Einholung eines Rechtsgutachtens absehen und Verfahrenskostenhilfe mangels Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung verweigern - nachvollziehbar und belastbar darlegen, dass es die entscheidungserheblichen Normen des fremden Rechts aufgrund eigener Sachkunde zuverlässig ermitteln konnte (BVerfG AGS 2010, 494 (IPRspr 2010-4); Müko-ZPO/Wache, 5. Aufl., § 114, Rz. 58).
[4]An diesem Maßstab gemessen hat das Familiengericht die Anforderungen, die an eine - weitergehende - hinreichende Erfolgsaussicht der Rechtsverfolgung des Antragstellers zu stellen sind, überspannt.
[5]Das Familiengericht hat zum einen die nunmehr von der Antragsgegnerin erstmals nach dem Senatsbeschluss vom 13. November 2018 - 6 WF 146/18 - erhobene Rüge der internationalen Zuständigkeit der deutschen Gerichte - zu Ungunsten des Antragstellers - für durchgreifend befunden. Indessen handelt es sich bei der insoweit entscheidungserheblichen Frage, ob für einen gegen einen Unterhaltstitel gerichteten Vollstreckungsabwehrantrag die Gerichte des Staates international zuständig sind, in dem der Titel errichtet wurde - hier Frankreich -, oder diejenigen des Staates, in dem der Titel vollstreckt werden soll - vorliegend Deutschland -, um eine schwierige, höchstrichterlich nicht geklärte Rechtsfrage. Diese ist derzeit aufgrund Vorlagebeschlusses des Amtsgerichts Köln (JAmt 2019, 519 (IPRspr 2019-346)) beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängig und noch nicht entschieden (C-41/19).
[6]Zum anderen ist das Familiengericht zwar im Ausgangspunkt zu Recht - und unter zutreffender Beachtung der für das vorliegende Verfahrenskostenhilfe-Prüfungsverfahren durch § 113 Abs. 1 S. 2 FamFG i.V.m. § 563 Abs. 2 ZPO analog bedingten Bindungswirkung (siehe dazu nur Zöller/Heßler, ZPO, 33. Aufl., § 572, Rz. 34 m.w.N.) - davon ausgegangen, dass die Entscheidung des Streitfalls französischem Sachrecht unterfällt. Hingegen hat es die mithin entscheidungserhebliche Frage, ob und in welchem Ausmaß nach französischem Recht Ansprüche aus einem Unterhaltstitel verwirkt werden können, zum Nachteil des Antragstellers entschieden, obwohl es sich auch bei dieser Frage um eine schwierige und ungeklärte Rechtsfrage im dargestellten Sinne handelt. Gerade mit Blick darauf hatte der Senat dem Familiengericht - dem gemäß § 293 ZPO die Ermittlung des ausländischen Rechts obliegt (siehe dazu nur BGH MDR 2005, 641 (IPRspr 2005-12)) - auch in seinem genannten Beschluss vom 13. November 2018 weitere Klärung aufgegeben. Eigene Sachkunde im französischen Recht, welche die Einholung eines Rechtsgutachtens entbehrlich erscheinen lassen könnte, hat das Familiengericht indes auch im angefochtenen Beschluss nicht nachprüfbar dargelegt („möglicherweise Verwirkung greifen könnte“) und ist dem Senat auch nicht anderweitig aus den Akten ersichtlich.
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