Auch wenn heute mehrheitlich ein restriktives Verständnis von Staatenimmunität vertreten wird, nach dem die Immunität nur für Hoheitsakte (acta iure imperii), nicht aber für privatwirtschaftliches Handeln (acta iure gestionis) gilt, ist es eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts, dass ein Staat grundsätzlich keiner fremden Gerichtsbarkeit unterworfen ist.
Während die Emission von Staatsanleihen zum Kreis nicht-hoheitlichen Handelns gerechnet wird, gehört die Gesetzgebung zu dem Bereich hoheitlicher Tätigkeit. Ein Akt iure imperii liegt auch vor, wenn ein Staat den seiner Hoheitsgewalt Unterworfenen zum Zwecke der Einnahmenerzielung einseitig und gegenleistungsfrei Steuern und sonstige Abgaben auferlegt.
Um einen Akt iure imperii handelt es sich im Fall eines Zwangsumtauschs von Staatsanleihen, der durch Gesetz des emittierenden Staates veranlasst ist und infolgedessen die vollständige Auszahlung des ursprünglich geschuldeten vollen Nennwerts der betroffenen Staatsanleihen unterbleibt. Eine solche Kürzung des Nennwerts durch Gesetz steht einem privaten Marktteilnehmer als Handlungsoption nicht zur Verfügung und gehört jedenfalls für nach dem Recht des emittierenden Staates begebene Anleihen zum Kernbereich hoheitlichen Handelns. Als solche hoheitliche Maßnahme eines ausländischen Staates unterliegt sie nicht der deutschen Gerichtsbarkeit. [LS der Redaktion]
[Siehe auch die im Wesentlichen inhaltsgleiche Parallelentscheidung des BVerfG vom 06.05.2020 –