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Verfahrensgang

LG Verden, Urt. vom 17.07.2020 – 2 O 259/19, IPRspr 2020-348
OLG Celle, Beschl. vom 29.01.2021 – 9 U 66/20, IPRspr 2021-167
BGH, Nichtannahmebeschl. vom 15.02.2022 – II ZR 35/21

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Versicherungs-, Verbraucher-, Arbeitsgerichtsstand
Verfahren → Zustellung
Vertragliche Schuldverhältnisse → Verbraucherrecht
Zuständigkeit → Gerichtsstandsvereinbarung, rügelose Einlassung
Allgemeine Lehren → Rechtswahl

Leitsatz

Die Brüssel Ia-VO ist in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anwendbar. Sie gilt für Großbritannien auch nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU für vor dem Ablauf der Übergangszeit eingeleitete gerichtliche Verfahren für eine zunächst bis zum 31.12.2020 andauernde Übergangsphase weiter, Art. 67 I, Art. 126 BrexitAbk. Es handelt sich ferner um eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 I Brüssel Ia-VO.

Von den Zuständigkeitsregelungen zum Verbrauchergerichtsstand kann im Wege einer Vereinbarung nur unter den in Art. 19 Brüssel Ia-VO genannten Voraussetzungen abgewichen werden. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

BGB § 280; BGB § 283; BGB §§ 305 ff.; BGB § 307
BrexitAbk Art. 67; BrexitAbk Art. 68; BrexitAbk Art. 126
EGBGB Art. 29
EuGVVO 1215/2012 Art. 1; EuGVVO 1215/2012 Art. 17; EuGVVO 1215/2012 Art. 18; EuGVVO 1215/2012 Art. 19; EuGVVO 1215/2012 Art. 25
EuZVO 1393/2007 Art. 1; EuZVO 1393/2007 Art. 14
Rom I-VO 593/2008 Art. 3; Rom I-VO 593/2008 Art. 6
ZPO § 189

Sachverhalt

Der Kläger nimmt die Beklagte auf Auszahlung aus einer Genussrechtsbeteiligung in Anspruch. Der Kläger zeichnete am 01.05.2007 zwei Beteiligungen der T. Investments AG in Gestalt von vinkulierten Genussrechten mit Gewinn- und Verlustbeteiligung zu dem T. Global High Yield Fund 1 und Fund 2. Die T. Investments AG hatte ihren Sitz zu dieser Zeit in W. Der Vertrag enthält Genussrechtsbedingungen, in denen u.a. geregelt ist: „1. Die Genussrechtsbedingungen sowie alle sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten bestimmen sich ausschließlich nach dem Recht der Republik Österreich. 2. […] Gerichtsstand ist - soweit gesetzlich zulässig - ebenfalls Sitz der Gesellschaft. Die Gerichtsstandsvereinbarung beschränkt nicht das Recht eines Genussrechtsinhabers, Verfahren vor einem anderen zuständigen Gericht anzustrengen. […]“. 2013 wurde die T. Investments AG zunächst in eine GmbH umgewandelt. Der Kläger kündigte seine Beteiligung an dem Fund 1 in 2012. Die T. Global Asset Management AG bestätigte die Kündigung zum 31.12.2017, wies den Kläger aber darauf hin, dass mit der Auszahlung aus dem Vertrag erst nach Feststellung des Jahresabschlusses 2017 begonnen werden könne. Mit Generalversammlungsbeschluss aus 2018 wurde die beabsichtigte Verschmelzung der T. Investments GmbH als übertragende Gesellschaft mit der C. Holding Ltd. mit Sitz in L. als übernehmende Gesellschaft beschlossen. Die Verschmelzung erfolgte mit Wirkung zum 31.12.2018. Im Februar 2019 informierte die Beklagte den Kläger über die T. Anlagenverwaltung, dass die Restrukturierung der T. Investments GmbH abgeschlossen sei. Die Beklagte erklärte weiter: „Um diese langfristig vorteilhafte und alternativlose Neustrukturierung umsetzen zu können, war es u. a. aus rechtlichen und steuerlichen Gründen unvermeidlich, die Beteiligungsbuchwerte aller Genussrechts-/-schein-Inhaber zum Stichtag 31.12.2017 temporär auf ein Minimum abzuwerten.“ Der Kläger könne als Anleger künftig direkter und angemessener an der positiven Entwicklung der Zielgesellschaft T. Group Ltd. und an ihrem bis 2022 geplanten Börsengang partizipieren. Jeder Inhaber erhalte zum 31.12.2018 für je 1,00 € des rechnerischen Werts seiner Genussrechte eine Aktie mit einem Nennwert von 0,001 €. Die Beklagte teilte dem Kläger hinsichtlich seiner Kündigung zum 31.12.2017 zudem mit, dass, sofern er seine Kündigung aufrechterhalte, der Rückzahlungsbetrag zum Kündigungsstichtag 0,00 € betrage. Der Kläger nahm daraufhin seine Kündigung des T. Global High Yield Fund 2 (Nr. 1) unter dem 25.02.2019 gegenüber der T. Anlagenverwaltung zurück. Am 07.03.2019 erklärte der Kläger die außerordentliche fristlose Kündigung seiner Genussrechtebeteiligungen gegenüber der Beklagten. Zugleich wurde die Beklagte zur Berechnung des Auseinandersetzungsguthabens des Klägers und Auszahlung desselben bis zum 25.02.2019 aufgefordert

Der Kläger macht einen Rückzahlungsanspruch geltend. Er beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn zu zahlen.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]Die Klage hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

[2]I. Die Klage ist zulässig.

[3]1. Das Gericht ist international und örtlich zuständig.

[4]Das Landgericht Verden ist örtlich zuständig. Der europäische Verbrauchergerichtsstand gemäß Art. 17 Abs. 1 lit. c), 18 Abs. 1 Brüssel Ia-VO (VO (EU) 1215/2012) ist gegeben. Die Voraussetzungen liegen vor.

[5]Der Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO ist eröffnet. Es handelt sich um einen Sachverhalt mit Auslandsbezug. Die Rechtsvorgängerin der Beklagten als ursprüngliche Vertragspartnerin hatte ihren Sitz in W., die Beklagte in L., während der Kläger in Deutschland wohnt, wo er auch die streitgegenständlichen Beteiligungen zeichnete. Das angerufene Gericht liegt in einem Mitgliedstaat der Verordnung. Die Brüssel Ia-VO ist in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union anwendbar. Sie gilt für Großbritannien auch nach dem Austritt Großbritanniens aus der EU für vor dem Ablauf der Übergangszeit eingeleitete gerichtliche Verfahren für eine zunächst bis zum 31.12.2020 andauernde

[6]Übergangsphase weiter, Art. 67 Abs. 1, Art. 126 BrexitAbk. Es handelt sich ferner um eine Zivilsache im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-VO.

[7]Der Gerichtsstand des Art. 17 Abs. 1 lit. c) Brüssel Ia-VO ist gegeben, wenn ein Vertrag oder ein Anspruch aus einem Vertrag, den ein Verbraucher zu einem Zweck geschlossen hat, der nicht seiner beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zuzurechnen ist, den Verfahrensgegenstand bildet und der andere Vertragspartner in dem Mitgliedstaat, in dessen Hoheitsgebiet der Verbraucher seinen Wohnsitz hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche auf irgendeinem Wege auf diesen Mitgliedstaat oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Mitgliedstaats, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt. Die Klage des Verbrauchers gegen den anderen Vertragspartner kann dann gemäß Art. 18 Abs. 1 Brüssel Ia-VO entweder vor den Gerichten des Mitgliedstaats erhoben werden, in dessen Hoheitsgebiet dieser Vertragspartner seinen Wohnsitz hat, oder ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des anderen Vertragspartners vor dem Gericht des Ortes, an dem der Verbraucher seinen Wohnsitz hat.

[8]Der streitgegenständliche Genussrechtevertrag wurde zwischen dem Kläger und der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossen, wobei der Kläger Verbraucher im Sinne von Art. 17 Abs. 1 Brüssel Ia-VO ist. Seine Zeichnung der Genussrechtebeteiligung erfolgte als Privatperson. Der Kläger erlangte auch nicht durch die etwaige Umwandlung seiner Genussrechte in B-Stammaktien Unternehmereigenschaft. Seine Eigenschaft als Verbraucher kann ihm nicht einseitig durch Dritte entzogen werden. Die Umwandlung erfolgte erst nach Vertragsschluss und ohne Zustimmung des Klägers, mithin allein durch die Restrukturierung der Rechtsvorgängerin der Beklagten durch letztere. Im Übrigen bleibt es auch gegenüber der Rechtsnachfolgerin bei dem Verbrauchergerichtsstand aus Art. 17 Abs. 1 lit. c) Brüssel Ia-VO, da andernfalls eine Entziehung allein durch Fusion möglich wäre (BGH, Urt. v. 09.02.2017 - IX ZR 9/16 (IPRspr 2017-253)).

[9]Die Rechtsvorgängerin der Beklagte hatte ihre operative Tätigkeit zumindest auch auf Deutschland ausgerichtet. Die T. Anlegerverwaltung, welche bereits in der Widerrufsbelehrung des Zeichnungsscheins der T. Investments AG (Anlagen K1, Bl. 17 d. A.) als Ansprechpartnerin genannt war und über welche auch Teile der Korrespondenz der Rechtsvorgängerin der Beklagten mit dem Kläger abgewickelt wurden, hatte ihren Sitz in S.. Es waren ferner in ihren Kontaktdaten deutsche Telefon- und Faxnummern sowie eine deutsche Kontonummer angegeben. Zudem sind bereits in dem Bezirk des Landgerichts Verden, ebenso wie an zahlreichen deutschen Gerichten, mehrere Verfahren deutscher Anleger gegen die Beklagte rechtshängig, sodass von einer Vielzahl deutscher Anlieger ausgegangen werden kann.

[10]Es gilt keine davon abweichende Gerichtsstandsvereinbarung für einen ausschließlichen Gerichtsstand in Großbritannien gemäß § 13 Ziff. 2 der Genussrechtsbedingungen. Es wurde keine wirksame ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 25 Brüssel Ia-VO zwischen der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und dem Kläger geschlossen.

[11]Die in § 13 Ziff. 2 der Genussrechtsbedingungen getroffene Regelung zum Gerichtsstand ist schon ihrem Wortlaut nach nicht als ausschließliche Gerichtsstandsvereinbarung formuliert. Vielmehr lässt sie ausdrückliche andere Gerichtsstände zu. Zwar ist bei einer Gerichtsstandsvereinbarung nach Art. 25 Brüssel Ia-VO in der Regel von der Ausschließlichkeit des vereinbarten Gerichtstands auszugehen (vgl. Zöller, Art. 25 EuGVVO, Rn. 1a). Dies gilt indes nicht, wenn der Wortlaut - wie vorliegend - eindeutig ein anderer ist.

[12]Die Vereinbarung ist im Übrigen gemäß Art. 25 Abs. 4 Brüssel Ia-VO unwirksam, da sie Art. 19 Brüssel Ia-VO zuwiderläuft. Von den Zuständigkeitsregelungen zum Verbrauchergerichtsstand kann im Wege einer Vereinbarung nur unter den in Art. 19 Brüssel Ia-VO genannten Voraussetzungen abgewichen werden. Diese liegen nicht vor.

[13]2. Die Klageschrift ist der Beklagten ordnungsgemäß zugestellt worden. Maßgeblich ist Art. 14 EuZustVO (VO (EG) 1393/2007).

[14]Der Anwendungsbereich dieser Regelung ist eröffnet. Es liegt eine Zivilsache vor, in der ein gerichtliches Schriftstück von einem in einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Zwecke der Zustellung zu übermitteln war, Art. 1 Abs. 1 EuZustVO. Die EuZustVO findet gemäß Art. 68 lit. a), Art. 126 BrexitAbk auch Anwendung auf gerichtliche und außergerichtliche Schriftstücke, die bis zum 31.12.2020 zum Zwecke der Zustellung bei Gericht eingegangen sind.

[15]Die Zustellung erfolgte gemäß Art. 14 EuZustVO durch einen Postdienst. Nach Art. 14 EuZustVO steht es jedem Mitgliedstaat frei, Personen, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat haben, gerichtliche Schriftstücke unmittelbar durch Postdienste per Einschreiben mit Rückschein oder gleichwertigem Beleg zustellen zu lassen. Als gleichwertiger Beleg ist jedes Mittel zur Zustellung eines Schriftstücks und zum Beweis dieser Zustellung anzusehen, das vergleichbare Garantien hinsichtlich des Erhalts des Schriftstücks durch den Empfänger und dessen Umstände aufweist wie ein Einschreiben mit Rückschein (Geimer/Schütze, Int. Rechtsverkehr/Okonska, 58. EL Oktober 2019, VO (EG) 1393/2007, Art. 14, Rn. 16). Vorliegend wurde zwar kein Rückschein zurückgesendet, die Zustellung wird jedoch durch einen „Proof of Delivery“ bestätigt. Laut der Sendungsverfolgung über die Website des Royal Mail Postdienstes ist die Sendung mit der Sendungsverfolgungsnummer („Tracking no.“) xxx am 19.11.2019 um 11:55 Uhr zugestellt worden. Indem die Zustellungsbestätigung die Unterschrift eines Empfangsberechtigten der Beklagten enthält („Signed for by: TEJ“), stellt sie im Ergebnis einen dem Rückschein gleichwertigen Beleg dar. Eine Zustellung an den Geschäftsführer der Beklagten persönlich ist nach Art. 14 EuZustVO gerade nicht erforderlich. Die Ersatzzustellung an eine empfangsberechtigte Person am Geschäftssitz der Beklagten reicht insoweit aus.

[16]Im Übrigen werden Zustellungsmängel gemäß § 189 ZPO geheilt, soweit sie die Voraussetzungen einer wirksamen Zustellung nach der lex fori betreffen. Die Beklagte hat - wie aus den Schriftsätzen der Beklagtenvertreter unweigerlich erkennbar ist - rechtzeitig tatsächliche Kenntnis von dem verfahrenseinleitenden Schriftstück erlangt. Damit ist jedenfalls die Heilung der behaupteten Formmängel eingetreten.

[17]II. Die Klage ist in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang auch begründet.

[18]1. Dem Kläger steht ein Anspruch auf Rückzahlung seiner Genussrechte aus dem Fonds T. Global High Yield Fund 1 in Höhe von ... € aus § 6 Ziff. 4 der Genussrechtsbedingungen zu.

[19]a. ... b. ... c. ... d. ... 2. Dem Kläger steht darüber hinaus aufgrund der Umwandlung seiner Genussrechte des Fonds T. Global High Yield Fund 2 in B-Stammaktien ein Schadensersatzanspruch in Höhe von ... € zu.

[20]a. Es findet deutsches Recht Anwendung.

[21]Die Rechtswahlklausel des § 13 Ziff. 1 der Genussrechtsbedingungen zugunsten österreichischen Rechts ist gemäß § 307 Abs. 2 S. 1 BGB unwirksam. Sie stellt eine unangemessene Benachteiligung des Klägers als Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben dar, da sich aus ihr nicht klar und verständlich ergibt, welche Rechtsvorschriften für im Zusammenhang mit der Geschäftsbeziehung zwischen der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin und ihren Anlegern entstandene Streitigkeiten gelten sollen (BGH, GRUR 2013, 421 (IPRspr 2012-25b)).

[22]Es handelt sich bei den verwendeten Genussrechtsbedingungen um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne der §§ 305 ff. BGB. Es liegen für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen vor, die die Rechtsvorgängerin der Beklagten als Verwenderin dem Kläger einseitig bei Abschluss des Beteiligungsvertrages gestellt hat.

[23]Die Rechtswahlklausel ist danach unwirksam, da sie für den Vertragspartner irreführend ist.

[24]Gemäß Art. 29 Abs. 1 EGBGB durfte eine Rechtswahl der Parteien bei bis zum 16.12.2009 geschlossenen Verbraucherverträgen dem Verbraucher insbesondere dann nicht den Schutz entziehen, den ihm die zwingenden Vorschriften des Rechts des Staates gewährten, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte, wenn dem Vertragsabschluss ein ausdrückliches Angebot oder eine Werbung in diesem Staat vorausgegangen war und der Verbraucher die zum Abschluss des Vertrags erforderlichen Rechtshandlungen dort vorgenommen oder der Vertragspartner die Bestellung des Verbrauchers dort entgegengenommen hatte. Gemäß Art. 6 Abs. 2 S. 1 Rom I-VO können die Parteien auch bei seither abgeschlossenen Verbraucherverträgen das anzuwendende Recht grundsätzlich nach Art. 3 Rom I-VO frei wählen. Nach Art. 6 Abs. 2 S. 2 darf eine solche Rechtswahl dem Verbraucher allerdings nicht den Schutz der Bestimmungen entziehen, von denen nach dem ohne die Rechtswahl anzuwendenden Recht nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf. Dementsprechend sind die §§ 305 ff. BGB auf Verbraucherverträge, die Verbraucher mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland geschlossen haben, sowohl nach dem früheren Recht als auch nach dem geltenden Recht anzuwenden (vgl. H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/ Hensen, Teil 3 [7] Rechtswahlklauseln, Rn. 8, 12).

[25]Der Gesetzgeber geht danach davon aus, dass es dem Verbraucher grundsätzlich zuzumuten ist, sich bei einem Verbrauchervertrag auf die Wahl des Rechts eines anderen Staates als dem einzulassen, in dem er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dem liegt die Vorstellung zu Grunde, dass das Nebeneinander von zwingendem Verbraucherschutzrecht dieses Staates und dem ansonsten geltenden gewählten Recht (noch) nicht zur Folge hat, dass die Rechtslage auf Grund der getroffenen Rechtswahl so wenig klar und verständlich ist, dass sich daraus für den Verbraucher eine gemäß § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unangemessene Benachteiligung ergibt (vgl. BGH, GRUR 2013, 421 (IPRspr 2012-25b)).

[26]Bei einem grenzüberschreitenden Kapitalanlagevertrag, wie er im Streitfall vorliegt, kommen allerdings Besonderheiten hinzu, die die Abwahl des im Hinblick auf den gewöhnlichen Aufenthaltsort des Verbrauchers an sich anzuwendenden deutschen Rechts zugunsten des österreichischen Rechts als des Heimatrechts der Rechtsvorgängerin der Beklagten jedenfalls dann als unangemessene Benachteiligung erscheinen lassen, wenn dem Verbraucher - wie hier - keine aufklärenden Hinweise gegeben werden.

[27]Zu berücksichtigen ist vor allem, dass für den Vertrieb von Genussrechtsbedingungen in Deutschland und damit für die Wirksamkeit der in Deutschland vertriebenen und im Streitfall abgeschlossenen Genussrechtsbeteiligungen das deutsche Kreditwesengesetz Anwendung findet. Demgegenüber stellt sich die Rechtswahlklausel des § 13 Ziff. 1 der Genussrechtsbedingungen, die nicht nur keine Differenzierung vorsieht, sondern mit der Formulierung „Die Genussrechtsbedingungen sowie alle sich daraus ergebenden Rechte und Pflichten bestimmen sich ausschließlich nach dem Recht der Republik Österreich“ im Gegenteil den Eindruck zu erwecken versucht, deutsches Recht komme in keinerlei Hinsicht zur Anwendung, als nicht klar und verständlich im Sinne des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB dar.

[28]Es kommt mithin das Recht des Staates zur Anwendung, in dem der Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.

[29]b. Der Anspruch besteht dem Grunde nach gemäß §§ 280 Abs. 1, 3, 283 BGB, ...

[30]c. Der Anspruch besteht in Höhe des geltend gemachten Betrages ...

Fundstellen

LS und Gründe

BeckRS, 2020, 41567

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https://iprspr.mpipriv.de/2020-348

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