Im Rahmen eines internationalen Warenkaufs, der dem UN-Übereinkommen über Verträge über den Internationalen Warenkauf vom 11.4. 1980 (BGBl. 1989 II 586; CISG) unterliegt, führt eine in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Verkäuferin enthaltene Klausel, wonach für eventuelle Streitigkeiten der Internationale Schiedsgerichtshof der Internationalen Handelskammer zuständig sei, dann zu einer wirksamen Schiedsabrede, wenn die Geltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vereinbart wurde.
Die ASt. will die Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gerichtlich festgestellt wissen. Am 9.7.2013 bot die AGg. der ASt. vier Gär- und Lagertanks, vier Sätze Edelstahlarmaturen und zwei Brautanks an. In dem „Angebot“ heißt es: „Für dieses Angebot gelten die ORGALIME SE 01 Geschäftsbedingungen für die Lieferung und Montage von mechanischen, elektrischen und elektronischen Erzeugnissen“ (AGB der Organisme de Liaison des Industries Métalliques Européennes; nachfolgend: ORGALIME).
Die ORGALIME AGB enthalten in Art. 72 eine Schiedsklausel. Am 10.7.2013 bestellte die ASt. mit einem Schreiben, das ihren Briefkopf trägt und dem das erwähnte Angebot beigefügt war, die genannten Waren für 337 000 US-Dollar. In dem Schreiben heißt es am Ende: „AGB des beigefügten Angebots und dieses Auftrags sind vereinbart durch: ...“. Danach finden sich Unterschriftszeilen. Die ASt. unterzeichnete das Schreiben durch ihren Mitarbeiter. Sie übersandte es der AGg. eingescannt als E-Mail-Anhang. Am 25.7.2013 schickte die AGg. der ASt. die Auftragsbestätigung, in der sie nochmals auf die Geltung der ORGALIME AGB hinwies. Die Auftragsbestätigung ist von einem Mitarbeiter der ASt. unterzeichnet.
In der Folge kam es zu drei weiteren Bestellungen der ASt. Die AGg. erhob am 21.9.2015 Schiedsklage beim Internationalen Schiedsgerichtshof der ICC und machte restliche Zahlungsansprüche über 434 414 US-Dollar geltend.
[1]B. Der Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens nach § 1032 II ZPO hat keinen Erfolg.
[2]I. Der Antrag ist zwar zulässig.
[3]I. Der Antrag kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts gestellt werden. Zum – maßgeblichen (vgl. Musielak-Voit, ZPO, 12. Aufl., § 1032 Rz. 10; Zöller-Geimer, ZPO, 31. Aufl., § 1032 Rz. 25) – Zeitpunkt der Antragstellung hatte sich das Schiedsgericht noch nicht gebildet. Unschädlich ist, dass sich die Parteien mittlerweile auf einen Schiedsrichter geeinigt haben, der inzwischen durch die ICC bestellt worden ist.
[4]I. Die Zuständigkeit des OLG folgt aus § 1062 I Nr. 2 ZPO ...
[5]II. Der Antrag hat aber in der Sache keinen Erfolg. Der Einwand der ASt., es fehle an einer wirksam vereinbarten Schiedsklausel, ist unbegründet.
[6]II. Eine Schiedsklausel enthält Art. 72 der ORGALIME AGB, der lautet:
[7]‚Alle sich in Verbindung mit oder aus dem Vertrag ergebenden Streitigkeiten werden nach der Vergleichs- und Schiedsgerichtsordnung der Internationalen Handelskammer von einem oder mehreren Schiedsrichter/n endgültig entschieden, der/die gemäß dieser Ordnung ernannt wird/werden.’
[8]II. Die ORGALIME AGB wurden als AGB wirksam in den Vertrag der Parteien einbezogen.
[9]a. Nach der Rspr. des BGH richtet sich die Einbeziehung von AGB in einen dem UN-Kaufrecht (CISG) unterliegenden Vertrag nach den für diesen geltenden Vertragsabschlussvorschriften. Ein Rückgriff auf das nach IPR berufene nationale Recht findet nicht statt (BGH, Urt. vom 31.10.2001 – VIII ZR 60/01 (IPRspr. 2001 Nr. 26b), NJW 2002, 370 juris Rz. 13). Das gilt auch vorliegend. Denn nach zutreffender Auffassung beider Parteien liegt ein Kaufvertrag über Waren vor (nach Auffassung der ASt. mehrere Kaufverträge), der zwischen Parteien geschlossen wurde, die ihre Niederlassungen in verschiedenen Vertragsstaaten des CISG haben, und der mithin UN-Kaufrecht unterliegt.
[10]b. Das CISG enthält keine besonderen Regeln für die Einbeziehung von AGB in einen Vertrag (vgl. BGH, Urt. vom 31.10.2001 aaO juris Rz. 14).
[11]1. Regelmäßig fehlt es an einer ausdrücklichen Einigung über die Geltung der AGB einer der Parteien.
[12]Dann ist zunächst im Wege der Auslegung gemäß Art. 8 CISG zu ermitteln, ob die AGB Bestandteil des Angebots sind. Gemäß Art. 8 II CISG sind Erklärungen – und damit auch ein Angebot – so auszulegen, wie eine vernünftige Person der gleichen Art wie die andere Partei sie aufgefasst hätte (BGH, Urt. vom 31.10.2001 aaO juris Rz. 14; Ostendorff-Kluth-Ostendorff/Sauthoff, Internationale Wirtschaftsverträge, 2013, § 17 Rz. 63). Damit die AGB des Anbietenden Teil des Angebots werden, muss für den Empfänger des Angebots erkennbar sein, dass der Anbietende seine AGB in den Vertrag einbeziehen will.
[13]Das setzt einen Hinweis des Anbietenden auf seine AGB voraus. Zusätzlich wird verlangt, dass der Empfänger des Angebots die Möglichkeit haben muss, von den AGB des Anbietenden in zumutbarer Weise Kenntnis zu nehmen (BGH, Urt. vom 31.10.2001 aaO juris Rz. 15; Ostendorff/Sauthoff aaO Rz. 64). Anders als im deutschen Recht reicht es aber nicht aus, dass der Empfänger sich aufgrund eines Hinweises des Verwenders selbst Kenntnis vom Inhalt der AGB verschaffen kann (etwa durch Bitte um Übersendung der AGB, vgl. Palandt-Grüneberg, BGB, 75. Aufl., § 305 Rz. 53). Vielmehr muss der Verwender grundsätzlich selbst für eine Kenntnis des Empfängers vom Inhalt der AGB sorgen (Ostendorff/Sauthoff aaO Rz. 67), weshalb der BGH fordert, dass er dem Empfänger ‚den Text übersendet oder anderweitig zugänglich macht’ (BGH, Urt. vom 31.10.2001 aaO juris Rz. 15; krit. u. Hinw. auf int. Rspr. Schlechtriem/Schmidt-Kessel, Kommentar zum einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl., Art. 8 CISG Rz. 53a; Ferrari-Saenger, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl., Art. 8 CISG Rz. 6; vgl. zum Meinungsstand auch OLG Naumburg, IHR 2013, 158 (IPRspr 2013-48) juris Rz. 41 f.).
[14]Ob und unter welchen Voraussetzungen es genügt, dass der Verwender die AGB auf seiner Homepage einsehbar bereithält oder dass sie weit verbreitet und/oder im Internet einfach aufzufinden sind (hier z.B. auf der Website der ORGALIME), ist bzgl. vieler Einzelfragen umstritten (vgl. Staudinger-Magnus, BGB, [2013], Art. 14 CISG Rz. 41a; MünchKomm-Gruber, 7. Aufl., Art. 14 CISG Rz. 30 ff.; Ostendorff/Sauthoff aaO).
[15]2. Diese Fragen können aber dann dahinstehen, wenn sich die Parteien – ausnahmsweise – ausdrücklich über die Geltung der AGB einer der Parteien geeinigt haben.
[16]Denn wenn der Empfänger bei Annahme des Angebots zu den AGB des Verwenders nicht – wie häufig – schweigt, sondern sie individuell und ausdrücklich billigt, werden diese entsprechend seinem geäußerten Willen Vertragsinhalt (Ostendorff/Sauthoff aaO Rz. 62; OLG Düsseldorf IHR 2005, 24 (IPRspr 2004-24) juris Rz. 21). Die oben diskutierte Frage nach der Auslegung des Angebots stellt sich dann regelmäßig nicht, und infolgedessen auch nicht die Frage nach der zumutbaren Möglichkeit der Kenntnisnahme vom Inhalt der AGB oder gar der Kenntnis des Empfängers (Schlechtriem/Schmidt-Kessel aaO Rz. 52; vgl. auch The International Sales Convention Advisory Council [CISG-AC], Opinion No. 13: Inclusion of Standard Terms under the CISG unter A. General 4: ‚Where the parties have expressly agreed to the incorporation of standard terms no problem arises, but quite often the incorporation of the standard terms takes place ... without any clear and express agreement on the incorporation’ [abrufbar unter www.cisgac.com]).
[17]c. Der Streitfall liegt entsprechend [also wie unter unter II. 2. b) bb) dargestellt].
[18]1. Die Annahmeerklärung der ASt. vom 10.7.2013, die von ihr unter eigenem Briefkopf selbst verfasst wurde und der sie das Angebot der AGg. vom 9.7.2013 beifügte, lautet in der von ihr selbst beigebrachten Übersetzung: ‚AGB des beigefügten Angebots und dieses Auftrags sind vereinbart durch ...’; danach folgt die Unterschrift ihres Mitarbeiters Sz. Die ASt. hat – entgegen ihrer im Schriftsatz vom 11.12.2015 geäußerten Auffassung – durch diesen Satz die Einbeziehung der ORGALIME AGB, auf deren Verwendung die AGg. in ihrem Angebot vom 9.7.2013 auf S. 12 deutlich hingewiesen hatte, individuell und ausdrücklich gebilligt. Folgerichtig hat die ASt. auch nicht auf eigene AGB Bezug genommen, so dass sich nicht die Frage kollidierender AGB stellt (vgl. Ostendorff/Sauthoff aaO Rz. 73 ff.).
[19]2. Für die drei diesem Vertrag nachfolgenden Bestellungen gilt nichts anderes, insbesondere dann, wenn es sich bei diesen um bloße Erweiterungen des Vertrags vom 9./10.7.2013 und insgesamt um ein einheitliches Geschäft handelt. Dafür könnte sprechen, dass bei allen Bestellungen auf den Vertrag vom 9./10.7.2013 verwiesen wird, zuletzt etwa in der ‚Änderung der Auftragsbestätigung Nr. 1133 00 429’ vom 9.10.2013, die auf den Vertrag vom 9./10.7.2013 und die entspr. Auftragsbestätigung Nr. 1133 00 429 vom 25.7.2013 Bezug nimmt und einen Gesamtpreis, nicht vier Einzelpreise und -bestellungen aufweist. Sähe man die drei nachfolgenden Bestellungen als eigenständige Verträge an, würde dennoch nichts anderes gelten. Bei einer dieser Bestellungen (’Änderungsauftrag Nr. 1’ vom 2.9.2013) haben die Parteien schriftlich ausdrücklich vereinbart, dass die AGB des ersten Vertrags vom 9./10.7.2013 unverändert bestehen bleiben sollen. Bei den übrigen beiden Bestellungen hat die AGg. jeweils auf die Geltung der ORGALIME AGB hingewiesen und gibt es keinen Anhalt für eine andere Auslegung der Erklärungen der ASt. als die, dass sie auch hier die von ihr bereits gebilligten AGB der AGg. weiterhin billigt.
[20]II. Die durch Einbeziehung der ORGALIME AGB vereinbarte Schiedsklausel ist auch nicht wegen eines Formmangels unwirksam.
[21]a. Die Form von Schiedsvereinbarungen beurteilt sich in erster Linie nicht nach dem CISG, sondern nach internationalem Einheitsrecht, nämlich im Geltungsbereich des Übereinkommens vom 10.6.1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ) nach dessen Art. II Abs. 2. Dieser verlangt für die Schiedsvereinbarung die Schriftform, lässt aber auch den Austausch schriftlicher Erklärungen ausreichen (vgl. Musielak-Voit aaO § 1031 Rz. 18; Staudinger-Magnus [2014] aaO Rz. 41c).
[22]Im Streitfall haben die Parteien durch das von der AGg. unterschriebene Angebot vom 9.7.2013, die von der ASt. unterschriebene Annahme vom 10.7.2013 und die von der AGg. unterschriebene Auftragsbestätigung vom 25.7.2013 schriftliche Erklärungen ausgetauscht. Dass die Schriftstücke eingescannt und per Mail übermittelt wurden, ist ausreichend (vgl. Staudinger-Hausmann aaO [2011], Internationale Zuständigkeit für Vertragsklagen, Gerichtsstands- und Schiedsvereinbarungen, Rz. 368).
[23]b. Ist die Schiedsklausel – wie hier – in einer AGB enthalten, so fordert Art. II Abs. 2 UNÜ nicht etwa, dass die AGB in den schriftlichen Vertrag integriert werden. Grundsätzlich reicht entweder ein ausdrücklicher Hinweis auf die Schiedsklausel (sog. specific reference) oder eine allgemeine Bezugnahme des Verwenders auf seine AGB (sog. general reference) dann, wenn der Empfänger vor Vertragsschluss in der Lage war, von deren Inhalt – und damit auch von der Schiedsklausel – Kenntnis zu nehmen (Staudinger-Hausmann aaO Rz. 370 ff.). Dabei stellen sich vergleichbare Fragen wie oben unter 2. b) aa).
[24]Diese können aber wie oben dahinstehen, wenn sich der Empfänger ausdrücklich mit der Geltung der in Bezug genommenen AGB einverstanden erklärt hat (Reithmann-Martiny-Hausmann, Internationales Vertragsrecht, 8. Aufl., Rz. 8.314, Zöller-Geimer aaO § 1031 Rz. 9, 24; OLG Schleswig, IHR 2001, 125 (IPRspr. 2000 Nr. 185) juris Rz. 36). Das ist hier der Fall.
[25]c. Offen bleiben kann auch, ob Art. VII UNÜ die Anwendung eines günstigeren Landesrechts gestatten würde und ob etwa die Voraussetzungen von § 1031 ZPO ebenfalls erfüllt wären (vgl. BGH, Beschl. vom 21.9.2005 – III ZB 18/05 (IPRspr 2005-187), NJW 2005, 3499 juris Rz. 12; Urt. vom 8.6.2010 – XI ZR 41/09 (IPRspr 2010-210b), NZG 2010, 1351, juris Rz. 24).