Die Anerkennungsfähigkeit einer ugandischen Adoptionsentscheidung richtet sich nach §§ 108, 109 FamFG.
Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts zählt im Fall der Minderjährigenadoption neben den Anhörungs- und Zustimmungsrechten des Kindes sowie seiner leiblichen Eltern die Ausrichtung der Entscheidung am Kindeswohl. Die Kindeswohlprüfung muss die Fragen nach einem Adoptionsbedürfnis, nach der Elterneignung der Annehmenden und nach dem Bestehen oder dem erwarteten Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung umfassen. Ein Verstoß gegen den ordre public liegt vor, wenn in der ausländischen Entscheidung bei der Kindeswohlprüfung der künftige Aufenthalt des Kindes im Ausland nicht berücksichtigt worden ist. [LS der Redaktion]
Die ASt., N., ist verheiratet. Sie und ihr Ehemann, E. B., besitzen die ugandische Staatsangehörigkeit. E. B. floh 2009 aus politischen Gründen aus Uganda. Er wurde 2010 in Deutschland als Asylberechtigter anerkannt. In der Folgezeit holte er im Rahmen der Familienzusammenführung seine Frau nach Deutschland. Vor der Übersiedlung nach Deutschland führte die ASt. in Uganda ein Adoptionsverfahren durch. Da im Verfahren zur Familienzusammenführung beim Ausländeramt in Nürnberg die Adoption nicht anerkannt worden ist, haben die ASt. und ihr Ehemann beantragt, die Adoption durch sie beide in Deutschland gerichtlich anzuerkennen.
Die ASt. trägt vor, das Kind M. sei 1998 in Uganda geboren. Die Mutter des Mädchens, eine Cousine, sei kurze Zeit nach der Geburt verstorben. Der leibliche Vater sei unbekannt. M. sei daher nach dem Tod ihrer Mutter zunächst bei der Großmutter aufgewachsen. Nach deren Tod hätten sie und ihr Ehemann die inzwischen Siebenjährige zu sich genommen. Da in Uganda eine Adoption nicht erforderlich sei, wenn Verwandte für eine Waise sorgten, habe man erst 2010, als auch sie Uganda habe verlassen wollen, in Uganda ein Adoptionsverfahren eingeleitet. Die Adoption sei dort durch Entscheidung des Chief Magistrates Court vom 19.11.2010 ausgesprochen worden.
Das AG wies den Antrag der ASt. und ihres Ehemannes auf Anerkennung der Adoptionsentscheidung zurück. Gegen diese Entscheidung hat die ASt. Beschwerde eingelegt.
[1]II. Auf das vorliegende Verfahren ist das AdWirkG anzuwenden, da Gegenstand des Verfahrens die Anerkennung einer auf einer ausländischen Entscheidung beruhenden Annahme als Kind ist.
[2]Gemäß §§ 5 IV 2; III 1 AdWirkG, 58 ff. FamFG ist gegen erstinstanzliche Entscheidung über die Ablehnung der Anerkennung einer ausländischen Adoptionsentscheidung das Rechtsmittel der Beschwerde gegeben. Die von der ASt. gegen die Entscheidung des AG vom 30.4.2015 eingelegte Beschwerde ist somit statthaft. Sie ist auch im Übrigen zulässig ...
[3]Das Kind, das Beteiligter des Anerkennungsverfahrens ist (§§ 5 III 1 AdWirkG, 7 II FamFG), ist durch die ASt. im Anerkennungsverfahren hinreichend vertreten (OLG Düsseldorf, FamRZ 2012, 1229 (IPRspr 2011-140); Weitzel, AdWirkG, 2. Aufl., § 5 Rz. 5). Die Adoption von M. ist, wie der von der ASt. vorgelegten Kopie der Urkunde vom 5.7.2015 entnommen werden kann, in Uganda wirksam. Das Rechtsverhältnis zwischen einem Kind und seinen Eltern unterliegt dem Recht des Staats, in dem das Kind seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat (Art. 21 EGBGB), im vorliegenden Fall also dem ugandischem Recht. Gemäß s. 51 des ugandischen Children Act hat der Annehmende die gleichen Rechte und Pflichten wie sie aus der ehelichen Abstammung erwachsen. Demzufolge vertritt N. als Annehmende M.
[4]Die Bestellung eines Verfahrensbeistands für das Kind kommt nicht in Betracht bzw. ist nicht erforderlich. § 5 III 1 AdWirkG unterstellt das Anerkennungsverfahren dem FamFG. Nach diesem Gesetz kommt die Bestellung eines Verfahrensbeistands in Kindschaftssachen (§ 158 FamFG), Abstammungssachen (§ 174 FamFG), Unterhaltssachen (§ 234 FamFG) und Adoptionssachen (§ 191 FamFG) in Betracht. Da das vorliegende Verfahren keine Kindschaftssache, keine Unterhaltssache und keine Abstammungssache ist und nach Ansicht des Senats mangels Nennung in § 186 FamFG auch nicht zu den Adoptionssachen zählt und § 5 III 2 AdWirkG nur § 159 FamFG und § 160 FamFG für anwendbar erklärt, nicht aber § 158 FamFG, fehlt es bereits an einer Rechtsgrundlage für die Bestellung eines Verfahrensbeistands. Darüber hinaus liegen jedoch auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass das Kind im vorliegenden Fall nicht hinreichend durch die ASt. vertreten ist und es zur Wahrnehmung ihrer Interessen erforderlich ist, einen Verfahrensbeistand zu bestellen (§ 158 FamFG).
[5]III. 1. In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg, da die erstinstanzliche Entscheidung zumindest im Ergebnis nicht zu beanstanden ist.
[6]Dabei kann dahingestellt bleiben, ob es sich bei der Entscheidung des Chief Magistrates Court of ... vom 19.11.2010 um eine Adoption oder nur um die Genehmigung, eine Adoption durchführen zu dürfen, handelt; denn auch dann, wenn man von einer Adoptionsentscheidung ausgeht, kommt eine Anerkennung nicht in Betracht.
[7]Wie die BZAA dargelegt hat, richtet sich die Anerkennungsfähigkeit der Entscheidung des Chief Magistrates Court of ... vom 19.11.2010 nicht nach dem AdoptÜ, da Uganda kein Vertragsstaat des AdoptÜ ist, sondern nach §§ 108, 109 FamFG.
[8]Die Entscheidung vom 19.11.2010 kann nicht gemäß §§ 108, 109 FamFG anerkannt werden, da dieser das Anerkennungshindernis des § 109 I Nr. 4 FamFG entgegensteht. Nach dieser Vorschrift ist eine Anerkennung ausgeschlossen, wenn sie zu einem Ergebnis führen würde, das mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts (ordre public) offensichtlich unvereinbar ist. Zu den wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts zählt im Fall der Minderjährigenadoption neben den Anhörungs- und Zustimmungsrechten des Kindes sowie seiner leiblichen Eltern die Ausrichtung der Entscheidung am Kindeswohl (Prütting/Helms-Hau, FamFG, 3. Aufl., § 109 Rz. 64 ff.). Die Kindeswohlprüfung muss die Fragen nach einem Adoptionsbedürfnis, nach der Elterneignung der Annehmenden und nach dem Bestehen oder dem erwarteten Entstehen einer Eltern-Kind-Beziehung umfassen (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2013, 714 (IPRspr 2012-144) und 2011,522; OLG Celle, FamRZ 2012,1226 (IPRspr. 2011 Nr. 128)). Ein Verstoß gegen den ordre public liegt vor, wenn in der ausländischen Entscheidung eine Kindeswohlprüfung gänzlich unterlassen worden ist. Dies scheint hier nicht der Fall zu sein; denn in der Entscheidung ist festgehalten, dass das Gericht unter Berücksichtigung der Untersuchung durch den Senior Probation/Welfare Officer N. zu dem Ergebnis gekommen ist, dass es dem Wohl des Kindes entspricht, wenn es von der ASt. adoptiert wird. Die ASt. trägt jedoch vor, dass sie eine Adoption zu einem früheren Zeitpunkt nicht durchgeführt habe, weil dies in Uganda bei der Betreuung einer Waise durch Verwandte nicht erforderlich sei. Grund für die Adoption im Jahr 2010 war somit, dass das Kind mit der ASt. und deren leiblichen Kindern nach Deutschland zum Ehemann der ASt. umsiedeln sollte. Der künftige Aufenthalt des Kindes sollte also nicht in Uganda, sondern in Deutschland sein. In einem solchen Fall setzt eine hinreichende Prüfung des Kindeswohls voraus, dass dem Adoptionsgericht dieser Umstand bewusst ist und es sich damit auseinandersetzt, damit es das Adoptionsbedürfnis und die Elterneignung sachgerecht prüfen kann (OLG Nürnberg, Beschl. vom 28.12.2014 – 7 UF 1084/14 (IPRspr 2014-115b); OLG Düsseldorf, FamRZ 2013 aaO). Eine solche Prüfung ist der Adoptionsentscheidung vom 19.11.2010 nicht zu entnehmen. In der Entscheidung ist nicht erwähnt, dass das Kind zukünftig in Deutschland leben soll. Eine Auseinandersetzung mit diesem Aspekt der Kindeswohlprüfung ist somit durch das Gericht nicht erfolgt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem übrigen Akteninhalt, insbes. auch nicht aus den Prüfberichten, die die deutsche Botschaft vorgelegt hat. Dies stellt einen gravierenden Mangel dar, so dass von einem Verstoß gegen den deutschen ordre public auszugehen ist. Da Sinn des Anerkennungsverfahrens nicht ist, das Adoptionsverfahren nachzuholen, kann dieser Verstoß auch nicht mehr im Anerkennungsverfahren behoben werden (OLG Nürnberg aaO; OLG Düsseldorf FamRZ 2013 aaO).
[9]Der Beschwerde der ASt. kann, somit nicht stattgegeben werden.