Eine ausländische (hier: kosovarische) Adoptionsentscheidung ist wegen Verstoßes gegen den ordre public gemäß § 109 I Nr. 4 FamFG nicht anzuerkennen, wenn die notwendige Überprüfung der Antragsteller durch eine Fachstelle an deren Lebensmittelpunkt bezüglich ihrer Elterneignung nicht erfolgt.
Eine durch das die Adoption aussprechende Gericht nicht erfolgte oder aber völlig unzureichende Abwägung der Belange des Kindes kann auch nicht durch eine neue von dem mit der Anerkennung betrauten Gericht vorzunehmende Abwägung ersetzt werden. [LS der Redaktion]
Die ASt. sind kosovarische Staatsangehörige; sie sind miteinander verheiratet und leben seit mehreren Jahren in Deutschland. Ihre Heimat Kosovo besuchen sie nur noch im Urlaub. Die ASt. haben beim AG beantragt, die Adoptionsentscheidung des kosovarischen Amtsgerichts, wonach die Adoption des 1995 in ... Kosovo geborenen ... durch die ASt. ausgesprochen wurde, nach dem AdWirkG in Deutschland anzuerkennen.
Das AG hat nach Anhörung der ASt. den Antrag der ASt. auf Anerkennung der kosovarischen Adoptionsentscheidung abgelehnt. Gegen diesen Beschluss haben beide ASt. „Widerspruch“ eingelegt, den sie trotz Aufforderung des Senats vom 31.3.2011 nicht begründet haben.
[1]II. Die am 9.2.2011 beim AG form- und fristgerecht gemäß § 5 IV 2 AdwirkG eingelegten Beschwerden sind ohne Erfolg.
[2]Zu Recht hat das AG den Antrag nach §§ 2, 5 AdwirkG auf Anerkennung der durch das kosovarische Amtsgericht vom 4.5.2009 ausgesprochenen Adoption zurückgewiesen.
[3]Dabei hat das AG zutreffend darauf hingewiesen, dass letztlich die Frage, ob der Beschluss des kosovarischen Amtsgerichts überhaupt eine wirksame Adoptionsentscheidung gemäß § 1 AdwirkG nach kosovarischem Recht darstellt, dahinstehen kann. Insoweit verweist das BfJ in seinem Bericht vom 9.8.2010 darauf, dass nach Reformierung des kosovarischen Adoptionsrechts die Rechtslage durch die kosovarischen Fachministerien nicht hinlänglich geklärt werden konnte: welches Organ in der Republik Kosovo für die Entscheidung über eine Adoption zuständig ist, welches Sachrecht anzuwenden ist und in welcher Konstellation im Ergebnis von einer rechtswirksamen Entscheidung ausgegangen werden kann.
[4]Die Adoptionsentscheidung des kosovarischen Amtsgerichts ist aber auch aus materiell-rechtlichen Gesichtspunkten gemäß § 109 I Nr. 4 FamFG nicht anerkennungsfähig, da sie mit wesentlichen Grundsätzen des deutschen Rechts offensichtlich unvereinbar ist. Eine dem deutschen ordre public genügende Kindeswohlprüfung im Herkunftsstaat setzt voraus, dass der Adoptionsentscheidung eine fachliche Begutachtung der Adoptionsbewerber vorausgegangen ist, die deren Lebensumstände annähernd vollständig erfassen muss und deshalb in der Regel nur durch eine ausländische Fachstelle geleistet werden kann (BT-Drucks. 14/6011 S. 29) Insoweit weist das BfJ darauf hin, dass eine hinreichende und umfassende Eignungsprüfung sich nicht nur auf äußerliche Aspekte wie finanzielle Sicherheit, Unbestraftheit und Gesundheit beschränken, sondern auch die Erziehungsfähigkeit, Integrationswilligkeit und -fähigkeit, Fördermöglichkeit, das soziale Umfeld und andere Aspekte des persönlichen Verhältnisses zum nichteigenen Kind umfassen muss.
[5]Die damit notwendige Überprüfung der ASt. bezüglich ihrer Elterneignung durch eine Fachstelle an deren Lebensmittelpunkt, der nach deren Angaben anlässlich ihrer Anhörung vor dem kosovarischen Amtsgericht eben nicht, wie sich dies der Adoptionsentscheidung des Amtsgerichts entnehmen lässt, nur vorübergehend, sondern dauerhaft in der Bundesrepublik Deutschland ist, ist nicht erfolgt. Damit aber konnte, worauf das AG in der angefochtenen Entscheidung zutreffend hinweist, das kosovarische Amtsgericht in seiner Entscheidung nicht dem entscheidenden Aspekt der Kindeswohlprüfung Rechnung tragen, inwieweit die ASt. und deren Verhältnisse vor Ort es zulassen, dass eine Integration des Kindes gelingen kann. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass mit einer Adoption die Übersiedlung des Kindes in ein anderes Land verbunden wäre, welches bereits 14 Jahre alt, schulpflichtig und der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Damit wird den ASt. ein hohes Maß an Fürsorge und Integrationsfähigkeit abverlangt.
[6]Allein aus dem Umstand, dass diese im Heimatland ... [zum Kind] ein liebevolles Verhältnis aufgebaut haben, kann nicht zwangsläufig gefolgert werden, dass sie auch in der Lage wären, ihn in ihrem sozialen Umfeld in der Bundesrepublik Deutschland zu integrieren. Aus diesem Grund rechtfertigt auch der befürwortende Bericht der Fachkräfte des kosovarischen Zentrums für Sozialarbeit in ... die Annahme einer ausreichenden Eignungsprüfung der ASt. nicht, da nicht erkennbar ist, ob sich diese auch damit befasst ha[ben], welche Bedeutung der Wechsel des Kindes in ein fremdes Land, fernab von Eltern und Geschwistern für ... hat, welche Aufgaben auf die ASt. zukommen und ob sie diesen gewachsen sind.
[7]Eine durch das die Adoption aussprechende Gericht nicht erfolgte oder aber völlig unzureichende Abwägung der Belange des Kindes kann auch nicht durch eine neue von dem mit der Anerkennung betrauten Gericht vorzunehmende Abwägung ersetzt werden. Die erstmalige Durchführung einer vollständigen Kindeswohlprüfung entspricht nicht Sinn und Zweck des Anerkennungsverfahrens, das eine vereinfachte Anerkennung ausländischer Entscheidungen ermöglichen soll (vgl. BT-Drucks. aaO S. 32). Maßgebend ist allein, ob diese Entscheidung zur Zeit der Anerkennung mit den unverzichtbaren verfahrensrechtlichen und materiellen Bestimmungen deutschen Rechts vereinbar ist. Insbesondere gibt deshalb das Anerkennungsverfahren keine Veranlassung, dass das zur Entscheidung über die Anerkennung berufene Gericht eine am ordre public orientierte eigene Adoptionsprüfung an die Stelle der ordre-public-widrigen ausländischen Entscheidung setzt (OLG Düsseldorf, FamRZ 2009, 1078 (IPRspr 2008-211), vgl. auch OLG Frankfurt/Main FamRZ 2009, 1605 (IPRspr 2009-107)).
[8]Unabhängig hiervon scheitert eine nachträgliche Kindeswohlprüfung bereits daran, dass im Beschwerdeverfahren zur Elterneignung nichts vorgetragen wurde, da die Beschwerde unbegründet geblieben ist.