Im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit entsprechend § 32 ZPO genügt es, dass der Kläger die nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht deliktischen Ansprüche schlüssig behauptet. Ihr tatsächliches Vorliegen wird erst im Zusammenhang mit der Begründetheit der klägerischen Ansprüche geprüft.
Zur Anwendbarkeit des Gesetzes über den Vertrieb ausländischer Investmentanteile und über die Besteuerung der Erträge aus ausländischen Investmentanteilen (Auslandsinvestment-Gesetz – AuslInvestG) vom 28.7.1969 (BGBl. I 986) auf den Erwerb von Aktien einer nicht börsennotierten Gesellschaft türkischen Rechts.
[Parallelentscheidungen sind am selben Tag unter den Az. VI ZR 83/09 und VI ZR 90/09, am 20.7.2010 unter dem Az. VI ZR 200/09 und am 27.7.2010 unter den Az. VI ZR 217/09 und VI ZR 347/08 ergangen; vgl. außerdem das BGH-Urteil vom 23.3.2010 – VI ZR 57/09.] (IPRspr 2010-48b)
Die Kl. machen gegen die Bekl., eine AG nach türk. Recht, Schadensersatzansprüche aus dem Erwerb von Anteilen der Bekl. geltend. Die Bekl. ist eine nicht börsennotierte AG mit Sitz in K./Türkei. Sie hielt Ende 1998 Anteile dreier einer GmbH deutschen Rechts vergleichbarer Gesellschaften sowie Aktien von 21 in der Türkei ansässigen Gesellschaften, von denen 14 im Mehrheitsbesitz der Bekl. standen. Die Bekl. verfügte nicht über die Erlaubnis nach dem KWG. Eine Anzeige nach dem bis zum 31.12.2003 gültigen AuslInvestG hatte sie ebenfalls nicht erstattet. Die Kl., die ihr Vermögen islamischen Glaubensgrundsätzen entspr. weder in verzinslichen noch in spekulativen Wertpapieren anlegen wollten, erwarben 1999 über einen Vermittler nicht börsennotierte Anteilsscheine der Bekl. Der Erwerb wurde über Y. A. abgewickelt. Einige Zeit später wurde den Kl. ein Teilhaberschaftssituationsbericht vom 28.3.2000 über 780 Anteile an der Bekl. übermittelt. Mit der Klageschrift vom 4.12.2006 kündigten die Kl. den Vertrag, hilfsweise fochten sie den Vertragsschluss wegen arglistiger Täuschung an.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Kl. ist erfolglos geblieben. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgen die Kl. ihr Klagebegehren weiter.
[1]II. Die Revision ist unbegründet.
[2]1. Allerdings ist die Klage zulässig.
[3]a) Die Revision moniert mit Recht, dass das Berufungsgericht die Sachprüfung in den Zuständigkeitsstreit verlagert hat. Von der Klagepartei behauptete doppelrelevante Tatsachen werden im Rahmen der Zuständigkeitsprüfung als gegeben unterstellt. Ob sie tatsächlich gegeben sind, ist eine Frage der Begründetheit (sog. doppelrelevante Tatsachen; Senat, Urt. vom 6.11.2007 – VI ZR 34/07, VersR 2008, 1129, 1130 (IPRspr 2007-153); BGHZ 124, 237, 240 f. (IPRspr. 1993 Nr. 180); 132, 105, 110 (IPRspr. 1996 Nr. 142)). Im Rahmen der Prüfung der internationalen Zuständigkeit entsprechend § 32 ZPO genügt es, dass der Kläger die nach dem insoweit maßgeblichen deutschen Recht deliktischen Ansprüche aus §§ 823, 826, 831 BGB schlüssig behauptet. Die ihnen zugrunde liegenden Tatsachen sind nämlich sowohl im Rahmen der Zulässigkeit als auch für die Begründetheit der Klage notwendigerweise erheblich. Ihr tatsächliches Vorliegen wird erst im Zusammenhang mit der Begründetheit der klägerischen Ansprüche geprüft (sog. doppelrelevante Tatsachen; Senat, Urt. vom 6.11.2007 aaO; BGHZ 124 aaO; 132 aaO). Es müssen daher (nur) konkrete Tatsachen vorgetragen werden, die – ihre Richtigkeit unterstellt – bei zutreffender rechtlicher Würdigung alle Tatbestandsmerkmale der Deliktsnorm erfüllen (BGHZ 124 aaO 241; RGZ 95, 268, 271; Ost, Doppelrelevante Tatsachen im internationalen Zivilverfahrensrecht, 2002, 23 f.).
[4]Ausgehend hiervon genügt der klägerische Vortrag den Schlüssigkeitsanforderungen. Ein Verstoß gegen das AuslInvestG ist schlüssig dargetan. Unterstellt man die streitige Behauptung der Kl., die Bekl. habe nach ihrem Geschäftszweck die eingesammelten Gelder in erster Linie kapitalwertsichernd anlegen wollen, als richtig, liegt ein Verstoß gegen die Regelungen in §§ 8, 2 AuslInvestG vor. Dass sich diese Behauptung nach einer Würdigung aller Umstände als unrichtig erweist, hindert die Zuständigkeit nicht.
[5]b) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ist auch unter der Geltung des § 545 II ZPO in der Revisionsinstanz von Amts wegen zu prüfen (vgl. Senat, Urt. vom 2.3.2010 – VI ZR 23/09, WRP 2010, 653, 654 (IPRspr 2010-213); BGHZ 153, 82, 84 ff. (IPRspr. 2002 Nr. 157); BGH, Urt. vom 20.11.2008 – I ZR 70/06, TranspR 2009, 26 Tz. 17 = VersR 2009, 807 m.w.N.; vom 22.10.2009 – I ZR 88/07, TranspR 2009, 479 (IPRspr 2009-43)), denn die Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit (§§ 12 ff. ZPO) regeln mittelbar auch die Grenzziehung zwischen der Zuständigkeit deutscher und ausländischer Gerichte (vgl. Senat, Urteile vom 3.5.1977 – VI ZR 24/75, NJW 1977, 1590 (IPRspr. 1977 Nr. 124) und vom 2.3.2010 aaO; BGH, Urt. vom 22.11.1994 – XI ZR 45/91 (IPRspr. 1994 Nr. 145), NJW 1995, 1225, 1226 jeweils m.w.N.). Zur Begründung des Gerichtsstands gemäß § 32 ZPO reicht die schlüssige Behauptung von Tatsachen aus, auf deren Grundlage sich ein deliktischer Anspruch ergeben kann (Senat, Urt. vom 2.3.2010 aaO; BGHZ 132 aaO; Thomas-Putzo-Hüßtege, ZPO, 30. Aufl., § 32 Rz. 8; Zöller-Vollkommer, ZPO, 28. Aufl. § 32 Rz. 19 m.w.N.). Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, in dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Begehungsort der deliktischen Handlung kann sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort sein, sodass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen oder dort, wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen worden ist (vgl. BGHZ 132 aaO) ...
[6]2. ... b) ...
[7]cc) Erfolglos rügt die Revision, das Berufungsgericht habe die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast der Kl. überspannt. Dass das Vermögen der Bekl. nach dem Grundsatz der Risikomischung angelegt ist, haben die Kl. nach allgemeinen Beweisgrundsätzen als anspruchsbegründende Voraussetzung darzulegen und zu beweisen. Dies gilt auch für den Nachweis, dass der objektive Geschäftszweck primär auf Kapitalwertsicherung gerichtet ist. Erleichterungen kämen nur dann in Betracht, wenn den Kl. substanziierter Vortrag nicht möglich oder nicht zumutbar wäre, während die Bekl. Kenntnis von den maßgeblichen Tatsachen hätte und es ihr zumutbar wäre, nähere Angaben zu machen. Dies ist anzunehmen, wenn das Unwissen der darlegungspflichtigen Partei darauf beruht, dass sie außerhalb des von ihr vorzutragenden Geschehensablaufs steht (Senat, Urt. vom 24.11.1998 – VI ZR 388/97, VersR 1999, 774, 775; Urt. vom 9.12.2008 – VI ZR 173/07, VersR 2009, 408, 409; BGHZ 140, 156, 158). Im Streitfall käme eine sekundäre Darlegungslast der Bekl. mithin erst in Betracht, wenn auch nach Auswertung der Satzung und anderer öffentlich oder den Kl. zugänglicher Quellen, wie auch zum Beispiel den Berichten der AG, Lücken im vorzutragenden Geschehensablauf verblieben. Dies ist hier nicht der Fall. Die Kl. stellen die Beteiligungen der Bekl. und die Ausübung der damit verbundenen Stimmrechte nicht in Frage. Unter Zugrundelegung des Vortrags der Kl. und der Satzung teilt der erkennende Senat die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine den Kapitalwert sichernde, risikogemischte Anlage im Sinne des AuslInvestG nicht gegeben ist. Die Kl. können sich somit nicht auf den Schutz des AuslInvestG berufen.
[8]c) Die Revision wendet sich nicht dagegen, dass das Berufungsgericht Schadensersatzansprüche der Kl. nach § 823 II BGB i.V.m. § 263 StGB und § 826 BGB verneint hat. Dagegen ist auch von Rechts wegen nichts zu erinnern.