Bei der Anmeldung der Zweigniederlassung einer ausländischen (hier: \linebreak englischen) Gesellschaft ist der Unternehmensgegenstand der Zweigniederlassung, nicht der Gegenstand der Hauptniederlassung in das deutsche Handelsregister einzutragen.
Auf eine wirksam nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft gegründeten Gesellschaft ist § 3 I Nr. 2 GmbHG nicht anwendbar, so dass der Unternehmensgegenstand in der Satzung nicht so konkret angegeben sein muss, dass der Schwerpunkt der Tätigkeit erkennbar ist.
Die betroffene Gesellschaft wurde im April 2004 als Private Company Limited by Shares englischen Rechts mit Sitz in B. gegründet. Sie ist seit dem 8.4.2004 im Handelsregister (Companies House of C.) eingetragen. Geschäftsführer der Gesellschaft ist der Beteiligte zu 2). Die statuarischen Bestimmungen der Gesellschaft (Memorandum of Association) sehen in Nr. 3 als Unternehmensgegenstand vor:
„(A) Betreibung von Geschäften als gewerbliches Unternehmen.
(B) Betreibung jeglicher Geschäfte oder Handel, die nach Auffassung der Geschäftsführung durch die Ausführung für die Gesellschaft vorteilhaft sein können.“
Der Beteiligte zu 2) hat mit notariell beglaubigter Erklärung vom 30.4.2004 die Errichtung einer Zweigniederlassung der betroffenen Gesellschaft in T. mit der Maßgabe angemeldet, dass ein Buchverlag mit dem Spezialgebiet der Publikation von Radwanderführern sowie alle Tätigkeiten und Dienstleistungen einer Werbeagentur Geschäftsgegenstand der Zweigniederlassung sind. Er, der Beteiligte zu 2), sei von der Gesellschaft für die Geschäfte der Zweigniederlassung als ständiger Vertreter bestellt. Der Anmeldung beigefügt sind Urkunden über die Gründung und Registrierung der betroffenen Gesellschaft in englischer Sprache und deutscher Übersetzung.
Das Registergericht hat die Anmeldung durch Beschluss vom 24.9.2004 unter Bezugnahme auf die in einer vorangegangenen Zwischenverfügung gegebene Begründung zurückgewiesen. Die gegen diesen Beschluss gerichtete Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) hat das LG – Kammer für Handelssachen – durch Beschluss vom 17.2.2005 zurückgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) und 2) mit Erfolg. Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Sache an das AG zurückverwiesen.
[1]II. Die weiteren Beschwerden sind nach den §§ 27, 29 FGG statthaft sowie formgerecht eingelegt. Die Beschwerdebefugnis der Beteiligten folgt bereits daraus, dass das LG ihre Erstbeschwerden zurückgewiesen hat. In der Sache sind die Rechtsmittel begründet, weil die Entscheidung des LG auf einer Verletzung des Rechts beruht (§ 27 I 1 FGG). Die weiteren Beschwerden führen zur Zurückverweisung der Sache an das AG.
[2]In verfahrensrechtlicher Hinsicht ist das LG zutreffend von zulässigen Erstbeschwerden sowohl der betroffenen Gesellschaft als auch ihres Geschäftsführers ausgegangen. Die Beschwerdebefugnis (§ 20 I FGG) des Letzteren neben der der betroffenen Gesellschaft ist zu bejahen, weil im Hinblick auf die Errichtung der Zweigniederlassung eine von ihm persönlich gemäß §§ 78, 79 GmbHG zu erfüllende Anmeldepflicht in Betracht kommt (BayObLG, FGPrax 2000, 40; KG, FGPrax 2004, 45, 46 (IPRspr. 2003 Nr. 215); Senatsbeschluss vom 16.5.2000 – 15 W 130/00).
[3]In der Sache hat das LG seine Entscheidung in Übereinstimmung mit einer früheren veröffentlichten Entscheidung (Rpfleger 2004, 708 = GmbHR 2005, 99) (IPRspr 2004-228) dahin begründet, der nach § 13e II 3 HGB anzumeldende Unternehmensgegenstand müsse dem Begriff der Zweigniederlassung entsprechen. Dieser erfordere, dass der Geschäftsgegenstand der Zweigniederlassung sachlich demjenigen der Hauptniederlassung gleichen, wenn auch nicht alle gleichartigen Geschäfte umfassen müsse. Diese Voraussetzung könne hier nicht festgestellt werden. Eine inhaltliche Übereinstimmung komme im Hinblick auf den umfangreichen Katalog der Unternehmensgegenstände allenfalls in Bezug auf die Abschnitte (A) und (B) der Beschreibung des Geschäftszwecks in der Satzung der betroffenen Gesellschaft in Betracht. Dabei handele es sich jedoch lediglich um allgemeine Beschreibungen, die als Bestimmung des Unternehmensgegenstands nicht ausreichend seien.
[4]Diese Begründung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Im Ausgangspunkt zutreffend hat das LG die Sondervorschrift des § 13e HGB betreffend die Anmeldung der Zweigniederlassung einer ausländischen Kapitalgesellschaft angewendet, die gemäß § 13g I HGB auch gilt, wenn es sich bei der ausländischen Gesellschaft – wie hier bei einer Private Limited Company englischen Rechts – um eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung handelt. Nach § 13e II 3 HGB muss die Anmeldung einer Zweigniederlassung einer solchen Gesellschaft den Gegenstand der Zweigniederlassung enthalten. Die §§ 13d ff. HGB dienen der Umsetzung der Elften Richtlinie des Rates 89/666 vom 21.12.1989 über die Offenlegung von Zweigniederlassungen, die in einem Mitgliedstaat von Gesellschaften bestimmter Rechtsformen errichtet wurden, die dem Recht eines anderen Staates unterliegen (ABl. Nr. 395/36). Nach ihrer 12. Begründungserwägung berührt die Elfte Richtlinie nicht die Informationspflichten, denen die Zweigniederlassungen aufgrund anderer Vorschriften unterliegen. Dementsprechend enthält Art. 2 I der Elften Richtlinie eine Auflistung der Angaben, die in dem Mitgliedstaat, in dem die Zweigniederlassung ansässig ist, offenzulegen sind; dazu gehört (lit. b) die ‚Tätigkeit’ der Zweigniederlassung. Die Möglichkeiten des nationalen Rechts, Verpflichtungen zur Offenlegung bestimmter Umstände der Zweigniederlassung zu begründen, sind in der genannten Richtlinie abschließend geregelt (EuGH, NZG 2003, 1064 ff.). Bereits der dargestellte Ausgangspunkt, dass die Anmeldung des Geschäftsgegenstands lediglich der Information der Organe des Nichtgründungsstaats über die Geschäftstätigkeit der Zweigniederlassung im Hinblick auf die Anwendung anderweitiger gesetzlicher Vorschriften dient (etwa betreffend eine erforderliche Genehmigung, die nach § 13e II 2 HGB mit der Anmeldung nachzuweisen ist), spricht maßgebend dafür, dass in diesem Zusammenhang ausschließlich auf die tatsächlichen Verhältnisse der Geschäftstätigkeit der Zweigniederlassung abzustellen ist (Wachter, GmbHR 2005, 99, 101).
[5]Der Ansatz des LG geht darüber weit hinaus, indem der Begriff der Zweigniederlassung als Anknüpfungspunkt für eine sachliche Prüfung [dessen] verwendet wird, ob die Geschäftstätigkeit der Zweigniederlassung von dem Unternehmensgegenstand der ausländischen Kapitalgesellschaft gedeckt ist. Für eine solche weitgehende Prüfung besteht kein gerechtfertigter Anlass. Die inländische registerrechtliche Prüfung hat keine Ordnungsfunktion im Hinblick darauf, ob eine hier tätige Zweigniederlassung den satzungsrechtlichen Rahmen des Unternehmensgegenstands der ausländischen Kapitalgesellschaft wahrt. Eine solche Prüfung würde das registerrechtliche Eintragungsverfahren mit hochkomplexen gesellschaftsrechtlichen Fragen belasten, die jedenfalls bei einer in einem EU-Mitgliedstaat errichteten Kapitalgesellschaft nach dem Gründungsstatut der jeweiligen Gesellschaft zu beantworten wären. Zu klären wäre unter Berücksichtigung der Rechtspraxis des jeweiligen ausländischen Staats, wie satzungsrechtliche Bestimmungen über den Unternehmensgegenstand des betreffenden Typs der Kapitalgesellschaft auszulegen sind und zu welchen rechtlichen Folgen eine Tätigkeit der Gesellschaft außerhalb ihres statutarischen Unternehmenszwecks führt.
[6]Deshalb entbehrt auch die Schlussfolgerung der Kammer, eine Übereinstimmung des Geschäftsgegenstands der Zweigniederlassung mit dem statutarischen Unternehmensgegenstand der betroffenen Gesellschaft lasse sich auch nicht im Hinblick auf die allgemein gehaltene Formulierung in den Abschnitten (A) und (B) der Satzung feststellen, weil solch lediglich allgemeinen Beschreibungen nicht ausreichend seien, einer hinreichenden Grundlage. Offenbar will die Kammer weniger die inhaltliche Übereinstimmung des Geschäftsgegenstands der Zweigniederlassung mit der sehr allgemein gehaltenen Beschreibung des Unternehmensgegenstands als solche als vielmehr die rechtliche Wirksamkeit der Satzungsbestimmung selbst in Zweifel ziehen. Dieser Begründung liegen unausgesprochen Vorstellungen zugrunde, die der Vorschrift des § 3 I Nr. 2 GmbHG entlehnt sind. Diese Vorschrift des deutschen Rechts erfordert in der Tat eine Individualisierung der Bezeichnung des Unternehmensgegenstands der GmbH, die den Tätigkeitsbereich der Gesellschaft in groben Zügen erkennen lassen und ihre Zuordnung zu einem Geschäftszweig als Sachbereich des Wirtschaftslebens bzw. eine entsprechende Einordnung im nichtwirtschaftlichen Bereich ermöglichen muss (vgl. etwa Baumbach-Hueck, GmbHG, 17. Aufl., § 3, Rz. 10). Die Wirksamkeit der Satzungsbestimmung ist hier jedoch nach englischem Recht als dem Gründungsstatut der betroffenen Gesellschaft zu beurteilen (siehe nachstehend). Zum Standpunkt des englischen Rechts in dieser Frage hätte das LG, wenn es seine Entscheidung auf diese Beurteilung stützen wollte, nähere Feststellungen treffen müssen (§ 12 FGG), die jedoch fehlen.
[7]Maßgebend kommt hinzu, dass die Beurteilung des LG, die Satzungsbestimmung der betroffenen Gesellschaft in den Abschnitten (A) und (B) seien in dem vorliegenden Zusammenhang nicht ‚ausreichend’, mit der jüngsten Rechtsprechung des EuGH nicht in Einklang steht. Denn die Kammer versagt der betroffenen Gesellschaft für den deutschen Rechtskreis (Errichtung einer Zweigniederlassung) die Anerkennung der Wirksamkeit einer Satzungsbestimmung, die auf dem Vorgang der Gesellschaftsgründung nach englischem Recht beruht und dort, wofür bereits die erfolgte Registrierung spricht, erkennbar nicht beanstandet wird (vgl. zur Wirksamkeit der Satzungsbestimmung nach englischem Recht auch Wachter 101). Nach der unter dem Stichwort ‚Überseering’ bekannt gewordenen Entscheidung des EuGH (NJW 2002, 3614) erfordert die Niederlassungsfreiheit (Art. 43 und 48 EG) eine Anwendung des nationalen Rechts, die die Rechts- und Parteifähigkeit einer Gesellschaft beachtet, die sie nach dem Recht ihres Gründungsstaats erworben hat. Insbesondere ist die der Sitztheorie folgende rechtliche Behandlung einer solchen Gesellschaft, die maßgeblich an ihren tatsächlichen Verwaltungssitz anknüpft, mit dem Europarecht nicht mehr vereinbar. Vielmehr unterliegt eine Gesellschaft, die unter dem Schutz der im EG garantierten Niederlassungsfreiheit steht, hinsichtlich ihrer Rechtsfähigkeit dem Recht des Staats, in dem sie gegründet wurde. Im Bereich der Niederlassungsfreiheit ist damit nunmehr von der Gründungstheorie auszugehen (BGH, NJW 2003, 1461) (IPRspr. 2003 Nr. 13). Damit ist auch die rechtliche Wirksamkeit einer einzelnen Satzungsbestimmung einer solchen Gesellschaft ausschließlich nach dem Recht ihres Gründungsstaats zu beurteilen. Mit dieser Entwicklung der obergerichtlichen Rechtsprechung ist es unvereinbar, aus dem Begriff der Zweigniederlassung des deutschen Rechts besondere Anforderungen an die Konkretisierung des Unternehmensgegenstands in der Satzungsbestimmung der ausländischen Gesellschaft abzuleiten, die ihrem Gründungsstatut fremd sind.