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Verfahrensgang

LG Kiel, Urt. vom 28.06.2023 – 4 O 62/22
OLG Schleswig, Urt. vom 20.03.2025 – 5 U 101/23, IPRspr 2025-90

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Besonderer Deliktsgerichtsstand
Zuständigkeit → Sonstige besondere Gerichtsstände

Leitsatz

Macht eine Person im Rahmen eines Scraping-Vorfalls Schadensersatz- und Unterlassungsansprüche gegen den Betreiber einer Social-Media-Plattform geltend, so ergibt sich der inländische Gerichtsstand aus Art. 79 Abs. 2 S. 2 DSGVO und Art. 7 EuGVVO, sofern die Person ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat oder der Erfolg im Inland eingetreten ist. [LS der Redaktion]

Rechtsnormen

AEUV Art. 288
BDSG § 44
DSGVO 2016/679 Art. 4; DSGVO 2016/679 Art. 79; DSGVO 2016/679 Art. 99
EuGVVO 1215/2012 Art. 7; EuGVVO 1215/2012 Art. 26; EuGVVO 1215/2012 Art. 63
ZPO § 32

Sachverhalt

Die Parteien streiten um Schadensersatz, Unterlassungs-​, Feststellungs- und Auskunftsansprüche aus einem Scraping-​Vorfall auf der Plattform der Beklagten, der im April 2021 bekannt wurde.

Aus den Entscheidungsgründen:

(Randnummern der IPRspr-Redaktion)

[1]II.

[2]Die zulässige Berufung des Klägers ist teilweise begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von € ...; auch der Feststellungsantrag zu 2. und die Unterlassungsanträge zu 3. sind zulässig und begründet.

[3]A)

[4]Das Landgericht ist zuständig gewesen.

[5]1.

[6]Es besteht eine internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte.

[7]aa)

[8]Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte folgt vorliegend im zeitlichen Anwendungsbereich der DSGVO nach Art. 99 Abs. 2 DSGVO ab dem 25. Mai 2018 aus Art. 79 Abs. 2 Satz 1 DSGVO in Verbindung mit Erwägungsgrund 22 DSGVO sowie aus Art. 79 Abs. 2 Satz 2 Hs. 1 DSGVO, jeweils als unmittelbar geltendes Recht (Art. 288 Abs. 2 AEUV), und § 44 Abs. 1 Satz 2 BDSG, da die Beklagte in Deutschland eine Niederlassung und die klägerische Partei als betroffene Person im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland hat (vgl. BGH, Urteil vom 27. Juli 2020 - VI ZR 405/18 (IPRspr 2020-346), Rn. 16 mwN; BGH Urteil vom 23. Mai 2023 - VI ZR 476/18, Rn. 27 mwN).

[9]bb)

[10]Soweit es darauf ankommen sollte, folgt die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vorliegend vor dem zeitlichen Anwendungsbereich der DSGVO ab dem 25. Mai 2018 aus Art. 7 Nr. 2, Art. 63 Abs. 1 lit a, lit. c und Abs. 2 EuGVVO, da die Beklagte ihren satzungsgemäßen Sitz, jedenfalls ihre Hauptniederlassung in Irland hat, das schädigende Ereignis aus unerlaubter Handlung auch in Deutschland eingetreten ist (vgl. im Verhältnis zu den USA über § 32 ZPO BGH, Urteil vom 27. Februar 2018 - VI ZR 489/16 (IPRspr 2018-274), Rn. 15 ff. mwN) und das vorgeworfene Verhalten auch nicht - Vorrang begründend - als Verstoß gegen die vertraglichen Verpflichtungen angesehen werden kann, wie sie sich anhand des Vertragsgegenstands ermitteln lassen (vgl. dazu EuGH Urteil vom 13. März 2014 - C-​548/12, Rn. 20 ff., insbesondere Rn. 24 f.; BGH, Urteil vom 24. Juni 2014 – VI ZR 315/13 (IPRspr 2014-211), Rn. 20).

[11]Jedenfalls greift Art. 26 Abs. 1 Satz 1 EuGVVO, da sich die Beklagte bereits erstinstanzlich, aber auch zweitinstanzlich - zudem Ziff. 4.4 der seit April 2018 geltenden Nutzungsbedingungen (Anlage B 19) entsprechend - rügelos eingelassen hat (vgl. BGH, Urteil vom 21. Juli 2023 - V ZR 112/22 (IPRspr 2023-321), Rn. 15; BGH, Urteil vom 5. Juli 2023 - IV ZR 375/21 (IPRspr 2023-320), Rn. 11; BGH, Urteil vom 15. Februar 2018 - I ZR 201/16 (IPRspr 2018-217), Rn. 20). ...

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