Es ist nicht mutwillig i.S.v. § 114 ZPO, wenn ein Ausländer vor einem nach Art. 3 Brüssel IIb-VO zuständigen Gericht ein Scheidungsverfahren betreibt, bei dem das Gericht aufwändig ausländisches Recht ermitteln muss.
Die Beteiligten haben am ... 2010 vor dem Standesamt in K. in Polen die Ehe geschlossen. Beide Beteiligte sind polnische Staatsangehörige. Aus der Ehe sind zwei im März 2009 und im September 2013 geborene Kinder hervorgegangen, die in Polen bei ihrer Mutter leben. Der letzte gemeinsame Aufenthaltsort der Ehegatten befand sich in Polen. Der Antragsteller lebt seit ca. 2012 dauerhaft in Deutschland.
Der Antragsteller begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für ein Ehescheidungsverfahren. Das Familiengericht hat mit der angefochtenen Entscheidung den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.
[1]II.
[2]Auf die zulässige sofortige Beschwerde des Antragstellers ist die angefochtene Entscheidung aufzuheben und das Verfahren an das Familiengericht zurückzuverweisen. Die begehrte Verfahrenskostenhilfe kann nicht mit der Erwägung, im vorliegenden Fall sei die beabsichtigte Rechtsverfolgung mutwillig, zurückgewiesen werden.
[3]Gem. Art. 3 a) v) Brüssel IIb-VO sind die Familiengerichte in Deutschland für die Ehescheidung zuständig, weil der Antragsteller sich seit mindestens einem Jahr vor der Antragstellung in Deutschland aufgehalten hat. Die Ehescheidung beurteilt sich gem. Art. 8 c) Rom III-VO nach polnischem Recht, weil beide Ehegatten die polnische Staatsangehörigkeit haben und diese im Jahr vor der Antragstellung keinen gemeinsamen gewöhnlichen Aufenthalt hatten.
[4]Der Senat ist mit dem OLG Karlsruhe (
[5]Der Justizgewährungsanspruch ist auch bei der Gestaltung der Verfahrenskostenhilfe, die der Situation einer unbemittelten Person weitgehend der Situation eines bemittelten bei der Verwirklichung des Rechtsschutzes angleichen soll (BVerfGE 67, 245, 248), zu beachten. Dabei kann die Gewährung von Verfahrenskostenhilfe davon abhängig gemacht werden, dass die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg hat und nicht mutwillig erscheint (BVerfG FamRZ 2010, 793). Der Begriff der Mutwilligkeit muss aber unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlich geschützten Justizgewährungsanspruchs bestimmt werden. Grundsätzlich bestehen keine Bedenken, den Antragsteller zu verpflichten, im Rahmen der Justizgewährung den kostengünstigsten oder einfachsten Weg zu wählen, wenn auf diese Weise das erstrebte Rechtsschutzziel gleichwertig erreicht werden kann (Zöller/Schultzky ZPO [...] § 114 Rn 47). Durch eine solche Verweisung wird die Justizgewährung als solche nicht beeinträchtigt. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Hier wird der Gesichtspunkt der Kostengünstigkeit dazu verwendet, den Antragsteller auf eine Prozessführung im Ausland zu verweisen. In diesem Fall wird nicht die Justizgewährung im Einzelfall gestaltet, sondern insgesamt verweigert.
[6]Soweit in Einzelfällen Prozesskostenhilfe abgelehnt worden ist, weil nach Auffassung des erkennenden Gerichts die Prozessführung im Ausland kostengünstiger oder unter erleichterten Bedingungen durchgeführt werden konnte (OLG Frankfurt FamRZ 1991, 94 (IPRspr. 1990 Nr. 189); OLG Celle NdsRpfl 1998, 90 (IPRspr. 1998 Nr. 203); OLG Hamm FamRZ [2001], 1533 (IPRspr. 2001 Nr. 124)), lassen sich diese Erwägungen nicht auf den vorliegenden Fall übertragen. Insoweit ist von Bedeutung, dass der Antragsteller seit über zehn Jahren seinen Wohnsitz in Deutschland hat. Der europäische Gesetzgeber hat in Art. 3 Brüssel IIB-VO mehrere Gerichtsstände zur Auswahl gestellt, die gleichrangig nebeneinanderstehen (Winter, Internationales Familienrecht bei Fällen mit Auslandsbezug, 2023, Rn 74). Von dem insoweit anwendbaren Recht kann aber im Rahmen des Justizgewährungsanspruchs nicht abhängig gemacht werden, ob Verfahrenskostenhilfe gewährt wird oder nicht. Es handelt sich nicht um Gesichtspunkte, die eine unterschiedliche Gewährung von Verfahrenskostenhilfe und damit eine Ungleichbehandlung von Antragstellern, die die übrigen Voraussetzungen der Verfahrenskostenhilfe erfüllen, rechtfertigen. Die Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte führt zu einer Verletzung von Art. 3 GG und dem dadurch geschützten Recht auf unterschiedslose und absolute gleichwertige Gewährung von Rechtsschutz. Zudem läge hier drin auch zu Lasten von EU-Bürgern ein Verstoß gegen das Diskriminierungsverbot des Art. 12 EG-Vertrag, der auch verdeckte, an Kriterien wie Wohnsitz und ähnliche anknüpfende Ungleichbehandlungen verbietet.
[7]Ergänzend kommt hinzu, dass das Familiengericht keine Feststellungen dazu getroffen hat, ob für den Antragsteller eine Rechtsverfolgung vor einem polnischen Gericht tatsächlich günstiger wäre und er mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln wirtschaftlich in der Lage wäre, von Deutschland aus das Verfahren in Polen zu betreiben.
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