Seit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gemäß Art. 50 EUV durch Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 ist eine britische Limited, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat, nach der sogenannten milden Form der Sitztheorie je nach tatsächlicher Ausgestaltung als GbR, OHG oder – bei nur einer Gesellschafterin – als einzelkaufmännisches Unternehmen zu behandeln und auch nur insoweit beteiligungsfähig. [LS von der Redaktion neu gefasst]
Bei der Klägerin handelt es sich um eine britische Gesellschaft, die ihren Verwaltungssitz in Deutschland hat. Alleiniger Gesellschafter ist Herr B.
Sie beantragte am 22. September 2017 sowie am 14. Dezember 2017 die Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Prostitutionsschutzgesetz (ProstSchG) zum Betreiben des Prostitutionsgewerbes. Mit Bescheid vom 29. Juni 2023 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Die Klägerin legte hiergegen Widerspruch ein. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2023 zurück. Am 29. Dezember 2023 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie beantragt im Wesentlichen, den Bescheid des Landkreises G. vom 29.06.2023 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.12.2023 aufzuheben und den beklagten Landkreis zu verpflichten, der Klägerin die Erlaubnis nach § 12 ProstSchG zum Betreiben des Prostitutionsgewerbes zu erteilen.
[1]Die Klage – über die aufgrund des Einverständnisses der Beteiligten die Berichterstatterin ohne mündliche Verhandlung gemäß § 87a Abs. 2, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet – hat keinen Erfolg.
[2]Die Klage ist bereits unzulässig, weil die Klägerin mangels Rechtsfähigkeit nach § 61 VwGO nicht beteiligungsfähig ist.
[3]Seit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gemäß Art. 50 EUV durch Ablauf der Übergangsfrist am 31. Dezember 2020 ist eine britische Limited, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat – wie die Klägerin –, nach der sogenannten milden Form der Sitztheorie je nach tatsächlicher Ausgestaltung als GbR, OHG oder – bei nur einer Gesellschafterin – als einzelkaufmännisches Unternehmen zu behandeln und auch nur insoweit beteiligungsfähig.
[4]Eine Fortgeltung der Gründungstheorie mit der Konsequenz der fortbestehenden Rechts- und Parteifähigkeit einer britischen Limited trotz tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland wie unter der Geltung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49, 54 AEUV folgt – entgegen der Auffassung der Klägerin – auch nicht aus dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vom 24. Dezember 2020 (ABl. L 444/2020 vom 31. Dezember 2020 [TCA]), weil es keine Vorschriften enthält, die ausdrücklich und unmittelbar die Niederlassungsfreiheit gewähren, sondern sich aus seinem Anhang SERVIN-1 Nr. 10 vielmehr ergibt, dass die Parteien des Abkommens die Niederlassungsfreiheit gerade nicht in Bezug nehmen oder vereinbaren wollten (vgl. BGH, Beschluss vom 15. Juni 2021 –
[5]Bei der Klägerin als Ein-Personen-Limited kam es im vorliegenden Fall nach der zuvor zitierten Rechtsprechung zur automatischen Rechtsnachfolge auf den einzigen Gesellschafter als Einzelunternehmen. Die Anerkennung als juristische Person hat die Klägerin dadurch verloren.
[6]Die insoweit mit der Klagebegründung beantragte hilfsweise „Berichtigung“ des Klagerubrums dahingehend, die Klägerin durch den alleinigen Gesellschafter der Klägerin, Herrn B., im Rubrum auszutauschen, ist nicht vorzunehmen. Ungeachtet dessen, dass eine lediglich hilfsweise beantragte Rubrumsberichtigung für den Fall, dass das Gericht der Ansicht der Beklagten folgt, bereits unzulässig sein dürfte, ist die Bezeichnung der Klägerseite aus Ihrer Sicht eindeutig und richtig erfolgt. Es handelt sich auch offensichtlich nicht um eine objektiv erkennbare Falschbezeichnung, da die Klägerseite selbst weiterhin davon ausgeht, dass die Klägerin die richtige Klägerin ist. Es lag insoweit auch kein Versehen hinsichtlich der Klägerbezeichnung vor, denn ansonsten hätte sie die Rubrumsberichtigung schon nicht hilfsweise beantragt (vgl. dazu Decker, in: BeckOK, VwGO, Stand: 1. Juli 2024, § 91, Rdnr. 19 m.w.N. aus der Rspr.).
[7]Sofern die Klägerin den Austausch der Klägerseite begehrt, handelt es sich um einen klassischen Fall des Parteiwechsels, nicht um eine bloße Falschbezeichnung der eigentlich gemeinten Partei. Der Parteiwechsel hätte die Rücknahme der Klage der Klägerin und die Klageerhebung durch Herrn B. als Einzelunternehmer zur Folge (vgl. LG Bochum, Urteil vom 10. April 2024 –
[8]Ein wirksamer Klägerwechsel hätte jedoch einer entsprechenden prozessualen Erklärung der Klägerin bedurft. Über eine subjektive Klageänderung im Wege eines Parteiwechsels (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Juli 1987 –