Die Beeinträchtigung des Eigentums durch NS-Raubkunst ist eine unerlaubte Handlung im Sinne des § 32 ZPO. Hierbei ist Tatort jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Haftungsnorm verwirklicht wurde. [LS der Redaktion]
Der Kläger ist - zumindest über § 937 BGB - Eigentümer des von ihm auf einer Auktion in London im Jahr 1999 erworbenen Gemäldes „...“ von A. A.. Die Beklagten sind die Treuhänder der privaten, in Kanada beheimateten Stiftung „Dr. and Mrs. M. S. Foundation“, eines Sondervermögens (Trust), das sich als Teil des Nachlasses des jüdischen Kunsthändlers Dr. M. S. mit der Aufarbeitung der durch die nationalsozialistische Verfolgung bedingten Vermögensverluste befasst. Das Bild des Klägers befand sich in den Jahren 1931 bis 1937 im Besitz der Galerie S. in D., die Dr. M. S. in dieser Zeit von seinem Vater übernahm. Mit Schreiben vom 29.08.1935 stellte der Präsident der Reichskammer der bildenden Künste gegenüber Dr. M. S. fest, dass dieser nach Auflösung des Bundes Deutscher Kunst- und Antiquitätenhändler e.V. seine mittelbare Zugehörigkeit zur Reichskammer der bildenden Künste verloren habe. Für eine unmittelbare Mitgliedschaft in der Reichskammer besitze Herr S. nicht die erforderliche Eignung und Zuverlässigkeit. Deshalb werde seine Aufnahme in die Reichskammer der bildenden Künste abgelehnt. M. S. werde die weitere Ausübung des Berufs eines Kunst- und Antiquitätenhändlers untersagt. Zur „Umgruppierung oder Auflösung“ des Geschäftsbetriebes wurde dem Adressaten eine Frist von vier Wochen eingeräumt. Dagegen wandte sich Dr. S., was zunächst zum ausbleibenden Vollzug der Verfügung führte. Dennoch brachte M. S. in einem Brief vom 04.10.1935 zum Ausdruck, sich früher oder später nach einer anderen Existenz umsehen zu müssen. Im März 1937 verkaufte Dr. M. S. das Bild an Herrn G. B. aus E. Am 27.05.2016 stellte Dr. W. K. für die S. Foundation beim in Magdeburg ansässigen Deutschen Zentrum Kulturgutverluste den Antrag auf Eintragung einer das Bild betreffenden Suchmeldung in die dort geführte, öffentlich zugängliche Lost Art-Datenbank (Anlagen B1 und B2 sowie die Anlagen K3). Die Datenbank erfasst Kulturgüter, die infolge der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, insbesondere jüdischen Eigentümern, verfolgungsbedingt entzogen wurden und dient der Umsetzung der sog. Washingtoner Prinzipien und der Gemeinsamen Erklärung der Bundesregierung, der Länder und kommunalen Spitzenverbände zur Auffindung und zur Rückgabe NS-verfolgungsbedingt entzogenen Kulturgutes, insbesondere aus jüdischem Besitz. Das Bild wurde im Juni 2016 in die Lost Art-Liste aufgenommen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, sich als Eigentümer des Gemäldes „...“ von A. A. zu berühmen und ihnen anzudrohen, dass für jeden Fall der Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld bis zur Höhe von ... EUR und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, eine Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten Dauer gegen sie festgesetzt wird. Das Landgericht Magdeburg hat mit Urteil vom 27.11.2019, auf das wegen der dort getroffenen tatsächlichen Feststellungen ergänzend Bezug genommen wird, seine internationale Zuständigkeit mit Blick auf die Eintragung in das Register des Deutschen Zentrums Kulturgutverluste als Handlungserfolg nach § 32 ZPO angenommen und die Klage abgewiesen. Gegen diese Entscheidung wendet sich der Kläger mit der Berufung. Neben seinem erstinstanzlich geltend gemachten Begehren beantragt er ferner, hilfsweise die Beklagte zu verurteilen, die Löschung ihrer das Bild betreffenden Suchmeldung in der Lost Art-Datenbank (Lost Art ID ...) der Stiftung Deutsches Zentrum Kulturgutverluste vom 21. Juni 2016 zu beantragen.
[1]II.
[2]Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtene Entscheidung beruht auf keiner Rechtsverletzung, denn die Klage ist unbegründet (§ 513 I ZPO). Dies gilt auch für den in zweiter Instanz gestellten, auf Löschung der Suchmeldung gerichteten Hilfsantrag des Klägers. Der Kläger hat gegen die Beklagten als Repräsentanten des Stiftungsvermögens (S. Foundation) weder den geltend gemachten Unterlassungsanspruch noch Anspruch auf Beseitigung (Löschung) der Suchmeldung aus §§ 1004, 823 I, 826 BGB i.V.m. Ziff. IV.1. der Eintragungsgrundsätze.
[3]1. Das Landgericht hat zutreffend seine internationale Zuständigkeit auf der Grundlage von § 32 ZPO bejaht.
[4]Die Beeinträchtigung des Eigentums als absolutes Recht des Klägers ist eine unerlaubte (oder dieser gleichzustellende) Handlung im Sinne des § 32 ZPO, egal ob sich der Kläger dagegen mit den verschuldensunabhängigen Ansprüchen aus § 1004 BGB oder mit Schadensersatzansprüchen (§§ 823, 826 BGB) wendet (Zöller/Schultzky, ZPO, 34. Aufl., § 32 Rdn. 5, 7; vgl. hierzu auch Jayme IPRax 2020, 544, 546 m.w.N.). Mit der Eintragung der Suchmeldung in die öffentliche Datenbank, der eine Plausibilitätsprüfung durch die in Magdeburg ansässige Betreiberin vorausging, welche auf den Angaben der Antragstellerseite beruhte, fand ein wesentlicher Teil der vom Kläger behaupteten Eigentumsbeeinträchtigung durch die S. Foundation (vgl. zu den sog. doppelrelevanten Tatsachen BGH NJW 1994, 1413 m.w.N.) in Deutschland statt. Tatort ist jeder Ort, an dem auch nur eines der wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Haftungsnorm verwirklicht wurde.
[5]Die Ansprüche selbst beurteilen sich nach deutschem Recht (Art. 1 I S. 1, 2 II, 4 I Rom II) ...