In einem Schiedsverfahren nach den Regelungen der ICSID-Konvention kann nicht gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO die Unzulässigkeit des schiedsrichterlichen Verfahrens gerichtlich festgestellt werden. Denn die Verfahrensregeln der Konvention bilden ein geschlossenes Rechtssystem, neben denen keine andere verfahrensrechtlichen Regelungen Anwendung finden können. [LS der Redaktion]
Mit einem Request for Arbitration leiteten die Antragsgegnerinnen ein Schiedsverfahren vor dem International Centre for Settlement of Investment Disputs (ICSID) gegen die Antragstellerin ein, das nunmehr zum Aktenzeichen ICSID ARB/... anhängig ist. Die Antragsgegnerin zu 1 und ihre Tochterunternehmen, die Antragsgegnerinnen zu 2 und 3, jeweils mit Sitz in Irland, investieren im Bereich der Wind- und Solarenergie. Die Antragsgegnerin zu 2 hält 100 % der Geschäftsanteile an den Antragsgegnerinnen zu 4, 5 und 6, die wiederum in Berlin ansässige Unternehmen sind. Mit ihrer Schiedsklage machen die Antragsgegnerinnen Vertragsverletzungen der Antragstellerin nach den Artikeln 10 und 13 des Energie Charta Vertrages von 1994 (ECV, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft 1994, Nr. L 380, 24 ff.) geltend, weil die geänderte Gesetzgebung in Deutschland Schäden im Zusammenhang mit in Deutschland geplanten Investitionen verursacht habe. Wegen der Einzelheiten der geltend gemachten Ansprüche wird auf das Request for Arbitration (Anlage AS 19) und das Memorial of the Merits vom 11. Februar 2022 (Anlage AS 32), mit dem die Ansprüche gegen die Antragstellerin auf ... Euro nebst Zinsen in Höhe von ... Euro beziffert werden, Bezug genommen.
Die Antragstellerin beantragt, festzustellen, dass das von den Antragsgegnerinnen gegen die Antragstellerin vor dem Internationalen Zentrum zur Beilegung von Investitionsstreitigkeiten eingeleitete schiedsrichterliche Verfahren, das unter dem Akteneichen ICSID ARB/... geführt werde, unzulässig ist.
[1]II.
[2]Der Antrag ist unzulässig.
[3]Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist eröffnet (1.) und das Kammergericht ist örtlich zuständig (2.). Die Regelung des § 1032 Abs. 2ZPO, wonach bis zur Bildung des Schiedsgerichts Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit eines schiedsrichterlichen Verfahrens gestellt werden kann, findet aber in einem Schiedsverfahren nach den Regelungen der ICSID-Konvention keine Anwendung (3.).
[4]1. Der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten ist gemäß §§ 13 GVG, 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO eröffnet. Bei den im Schiedsverfahren geltend gemachten Ansprüchen handelt es sich im Wesentlichen um Schadensersatzansprüche aus der Verletzung. öffentlich-rechtlicher Pflichten, für die gemäß Art. 14 Abs. 3 Satz 4 GG der ordentliche Rechtsweg einschlägig ist (vgl. zu vergleichbaren Ansprüchen auf Enteignungsentschädigung Rennert in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 40 Rn. 110). Dies gilt auch, wenn der Anspruch auf einer Verletzung von Unionsrecht beruht (vgl. Ehlers/Schneider in Schoch, VwGO, 41. EL Juli 2021, § 40. Rn. 542). Auf die Qualifikation dieser Ansprüche ist auch im Rahmen des § 1032 Abs. 2 ZPO abzustellen, weil die Schiedsvereinbarung als prozessrechtliche Absprache nur eine Vorfrage klärt, die nicht unabhängig von der zugrundeliegenden Streitigkeit beantwortet werden kann Zuständig ist danach das Gericht, welches ohne die Schiedsvereinbarung in der Sache zuständig wäre. Die Antragsgegnerinnen begehren im Wesentlichen Schadensersatz gemäß Art. 13 ECV in Höhe von ... Euro nebst Zinsen. Dabei handelt es sich um Entschädigungsansprüche im Sinne von Sekundäransprüchen, die vor den ordentlichen Gerichten verhandelt werden. Soweit daneben auch ein Feststellungsanspruch geltend gemacht wird, wäre hierüber als Vorfrage gemäß § 17 Abs. 2 GVG ebenfalls im ordentlichen Rechtsweg zu entscheiden ...
[5]2. Das Kammergericht ist gemäß §§ 1062 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2, 1025 Abs. 2 ZPO örtlich zuständig. Die Antragsgegnerinnen zu 4, 5 und 6 haben ihren Sitz in Berlin, so dass sich die Zuständigkeit aus § 1062 Abs. 2 Alt. 1 ZPO ergibt. Hinsichtlich der Antragsgegnerin zu 2 folgt die Zuständigkeit aus § 1062 Abs. 2 Alt. 2 ZPO, weil diese alleine die Geschäftsanteile an den Antragsgegnerinnen zu 4, 5 und 6 hält und somit Vermögen im Bezirk des Kammergerichts hat. Im Übrigen ergibt sich die Zuständigkeit aus der in Alternative 4 des § 1062 Abs. 2 ZPO geregelten hilfsweisen Zuständigkeit des Kammergerichts. Dabei kann offen bleiben, ob und in welchem Maße ein Inlandsbezug für die Annahme der Auffangzuständigkeit des Kammergerichts erforderlich ist, weil sich ein hinreichender Inlandsbezug schon daraus ergibt, dass ein gegen die Antragstellerin erwirkter Schiedsspruch im Inland Wirkung entfalten wird.
[6]3. Die begehrte Feststellung der Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO kann in einem der ICSID-Konvention unterliegenden Schiedsverfahren nicht geltend gemacht werden.
[7]Grundsätzlich kann bis zur Bildung des Schiedsgerichts ein Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit des Schiedsverfahrens gestellt werden, so dass der am 17. August 2021 eingegangene Antrag rechtzeitig war, weil ein Schiedsgericht sich noch nicht konstituiert hatte. Dabei kommt es entgegen der Auffassung der Antragsgegnerinnen nicht darauf an, ob bereits bei Antragseingang Übersetzungen der Antragsschrift vorgelegen haben, da diese erst für die Zustellung des Antrags in Irland benötigt wurden und nicht bereits bei Antragseingang vorgelegen haben müssen.
[8]Der Antrag ist aber nicht statthaft, weil die Regelungen der ICSID-Konvention in sich abgeschlossene Verfahrensregelungen aufweisen, neben denen andere Rechtsbehelfe nicht zulässig sind.
[9]a. Die ICSID Konvention vom 18. März 1965 ist aufgrund des Zustimmungsgesetzes vom 25, Februar 1969 (im Folgenden InvStreitÜbkG, BGBl. 1969 II, 369, zuletzt geändert gemäß Art. 2 § 11 des Gesetzes zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22. Dezember 1997, BGBl. 1997, I, 3236) in Deutschland geltendes Recht. In Irland ist das bereits 1966 gezeichnete Abkommen im April 1981 ratifiziert und am 7. Mai 1981 in Kraft getreten. Gemäß Art. 25 der ICSID-Konvention erstreckt sich die Zuständigkeit des Zentrums auf die mit einer Investition zusammenhängenden Rechtsstreitigkeiten zwischen einem Vertragsstaat einerseits und einem Angehörigen eines anderen Vertragsstaates andererseits, wenn die Parteien schriftlich eingewilligt haben, die Streitigkeiten dem Zentrum zu unterbreiten. Das Zentrum hat eine Organisations- und Kontrollfunktion und sorgt für die Konstituierung des Spruchkörpers (vgl. Münch in MüKo, ZPO, 6. Auflage 2022, vor § 1025 Rn 22). Eine gemäß Art. 25 der Konvention erteilte Zustimmung kann nicht einseitig zurückgenommen werden. Gemäß Art. 26 gilt die Zustimmung zum Schiedsverfahren als Verzicht auf jeden anderen Rechtsbehelf. Gemäß Art. 41 Abs. 1 entscheidet das Gericht selbst über seine Zuständigkeit, es prüft gemäß Art. 41 Abs. 2 jede Einrede im Zusammenhang mit einer Zuständigkeitsrüge. Gemäß Art. 53 ist ein Schiedsspruch bindend und unterliegt keinen anderen Rechtsmitteln als den in der Konvention vorgesehenen. Gemäß Art. 54 ist ein im Rahmen des Übereinkommens ergangener Schiedsspruch bindend und wie ein rechtskräftiges Urteil eines innerstaatlichen Gerichts zu behandeln.
[10]Aus diesen Regelungen folgt, dass es sich bei den Verfahrensregeln der Konvention um ein geschlossenes Rechtssystem handelt, neben dem keine anderen verfahrensrechtlichen Regeln Geltung beanspruchen können, vielmehr entscheidet ein nach der ICSID-Konvention angerufenes Schiedsgericht selbst abschließend über seine Zuständigkeit und die Wirksamkeit einer Schiedsabrede (vgl. z.B. Schütze in Wieczorek/Schütze, ZPO, 5. Auflage 2020, § 1025 Rn. 56 b, der das 10. Buch der ZPO ausdrücklich für nichtanwendbar erklärt; Schlosser in Stein/Jonas, ZPO, 23. Auflage 2014, Anhang zu § 1061, Rn. 467 ff; Happ in Schütze, Internationale Schiedsgerichtsbarkeit, 3. Auflage 2018, Kapitel XV, Rn. 13; Schreuer in Kronke/Melis/ Kuhn, Handbuch Internationales Wirtschaftsrecht, 2. Auflage 2017, Teil P, Rz. 1141; Thümmel in Schütze/Thümmel, Schiedsgericht und Schiedsverfahren, 7; Auflage 2021, § 25 Rn. 6; Bubrowski, Internationale Investitionsschiedsverfahren und nationale Gerichte, 2013, S. 215, 224, zum Verzicht auf andere Rechtsbehelfe gem. Art. 26 der Konvention auch S. 147; a.A. Rusche, Abwehr rechtsmissbräuchlicher innereuropäischer Investoren-Staaten-Schiedsverfahren durch Verfahren vor deutschen Gerichten, IPrax 2021, 494, 500, jedenfalls in Bezug auf § 1032 Abs. 2 ZPO). Mit dem InvStreitÜbkG hat die Bundesrepublik Deutschland dieses Regime anerkannt und in Artikel 2 Abs. 2 des Gesetzes dahingehend bestätigt, dass es lediglich für einen Antrag auf Vollstreckbarerklärung auf eine entsprechende Anwendung der Zivilprozessordnung verwiesen hat. In Art. 2 Abs. 4 des Gesetzes ist geregelt, dass der Antrag, die Zulässigkeit der Zwangsvollstreckung festzustellen, nur abgelehnt werden kann, wenn der Schiedsspruch in einem Verfahren nach Artikel 51 oder 52 der ICSID Konvention aufgehoben worden ist. Die in der Konvention eingeräumten Vorbehaltsregelungen haben verschiedene Staaten in Anspruch genommen, die Bundesrepublik Deutschland hat von diesen Möglichkeiten keinen Gebraucht gemacht (vgl. die als Anlage AG 16 vorgelegte Übersicht ICSID/8-C).
[11]Aus den Materialien zu dem InvStreitÜbkG (vgl. BT-Drucksache V/3246, Seite 3) ergibt sich, dass der seinerzeit in § 1044 Abs. 2 ZPO (in der bis zum 31.12.1997 geltenden Fassung) geregelte Prüfungsmaßstab für Schiedssprüche (vergleichbar dem heute geltenden § 1059 Abs. 2 ZPO) keine Anwendung finden sollte. Denn in der Begründung zu Art. 2 Abs. 2 des InvStreitÜbkG heißt es ausdrücklich, „eine entsprechende Anwendung von § 1044 Abs. 2 ZPO ist nicht vorgesehen, da sie in Widerspruch zu der sich aus Art. 54 Abs. 1 Satz 1 des Übereinkommens ergebenden Verpflichtung stehen würde, Schiedssprüche wie rechtskräftige Urteile inländischer Gerichte zu behandeln“. Danach war weder eine Überprüfung des Verfahrens noch eine Überprüfung am Maßstab des ordre public zulässig. Dieses grundsätzliche Anerkenntnis eines in sich geschlossenen Verfahrensrechts nach der ICS ID-Konvention hat sich auch im Zusammenhang mit der Änderung des Art. 2 Abs. 2 InvStreitÜbkG bei der Einführung des neuen Schiedsverfahrensrechts zum 1. Januar 1998 (Gesetz zur Neuregelung des Schiedsverfahrensrechts vom 22. Dezember 1997, BGBl 1997, I, 3224) nicht geändert. Gemäß Art. 2 § 11 des vorstehenden Änderungsgesetzes wird auf die Vorschriften über das Verfahren der Vollstreckbarerklärung ausländischer Schiedssprüche verwiesen und neben mit der Neuregelung zusammenhängenden formalen Änderungen die Regelung des Art. 2 Abs. 4 InvStreitÜbkG zur eingeschränkten Überprüfung eines Schiedsspruchs nach der ICSID-Konvention ausdrücklich aufrechterhalten (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.07.1996, BT-Drucksache 13/5274, Seite 68). Die Verweisung auf das Verfahren, über die Vollstreckbarkeit ausländischer Schiedssprüche hat nicht die Überprüfung nach dem in § 1061 Abs. 1 Satz 1 ZPO in Bezug genommenen Übereinkommen vom 10. Juni 1958 über die Anerkennung und Vollstreckung ausländischer Schiedssprüche (UNÜ, BGBl. 1961 11, 121) zur Folge, sondern § 1061 Abs. 1 Satz 2 ZPO nimmt ausdrücklich Bezug auf andere Vereinbarungen, zu der auch die ICSID-Konvention und das InvStreitÜbkG zählen (vgl. Münch in MüKo, 6. Auflage 2022, § 1059 Rn. 13).
[12]Der besondere Charakter des ICSID-Schiedsverfahrens manifestiert sich zudem in der Rechtswirklichkeit auch an dem Fehlen gerichtlicher Entscheidungen zu ICSID-Schiedssprüchen und -verfahren. Das Oberlandesgericht Frankfurt hatte in einem kostenrechtlichen Beschwerdeverfahren die eingeschränkte Überprüfbarkeit eines ICSID-Schiedsspruchs ausdrücklich bestätigt (vgl. Beschluss vom 20.11.2012,
[13]b. Die ausschließlichen Verfahrensregelungen der ICSID Konvention hindern auch die Anwendung des § 1032 Abs. 2 ZPO, wenn ein Schiedsverfahren auf der Grundlage der ICSID Konvention betrieben wird. § 1032 Abs. 2 ZPO entspricht seinem Wesen nach der bei Verabschiedung des InvStreitÜbkG in § 1046 ZPO (in der bis zum 31.12.1997 geltenden alten Fassung, a.F.) geregelten Klage auf Feststellung des Nichtbestehens eines Schiedsvertrages. Diese Vorschrift fand ausweislich der Regeln des InvStreitÜbkG keine (entsprechende) Anwendung auf ICSID Schiedsverfahren. Mit der Einführung des § 1032 Abs. 2 ZPO als Nachfolgebestimmung zu § 1046 ZPO a.F., deren inhaltliche Regelung aus verfahrensökonomischen Gründen beibehalten werden sollte, obwohl sie keine Entsprechung im UNCITRAL-Modellgesetz für das neue Schiedsverfahrensrecht hatte (vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung vom 12.07.1996, BT-Drucksache 13/5274, Seite 38; ebenso schon BR-Drucksache vom 22.03.1996, 211/96, Seite 121 und nachgehend Beschlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 24.11.1997, BT-Drucksache 13/9124, S. 44), hat sich an der eingeschränkten Anwendbarkeit einzelner Regelungen der ZPO im ICSID-Schiedsverfahren nichts geändert. Da nach den Regeln der Konvention das Schiedsgericht selbst über seine Zuständigkeit im Sinne einer Kompetenz-Kompetenz bzw. Letztentscheidungskompetenz entscheidet, kann § 1032 Abs. 2 ZPO daneben keine Geltung beanspruchen (vgl. zum Vorrang vereinbarter Kompetenzregelungen gegenüber § 1032 Abs. 2 ZPO Steinbrück, Die Unterstützung ausländischer Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte, 2009, S. 376; a.A. Rusche, aaO, IPrax 2021, 500).
[14]c. Das Antragsverfahren gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO kann auch nicht wegen der Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofs zu innereuropäischen Investitionsstreitigkeiten für zulässig erachtet werden. Denn die Prüfung der Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO und der Zulässigkeit eines entsprechenden Antrags in einem ICSID-Schiedsverfahren ist von dieser Rechtsprechung unbeeinflusst.
[15]Allerdings hat der Europäische Gerichtshof in mehreren Entscheidungen deutlich gemacht, dass er Investitionsschiedsgerichtsbarkeit im innereuropäischen Rechtsverkehr ablehnt und Schiedsabreden für unwirksam erachtet. In der Achmea-Entscheidung (Urteil vom 06.03.2018, C-284/16, juris; ergangen auf den Vorlagebeschluss des BGH vom 03.03.2016,
[16]Die Entscheidungen des EuGH verhalten sich jedoch nicht zu den Verfahrensvorschriften der ZPO und deren Anwendbarkeit im Falle eines ICS ID-Schiedsverfahrens (siehe auch die Anmerkungen zum Komstroy-Urteil von Schwalb/Weber, SchiedsVZ 2022, 38, 40; Karpenstein/Sangi, Investitionsschutz vor nationalen Gerichten - Zur Zukunft der Energiecharta, NJW 2021, 3228). Die Antragstellerin kann sich daher im Anwendungsbereich des § 1032 Abs. 2 ZPO nicht darauf berufen, dass die ICSID-Konvention wegen der Rechtsprechung des EuGH keine Anwendung finden könne. Denn das Schiedsverfahren ist gemäß der Regelung des Art. 26 ECV bereits im April 2021 ordnungsgemäß eingeleitet worden. Die Zustimmung der Antragstellerin als Vertragspartei des ECV gemäß Art. 26 Abs. 3 a ECV war bereits mit dem Beitritt zu dem Vertrag abgegeben und nicht unter Vorbehalt gestellt worden. Die Antragsgegnerinnen haben ihrerseits ihre Zustimmung zu der Schiedsabrede mit dem Request for Arbitration gegenüber dem ICSID erteilt, so dass nach dem Buchstaben des Art. 26 Abs. 5 ECV die Zustimmungserklärungen so angesehen werden, als erfüllten sie das Erfordernis der schriftlichen Zustimmung der Streitparteien im Sinne des Kapitels II (Art. 25 ff.) der ICSID-Konvention. Die Beantwortung der Frage, ob diese Zustimmungen auch im innereuropäischen Investitionsstreit wirksam sind und eine wirksame Schiedsabrede begründen, hat zunächst das nach den Regelungen der ICSID-Konvention gebildete Schiedsgericht im Rahmen der ihm gemäß Art 41 eingeräumten Kompetenz zu entscheiden. Es wird dabei gemäß Art. 26 Abs. 6 ECV in Verbindung mit Art. 42 der Konvention die streitigen Fragen in Übereinstimmung mit dem ECV und den geltenden Regeln und Grundsätzen des Völkerrechts zu beachten haben. Dabei wird es auch die von dem Europäischen Gerichtshof zu Art. 26 ECV aufgestellten Grundsätze zu würdigen wissen. Wie sich aus der Entscheidung des Schiedsgerichts vom 18. Januar 2022 (Anlage AG 19) ergibt, hat sich das Gericht die Überprüfung der im Schiedsverfahren von der Antragstellerin geltend gemachten Einwendungen zur fehlenden Zustimmung gemäß Art. 26 ECV ausdrücklich vorbehalten.
[17]Die Nichtanwendung des § 1032 Abs. 2 ZPO auf ein ICSID-Schiedsverfahren stellt auch keinen Verstoß gegen Unionsrecht dar. Denn die Entscheidung über die Unzulässigkeit des Antrags beinhaltet keine Würdigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs und stellt auch keinen Widerspruch zu geltendem Unionsrecht dar. Bei § 1032 Abs. 2 ZPO handelt es sich lediglich um eine Verfahrensvorschrift, die als Besonderheit des deutschen Rechts wie ausgeführt - der Verfahrensökonomie dienen soll. Sie geht den im deutschen Recht geltenden Verfahrensregelungen der ICSID-Konvention nicht vor. Dies gilt auch für § 1040 ZPO, aus dessen Regelungsgehalt hergeleitet wird, dass ein staatliches Gericht die endgültige Entscheidungshoheit über die Zuständigkeit des Schiedsgerichts beanspruchen kann (vgl. BGH, Beschluss vom 30.06.2010,
[18]Der Senat kann offen lassen, ob der Rechtsprechung des EuGH in einem Aufhebungsverfahren Rechnung getragen werden könnte, wenn ein nach der ICSID-Konvention gebildetes Schiedsgericht die europäische Rechtsprechung trotz der notwendigen Bindung an zwischen den Schiedsparteien geltendes Recht nicht hinreichend berücksichtigen würde.
[19]Soweit sich aus dem Vorbringen der Antragstellerin im Schriftsatz vom 26. April 2022 ergibt, dass in Frankreich die Cour d‘Appel de Paris zwei Schiedssprüche wegen eines Verstoßes gegen das Unionsrecht aufgehoben hat, weil innereuropäische Schiedsvereinbarungen nach der Rechtsprechung des EuGH keine Wirksamkeit beanspruchen könnten (vgl. die Entscheidungen vom 19.04.2022, RG 20/14581 und RG 20/13085, vorgelegt als Anlagen AS 4. und AS 49), folgt daraus nichts für die Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO. Denn auch soweit dort in der Entscheidung der Republik Polen gegen drei Unternehmen mit Sitz in Österreich ein ICSID-Schiedsverfahren (frz. CIRDI) betroffen war, hatte die Cour d'Appel über einen Aufhebungsantrag gemäß Art. 1520-1 des französischen Code de Procédure Civil zu entscheiden, ohne dass das Gericht sich mit einer vorrangigen Entscheidungskompetenz des Schiedsgerichts nach der ICSID-Konvention befasst hätte. Eine Anwendbarkeit des § 1032 Abs. 2 ZPO im laufenden Schiedsverfahren kann daher aus diesen Entscheidungen nicht hergeleitet werden.
[20]Die Antragstellerin kann sich zu ihren Gunsten schließlich auch nicht auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in dem Investitionsstreitverfahren zwischen einer österreichischen Bank und der Republik Kroatien berufen, obwohl dort ein Antrag gemäß § 1032 Abs. 2 ZPO auf Feststellung der Unzulässigkeit eines Schiedsverfahrens für zulässig und begründet erachtet worden ist (Beschluss vom 17.11.2021,
[21]4. ...