Bei der Bemessung des Werts des Beschwerdegegenstands einer Verpflichtung zur Auskunft über das Vermögen sind Reisekosten zu berücksichtigen, wenn die Antragstellerin darlegt, dass zur Erstellung des von ihr nach dem Ausspruch des Amtsgerichts geschuldeten Bestandsverzeichnisses über ihr Vermögen eine Reise ins Ausland (hier: China) erforderlich ist, weil die Ermittlung des Werts der dort belegenen Vermögenswerte (hier: unbekannte Anzahl von Original-Kunstwerken regionaler und überregionaler Künstler) eine Sichtung vor Ort erfordert. [LS der Redaktion]
Die Antragstellerin, chinesische Staatsangehörige, und der Antragsgegner, deutscher Staatsangehöriger, nehmen sich wechselseitig mit Stufenanträgen auf Trennungsunterhalt in Anspruch.
Das Amtsgericht hat den Auskunftsanträgen beider Beteiligter stattgegeben. Auf den Widerantrag des Antragsgegners hat es die Antragstellerin unter anderem verpflichtet, „Auskunft zu erteilen über ihre Einkünfte für die Zeit vom 1.4.2016 - 31.3.2019 (…) sowie über ihr Vermögen durch ein Bestandsverzeichnis zum 26.3.2019“ und Belege vorzulegen. Gegen den Beschluss hat die Antragstellerin Beschwerde beim Amtsgericht eingelegt. Gemäß der Beschwerdebegründung hat sie sich unter anderem gegen ihre Verpflichtung zur Auskunft auch über in China vorhandenes Vermögen gewandt. Mit Verfügung vom 21.9.2020 hat das Amtsgericht die Akten an das Oberlandesgericht übersandt. Das Oberlandesgericht hat nach vorherigem Hinweis die Beschwerde verworfen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 € nicht übersteige. Dagegen richtet sich die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin.
II.
[4] Die … Rechtsbeschwerde ist zulässig, weil die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung die Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert (§ 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO).
[5] Die Rechtsbeschwerde ist auch begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Oberlandesgericht.
[6] 1. Dieses hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Es könne dahinstehen, ob der Antragstellerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdebegründungsfrist zu bewilligen sei. Allerdings sei davon auszugehen, dass die Beschwerdebegründung bei Weiterleitung durch das Amtsgericht im ordnungsgemäßen Geschäftsgang rechtzeitig beim Oberlandesgericht eingegangen wäre, so dass sich ein etwaiges Verschulden der Antragstellerin nicht ausgewirkt habe.
[7] Die Beschwerde sei aber unzulässig, weil die Antragstellerin durch die von ihr angegriffene Auskunfts- und Belegvorlageverpflichtung nicht in einem 600 € übersteigenden Umfang beschwert sei. Zur Bewertung des für die sorgfältige Erteilung der geschuldeten Auskunft erforderlichen Aufwands an Zeit und Kosten sei von einem Stundensatz von 3,50 € auszugehen. Für das in China befindliche Vermögen sei auch bei großzügiger Schätzung kein Zeitaufwand von mehr als zehn Stunden anzusetzen. Warum die Antragstellerin zur Erstellung eines Verzeichnisses nach China reisen müsse, erschließe sich nicht; sie erläutere die Notwendigkeit einer solchen Reise nicht und habe noch in einem erstinstanzlichen Schriftsatz vorgetragen, über kein Vermögen mehr zu verfügen. Auch mit der Beschwerdebegründung behaupte sie, kein Vermögen zu besitzen, um von dem Vermögensstamm leben zu können. Auf Grundlage dieses Vortrags könne davon ausgegangen werden, dass ihr in China vorhandenes Vermögen überschaubar sei und seine Darstellung keines besonderen Aufwands bedürfe. Mangels näherer Darlegung sei ferner davon auszugehen, dass sie insoweit auch von Deutschland aus Auskunft erteilen könne. Dass es der Hinzuziehung sachkundiger Dritter bedürfe, trage sie nicht substantiiert vor. Eine Wertermittlung oder Kurzgutachten seien nicht geschuldet.
[8] 2. Dies hält rechtlicher Nachprüfung nicht in allen Punkten stand.
[9] a) Die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte, die unbeschadet des Wortlauts des § 72 Abs. 2 FamFG auch in den Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu prüfen ist (Senatsbeschluss vom 14. November 2018
[10] b) Zutreffend ist das Beschwerdegericht im Rahmen des als lex fori anzuwendenden deutschen Verfahrensrechts zudem davon ausgegangen, dass sich die Beschwer im Sinne des § 61 Abs. 1 FamFG eines zur Auskunft verpflichteten Beteiligten grundsätzlich nach seinem Interesse richtet, die Auskunft nicht erteilen zu müssen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschluss vom 8. Juli 2020
[11] Auf dieser rechtlichen Grundlage ist der Wert der Beschwer gemäß § 113 Abs. 1 Satz 2 FamFG iVm § 3 ZPO nach billigem Ermessen zu bestimmen. Das Rechtsbeschwerdegericht kann die Bemessung der Beschwer nur eingeschränkt darauf überprüfen, ob das Beschwerdegericht die gesetzlichen Grenzen überschritten oder sein Ermessen fehlerhaft ausgeübt hat (Senatsbeschluss vom 5. Februar 2020
[12] c) Auch bei Anlegung dieses eingeschränkten Überprüfungsmaßstabs ist die vom Beschwerdegericht vorgenommene Wertbemessung aber rechtsfehlerhaft. Wie die Rechtsbeschwerde zu Recht rügt, hat das Beschwerdegericht den von der Antragstellerin zur Darlegung ihrer Beschwer gehaltenen Vortrag gehörswidrig teilweise unberücksichtigt gelassen.
[13] aa) Die Antragstellerin hatte entgegen der der angefochtenen Entscheidung zugrundliegenden Annahme nämlich dargelegt, weshalb zur Erstellung des von ihr nach dem Ausspruch des Amtsgerichts geschuldeten Bestandsverzeichnisses über ihr Vermögen eine Reise nach China erforderlich sei. Sie besitze Vermögenswerte in China, darunter eine unbekannte Anzahl von Original-Kunstwerken regionaler und überregionaler Künstler. Um diesbezüglich eine Aufstellung zu fertigen, müsse sie nach China fliegen.
[14] Diese vom Beschwerdegericht nicht erwähnte Darstellung als glaubhaft unterstellt wäre die Notwendigkeit einer entsprechenden Reise und damit auch der hierfür anfallenden, zwanglos zur Überschreitung der Grenze von 600 € führenden Reisekosten aber dargelegt (vgl. zu Reisekosten etwa Senatsbeschlüsse vom 29. April 1998
[15] bb) Die Erwägung des Beschwerdegerichts, auf der Grundlage des bisherigen Vortrags der Antragstellerin könne davon ausgegangen werden, dass ihr in China vorhandenes Vermögen überschaubar sei und seine Darstellung keines besonderen Aufwands bedürfe, rechtfertigt es nicht, die entsprechenden Reisekosten nicht in die Wertbemessung einfließen zu lassen.
[16] Allerdings gilt für den Wert des Beschwerdegegenstands, der in Ehe- und Familienstreitsachen von Amts wegen festzustellen ist, der Beibringungsgrundsatz. Der Beschwerdeführer hat daher die den Wert bestimmenden Tatsachen darzulegen und gegebenenfalls auch glaubhaft zu machen (st. Rspr., vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 23. September 2020
[17] Der angefochtenen Entscheidung lässt sich jedoch schon nicht entnehmen, dass das Beschwerdegericht den Vortrag zu den Kunstgegenständen überhaupt zur Kenntnis genommen hat. Abgesehen davon, dass der Antragsgegner gerade von erheblichem Vermögen der Antragstellerin in China ausgeht und zudem das Vorhandensein der Kunstwerke nicht in Abrede gestellt hat, steht die Darlegung der Antragstellerin zu diesen Gegenständen auch nicht im Widerspruch zu ihrer Behauptung, sie besitze kein Vermögen, um von dem Vermögensstamm leben zu können. Denn Wert und finanzielle Verwertbarkeit der Objekte können durchaus fraglich sein. Auch Vermögensgegenstände mit „überschaubarem Wert“ sind aber in das Bestandsverzeichnis aufzunehmen. Sofern das Beschwerdegericht bei Berücksichtigung des entsprechenden Vortrags eine Glaubhaftmachung für erforderlich halten sollte, müsste es die Antragstellerin darauf hinweisen und ihr Gelegenheit hierzu einräumen.
3. ...