Es gibt keine Palästinensische Staatsangehörigkeit i.S.v. § 3 I Nr. 2 Buchstabe a AsylG, weil es sich bei den Palästinensischen Autonomiegebieten faktisch und völkerrechtlich nur um teil-autonome Gebiete handelt.
Palästinenser, die im Juli 1988 im Westjordanland gelebt und deshalb die Jordanische Staatsangehörigkeit besaßen, haben diese durch die Loslösung des Westjordanlandes von Jordanien verloren.
Sie sind, wenn sie nicht eine andere Staatsangehörigkeit erworben haben, staatenlos i.S.v. § 3 I Nr. 2 Buchstabe b AsylG. [LS von der Redaktion neu gefasst]
Die Kläger sind Palästinenser. Der Kläger
Mit Bescheid vom 08.11.2017, den Klägern zugestellt am 09.11.2017, lehnte das Bundesamt die Anträge Kläger auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus ab. Am 23.11.2017 haben die Kläger gegen diesen Bescheid Klage erhoben. Sie beantragen zuletzt, die Beklagte zu verpflichten, ihnen den subsidiären Schutz zuzuerkennen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
[1]... III. Die Klage ist auch begründet. Die Kläger haben Anspruch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus ...
[2]1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus liegen vor.
[3]a) ... b) Hieran gemessen können die Kläger subsidiären Schutz beanspruchen. Die Kläger sind staatenlos (aa); [...] ...
[4]aa) Die Kläger sind staatenlos im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b AsylG.
[5]Staatenloser im Sinne dieser Vorschrift ist eine Person, die kein Staat aufgrund seines Rechts als Staatsangehörigen ansieht, sog. De-jure-Staatenloser, und nicht gerade eine Ausbürgerung oder Nichtanerkennung als asylrechtlich relevante Verfolgungsmaßnahme in Rede steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.02.2009
[6](1) Dabei ist zunächst festzuhalten, dass eine palästinensische Staatsangehörigkeit nicht besteht und es deshalb nicht darauf ankommt, ob die Kläger von der palästinensischen Autonomiebehörde oder von anderen Staaten (etwa von Jordanien, dazu sogleich) als Staatsangehörige eines palästinensischen Staates betrachtet und behandelt werden. Das gilt selbst dann, wenn es hierfür auf die Frage der im Falle von Palästina fehlenden Anerkennung durch die Bundesrepublik Deutschland und der Mehrzahl der anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union, unter ihnen Frankreich, Italien und Spanien, sowie den Vereinigten Staaten und Japan (vgl. hierzu Wissenschaftlicher Dienst des Bundestages, Zur Staatenlosigkeit von Palästinensern und zur Anerkennung Palästinas und der von seinen Behörden ausgegebenen Reisedokumente, WD 2-3000-057/18, Stand: 07.05.2018,
[7]Ob diese durch den Gedanken des Vertrauensschutzes im Rechtsverkehr begründete Betrachtungsweise (vgl. v. Hein, in: MüKo-BGB,
[8](2) Das Gericht ist auf Grundlage der vom Kläger
[9](a) Dabei kommt
[10](b) Der Kläger
[11]Sowohl das Westjordanland (West Bank) als auch das Gebiet östlich des Jordans (East Bank, Transjordanien) waren bis zum Ende des Ersten Weltkrieges Teil des Osmanischen Reiches und wurden nach dessen Niederlage im Ersten Weltkrieg britischem Mandat unterstellt. Bereits 1923 wurde jedoch die Verwaltung der East Bank von der Verwaltung der West Bank abgekoppelt und 1946 entstand aus dem östlich des Jordans gelegenen Transjordanien das heutige Haschemitische Königreich Jordanien. Nach dem Ersten Arabisch-Israelischen Krieg übernahm Jordanien im Zusammenhang mit der Entstehung Israels zunächst die Verwaltung des Westjordanlandes und gliederte dieses im April 1950 in sein Staatsgebiet ein. In dieser Zeit erhielten alle Palästinenser, die im damaligen Königreich Jordanien lebten
[12]Dies änderte sich erst im Juli 1988, als der jordanische König Hussein die Loslösung des Westjordanlandes von Jordanien verfügte. Als Folge dieser Entscheidung verloren die Palästinenser im Westjordanland auf einen Schlag die jordanische Staatsangehörigkeit. [...]
[13]Das jordanische Staatsangehörigkeitsgesetz von 1949 und 1954 sah gemäß seinem Ergänzungsgesetz
[14]Ein 1983 eingeführtes jordanisches Ausweissystem sah vor, dass Einwohner des Westjordanlandes oder solche, die zwar aus dem Westjordanland stammten, aber es nach 1983 dauerhaft und nicht in das jordanische Staatsgebiet östlich des Jordans verließen, grüne Reisedokumente erhielten und Palästinenser, die im Königreich Jordanien östlich des Jordans lebten, jedoch ursprünglich aus dem Westjordanland stammten, gelbe Reisedokumente erhielten. Neben diesen zur Reise nötigen Dokumenten wurden den Palästinensern zum Nachweis der jordanischen Staatsangehörigkeit Familienbücher erstellt. Dieses System, das ursprünglich dem erleichterten Reisen über den Jordan dienen sollte, kann sich
[15]Gemäß Art. 13 dieser Rules wurden alle Familienbücher der palästinensischen Bewohner des Westjordanlandes annulliert und nach Art. 15 durften sich Inhaber grüner Reisedokumente nicht mehr länger als einen Monat im Königreich Jordanien aufhalten.
[16]Diese Darstellung deckt sich mit anderen Erkenntnismitteln. So führt etwa das United States Department of State aus (Jordan 2019 Human Rights Report,
[17]Four groups of Palestinians resided in the country [...]. Those who migrated to the country and the Jordan-controlled West Bank after the 1948 Arab-Israeli war received full citizenship, as did those who migrated to the country after the 1967 war and held no residency entitlement in the West Bank [...] Refugees who fled Gaza after 1967 were not entitled to citizenship, and authorities issued them temporary travel documents without national numbers.
[18]Auch der Danish Immigration Service (Country of Report. Palestinien Refugee, Stand:
[19]Following the 1988 detachment of the West Bank from Jordan, Palestinian residents in the West Bank were no longer considered Jordanian citizens. Palestinian residents in Jordan retained their citizenship.
[20]Das bedeutet, dass Palästinenser wie der Kläger
[21]Vor diesem Hintergrund ist auch zwanglos zu erklären, warum der Kläger
[22]Auch der Umstand, dass der Kläger
[23]So führt das United States Department of State (Jordan 2019 Human Rights Report,
[24]Those still holding residency in the West Bank after 1967 were no longer eligible to claim full citizenship, but they could obtain temporary travel documents without national identification numbers, provided they did not also carry a Palestinian Authority travel document.
[25]Gleichsinnig die Auskunft von ACCORD (Anfragebeantwortung zu Jordanien: Status eines palästinensischen Vaters in Jordanien [...] vom 15.01.2018):
[26]BADIL veröffentlicht im Jahr 2010 ein Interview eines Mitarbeiters von BADIL mit Anis F. Kassim, einem Experten im Bereich Internationales Recht, der als Rechtsanwalt in Jordanien tätig sei. Laut Kassim gebe es derzeit in Jordanien für Palästinenser fünf verschiedene Aufenthaltstitel mit jeweils unterschiedlichen Ausweisdokumenten. Die ersten zwei Kategorien seien in den 1980er-Jahren entstanden, als man Palästinensern, die gewöhnlich im Westjordanland gelebt hätten, grüne Ausweisdokumente ausgestellt habe. Palästinenser, die in Jordanien gelebt aber familiäre oder materielle Beziehungen zum Westjordanland gehabt hätten, seien mit gelben Ausweisdokumenten ausgestattet worden. Als sich Jordanien 1988 offiziell vom Westjordanland losgesagt habe, seien die grünen und gelben Ausweispapiere ein Kriterium geworden, um die Staatsangehörigkeit von Palästinensern festzulegen. Besitzer einer grünen Karte hätten von nun an als „palästinensische Bürger“ gegolten, während Besitzer von gelben Karten zu jordanischen Staatsbürgern erklärt worden seien. Mehr als eineinhalb Millionen Palästinenser seien durch diese Maßnahme staatenlos geworden. Eine dritte Kategorie seien Palästinenser mit gelben Ausweispapieren, die zwar nach der Lossagung Jordaniens vom Westjordanland ihre jordanische Staatsbürgerschaft behalten hätten, die jedoch seit Kurzem von der Aufhebung ihrer jordanischen Staatsangehörigkeit und der mit ihr verbundenen Rechte betroffen seien. Die vierte Kategorie seien Palästinenser mit blauen Ausweisdokumenten. Hierbei handle es sich um Palästinenser, die 1967 aus Gaza nach Jordanien geflohen seien und nie Staatsbürgerschaftsrechte erlangt hätten. [...]
[27]Laut einer Auskunft der jordanischen Botschaft in Ottawa würden Nicht-Jordaniern Reisedokumente ausgestellt, die allgemein als „zeitlich begrenzte Reisepässe“ bezeichnet würden und die nur für Reisezwecke verwendet würden. Palästinenser aus dem Westjordanland oder aus Gaza, die keinen Reisepass oder eine Staatsangehörigkeit eines anderen Landes besitzen würden, könnten ein solches Reisedokument beantragen. Einem Bericht des in Beirut und Amman ansässigen Think Tanks Al Quds Center for Political Studies zufolge gebe es drei Kategorien von Palästinensern in Jordanien. Zum einen gebe es Jordanier palästinensischer Abstammung, die über einen fünf Jahre gültigen Reisepass und eine nationale Identitätsnummer verfügen würden. Die zweite Kategorie seien Palästinenser aus dem Westjordanland, die ein fünf Jahre gültiges Reisedokument ohne nationale Identifikationsnummer besitzen würden. Der Besitzer eines solchen Reisedokuments gelte nicht als jordanischer Staatsbürger und verfüge zudem über eine grüne Karte für den Grenzübergang ins Westjordanland. Die dritte Kategorie bestehe aus Gaza-Palästinensern, die ein Reisedokument mit einer Gültigkeit von zwei Jahren ausgestellt bekommen würden, das ihnen den Zugang zu den Dienstleistungen für Staatsbürger verwehre.
[28]Damit decken sich die Angaben des Klägers in dem zum Zwecke der Sprachanalyse mit dem Dolmetscher geführten Gespräch, wonach er einen auf fünf Jahre gültigen „provisorischen jordanischen Passes“ gehabt habe (
[29](cc) Hat der Kläger
[30]bb) ...