Ein Baumkauf und Servicevertrag haben nicht Dienstleitungen zum Gegenstand, die gem. Art. 6 IV lit. a Rom I-VO ausschließlich im (hier: brasilianischen) Ausland zu erbringen sind, wenn jedenfalls die Auskehr der Erlöse in Deutschland erbracht wird.
Bäume, die nach ihrer Wachstumszeit gefällt und verwertet werden, sind als bewegliche Sachen anzusehen. Ein entsprechender Vertrag ist daher kein Vertrag über ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen gem. Art. 6 IV lit. c Rom I-VO.
Bei den Vorschriften der §§ 312 ff. BGB zum Widerrufsrecht handelt es sich um zwingendes Recht, das zu Lasten des Verbrauchers grundsätzlich nicht abzubedingen ist, Art. 6 II 2 Rom I-VO. [LS der Redaktion]
Die Kläger begehren als Gesamtgläubiger von der Beklagten die Rückzahlung einer geleisteten Zahlung nach Widerruf und Anfechtung eines Baumkaufvertrages sowie aufgrund von Schadensersatz aus einem Beratungsvertrag. Die Kläger sind gesetzliche Erben ihres 2019 verstorbenen Vaters und der vorverstorbenen Mutter, die ursprünglich die Vertragsbeziehung zu der Beklagten eingegangen waren. Die Beklagte ist eine Aktiengesellschaft schweizerischen Rechts mit Sitz in A. Sie bietet Interessenten die Möglichkeit, Bäume auf Plantagen in Brasilien zu kaufen und nach Wachstum und Verkauf der Bäume eine Netto-Rendite von mindestens 6 % pro Jahr zu erzielen. Die Eltern der Kläger erwarben im November 2013 von der Beklagten insgesamt 60 Teakbäume und 575 Eukalyptusbäume. Hierzu erhielten die Eltern der Kläger eine Vertragsbestätigung von der Beklagten zu dem Kaufvertrag vom 28.11.2013, darüber hinaus unter demselben Datum eine Rechnung und eine Baumurkunde sowie einen "Rahmenvertrag Holzinvestment" vom 28.11./05.12.2013. Die Beklagte übernimmt für ihre Käufer die Bewirtschaftung der Bäume. Gem. Ziffer 24.1 des Rahmenvertrages "unterstehen der Rahmenvertrag und jeder Einzelvertrag materiellem Schweizer Recht, unter Ausschluss (i) internationaler Übereinkommen, auch dem Übereinkommen der Vereinten Nationen über Verträge für den internationalen Warenverkauf vom 11.04.1980 (CISG) und (ii) der kollisionsrechtlichen Normen. (...)" Die Eltern der Kläger wurden durch die Beklagte zu keinem Zeitpunkt über etwaige Widerrufsrechte belehrt. Zahlungen der Beklagten an die Eltern der Kläger erfolgten nicht. Zahlungsaufforderungen der Kläger oder ihrer Eltern an die Beklagte erfolgten nicht.
Die Kläger beantragen u.a., die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Abtretung sämtlicher Rechte der Kläger aus dem mit der Beklagten bestehenden Kaufvertrag an die Kläger als Gesamtgläubiger zu zahlen.
[1]Die Klage ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet.
[2]Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Bochum ist international und örtlich zuständig. Die Kläger sind ebenso wie zuvor ihre Eltern Verbraucher im Sinne des § 13 BGB. Dass die Kläger bzw. deren Eltern mit Abschluss der Baumkaufverträge eine "Land- und Forstwirtschaft" gemäß § 13 EStG und damit einen forstwirtschaftlichen Betrieb unterhalten hätten, ist abwegig. Es handelt sich um einen Kauf als Kapitalanlage, wie es auch die Beklagte in ihrer Broschüre selbst bewirbt. Die Beklagte hatte dabei ihre gewerbliche Tätigkeit auch auf die Bundesrepublik Deutschland ausgerichtet, indem sie sich durch werbenden Auftritt im Internet, auf dessen Grundlage sich Interessierte die Informationsbroschüre "Das grüne Gold" beschaffen konnten, insbesondere auch an deutschsprachige Anleger aus Deutschland wendete.
[3]Die Klage ist nur im tenorierten Umfang auch begründet.
[4]Die Kläger haben gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von ... EUR Zug um Zug gegen Rückübertragung des Eigentums an den in der Baumurkunde vom 05.12.2013 zu dem Kaufvertrag mit der Nummer ### bezeichneten Bäumen gemäß §§ 357 Abs. 1, 355, 356, 312b, 312d BGB i. d. F. bis zum 13.06.2014 i. V. m. §§ 346 Abs. 1, 348 BGB.
[5]Es ist deutsches Recht anwendbar. Gem. Art. 6 Abs. 1 der Rom I-VO gilt deutsches Recht, da weder Art. 6 Abs. 4 lit. a oder lit. c Rom I-VO eingreifen. Der Baumkauf und der Servicevertrag haben nicht Dienstleitungen zum Gegenstand, die gem. Art. 6 Abs. 4 lit. a Rom I-VO ausschließlich im brasilianischen Ausland zu erbringen sind. Denn jedenfalls die Auskehr der Erlöse sollte unbestritten in Deutschland erbracht werden. Auch handelt es sich nicht um einen Vertrag über ein dingliches Recht an unbeweglichen Sachen gem. Art. 6 Abs. 4 lit. c Rom I-VO. Die streitgegenständlichen Bäume sollten nach ihrer Wachstumszeit gefällt und verwertet werden, sodass sie zumindest hierfür im Ergebnis als bewegliche Sachen angesehen werden müssen.
[6]Auch die in Ziffer 24.1 des Rahmenvertrags getroffene Klausel zur Wahl schweizerischen Rechts (unter Ausschluss der CISG bzw. der schweizerischen Kollisionsnormen) führt nicht zur Abbedingung von dem nach Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO im Hinblick auf das Vertragsstatut anzuwendenden deutschen materiellen Rechts. Nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 2 S. 2 Rom I-VO darf die nach Art. 6 Abs. 2 S. 1 i. V. m. Art. 3 Rom I-VO erfolgte Rechtswahl nicht dazu führen, dass dem Verbraucher der Schutz entzogen wird, der ihm durch diejenigen Bestimmungen gewährt wird, von denen nach dem Recht, das nach Abs. 1 ansonsten anzuwenden wäre, nicht durch Vereinbarung abgewichen werden darf. So liegt der Fall auch hier. Denn die Vereinbarung schweizerischen materiellen Rechts unter Ausschluss der dortigen Kollisionsnormen hätte zur Folge, dass die Kläger der zu ihrem konkreten Schutz bestimmten, verbraucherschützenden Widerrufsrechte nach §§ 312 ff. BGB verlustig gingen. Diese Vorschriften schützen gerade - wie auch Zweck des Art. 6 Abs. 1 Rom I-VO ist - den Verbraucher als schwächeren Vertragsteil (vgl. MüKoBGB/Martiny, 7. Aufl., 2018, Art. 6 Rom I-VO, Rn. 55 f.). Bei den Vorschriften zum Widerrufsrecht handelt es sich insoweit auch um zwingendes Recht, das zu Lasten des Verbrauchers grundsätzlich nicht abzubedingen ist.
[7]Die Kläger konnten die durch ihre Eltern abgegebenen Willenserklärungen, die zum Abschluss der Verträge mit der Beklagten geführt haben, als Gesamtrechtsnachfolger im Rahmen der hiesigen Klageschrift vom 09.10.2019 widerrufen.
[8]Den Klägern stand gemäß §§ 355, 312b, 312d Abs. 1 S. 1 BGB 312d BGB i. d. f. bis zum 13.06.2014 aufgrund eines Fernabsatzvertrags ein Widerrufsrecht zu ...