Das einer unselbständigen Stiftung liechtensteinischen Rechts übertragene, jedoch weiter dem Stifter zuzurechnende Vermögen gehört beim Tode des Stifters zum Erbanfall, wenn die Herrschaftsbefugnisse des Stifters vererblich sind. Bei einem Erbanfall mit Auslandsberührung (hier: Liechtenstein) ist auf der Grundlage zivilrechtlicher Vorschriften zu entscheiden, welches nationale Recht für den Erbanfall maßgebend ist und ob ein im Ausland befindlicher Vermögensgegenstand zum Nachlassvermögen gehört, der durch den Erbanfall auf den Erben übergeht. [LS der Redaktion]
Der Kl. und Revisionskl. (Kl.) ist aufgrund eines notariellen Testaments aus 2005 Alleinerbe der 1906 geborenen und im Juli 2009 verstorbenen Erblasserin (E). Die Erblasserin hatte als Stifterin im Jahr 1999 Vermögen auf eine neu gegründete Stiftung übertragen. Die Stiftung war als unbefristete Stiftung i.S.d. Art. 552 ff. des liechtensteinischen Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR) mit Sitz in V., Liechtenstein, errichtet worden. Zweck der Stiftung war laut Statut von 1999 die Ausrichtung von Beiträgen bestimmter Familien, nach dem Tod der Erstbegünstigten, der E, jedoch ausschließlich die Ausrichtung von Beiträgen an Projekten des O. Der von der Stifterin bestellte Stiftungsrat konnte in Beistatuten Begünstigte bestimmen, ferner einstimmig die Statuten ändern und die Stiftung in eine andere Rechtsform umwandeln oder auflösen. Aus einer späteren Bestätigung der Mitglieder des Stiftungsrats ergibt sich, dass der Stiftungsrat im Rahmen der Mandatsausübung in vollem Umfang an die Anweisungen der E gebunden und nicht zu einer selbständigen Ausübung des Mandats berechtigt war. In einem Statut aus 2009 war geregelt, dass ergänzend Ausschüttungen an natürliche und juristische Personen außerhalb des genannten Familienkreises vorgenommen werden konnten. Die Stifterin konnte im Rahmen des Beistatuts oder eines Reglements konkrete und verbindliche Kriterien für die dem Stiftungsrat obliegende Verwaltung des Stiftungsvermögens festlegen. Sie konnte die Statuten und Beistatuten jederzeit abändern sowie die Stiftung jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen. Mit Beistatut aus 2009 bestimmte der Stiftungsrat der Stiftung die E jeweils zur Erstbegünstigten. Nach deren Tode waren Beträge für den Kurator sowie für den Tierschutz vorgesehen. Begünstigter des restlichen Vermögens war der Kl. Das Beistatut war zu Lebzeiten der E widerruflich und nach deren Tode unwiderruflich. Die aus der Stiftung von 1999 bis 2008 erzielten Erträge hatte die Erblasserin bei der Einkommensteuer nicht erklärt. Dies holte der Kl. nach ihrem Tode am 11.8.2009 nach. Zudem gab er am 28.1.2010 eine Erbschaftsteuererklärung ab.
Im Rahmen des Klageverfahrens berücksichtigte das FA mit Änderungsbescheid vom 28.10.2014 weitere Nachlassverbindlichkeiten und setzte die Steuer entsprechend herab. Im Übrigen blieb die Kl. erfolglos. Mit der Revision beantragt der Kl., unter Aufhebung der Vorentscheidung den Erbschaftsteuerbescheid vom 28.10.2014 dahin gehend zu ändern, dass die Erbschaftsteuer ohne Einbeziehung des in der Stiftung eingelegten Vermögens in Höhe von 1.188.657 € festgesetzt wird. Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.
II. [13] Die Revision ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§ 126 IV FGO). Das FG hat im Ergebnis zu Recht entschieden, dass das dem Kl. zustehende (restliche) Stiftungsvermögen der Erbschaftsteuer unterliegt. Die vom Kl. insoweit erworbene Forderung der E gegen die Stiftung auf Auskehrung deren Vermögens ist Teil seines steuerpflichtigen Erwerbs von Todes wegen.
[14] 1. Der Erbschaftsteuer unterliegt nach § 1 I Nr. 1 i.V.m. § 3 ErbStG der Erwerb von Todes wegen.
[15] Als Erwerb von Todes wegen gilt gemäß § 3 I Nr. 1 ErbStG u.a. der Erwerb durch Erbanfall nach § 1922 BGB. Der steuerrechtliche Erwerb tritt grundsätzlich in der Person desjenigen ein, der auch zivilrechtlich Erwerber ist. Ist der Erblasser zur Zeit seines Todes ein Inländer, der nach § 2 I Nr. 1 Satz 2 lit. a ErbStG im Inland einen Wohnsitz hatte, wird die Steuerpflicht nach § 2 I Nr. 1 ErbStG begründet.
[16] 2. Bei einem Erbanfall mit Auslandsberührung ist auf der Grundlage zivilrechtlicher Vorschriften zu entscheiden, welches nationale Recht für den Erbanfall maßgebend ist und ob ein im Ausland befindlicher Vermögensgegenstand zum Nachlassvermögen gehört, der durch den Erbanfall auf den Erben übergeht.
[17] a) Die Rechtsnachfolge von Todes wegen (das Erbstatut) unterliegt nach Art. 25 I des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) i.d.F. vor Inkrafttreten des Gesetzes zum Internationalen Erbrecht und zur Änderung von Vorschriften zum Erbschein sowie zur Änderung sonstiger Vorschriften (IntErbRVG) vom 29.6.2015 (BGBl I 2015 1042) dem Recht des Staats, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte.
[18] Die VO (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4.7.2012 über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Annahme und Vollstreckung öffentlicher Urkunden in Erbsachen sowie zur Einführung eines Europäischen Nachlasszeugnisses – EuErbVO – (ABl. der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 201 vom 27.7.2012, S.107) ist auf Todesfälle vor dem 17.8.2015 nicht anwendbar. Sie findet nach Art. 83 I EuErbVO erst auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung, die am 17.8.2015 oder danach verstorben sind. Art. 25 EGBGB i.d.F. des IntErbRVG, der die entsprechende Anwendung des Kapitels III der EuErbVO anordnet, soweit die Rechtsnachfolge von Todes wegen nicht in den Anwendungsbereich der VO fällt, ist nach Art. 22 I IntErbRVG erst am 17.8.2015 in Kraft getreten (vgl. im Ergebnis ebenso Beschl. des Schleswig-Holsteinischen OLG vom 25.4.2016 – 3 Wx 122/15 (IPRspr 2016-192), ZEV 2016, 502 Rz. 26–29).
[19] b) Erbstatut ist im Streitfall das deutsche Recht, da E zum Zeitpunkt ihres Todes deutsche Staatsangehörige war.
[20] aa) Nach § 1922 i.V.m. § 1942 BGB geht das vererbbare Vermögen (Erbschaft) im Wege der Gesamtrechtsnachfolge als Ganzes auf den oder die Erben über. Die Universalsukzession ist nicht disponibel. Eine wirtschaftliche Betrachtungsweise ist insoweit ausgeschlossen (vgl. BFH, Urt. vom 7.12.2016 – II R 21/14, BFHE 256, 381 = BStBl II 2018, 196 Rz. 10).
[21] bb) Das Vermögen einer intransparenten, wirksam gegründeten und rechtlich selbständigen Stiftung ist dem Stifter nicht mehr zuzurechnen und kann schon deshalb nach inländischem Erbrecht – unabhängig von dem ausländischen Personalstatut der Stiftung – nicht mehr der gesetzlichen Erbfolge oder einer Verfügung von Todes wegen unterliegen. Vermögenswerte, die zum Zeitpunkt des Erbfalls nicht mehr zum Vermögen des Erblassers gehören, sind kein Nachlassvermögen und der letztwilligen Verfügung des Erblassers entzogen. Ist einer Stiftung vor dem Erbfall tatsächlich und rechtlich wirksam Vermögen zugeflossen, ist es nur noch der Stiftung zuzuordnen. Der Tod des Stifters ist insoweit erbschaftsteuerrechtlich nicht von Bedeutung.
[22] cc) Sind jedoch nach den getroffenen Vereinbarungen und Regelungen dem Stifter umfassende Herrschaftsbefugnisse über das Vermögen einer ausländischen Stiftung vorbehalten, so dass die Stiftung gehindert ist, über das ihr übertragene Vermögen dem Stifter gegenüber tatsächlich und frei zu verfügen, ist das Vermögen weiterhin dem Stifter zuzurechnen (vgl. BFH, Urt. [vom 28.6.2007 – II R 21/05], BFHE 217, 254 = BStBl II 2007, 669, unter II.2.b). Herrschaftsbefugnisse in diesem Sinne ergeben sich z.B. durch den Vorbehalt des Stifters in Bezug auf die Entscheidungen über die Anlage und Verwendung des Vermögens, die Möglichkeit, ganz oder teilweise die Rückübertragung des Vermögens zu verlangen, und die Weisungsunterworfenheit der Stiftung und ihrer Organe gegenüber dem Stifter (vgl. BFH-Urteil in BFHE 217, 254 = BStBl II 2007, 669, unter II.2.b). Der Stifter kann aufgrund seiner Befugnisse über das Vermögen der Stiftung wie über ein eigenes Bankguthaben verfügen. Dies gilt mangels Änderungen der Vereinbarungen oder anderweitiger Zwischenverfügungen bis zum Todeszeitpunkt.
[23] c) Vom maßgeblichen Erbstatut ist die kollisionsrechtlich gesondert anzuknüpfende Vorfrage zu unterscheiden, ob ein Recht nach dem Tode des Erblassers noch vorhanden ist und einen Nachlassgegenstand darstellt (vgl. Beschl. des BGH vom 3.12.2014 – IV ZB 9/14 (IPRspr 2014-137), NJW 2015, 623 Rz. 28).
[24] aa) Ob Rechte, die ihren Grund im Stiftungsrecht haben, dem Grunde nach vererblich sind, richtet sich nach dem Personalstatut der Stiftung. Dieses Personalstatut ist maßgeblich für die Entscheidung, ob das Vermögen der Stiftung vererbbar i.S.d. § 1922 BGB ist. Eine Vererbung des Stiftungsvermögens kommt nur in Betracht, wenn dieses in Durchbrechung des Trennungsprinzips zunächst dem Stifter aufgrund der ihm zustehenden Herrschaftsbefugnisse zuzurechnen war. Weitere Voraussetzung ist, dass die Herrschaftsbefugnisse des Stifters ebenfalls vererbt werden können und deshalb beim Ableben des Stifters auf dessen Erben übergehen. Sind die Herrschaftsbefugnisse vererblich, tritt der Erbe damit auch bzgl. des Stiftungsvermögens in die Rechtsstellung des Stifters ein. Das Stiftungsvermögen gehört in einem solchen Fall grundsätzlich zum Nachlassvermögen des Stifters i.S.d. § 1922 BGB.
[25] bb) Sind die Herrschaftsbefugnisse des Stifters dagegen nicht vererblich, erlöschen sie mit dem Tode des Stifters ersatzlos. Damit entfällt zugleich die Zurechnung des Stiftungsvermögens beim Stifter bzw. dessen Erben. Rechtsnachfolger hins. des Stiftungsvermögens ist in diesem Fall die Stiftung selbst.
[26] d) Personalstatut der Stiftung ist im Streitfall das Recht des Fürstentums Liechtenstein (entsprechend für eine liechtensteinische Anstalt BGH, Beschl. in NJW 2015, 623 (IPRspr 2014-137) Rz. 29).
[27] aa) Nach liechtensteinischem Recht richtet sich nicht nur die Wirksamkeit der Gründung der Stiftung, sondern auch die Vererblichkeit stiftungsrechtlicher Rechte und Pflichten. Das gilt sowohl für eine intransparente, also rechtlich selbständige Stiftung mit eigenem Stiftungsvermögen als auch für eine transparente Stiftung, deren Vermögen wegen Durchbrechung des Trennungsprinzips dem Stifter zuzurechnen ist.
[28] bb) Es ist in erster Linie Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz, das maßgebende ausländische Recht gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 293 der Zivilprozessordnung (ZPO) von Amts wegen zu ermitteln. Entsprechende Feststellungen sind für das Revisionsgericht nach § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 560 ZPO grundsätzlich bindend, sofern sie nicht nur kursorischer Natur sind (vgl. BFH, Urt. vom 19.1.2017 – IV R 50/14 (IPRspr 2017-22), BFHE 257, 35 = BStBl II 2017, 456 Rz. 60, 61, m.w.N.). Dadurch ist das Revisionsgericht aber nicht generell daran gehindert, vom FG nicht berücksichtigtes ausländisches Recht zu ermitteln und der Entscheidung zugrunde zu legen (vgl. BGH, Beschl. in NJW 2015, 623 (IPRspr 2014-137) Rz. 24, m.w.N.).
[29] 3. Der vom Kl. als Alleinerbe erworbene Anspruch gegen die Stiftung auf Auskehrung des Stiftungsvermögens gehört zu dem der Erbschaftsteuer unterliegenden Erwerb von Todes wegen.