Eine Gesellschaft in der Rechtsform einer General Partnership (GP), die in Großbritannien als steuerlich transparent behandelt wird, ist aufgrund des Rechtstypenvergleichs ihrer Struktur nach mit einer Personengesellschaft deutschen Rechts vergleichbar.
Besteht nur eine Betriebsstätte (Stammhaus) der Gesellschaft, können die gewerblichen Gewinne nur dieser zugeordnet werden. Es gibt prinzipiell keine „betriebsstättenlosen“ gewerblichen Einkünfte. [LS der Redaktion]
Die Kl. und Revisionsbeklagte ist eine GP mit Sitz in London. Sie wurde mit Gesellschaftsvertrag vom 20.12.2007 nach englischem Recht gegründet. Gesellschafter der Kl. sind die in A (Inland) wohnenden Beigeladenen zu 1) und 2). Geschäftszweck ist der Handel mit Edelmetallen (einschl. Optionen u. Derivate). Außerdem darf die Kl. auch Handels- oder Beratungsdienstleistungen gegenüber Dritten erbringen.
Im Januar 2009 reichte die Kl. die Erklärung zur Feststellung von Grundlagen für die Einkommensbesteuerung für 2007 beim Bekl. und Revisionskläger (FA) ein. Das FA ließ die Ausgaben für das im Jahr 2007 erworbene Gold nicht sofort zum Abzug zu. Hiergegen legte die Kl. Einspruch ein. Im April 2010 begann bei der Kl. eine Betriebsprüfung durch das FA A (2007/2008). Mit Bescheid vom 30.3.2011 hob das FA den Feststellungsbescheid für 2007 sowie den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Hiergegen legte die Kl. am 6.4.2011 nochmals Einspruch ein. Der Einspruch hatte keinen Erfolg.
Die hiergegen erhobene Klage, mit welcher die Kl. die Feststellung eines nach DBA steuerfreien, im Inland dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Verlusts von ... € begehrte, war erfolgreich. Das FG verpflichtete das FA mit Urteil vom 11.3.2013 (6 K 3045/11 F), den von der Kl. beantragten Feststellungsbescheid 2007 zu erlassen. Hiergegen richtet sich die Revision des FA, mit der es eine Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt.
B. [19] Die Revision des FA ist unbegründet und daher nach § 126 II FGO zurückzuweisen ...
[22] Die Kl. ist eine GP, die in Großbritannien als steuerlich transparent behandelt wird (vgl. Wassermeyer-Levedag, DBA, Großbritannien [136. Erg.-Lfg.] Anh. Rz 41) und die aufgrund des Rechtstypenvergleichs ihrer Struktur nach auch in Deutschland mit einer Personengesellschaft deutschen Rechts vergleichbar ist. Das ist unter den Beteiligten unstreitig und bedarf keiner weiteren Erörterung. Danach ist für Zwecke der Abkommensanwendung infolge des inländischen Wohnsitzes der Beigeladenen (Gesellschafter) Deutschland der Ansässigkeitsstaat ...
[48] c) Besteht nur eine Betriebsstätte (Stammhaus), können die gewerblichen Gewinne nur dieser zugeordnet werden. Es gibt prinzipiell keine ‚betriebsstättenlosen’ gewerblichen Einkünfte (floating income; vgl. BFH-Urteil vom 19.12.2007 – I R 19/06, BFHE 220, 160, BStBl. II 2010, 398, unter II. 1. b bb bbb). Danach sind die gewerblichen Gewinne ausschließlich der Betriebsstätte in Großbritannien und anteilig den Beigeladenen zuzurechnen. Sie sind dort steuerpflichtig und unterliegen in Deutschland im Grundsatz dem Progressionsvorbehalt [Art. III Abs. 2, VIII Abs. 2, XVIII Abs. 2 lit. a des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Vereinigten Königreich Großbritannien und Nordirland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung (DBA Großbritannien) vom 26.11.1964 i.d.F. des Revisionsprotokolls vom 23.3.1970 (BGBl. 1966 II 359; 1971 II 46); § 32b I 1 Nr. 3 EStG] ...
[56] (1) Nach den §§ 238 ff. HGB ist jeder Kaufmann verpflichtet, Bücher zu führen. Personenhandelsgesellschaften in Form der OHG und KG gelten als Kaufmann (§ 6 I HGB). Auch eine Gesellschaft ausländischen Rechts kann unter § 6 I HGB fallen (Winkeljohann-Henckel, Beck'scher Bilanz-Kommentar, 10. Aufl., § 238 Rz 47). Allerdings können die §§ 238 ff. HGB für eine ausländische Personengesellschaft allenfalls dann eingreifen, wenn sie entweder ihren Verwaltungssitz im Inland hat (vgl. MünchKommBil-Graf, 2013, § 238 HGB Rz 10 ff.) oder über eine inländische Zweigniederlassung verfügt (MünchKommHGB-Krafka, 3. Aufl., § 13d Rz 17).
[57] Beides ist im Streitfall nicht gegeben. Die Kl. hat ihren Sitz in London und verfügt alleine dort – wie ausgeführt – über eine Betriebsstätte.
[58] (2) Eine steuerrechtliche Buchführungspflicht nach § 141 AO besteht nicht. Denn es fehlt – wie vom FG bindend festgestellt – an der erforderlichen Aufforderung durch die Finanzbehörde (vgl. § 141 II AO).
[59] bb) ... [60] (1) Es ist Aufgabe des FG als Tatsacheninstanz, das maßgebende ausländische Recht gemäß § 155 Satz 1 FGO i.V.m. § 293 ZPO von Amts wegen zu ermitteln (z.B. BFH-Urt. vom 13.6.2013 – III R 63/11, BFHE 242, 34, BStBl. II 2014, 711 Rz 26 m.w.N.). Wie das FG das ausländische Recht ermittelt, steht in seinem pflichtgemäßen Ermessen (BFH-Urt. vom 19.12.2007 – I R 46/07, BFH/NV 2008, 930). Dabei lassen sich die Anforderungen an Umfang und Intensität der Ermittlungspflicht des Tatrichters nur in sehr eingeschränktem Maße generell-abstrakt bestimmen. An die Ermittlungspflicht werden umso höhere Anforderungen zu stellen sein, je komplexer oder je fremder das anzuwendende Recht im Vergleich zum eigenen ist. Gleiches wird man annehmen müssen, wenn die Beteiligten die ausländische Rechtspraxis detailliert und kontrovers vortragen (s.a. BGH, Urt. vom 30.4.1992 – IX ZR 233/90 (IPRspr. 1992 Nr. 265), BGHZ 118, 151, unter B. I. 2. b).
[61] Eine Revision kann nicht darauf gestützt werden, die Vorentscheidung beruhe auf der fehlerhaften Anwendung ausländischen Rechts; das ausländische Recht gehört nicht zum Bundesrecht i.S. des § 118 I FGO. Vielmehr sind die Feststellungen zu Bestehen und Inhalt des ausländischen Rechts für das Revisionsgericht grunds. bindend (§ 155 FGO i.V.m. § 560 ZPO). Sie sind revisionsrechtlich wie Tatsachenfeststellungen zu behandeln (z.B. BFH-Urt. vom 14.5.2002 – VIII R 67/01, BFH/NV 2002, 1294; Hübschmann-Hepp-Spitaler-Lange, AO [240. Lfg.], § 118 FGO Rz 65 f.; Beermann-Gosch-Werth, FGO [Stand: Juli 2015] § 118 Rz 21 ff.). Allerdings entfällt die Bindungswirkung, soweit die erstinstanzlichen Feststellungen auf einem nur kursorischen Überblick über die zu behandelnde Materie beruhen (BFH-Urteil vom 13.6.2013 aaO Rz 34 m.w.N.). In diesem Fall liegt ein materieller Mangel der Vorentscheidung vor (Beermann-Gosch-Werth aaO Rz 22). Im Übrigen ist aufgrund einer entspr. Verfahrensrüge zu prüfen, ob das FG die Ermittlungen zur Feststellung frei von Verfahrensmängeln durchgeführt hat, insbes. das ihm eingeräumte Ermessen pflichtgemäß ausgeübt und die Erkenntnisquellen genutzt hat (Beermann-Gosch-Werth aaO Rz 23).
[62] (2) Danach hat das FG für den Senat bindend festgestellt, dass eine GP in Großbritannien nicht verpflichtet ist, Bücher zu führen und Abschlüsse zu machen.
[63] (a) Die entspr. Passagen im FG-Urteil sind zwar kurz gehalten. Allerdings hat das FG auch auf das Schreiben der in London ansässigen Anwaltskanzlei B vom 3.4.2009 Bezug genommen ... Ein nur kursorischer Überblick liegt daher nicht vor.
[64] (b) Die Rüge des FA, das FG habe bei Ermittlung des ausländischen Rechts seine Amtsermittlungspflicht (§ 76 I FGO) verletzt, hat unter Berücksichtigung der im Streitfall gegebenen Umstände keinen Erfolg.
[65] Das FA hat zwar im Revisionsverfahren ausgeführt, die Buchführungspflicht könne sich aus den britischen ‚Generally accepted accounting principles’ und aus der Rspr. zu vergleichbaren Fällen ergeben. Diese Einschätzung – so das FA – bestätige auch die Auskunft der britischen Steuerverwaltung. Danach hätte sich das FG nicht allein auf das Schreiben der englischen Anwaltskanzlei verlassen dürfen.
[66] Diese Einwände hätte das FA aber vor dem FG erheben müssen. Dies ist nicht geschehen.