Nach dem neben § 136 FamFG anwendbaren § 148 ZPO ist es in das Ermessen des Familiengerichts gestellt, ob es ein inländisches Scheidungsverfahren aussetzt, wenn eine Auslandsscheidung, über deren Anerkennung im Inland (noch) nicht entschieden wurde, eingewendet wird.
Da die Einleitung eines Verfahrens auf Anerkennung der Auslandsscheidung nach § 107 FamFG nur von den Beteiligten beantragt werden kann, das hiesige Scheidungsverfahren aber nicht auf unbestimmte Zeit auszusetzen ist, ist die Aussetzung angemessen zu befristen, um die Anerkennung der Auslandsscheidung durch einen Beteiligten beantragen und betreiben zu können.
Der ASt. und die AGg. haben am ... in Russland geheiratet. Sie sind beide deutsche und russische Staatsangehörige. Die Ehegatten übersiedelten ... nach Deutschland und leben seit vielen Jahren getrennt. Die Ehefrau tritt dem im Jahr 2016 gestellten Scheidungsantrag des Ehemanns unter Hinweis auf einen Scheidungsausspruch eines russischen Gerichts vom ... 2013 entgegen, den sie durch Vorlage des Originals nebst beglaubigter Übersetzung eines Ehescheidungsscheins vom ... 2013 glaubhaft gemacht hat. Der Ehemann erklärt, er wisse nichts von einem Scheidungsverfahren in Russland. Ihm sei weder ein Scheidungsantrag noch ein Urteil zugestellt worden.
Mit der angefochtenen Entscheidung hat das AG das Scheidungsverfahren gemäß § 113 I FamFG und § 148 ZPO ausgesetzt und die Ehegatten darauf verwiesen, das Verfahren zur Anerkennung der Auslandsscheidung zu betreiben. Die Aussetzung sei, so die Nichtabhilfeentscheidung, auch zulässig, um die vorgreifliche Anerkennungsentscheidung erst zu veranlassen. Mit der sofortigen Beschwerde wendet der Ehemann ein, dass er keine Unterlagen über ein Scheidungsverfahren in Russland besitze. Der Ehefrau müsse daher aufgegeben werden, einen Antrag auf Anerkennung des russischen Scheidungsausspruchs zu stellen.
[1]II. Die gemäß § 113 I FamFG i.V.m. § 252 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig. [...] Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
[2]Das AG hat zutreffend erkannt, dass die Aussetzung des Scheidungsverfahrens im Hinblick auf den von der Ehefrau behaupteten russischen Scheidungsausspruch in Betracht kommt. Wie der Senat in seinem auch das vorliegende Verfahren betreffenden Beschluss vom 29.8.2017 (6 WF 132/17) ausgeführt hat, ist trotz der gemeinsamen russischen Staatsangehörigkeit der Ehegatten nicht von einer nach § 107 I 2 FamFG ohne weiteres beachtlichen Heimatscheidung auszugehen, weil beide auch die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen und diese der russischen nach Art. 5 I 2 EGBGB vorgeht. Die Aussetzungsmöglichkeiten im Scheidungsverfahren sind auch nicht auf die der Eheerhaltung dienende Aussetzung nach § 136 FamFG beschränkt. Parallel ist auch die Aussetzung zur Klärung vorgreiflicher Rechtsverhältnisse nach § 148 ZPO möglich (Keidel-Weber, FamFG, 19. Aufl. [2017], § 136 Rz. 3). Zutreffend betont das AG, dass diese Aussetzung unbeschadet des Umstands in Betracht kommt, dass ein noch nicht anerkanntes ausländisches Scheidungserkenntnis im Inland keine Rechtswirkungen entfaltet. Die Anwendung des § 148 ZPO kann in Fällen einer im Ausland möglicherweise schon erfolgten Scheidung geboten sein, weil eine Anerkennungsentscheidung zur rückwirkenden Feststellung der Scheidung bezogen auf den Zeitpunkt der Rechtskraft der Auslandsscheidung führt (BGH, Urt. vom 6.10.1982, IV b ZR 729/80 (IPRspr. 1982 Nr. 170) Rz. 20). Dies kann hins. der Scheidungsfolgen, z.B. bei der Bestimmung des Ehezeitendes nach § 3 I VersAusglG, oder hins. der Abstammung von Kindern (§ 1592 Nr. 1 BGB) zu Rechtsunsicherheiten führen.
[3]Nach § 148 ZPO ist es in das – im Beschwerdeverfahren nach bisheriger Rechtsprechung nur begrenzt überprüfbare (BGH, Beschl. vom 12.12.2005, – II ZB 30/04 Rz. 6) – Ermessen des FamG gestellt, ob es das inländische Scheidungsverfahren aussetzt, wenn eine ausländische Scheidungsentscheidung eingewandt wird. Der Rechtsauffassung, wonach das inländische Verfahren in solchen Fällen regelmäßig von Amts wegen auszusetzen sei, ist der BGH zu Recht unter Hinweis darauf entgegengetreten, dass die Anerkennung der ausländischen Scheidung nach § 107 IV 1 FamFG nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag herbeigeführt werden kann und das FamG nicht antragsberechtigt ist (BGH, Urt. vom 6.10.1982 aaO Rz. 18 f.). Das Anerkennungsverfahren stellt die Anerkennung der Auslandsentscheidung im Inland ausdrücklich der Entscheidung der Beteiligten anheim. Eine Pflicht zur amtswegigen Aussetzung solcher Verfahren, für die die Anerkennung der Scheidung eine Vorfrage darstellt, würde die Verfahrensbeteiligten einem indirekten Zwang zur Durchführung des Verfahrens aussetzen, der mit seiner dispositiven Ausgestaltung des Anerkennungsverfahrens nicht in Übereinstimmung stehen würde (OLG Hamburg, Beschl. vom 14.4.2014 – 2 W 17/11 (IPRspr 2014-116) Rz. 12, juris). Im Hinblick auf den Justizgewähranspruch der Beteiligten muss – und das hat das AG ermessensfehlerhaft außer Betracht gelassen – berücksichtigt werden, dass das Scheidungsverfahren nicht auf unbestimmte Zeit ausgesetzt bleiben kann (vgl. OLG Karlsruhe, Beschl. vom 17.9.1990 – WF 54/89 (IPRspr. 1990 Nr. 223) Rz. 11, juris). Auch muss dem praktischen Gesichtspunkt Rechnung getragen werden, dass möglicherweise nur einer der Ehegatten die ausländische Scheidung betrieben hat und der andere nicht über die notwendigen Dokumente verfügt, um Anträge auf Prüfung der Anerkennungsfähigkeit stellen zu können. Der BGH hatte deshalb darauf hingewiesen, dass den Ehegatten im Fall der Aussetzung in entsprechender Anwendung auch des § 151 ZPO a.F. eine Frist gesetzt werden könnte, innerhalb derer sie das Anerkennungsverfahren betreiben sollten (BGH, Urt. vom 6.10.1982 aaO Rz. 20). Nachdem § 151 ZPO außer Kraft getreten ist und § 154 ZPO keine Rechtsgrundlage für entsprechende Fristsetzung bietet (Zöller-Greger, 32. Aufl. [2017], § 154 ZPO Rz. 2), bietet sich die hier gefundene Lösung an, die Aussetzung von vorneherein zeitlich bis zur Einleitung sowie Erledigung des Anerkennungsverfahrens nach § 107 FamFG zu beschränken.