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Verfahrensgang

LAG Düsseldorf, Urt. vom 10.01.2017 – 3 Sa 736/15, IPRspr 2017-101
BAG, Urt. vom 14.12.2017 – 2 AZR 216/17, IPRspr 2017-240

Rechtsgebiete

Zuständigkeit → Gerichtsbarkeit

Leitsatz

Ein ausländischer Staat unterliegt in Bezug auf eine Kündigungsschutzklage nicht der deutschen Gerichtsbarkeit, wenn dem Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt auch konsularische Tätigkeiten oblegen haben. Dies gilt grundsätzlich unabhängig davon, wie häufig oder in welchem zeitlichen Umfang der Arbeitnehmer solche Tätigkeiten tatsächlich ausgeübt hat.

Rechtsnormen

GG Art. 25
GVG § 20
KSchG § 4
StaatenimmunÜ-EU Art. 32
WKÜ Art. 5
ZPO §§ 562 f.; ZPO § 564

Sachverhalt

Die Parteien streiten darüber, ob das beklagte Königreich Spanien hins. der vorliegenden Klage der deutschen Gerichtsbarkeit unterliegt. Die Kl. ist span. Staatsangehörige und war seit April 2008 bei einem span. Generalkonsulat als „Verwaltungshilfsangestellte“ beschäftigt. Zum Aufgabengebiet der Kl. gehörten nach der Stellenbeschreibung die für einen kaufmännischen Gehilfen typischen Tätigkeiten, Sekretariatsaufgaben, Postein- und -ausgang, Erledigung von Korrespondenz, telefonische Beratung sowie Aufgaben, die ihr vom Leiter der konsularischen Vertretung anvertraut werden. Ende Februar/Anfang März 2014 erhielt die Kl. die Anweisung, die Abteilung Standesamt und Gerichtliche Angelegenheiten sowie die Visaabteilung des Generalkonsulats zu unterstützen. Die Kl. verweigerte die Übernahme dieser Tätigkeiten. In einem daraufhin vom beklagten Königreich gegen die Kl. eingeleiteten Disziplinarverfahren wurde entschieden, diese mit sofortiger Wirkung aus dem Dienst zu entlassen. Die Kl. hat gegen das entspr. Schreiben vom 14.10.2014 erfolglos Widerspruch eingelegt.

Mit ihrer am 29.10.2014 beim ArbG eingegangenen Klage hat sich die Kl. gegen eine ihres Erachtens mit dem Schreiben vom 14.10.2014 erklärte Kündigung gewandt. Das ArbG hat die Klage nach Anordnung der abgesonderten Verhandlung für zulässig erachtet. Das LAG hat die dagegen gerichtete Berufung des beklagten Königreichs zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt dieses seinen Klageabweisungsantrag weiter.

Aus den Entscheidungsgründen:

[10] Die Revision ist begründet. Das LAG hat zwar zutreffend angenommen, die Kl. habe konsularische Aufgaben für das beklagte Königreich wahrgenommen. Mit der von ihm gegebenen Begründung durfte das LAG aber nicht annehmen, das beklagte Königreich habe darauf verzichtet, sich auf Staatenimmunität zu berufen. Das führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das LAG (§§ 562 I, 563 I 1 ZPO).

[11] I. Die Würdigung des LAG, das beklagte Königreich sei im vorliegenden Rechtsstreit grunds. nicht der deutschen Gerichtsbarkeit unterworfen, sondern genieße – sollte es darauf nicht verzichtet haben – Staatenimmunität, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

[12] 1. Nach § 20 II GVG i.V.m. dem allgemeinen Völkergewohnheitsrecht als Bestandteil des Bundesrechts (Art. 25 GG) sind Staaten und die für sie handelnden Organe der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen, soweit ihre hoheitliche Tätigkeit betroffen ist. [...] Demgegenüber besteht keine allgemeine Regel des Völkerrechts, die die inländische Gerichtsbarkeit für Klagen gegen einen ausländischen Staat ausschlösse, in denen seine nicht-hoheitliche Betätigung zur Beurteilung steht (BAG, 29.6.2017 – 2 AZR 759/16 (IPRspr 2017-231b), Rz. 11; 18.12.2014 – 2 AZR 1004/13 (IPRspr 2014-193), Rz. 16).

[13] a) Die Abgrenzung zwischen hoheitlicher und nicht-hoheitlicher Staatstätigkeit richtet sich nach dem rechtlichen Charakter der umstrittenen staatlichen Handlung oder des streitigen Rechtsverhältnisses. Es kommt darauf an, ob der ausländische Staat in Ausübung der ihm zustehenden Hoheitsgewalt oder wie eine Privatperson tätig geworden ist (BAG, 18.12.2014 aaO Rz. 17; 10.4.2014 – 2 AZR 741/13 (IPRspr 2014-70b), Rz. 18). In Ermangelung völkerrechtlicher Unterscheidungsmerkmale ist diese Abgrenzung grunds. nach dem Recht am Sitz des entscheidenden Gerichts vorzunehmen (BVerfG, 17.3.2014 aaO Rz. 21; BAG, 18.12.2014 aaO; 10.4.2014 aaO Rz. 19; BGH, 30.1.2013 – III ZB 40/12 (IPRspr. 2013 Nr. 277), Rz. 11). Stets hoheitlich ist lediglich das staatliche Handeln, das dem Kernbereich der Staatsgewalt zuzurechnen ist ...

[15] aa) Das beklagte Königreich Spanien hat das Europäische Übereinkommen über Staatenimmunität vom 16.5.1972 (BGBl. 1990 II 34) bislang weder unterzeichnet noch ratifiziert. Im Übrigen berührt das Übereinkommen nach seinem Art. 32 nicht die Vorrechte und Immunitäten im Zusammenhang mit der Wahrnehmung der Aufgaben der diplomatischen Missionen und der konsularischen Vertretungen sowie der diesen angehörenden Personen. Zu letzteren zählen auch Arbeitnehmer, sofern sie originär konsularische Aufgaben wahrnehmen (vgl. BAG, 25.10.2001 – 2 AZR 501/00 (IPRspr. 2001 Nr. 127) [II. 3 der Gründe]; a.A. wohl Majer, NZA 2010, 1395, 1398) ...

[19] (a) Eine Geltung als Völkervertragsrecht scheidet aus, da das UN-Übereinkommen weder von Deutschland noch von – wie für sein Inkrafttreten erforderlich – mindestens 30 Staaten ratifiziert ist.

[20] (b) Das in Form einer UN-Resolution verabschiedete UN-Übereinkommen stellt als sog. soft law für sich genommen keine eigene Völkerrechtsquelle dar (vgl. Maunz-Dürig-Herdegen, GG [Stand September 2017] Art. 25 Rz. 34 m.w.N.).

[21] (c) ... An einer ... einheitlichen Staatenpraxis fehlt es jedenfalls in Bezug auf Art. 11 UN-Übereinkommen in den Unterzeichnerstaaten des Übereinkommens, das in seinem Art. 5 ebenfalls Regelungen für Verfahren betreffend Arbeitsverträge vorsieht, die indes von Art. 11 UN-Übereinkommen abweichen. [...] Vielmehr grenzt es hoheitliche von nicht-hoheitlicher Tätigkeit eines Staats mangels einer Kategorisierung im allgemeinen Völkerrecht weiterhin nach nationalem Recht ab (vgl. BVerfG, 17.3.2014 aaO Rz. 20 f.). Dies schließt ernst zu nehmende Zweifel an dem maßgeblichen Rechtszustand aus.

[22] c) Danach sind für die Einordnung der vorliegenden arbeitsrechtlichen Streitigkeit die der Kl. übertragenen Aufgaben maßgeblich. Ob diese hoheitlich waren, richtet sich nicht nach der Form der Rechtsbeziehung als entweder privatrechtlicher Vertrag oder öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis. Es kommt vielmehr auf den Inhalt der übertragenen Tätigkeit und einem funktionalen Zusammenhang mit diplomatischen oder konsularischen Aufgaben an (BAG, 29.6.2017 aaO; 18.12.2014 aaO Rz. 18).

[23] aa) ... [25] (2) Ein funktionaler Zusammenhang des Arbeitsverhältnisses mit der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben des staatlichen Arbeitgebers kann ... auch dann vorliegen, wenn der Arbeitnehmer nach dem Vertragsinhalt zu entspr. Tätigkeiten zumindest verpflichtet ist (vgl. zum – fiktiv rückblickenden – Beurteilungsmaßstab bei einer Befristungskontrollklage BAG, 21.3.2017 – 7 AZR 207/15 (IPRspr 2017-104), Rz. 41, BAGE 158, 266). Dies gilt jedenfalls dann, wenn – wie bei einer Kündigungsschutzklage – Streit über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses insgesamt besteht. Die Betroffenheit des staatlichen Arbeitgebers in seiner hoheitlichen Tätigkeit kann in einem solchen Fall nur einheitlich für das gesamte Vertragsverhältnis beurteilt werden. Allein ein solches Verständnis trägt zudem dem Zweck der völkergewohnheitsrechtlichen Staatenimmunität Rechnung, wonach Staaten gerade auch in der Organisation ihrer hoheitlichen Tätigkeit frei und insofern der Gerichtsbarkeit anderer Staaten nicht unterworfen sind. Der Staatenimmunität im Erkenntnisverfahren liegt das Prinzip der Nichteinmischung in die Ausübung hoheitlicher Befugnisse des ausländischen Staates zugrunde (BAG, 3.7.1996 – 2 AZR 513/95 (IPRspr. 1996 Nr. 134) [II. 1 der Gründe], BAGE 83, 262; Schack, Int. Zivilverfahrensrecht, 5. Aufl., Rz. 175). Die diplomatischen bzw. konsularischen Beziehungen dürfen nicht behindert werden (ne impediatur legatio, vgl. BVerfG, 13.12.1977 – 2 BvM 1/76 [C. II. 3 der Gründe], BVerfGE 46, 342; Seidl-Hohenveldern, ZfRV 1990, 300, 302 f.; ders., RIW 1993, 237, 239). Diese Gefahr besteht jedoch, wenn der auswärtige Staat verpflichtet würde, einen Arbeitsvertrag fortzuführen, der Grundlage für die Mitwirkung eines Arbeitnehmers an der Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben des Staats ist oder sein kann.

[26] bb) ... Hat der Arbeitnehmer dagegen entsprechend seiner vertraglichen Verpflichtung (auch) solche Tätigkeiten bereits tatsächlich ausgeübt, kommt es grunds. nicht darauf an, wie häufig oder in welchem zeitlichen Umfang dies im Vergleich zu seinen übrigen Tätigkeiten der Fall war. Soweit der die Senatsentscheidung vom 10.4.2014 (aaO Rz. 22) nicht tragende Aspekt, der Kläger des dortigen Falls habe die schon nicht im Zusammenhang mit konsularischen Aufgaben stehenden Dolmetschertätigkeiten zudem nicht in einem nennenswerten, über vereinzelte Gelegenheiten hinausgehenden Umfang wahrgenommen, in eine andere Richtung weisen könnte (vgl. auch BAG, 1.7.2010 – 2 AZR 270/09 (IPRspr 2010-179b), Rz. 16), wird daran nicht festgehalten ...

[28] d) Der Senat hat über die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast für die Eröffnung der bzw. die Befreiung von der deutschen Gerichtsbarkeit noch nicht abschließend entschieden.

[29] aa) Das BAG hat ursprünglich angenommen, die klagende Partei sei im Erkenntnisverfahren nach den allgemeinen Regeln für die Eröffnung der deutschen Gerichtsbarkeit darlegungs- und beweispflichtig (vgl. BAG, 3.7.1996 aaO), während das BVerfG die Frage bisher unbeantwortet gelassen hat (so ausdrücklich BVerfG, 13.12.1977 aaO [C. II. 4. d der Gründe]). Der BGH geht für Fälle, in denen sich der ausländische Staat auf Vollstreckungsimmunität beruft, von einer diesen treffenden Darlegungs- und Beweislast aus, billigt ihm aber Darlegungserleichterungen zu (BGH, 1.10.2009 – VII ZB 37/08 (IPRspr 2009-164), Rz. 28 f.) ...

[31] cc) In seinen zuletzt ergangenen Entscheidungen hat der Senat den sich auf das Vorrecht aus § 20 II GVG berufenden ausländischen Staat im Rahmen der Darlegungsanforderungen jedenfalls nicht für verpflichtet gehalten, Einzelheiten der behaupteten – hoheitlichen – Tätigkeit preiszugeben. Vielmehr hat die klagende Partei im Rahmen einer sekundären Darlegungslast ihre Tätigkeiten zumindest der Art und dem groben Inhalt nach umfassend darzustellen, um dem Gericht eine Beurteilung ihres hoheitlichen oder nicht-hoheitlichen Charakters zu ermöglichen (BAG, 29.6.2017 aaO Rz. 15 f.; 18.12.2014 aaO Rz. 26).

[32] 2. Unter Anwendung dieser Grundsätze standen die Tätigkeiten der Kl., die ihr nach den den Senat bindenden Feststellungen des LAG vertragsgemäß übertragen waren, im funktionalen Zusammenhang mit konsularischen Aufgaben des beklagten Königreichs. Beachtliche Verfahrens(gegen)rügen hat die Kl. insoweit nicht erhoben.

[33] a) Das LAG hat ohne Rechtsfehler angenommen, dass bereits die der Kl. nach der Stellenbeschreibung übertragenen Tätigkeiten eine enge Verbindung zu konsularischen Aufgaben des beklagten Königreichs i.S.d. Art. 5 WÜK aufweisen ...

[35] c) Das LAG hat des Weiteren rechtsfehlerfrei angenommen, auch die der Kl. am 28.2.2014 und 4.3.2014 übertragenen Tätigkeiten hätten im Zusammenhang mit den konsularischen Aufgaben des beklagten Königreichs i.S.d. Art. 5 WÜK gestanden. Dies betrifft sowohl die angeordneten Tätigkeiten in der Abteilung Standesamt und Gerichtliche Angelegenheiten als auch diejenigen für die Visaabteilung. Die Weigerung der Kl., diese Tätigkeiten auszuführen, hat das LAG zu Recht als unerheblich angesehen. Die Zuweisungen seien nicht vertragswidrig gewesen.

[36] d) Die in der Revisionserwiderung erhobenen Verfahrens(gegen)rügen der Kl. hat der Senat geprüft und für nicht durchgreifend erachtet (§ 564 ZPO).

[37] II. Die weitere Annahme des LAG, das beklagte Königreich habe in Punkt ‚Siebtens’ des Arbeitsvertrags der Parteien auf seine Staatenimmunität verzichtet, hält indes einer Rechtskontrolle nicht stand.

[38] 1. ... Wenn die Parteien für ihr Arbeitsverhältnis die Anwendung deutschen Rechts vereinbart haben, bedeutet dies für sich genommen keinen Verzicht auf die Staatenimmunität. Demgegenüber ist es denkbar, ihn in einer Regelung ‚miterklärt’ zu sehen, die zunächst nur die internationale Zuständigkeit der Gerichte des Beschäftigungsstaats bestimmt (BAG, 29.6.2017 aaO; 18.12.2014 aaO Rz. 41 ff.; Geimer, IZPR, 7. Aufl., Rz. 521).

[39] 2. Danach liegt entgegen der Auffassung des LAG nicht bereits in der Rechtswahl der Parteien gemäß Punkt ‚Siebtens’ des Arbeitsvertrags ein Immunitätsverzicht des beklagten Königreichs für den vorliegenden Rechtsstreit.

[40] a) Das LAG hat angenommen, mit der in Punkt ‚Siebtens’ des Arbeitsvertrags vereinbarten Anwendbarkeit der arbeitsrechtlichen Vorschriften der deutschen Gesetzgebung sei auch § 4 KSchG vereinbart und mithin das Erfordernis einer fristgerechten Klageerhebung vor einem deutschen Gericht. Darin liege notwendig zugleich ein Immunitätsverzicht ...

[41] b) Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.

[42] aa) Die Vereinbarung der Anwendbarkeit deutschen Rechts auf ein Arbeitsverhältnis bedeutet für sich genommen gerade (noch) keinen Verzicht auf die Staatenimmunität (BAG, 29.6.2017 aaO Rz. 20; 18.12.2014 aaO Rz. 41 ff.). Dies gilt vorliegend auch deshalb, weil die Parteien zugleich die Anwendbarkeit näher genannter spanischer Beschlüsse und Vorschriften vereinbart haben ...

[44] cc) Die Rechtswahlklausel in Punkt ‚Siebtens’ des Arbeitsvertrags würfe überdies mit Blick auf die hier streitige Entlassung der Kl. vom LAG bislang nicht behandelte Auslegungsfragen zur Reichweite der vereinbarten Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts im Verhältnis zu den ebenfalls als anwendbar bezeichneten Beschlüssen und Vorschriften der spanischen Behörden auf.

[45] (1) Sie bestimmt ihrem Wortlaut nach zunächst nicht etwa die Anwendbarkeit deutschen Arbeitsrechts ‚auf das Vertragsverhältnis’, sondern ‚auf die Arbeitnehmerin’. Die vom LAG gegebene Begründung geht auf diese, in ihrer Bedeutung nicht ohne weiteres erkennbare Besonderheit nicht ein.

[46] (2) Die Arbeitsbedingungen, die im Anhang zu dem als anwendbar bezeichneten spanischen Beschluss vom 31.1.2008 aufgeführt sind, sehen in Nr. 15 vor, dass die betroffenen Angestellten ‚unbeschadet der in jedem Land gültigen Ordnungsvorschriften den im Folgenden festgelegten Disziplinarmaßnahmen’ unterstehen. Disziplinarverstöße können demnach geahndet werden u.a. durch eine sog. Disziplinarentlassung. Das LAG begründet nicht, in welchem Verhältnis dies zum ggf. ebenfalls vereinbarten deutschen Kündigungsschutzrecht steht. Das wäre aber von Bedeutung gerade auch für den vorliegenden Rechtsstreit. Die Kl. wendet sich mit einem Kündigungsschutzantrag nach § 4 Satz 1 KSchG gegen eine vermeintliche Kündigung des beklagten Königreichs mit Schreiben vom 14.10.2014. Mit diesem Schreiben wurde ihr indes mitgeteilt, es sei im Rahmen eines gegen sie eingeleiteten Disziplinarverfahrens beschlossen worden, sie aus dem Dienst zu entlassen. Es ist nicht ohne weiteres ersichtlich, dass und weshalb diese Maßnahme mit einer Kündigung i.S.d. Kündigungsschutzgesetzes gleichzusetzen ist ...

[48] III. Die angefochtene Entscheidung erweist sich auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig.

[49] 1. Einen ausdrücklichen Immunitätsverzicht hat das beklagte Königreich nicht erklärt. Ein konkludenter Verzicht müsste eindeutig sein und den vorliegenden Rechtsstreit erfassen. Dies wäre allenfalls dann anzunehmen, wenn das beklagte Königreich den Immunitätsverzicht für Streitigkeiten im Zusammenhang mit dem zwischen den Parteien begründeten Arbeitsverhältnis dadurch ‚miterklärt’ hätte, dass es mit der Kl. in Punkt ‚Zehntens’ des Arbeitsvertrags eine Gerichtsstandsvereinbarung über die örtliche und damit auch internationale Zuständigkeit ‚der Gerichtsbarkeit in D’ getroffen hat (zur Möglichkeit eines in einer Gerichtsstandsvereinbarung miterklärten Immunitätsverzichts: vgl. auch Schack aaO Rz. 191; Schütze, DIZPR, 2. Aufl., Rz. 95; v. Schönfeld, NJW 1986, 2980, 2983). Das setzte voraus, dass die Gerichtsstandsvereinbarung leerliefe, wenn mit ihr nicht zugleich ein Immunitätsverzicht, und zwar insbes. auch bezogen auf die vorliegende Beendigungsstreitigkeit, verbunden wäre (vgl. BAG 29.6.2017 aaO Rz. 25).

[50] 2. Der Senat kann über das Vorliegen eines konkludent und zweifelsfrei erklärten Immunitätsverzichts nicht selbst befinden. Bedenken ergeben sich insbes. daraus, dass sich die Gerichtsstandsvereinbarung in Punkt ‚Zehntens’ des Arbeitsvertrags der Parteien nur auf Konflikte bezieht, ‚die sich aus der Auslegung dieses Vertrags ergeben könnten’. Dies muss nicht notwendig Streitigkeiten über seine Beendigung oder die Wirksamkeit einer Disziplinarmaßnahme umfassen. Wie weit ein Immunitätsverzicht ggf. reichen soll, bestimmt der Wille des sich Unterwerfenden (Schack aaO Rz. 190). Das LAG hat eine hierauf bezogene Auslegung der Gerichtsstandsvereinbarung bisher nicht vorgenommen. Es wäre ggf. auch von Amts wegen positiv festzustellen, dass der Verzicht wirksam für das beklagte Königreich erklärt wurde. Ist allerdings ein Verzicht in ein größeres Vertragswerk eingebettet, ist dem Staat regelmäßig der Einwand abgeschnitten, der für ihn Handelnde sei nur zum Abschluss der Sachregelungen des Vertrags, nicht jedoch zu einem Immunitätsverzicht bevollmächtigt gewesen (v. Schönfeld aaO, 2984; ebenso s. 2 (7) des britischen State Immunity Act 1978).

Fundstellen

LS und Gründe

AP, Nr. 14 zu § 20 GVG
MDR, 2018, 683
NZA, 2018, 739
RIW, 2018, 307

nur Leitsatz

AuR, 2018, 256
BB, 2018, 819

Bericht

NJW, 2018, 1997

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