Wird für eine primär auf das Ausland ausgerichtete Internetseite in zulässiger Weise ein Metatag gesetzt, der eine bessere Erreichbarkeit dieser Internetseite auch im Inland begründet, so kann das ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Annahme eines relevanten Inlandsbezugs einer Markenbenutzung nur sein, wenn es sich dabei um einen von dem Betreiber der Internetseite in zumutbarer Weise beeinflussbaren Umstand handelt.
Der Kl. ist Inhaber der beim DPMA 1994 eingetragenen Wortmarke DE 2067216 „Resistograph“. Die Bekl. vertreiben auf der Internetseite www.i... .com der I. Inc. mit Sitz in den USA beworbene Bohrwiderstandsmessgeräte. Der Kl. sieht in der Bewerbung einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärungen sowie eine Verletzung seiner Rechte an der Marke „Resistograph“.
Das LG hat der Klage überwiegend stattgegeben und den Bekl. unter Androhung gesetzlicher Ordnungsmittel u.a. verboten, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland Bohrwiderstandsmessgeräte unter den Bezeichnungen „Resistograph“ und/oder „I. Resistograph“ anzubieten, in den Verkehr zu bringen, einzuführen und/oder diese Bezeichnungen in Geschäftspapieren oder in der Werbung im Zusammenhang mit dem Angebot, dem Inverkehrbringen oder der Einfuhr von Bohrwiderstandsmessgeräten in der oder in die Bundesrepublik Deutschland zu benutzen. Das Berufungsgericht hat das Urteil des LG im Unterlassungs- und Auskunftsausspruch bestätigt, die Feststellung der Schadensersatzpflicht der Bekl. auf den verwirkte Vertragsstrafen übersteigenden Schaden beschränkt und den Zahlungsanträgen für Vertragsstrafen unter Abweisung der entspr. Feststellungsanträge stattgegeben (OLG Karlsruhe, Urt. vom 25.5.2016 – 6 U 17/15). Gegen dieses Urteil richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Bekl., deren Zurückweisung der Kl. beantragt.
B. ... [20] II. Im Ergebnis ohne Erfolg rügt die Revision, der Unterlassungsantrag sei unzulässig, weil er nicht hinreichend bestimmt sei (§ 253 II Nr. 2 ZPO) ...
[31] Die für den erforderlichen Inlandsbezug des Klageantrags maßgeblichen Merkmale lassen sich dem Klägervortrag im Streitfall noch mit ausreichender Bestimmtheit entnehmen. Der Kl. hat als Verletzungsform die Gestaltung der unter www.i ... .com aufrufbaren Internetseite beanstandet ... Auf dieser Internetseite wird in der Rubrik ‚Company’ unter der Überschrift ‚I. ... Worldwide Network – International Distribution Network’ an erster Stelle, gekennzeichnet mit einer deutschen Fahne, die Bekl. zu 2) als ‚Manufacturer/Head Office’ genannt. Außerdem wird als Kontaktinformation auf die deutsche Webseite www.i... .de verwiesen. Unter der Rubrik ‚Upcoming Dates’ wird in deutscher Sprache auf Fachmessen und Fachseminare in Deutschland zu Baumkontrolle und Baumpflege hingewiesen, wobei am Rande dieser Seite für Produkte mit der Bezeichnung ‚I. ...Resistograph’ geworben wird ...
[36] 2. Die Annahme des Berufungsgerichts, die beanstandete Zeichenbenutzung weise den erforderlichen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug auf, hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
[37] a) Aufgrund des im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzips ist der Schutzbereich einer inländischen Marke auf das Gebiet Deutschlands beschränkt. Ein Unterlassungsanspruch nach § 14 II Nr. 2, V MarkenG setzt deshalb eine das Kennzeichenrecht verletzende Benutzungshandlung im Inland voraus. [...] Ob eine relevante Verletzungshandlung im Inland vorliegt, bedarf besonderer Feststellungen, wenn das beanstandete Verhalten seinen Schwerpunkt im Ausland hat (BGH, GRUR 2005, 431, 432 [HOTEL MARITIME] (IPRspr 2004-126); GRUR 2012, 621 Rz. 34 f. [OSCAR] (IPRspr 2012-228)). Daher darf nicht jedes im Inland abrufbare Angebot für Dienstleistungen oder Waren aus dem Ausland im Internet bei Verwechslungsgefahr mit einem inländischen Kennzeichen kennzeichenrechtliche Ansprüche auslösen. Erforderlich ist vielmehr, dass das Angebot einen hinreichenden wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug (commercial effect) aufweist. Ob ein derartiger Inlandsbezug besteht, ist aufgrund einer Gesamtabwägung der Umstände festzustellen (GRUR 2005 aaO 433; GRUR 2012 aaO Rz. 36; GRUR 2014, 601 Rz. 45 [englischsprachige Pressemitteilung] (IPRspr 2013-233)). Dabei sind einerseits die Auswirkungen der Kennzeichenbenutzung auf die inländischen wirtschaftlichen Interessen des Zeicheninhabers zu berücksichtigen. Andererseits ist maßgebend, ob und inwieweit die Rechtsverletzung sich als unvermeidbare Begleiterscheinung technischer oder organisatorischer Sachverhalte darstellt, auf die der in Anspruch Genommene keinen Einfluss hat, oder ob dieser etwa durch die Schaffung von Bestellmöglichkeiten aus dem Inland oder die Lieferung auch ins Inland zielgerichtet von der inländischen Erreichbarkeit profitiert (vgl. BGH, GRUR 2005 aaO; GRUR 2012 aaO; GRUR 2014 aaO).
[38] b) Von diesen Grundsätzen ist das Berufungsgericht ausgegangen. Ihre Anwendung erweist sich zwar nicht in allen Punkten als rechtsfehlerfrei. Im Ergebnis liegt im Streitfall aber ein ausreichender wettbewerblich relevanter Inlandsbezug vor.
[39] aa) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts waren jedenfalls schon zum für die Entscheidung des LG maßgeblichen Zeitpunkt über die Seite ‚i. ...’ keine Direktbestellungen für Lieferungen nach Deutschland möglich. Das Berufungsgericht hat ferner ausgeführt, die beanstandete Internetseite richte sich vorrangig an den außerdeutschen Markt ...
[40] bb) Das Berufungsgericht hat sodann angenommen, es sei ein Aufruf der Seite durch englischsprachige Interessenten in Deutschland in Betracht zu ziehen. Auch nach der Lebenserfahrung sei damit zu rechnen, dass sich nicht deutschsprachige, aber im Inland ansässige Interessenten auf einer englischsprachigen Website über die in Rede stehenden technischen Geräte informierten.
[41] Auf diese Erwägungen kann ein relevanter Inlandsbezug im Streitfall nicht gestützt werden. Die Revision macht zu Recht geltend, es bestehe stets die Möglichkeit, dass nicht-deutschsprachige, im Inland ansässige Interessenten eine englischsprachige ausländische, vorrangig auf den außerdeutschen Markt ausgerichtete Website bevorzugen könnten, weil sie die englische Sprache besser verstünden. Reichte dies bereits für die Annahme eines relevanten Inlandsbezugs aus, bedürfte es nicht mehr der nach der Rspr. des Senats zur erforderlichen Eingrenzung von in Deutschland verfolgbaren Markenrechtsverletzungen im Internet erforderlichen Gesamtabwägung. [...] Es liegt fern, dass die Bekl. mit der Internetseite ‚www.i ... .com’ gerade englischsprachige Interessenten in Deutschland ansprechen wollen.
[42] cc) Maßgebliche Bedeutung für die Bejahung des Inlandsbezugs hat das Berufungsgericht dem Umstand beigemessen, dass die Bekl. das Wort ‚Resistograph’ als Metatag für ihre Internetseite verwenden. Dadurch würden Suchmaschinen auch im Inland in der Weise beeinflusst, dass bei einer Suche nach ‚Resistograph’ die Seite ‚i ... .com’ als Suchtreffer angezeigt werde. Die Bekl. profitierten direkt von der inländischen Erreichbarkeit der Seite, insbes. über den Metatag ‚Resistograph’.
[43] Die durch einen Metatag begründete bessere Erreichbarkeit einer Internetseite im Inland kann allerdings nur dann ein maßgeblicher Gesichtspunkt für die Annahme eines relevanten Inlandsbezugs sein, wenn es sich dabei um einen von dem Betreiber der Internetseite zumutbar beeinflussbaren Umstand handelt. Das versteht sich nicht von selbst und kann auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts nicht bejaht werden.
[44] (1) Metatags sind Informationen im Quelltext einer Internetseite, die als Schlüsselwörter vom Betreiber einer Internetseite eingegeben werden, um deren Auffinden mit einer Suchmaschine zu ermöglichen. Durch den Metatag wird die Internetseite bei Eingabe dieses Begriffs weltweit auffindbar, so dass der Metatag den Suchvorgang beeinflusst (vgl. BGHZ 168, 28 Rz. 3, 16 [Impuls]; BGH, Urt. vom 13.1.2011 – I ZR 125/07, GRUR 2011, 828 Rz. 28 = WRP 2011, 1160 [Bananabay II]).
[45] (2) Ohne die Verwendung von Metatags sind Internetseiten für Suchmaschinen nicht auffindbar. Die Betreiber ausländischer Internetseiten dürfen deshalb nicht daran gehindert werden, Kennzeichnungen, die sie in zulässiger Weise für ihre Produkte oder Dienstleistungen im Ausland verwenden, für an das ausländische Publikum gerichtete Werbung im Internet zu benutzen und als Metatag zu verwenden. Das gilt grundsätzlich auch, wenn es sich dabei um eine in Deutschland für eine andere Person geschützte Bezeichnung handelt, solange die an das Ausland gerichtete Werbung keinen relevanten Inlandsbezug aufweist. Im Zusammenhang mit einem Metatag könnte ein für die Annahme einer Markenrechtsverletzung relevanter Inlandsbezug dadurch begründet werden, dass der Betreiber den Suchvorgang gerade in Deutschland beeinflusst oder zumutbare Möglichkeiten nicht nutzt, Suchergebnisse aufgrund des Metatags für Deutschland auszuschließen oder zu beschränken.
[46] Der Kl. behauptet, die Bekl. hätten durch erhebliche Investitionen erreicht, bei Eingabe des Begriffs ‚Resistograph’ auf der Trefferliste in Deutschland vorne zu erscheinen. Die Bekl. haben demgegenüber geltend gemacht, die mit Blick auf das Ausland zulässige Verwendung des Begriffs ‚Resistograph’ als Metatag bewirke technisch unvermeidbar eine Abrufbarkeit auch in Deutschland, ohne dass sie Einfluss auf die Platzierung ihrer Internetseite in der Trefferliste hätten. Das Berufungsgericht hat zu einer Einflussnahme der Bekl. auf die Trefferliste keine Feststellungen getroffen ...
[48] Hätten die Bekl. weder die Trefferliste von auf Deutschland ausgerichteten Suchmaschinen zu ihren Gunsten beeinflusst noch zumutbare Möglichkeiten ungenutzt gelassen, die Verwendung des Metatags ‚Resistograph’ durch besonders auf Deutschland ausgerichtete Suchmaschinen zu verhindern oder zu beschränken, wäre die mit dem Metatag verbundene Möglichkeit, die Internetseite der Bekl. aus Deutschland aufzufinden, als von den Bekl. nicht beeinflussbar anzusehen und als solche zur Begründung eines relevanten Inlandsbezugs ungeeignet.
[49] dd) Unabhängig davon, ob die Bekl. die Verwendung des Metatags ‚Resistograph’ durch besonders auf Deutschland ausgerichtete Suchmaschinen beeinflusst haben oder beeinflussen konnten, besteht jedoch auf der Grundlage der Feststellungen des Berufungsgerichts bei der erforderlichen Gesamtabwägung ein noch ausreichender Inlandsbezug der beanstandeten Internetwerbung. Dieser noch hinreichende Inlandsbezug beruht im Streitfall allein auf dem gleichzeitigen Vorliegen der nachfolgend als erheblich erkannten Merkmale des Internetauftritts; einzelne oder mehrere dieser Merkmale würden dafür nicht ausreichen.
[50] (1) Auf der Internetseite ‚www.i ... .com’ wird unter der Rubrik ‚Company’ das ‚I. ... Worldwide Network – International Distribution Network’ dargestellt, wobei an erster Stelle mit einer deutschen Fahne gekennzeichnet die Bekl. zu 2) als ‚Manufacturer/Head Office’ genannt wird. Zwar begründet diese Gestaltung der Internetseite im Hinblick auf die daran anschließende Gegenüberstellung mit den jeweils bestimmten Staaten oder Regionen zugeordneten ‚I. ... Sales Offices’ und ‚I. ... Sales Partners’ für sich allein noch keinen ausreichenden Inlandsbezug ... Zu Recht hat das Berufungsgericht aber weitere Indizien zur Begründung eines relevanten Inlandsbezugs der Internetseite ‚i ... .com’ in der Nennung der Internetadresse ‚www.i .... .de’ als Kontakt für I. ... Germany sowie der Rubrik ‚Upcoming Dates’ erkannt, unter der in deutscher Sprache auf Fachmessen und Fachseminare in Deutschland hingewiesen wird. Dabei handelt es sich um Informationsangebote, die inländische Verkehrskreise ansprechen. Die einen augenfälligen Bezug auf Deutschland begründenden Einzelheiten der inhaltlichen Gestaltung ihrer Internetseite beruhen zudem nicht auf technischen Erfordernissen sondern liegen allein in Händen der Bekl.
[51] (2) Der Berücksichtigung dieser den erforderlichen Inlandsbezug begründenden Einzelheiten der Gestaltung steht nicht entgegen, dass ein Aufruf der Internetseite der Bekl. von Deutschland aus nicht in nennenswertem Umfang zu erwarten wäre. [...] Ausreichend ist, dass sich das Internetangebot der Bekl. auch an Kunden in Deutschland richtet (vgl. EuGH, Urt. vom 12.7.2011 – L’Oréal SA u.a. ./. eBay International AG u.a., Rs C-324/09, Slg. 2011, I-6011 = GRUR 2011, 1025 Rz. 65). Zu berücksichtigen ist ferner, dass die Bekl. für ihren Internetauftritt die Top-Level-Domain ‚.com’ verwenden, die auch in Deutschland gebräuchlich ist, statt etwa eine auf einen ausländischen Staat hinweisende Top-Level-Domain zu benutzen, die inländische Nutzer eher vom Aufruf ihrer Seite abhalten könnte. Unter diesen Umständen wirkt sich der beanstandete Internetauftritt der Bekl. mehr als allenfalls geringfügig auf die wirtschaftliche Tätigkeit des Kl. in Deutschland aus (vgl. BGH, GRUR 2005 aaO) ...
[53] ee) Die Annahme eines relevanten Inlandsbezugs im Streitfall stellt keinen unverhältnismäßigen Eingriff in die Berufsfreiheit der Bekl. gemäß Art. 12 I GG dar. Die Bekl. können ihren Internetauftritt unter ‚www.i ... .com’ ohne weiteres so gestalten, dass kein für die Annahme einer Markenverletzung ausreichender Inlandsbezug mehr besteht. Es ist nicht ersichtlich, dass sie durch die Entfernung auch nur eines der auf Deutschland bezogenen Merkmale in ihrer Berufsausübung unverhältnismäßig beschränkt würden.
Dieses Werk steht unter der Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.